Die Lebenserwartung in Deutschland steigt seit Jahren. Doch wie entwickelt sich die Lebenserwartung in den einzelnen Landkreisen? Diese Zahlen zu kennen ist wichtig, um Ressourcen im Gesundheitssystem sinnvoll zu verteilen. Eine Untersuchung vom Institut für Soziologie und Demographie an der Universität Rostock und vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Zusammenarbeit mit dem Center for Demography and Population Health der Florida State University bietet eine statistische Schätzung für die Lebenserwartung von Frauen und Männern in allen 402 deutschen Kreisen.
Durchschnittliche Lebenserwartung laut Statistischem Bundesamt
Laut statistischem Bundesamt liegt die Lebenserwartung in Deutschland aktuell bei 83,3 Jahren für Frauen und 78,5 Jahren für Männer. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland damit auf dem 30. Platz. Die Statistiker rechnen mit einem weiteren Anstieg der Lebenserwartung in den kommenden Jahren. Bei Geburt bis 2060 steigt die Lebenserwartung für Männer den Prognosen zufolge um vier bis acht Jahre, bei Frauen um drei bis sechs Jahre.
Verteilung der Lebenserwartung nach Landkreisen
Die Lebenserwartung in Ost- und Westdeutschland hat sich seit der Wende angeglichen. Bei den Frauen bestehen hier keine Unterschiede mehr. Männer in Westdeutschland leben im Durchschnitt ein Jahr länger als Männer im Osten.
Wie sieht es nun mit der Lebenserwartung in den einzelnen Landkreisen aus? Für ihre Studie kombinierten die Autoren die aktuell für Deutschland verfügbaren Daten für die Jahre 2015 bis 2017 mit einem bayesianischen Modell, um zu einer möglichst genauen Schätzung zu gelangen. Die Lebenserwartung in den Kreisen liegt demnach bei Frauen zwischen 81,8 und 85,7 Jahren und bei Männern zwischen 75,8 und 81,2 Jahren.
Die niedrigste Lebenserwartung für Männer weist Bremerhaven auf, mit unter 76 Jahren. Die höchste Lebenserwartung haben Männer im Landkreis München, dort leben sie rund fünf Jahre länger als in Bremerhaven. Die niedrigste Lebenserwartung für Frauen ermittelten die Autoren für den Salzlandkreis in Sachsen-Anhalt, mit etwa 81,6 Jahren. Die höchste Lebenserwartung für Frauen weist der Landkreis Starnberg im Südwesten Münchens auf. Dort werden Frauen im Schnitt fast 86 Jahre alt. Insgesamt konzentrieren sich Kreise mit eher niedriger Lebenserwartung auf ländliche Gebiete im Osten Deutschlands sowie einige Kreise des Ruhrgebiets. Kreise mit hoher Lebenserwartung liegen vorrangig im Süden Deutschlands, vor allem in Südbayern und Baden-Württemberg.
Welche Faktoren wirken sich auf die Lebenserwartung aus?
Die Studie untersucht auch, welche Faktoren sich auf die Lebenserwartung in den einzelnen Kreisen auswirken könnten. Dabei stellen die Autoren eine nur geringe Korrelation zwischen Lebenserwartung und der Bevölkerungsdichte sowie der Anzahl der vorhandenen Allgemeinärzte fest. Während dabei im Osten die Lebenserwartung mit zunehmender Bevölkerungszahl und Arztdichte steigt, zeigt sich im Westen eine eher negative Korrelation.
Ausschlaggebender als Bevölkerungsdichte und medizinische Versorgung scheinen allerdings ökonomische Faktoren zu sein. Kreise mit höherer Wirtschaftskraft weisen so auch eine höhere Lebenserwartung auf. Arbeitslosigkeit, Kinderarmut, der Bezug von Wohngeld und Transferleistungen wie Hartz IV und Grundsicherung im Alter fallen alle mit einer niedrigeren Lebenserwartung zusammen. Das gilt bei Frauen wie bei Männern, wobei die Korrelation mit der Lebenserwartung der Männer stärker ausfällt.
Warum ist die Auswertung der Lebenserwartung nach Landkreisen wichtig?
Adäquate Planung im Gesundheitswesen bedarf genauer Informationen. Politische Entscheidungsträger müssen wissen, welche Ressourcen wo benötigt werden. Kleinräumige Analysen, welche die Lebenserwartung in Deutschland auf die einzelnen Landkreise herunterbrechen, erlauben es, marginalisierte Regionen zu identifizieren und bei der Ressourcenverteilung entsprechend zu berücksichtigen.