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Lebenserhaltende Maschinen abstellen ist nicht nur eine medizinisch, sondern auch menschlich und moralisch hochkomplexe Thematik. Jede Situation ist einzigartig und obwohl es rechtliche Grundsätze, Bestimmungen und Verfahren gibt, die die Entscheidungsfindung in solchen Fällen regeln, variieren diese je nach den individuellen Umständen. In jedem Fall sollte die Entscheidung im besten Interesse des Patienten und unter Berücksichtigung seiner Werte und Wünsche getroffen werden.
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Lebenserhaltende Maschinen abstellen – Beschluss des BGH
In Deutschland wird das Thema lebenserhaltende Maschinen abstellen und die Entscheidung über solche Maßnahmen oft im Kontext von Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten behandelt. Die Rechtsprechung basiert auf ethischen Grundsätzen, der Würde des Menschen und dem Recht auf Selbstbestimmung.
In einem Urteil vom 25. Juni 2006 (Az.: 2 StR 454/09) hat der 2. Strafsenat des BGH hierzu entschieden, dass der Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen nicht strafbar ist, sofern er dem Willen des Patienten entspricht. In diesem Fall sprachen die Richter einen Rechtsanwalt frei, der zuvor wegen versuchten Totschlags zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten verurteilt worden war. Der Anwalt hatte einer Frau geraten, den Schlauch für die künstliche Ernährung ihrer im Koma liegenden und schwerkranken Mutter durchzuschneiden. Die Entscheidung basierte darauf, dass die Mutter zuvor mündlich den Wunsch geäußert hatte, die künstliche Ernährung einzustellen.
Dieses BGH-Urteil gilt noch aktuell als rechtliche Orientierungshilfe.
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Lebenserhaltende Maschinen abstellen – Die wichtigsten Grundsätze
Die Entscheidung, lebenserhaltende Maschinen abzustellen, ist eine ethisch komplexe und emotionale Angelegenheit. Es gibt verschiedene Grundsätze und Überlegungen, die bei einer solchen Entscheidung berücksichtigt werden sollten. Die wichtigsten Grundsätze sind:
- Patientenautonomie: Der Wille des Patienten sollte respektiert werden. Wenn der Patient zu Lebzeiten klare Anweisungen bezüglich lebenserhaltender Maßnahmen gegeben hat, sollten diese berücksichtigt werden. Dies kann in Form von Patientenverfügungen oder mündlichen Äußerungen festgehalten sein.
- Nutzen und Belastung: Es ist wichtig, den Nutzen und die Belastung der lebenserhaltenden Maßnahmen zu evaluieren. Wenn die Maßnahmen den Patienten mehr belasten als nutzen, kann dies ein Argument für die Beendigung der Behandlung sein.
- Aussicht auf Besserung: Die Aussicht auf eine Verbesserung des Gesundheitszustands des Patienten sollte berücksichtigt werden. Wenn es wenig oder keine Chance auf Besserung gibt, kann dies ein Faktor sein, der gegen die Fortführung lebenserhaltender Maßnahmen spricht.
- Qualität des Lebens: Wenn die lebenserhaltenden Maßnahmen zu einer erheblichen Verschlechterung der Lebensqualität führen würden, sollte dies in die Entscheidungsfindung einfließen.
- Familiäre Wünsche: Man sollte die Meinungen und Wünsche der Familie des Patienten hören und in die Entscheidung einbeziehen.
- Ärztliche Expertise: Die Meinung der behandelnden Ärzte über den medizinischen Zustand des Patienten und die Erfolgsaussichten der Behandlung, insbesondere von Spezialisten, sollte berücksichtigt werden.
- Ethikkomitee oder Berater hinzuziehen: In einigen Fällen kann es sinnvoll sein, ein ethisches Komitee oder einen Berater hinzuzuziehen, um bei der Entscheidungsfindung zu helfen. Diese Experten können ethische Aspekte und Konflikte beleuchten.
Patientenwillen ermitteln
Die Ermittlung des Patientenwillens ist ein entscheidender Schritt, insbesondere wenn es darum geht, lebenserhaltende Maschinen abzustellen. Es ist keine einmalige, sondern eine kontinuierliche und gemeinsame Anstrengung. Sie erfordert die Zusammenarbeit zwischen dem medizinischen Team, dem Patienten und seinen Angehörigen. Im Idealfall sollten diese Überlegungen im Voraus getroffen und in Patientenverfügungen oder Vorsorgevollmachten dokumentiert werden, um im Ernstfall eine klare Anleitung zu haben.
Viele Menschen erstellen eine Patientenverfügung, in der sie im Voraus ihre Wünsche bezüglich medizinischer Behandlungen, einschließlich lebenserhaltender Maßnahmen, festhalten. Diese Verfügungen können schriftlich oder elektronisch sein und werden oft in Zusammenarbeit mit einem Anwalt oder medizinischen Fachpersonal erstellt. In einigen Fällen äußern Patienten ihre Wünsche auch mündlich gegenüber Angehörigen oder medizinischem Personal. Es ist dann aber wichtig, diese ernst zu nehmen und zu dokumentieren.
Einige Menschen benennen auch eine Vertrauensperson durch eine Vorsorgevollmacht, die befugt ist, medizinische Entscheidungen für sie zu treffen, wenn sie selbst nicht mehr in der Lage sind. Diese Bevollmächtigten sollten gut darüber informiert sein, was der Patient in Bezug auf lebenserhaltende Maßnahmen möchte.
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Patient ist noch ansprechbar
Wenn ein Patient noch ansprechbar ist, bietet dies die Gelegenheit für direkte Kommunikation, um seine Wünsche bezüglich medizinischer Behandlungen, insbesondere lebenserhaltender Maßnahmen, zu erfahren. In einem offenen Gespräch sollte der Patient über seinen aktuellen Gesundheitszustand aufgeklärt werden, wobei das medizinische Team die verfügbaren Behandlungsoptionen und mögliche Konsequenzen erläutert. Durch das Stellen offener Fragen kann man die individuellen Präferenzen des Patienten besser verstehen. Angehörige oder Vertrauenspersonen können je nach Wunsch des Patienten an dem Gespräch teilnehmen, um eine unterstützende Atmosphäre zu schaffen.
Wenn der Patient klare Präferenzen äußert, sollten diese schriftlich dokumentiert werden. Patientenverfügungen, Vorsorgevollmachten oder andere rechtliche Dokumente eignen sich dafür besonders gut. Die dokumentierten Wünsche des Patienten sollten dabei im Mittelpunkt stehen, und die Entscheidungsfindung auf Respekt vor den persönlichen Werten des Patienten basieren. Idealerweise sollten man solche Gespräche vor medizinischen Krisen führen, um im Ernstfall klare Anweisungen zu haben.
Patientenverfügung
Eine Patientenverfügung ist ein schriftliches Dokument, das im Voraus die persönlichen Wünsche und Entscheidungen einer Person bezüglich medizinischer Behandlungen festlegt. Sie gilt für den Fall, dass diese selbst nicht mehr in der Lage ist, ihre Präferenzen zu äußern. Inhaltlich kann eine Patientenverfügung verschiedene Aspekte der medizinischen Versorgung abdecken, einschließlich lebenserhaltender Maßnahmen. Dazu zählen beispielsweise künstliche Beatmung, Wiederbelebung oder Ernährung über Schläuche. Die präzise Formulierung der Verfügung ist entscheidend, um mögliche Missverständnisse zu vermeiden. So stellt man sicher, dass die individuellen Wünsche klar und eindeutig zum Ausdruck kommen.
Vollmachten ausstellen, während man noch gesund ist
Um unklare Regelungen in Extremsituationen zu vermeiden, sollte man sich bereits in gesunden Zeiten um eine Vorsorgevollmacht oder eine Patientenverfügung kümmern. Vorlagen gibt es dafür bereits unkompliziert im Internet. Wer will, kann sich diese im Anschluss vom Notar zusätzlich beglaubigen lassen. Wichtig ist es außerdem, die Person, die man anstelle eines gesetzlichen Betreuers zur Vertrauensperson ernennen will, vorher darüber in Kenntnis zu setzen und sich das Einverständnis einzuholen.
Mutmaßlicher Patientenwille
Der mutmaßliche Patientenwille bezieht sich auf die Annahme oder Schätzung dessen, was der Wille eines Patienten wäre, wenn dieser nicht mehr selbst in der Lage ist, seine Präferenzen zu äußern. Diese Situation kann sich durch Bewusstlosigkeit/Koma, Demenz oder andere Gründe ergeben.
Um den mutmaßlichen Patientenwillen zu ermitteln, werden verschiedene Faktoren berücksichtigt. Vorabäußerungen des Patienten, sei es in mündlicher oder schriftlicher Form, werden dabei besonders beachtet. Ein weiterer Ansatz zur Bestimmung des mutmaßlichen Patientenwillens besteht darin, den Lebenswert des Patienten zu erforschen. Dies bezieht sich auf eine Analyse des bisherigen Lebensstils, der Wertvorstellungen und persönlichen Überzeugungen, um besser zu verstehen, was für ihn ein als lebenswert empfundenes Leben ausmacht. Die Konsultation von Angehörigen oder engen Freunden kann ebenfalls dazu beitragen, den mutmaßlichen Willen des Patienten zu verstehen.
Betreuer ist rechtlich zuständig
Die Frage, ob ein Betreuer rechtlich dazu befugt ist, lebenserhaltende Maschinen abzustellen, ist komplex. Generell wird die rechtliche Zuständigkeit eines Betreuers durch eine gerichtliche Betreuungsanordnung festgelegt. Diese Anordnung legt den Umfang der Befugnisse des Betreuers fest, einschließlich der Zuständigkeit für medizinische Entscheidungen. Wenn der Betreute im Voraus eine gültige Vorsorgevollmacht oder Patientenverfügung erstellt hat, müssen aber die Wünsche und Anweisungen des Betreuten respektiert werden, ohne dass der Betreuer Einfluss nehmen kann. In einigen Fällen kann es daher erforderlich sein, dass ein Betreuer eine gerichtliche Genehmigung einholt, um lebenserhaltende Maßnahmen zu beenden.
Egal, ob es eine Patientenverfügung gibt oder nicht, sollte der Betreuer aber unbedingt den mutmaßlichen Willen des Betreuten berücksichtigen und in dessen bestem Interesse handeln.
Wie oben bereits erwähnt, ist es aber genauso möglich, in einer Vorsorgevollmacht oder einer Patientenverfügung einen oder mehrere nahestehenden Angehörigen als Betreuer zu bestimmen. Damit wird vorerst kein rechtlicher Betreuer berufen. Man erspart sich somit, dass eine fremde Person entscheidet.
Betreuungsgericht
Das Betreuungsgericht ist eine spezialisierte Abteilung des Amtsgerichts, das für Betreuungsangelegenheiten zuständig ist. Die Hauptfunktion des Betreuungsgerichts besteht darin, die Rechte und Interessen von Menschen zu schützen, die aufgrund von Krankheit, Behinderung oder anderen Umständen nicht mehr in der Lage sind, ihre eigenen Angelegenheiten zu regeln. Es wird aktiv, wenn eine Betreuungsanordnung erforderlich ist.
Das Gericht bestellt einen rechtlichen Betreuer, um die Interessen der betroffenen Person zu vertreten. Der Betreuer kann für verschiedene Aufgabenbereiche zuständig sein, wie finanzielle Angelegenheiten, medizinische Entscheidungen oder persönliche Belange. In einigen Fällen kann das Betreuungsgericht auch die Genehmigung für bestimmte Maßnahmen einholen, insbesondere wenn es darum geht, lebenserhaltende Maschinen abzustellen.
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Häufige Fragen
- Wer entscheidet über lebenserhaltende Maßnahmen ohne Patientenverfügung?
- Was passiert, wenn lebenserhaltende Maschinen abgestellt werden?
- Wann dürfen lebenserhaltende Maßnahmen eingestellt werden?
- Was bedeutet lebensverlängernde Maßnahmen?
In Abwesenheit einer Patientenverfügung entscheiden i.d.R. das medizinische Team und enge Angehörige gemeinsam über lebenserhaltende Maßnahmen. Die Ärzte berücksichtigen den mutmaßlichen Willen des Patienten und konsultieren die Familie, um eine informierte Entscheidung zu treffen. Falls Uneinigkeit besteht, kann das Betreuungsgericht in einigen Rechtssystemen die letzte Instanz für solche Entscheidungen sein. Es ist dabei unverzichtbar, einen respektvollen Dialog zwischen medizinischem Personal und Angehörigen zu fördern, um im Sinne des Patienten zu handeln. Transparente Kommunikation über medizinische Optionen und ethische Grundsätze spielt dabei eine entscheidende Rolle.
Wenn lebenserhaltende Maschinen abgestellt werden, kann dies zu einem natürlichen Sterbeprozess führen. Der Organismus des Patienten hört auf, von den Maschinen unterstützt zu werden, und lebenswichtige Funktionen können sich verlangsamen und schließlich zum Stillstand kommen. Dieser Schritt wird normalerweise nach sorgfältigen Überlegungen und unter Berücksichtigung des mutmaßlichen Willens des Patienten sowie ethischer und rechtlicher Standards unternommen. Das medizinische Team überwacht den Patienten während dieses Prozesses und sorgt dafür, dass er so schmerzfrei und würdevoll wie möglich verläuft. Nach dem Abschalten lebenserhaltender Maßnahmen kann palliative Pflege eingesetzt werden, um dem Patienten Komfort und Unterstützung zu bieten.
Die Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen ist i.d.R. zulässig, wenn dies im Einklang mit dem dokumentierten Patientenwillen steht, wie in einer Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht festgehalten. Wenn der Patient keine solchen schriftlichen Anweisungen hinterlassen hat, wird der mutmaßliche Wille berücksichtigt, oft in Absprache mit Angehörigen. Rechtliche Regelungen und ethische Standards variieren je nach Land und Rechtsordnung, und in einigen Fällen kann die Zustimmung eines Betreuungsgerichts erforderlich sein. Die Entscheidung zur Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen wird i.d.R. unter Berücksichtigung medizinischer Faktoren, ethischer Prinzipien und des individuellen Patientenkontexts getroffen.
Lebensverlängernde Maßnahmen sind medizinische Interventionen, die darauf abzielen, das Leben eines Patienten zu erhalten oder zu verlängern, insbesondere in lebensbedrohlichen oder schweren gesundheitlichen Situationen. Dazu gehören z.B. künstliche Beatmung, Herz-Lungen-Wiederbelebung, Dialyse oder Ernährung über Schläuche. Die Anwendung solcher Maßnahmen kann mit erheblichen ethischen und rechtlichen Überlegungen verbunden sein. Patienten sollten daher unbedingt in Vorausverfügungen oder Patientenverfügungen ihre Präferenzen bezüglich lebensverlängernder Maßnahmen festhalten, damit medizinisches Personal im Fall von Entscheidungen am Lebensende ihren Willen respektieren kann.
- Lebenserhaltende Maßnahmen, https://rechtsanwalt-und-sozialrecht.de/... (Abrufdatum: 05.02.2024)
- Wann dürfen lebenserhaltende Maßnahmen abgebrochen werden?, https://www.anwalt.de/... (Abrufdatum: 05.02.2024)