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Der Menstruationszyklus: Die Hälfte der Menschheit ist von ihm betroffen und die Fortpflanzung hängt klar von seiner Funktion ab. Dennoch sind sein Ablauf, seine Funktion und die verschiedenen Effekte im Körper für viele völlig unklar und auch in der Forschung gibt es noch Wissenslücken zu seinen Abläufen und den Ursachen verschiedenster Beschwerden.
Dieser Artikel gibt einen Überblick über die unterschiedlichen Aspekte und Veränderungen im Körper. Er beschäftigt sich auch mit Erkrankungen und Beschwerden im Zusammenhang mit dem Menstruationszyklus.
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Wie funktioniert der weibliche Zyklus?
Der Menstruationszyklus (auch: Ovarialzyklus) unterliegt den zyklischen Schwankungen der Hormone des Hypothalamus, der Hypophyse und des Ovars (Eierstock). Diese sorgen nicht nur für die Follikelreifung in den Ovarien, sondern auch für einen Schleimhautzyklus des Endometriums im Uterus. Die Entwicklungen betreffen alle seine Anteile, also Drüsen, Stroma und Gefäße. Gleichzeitig haben die Hormone Auswirkung auf den gesamten Körper: Die Verdauung, die Brüste, die Stimmung und die Haut.
Menstruationszyklus – Phasen
Im Mittel beträgt die Dauer des Menstruationszyklus zwischen 21 und 35 Tagen, der Median liegt entsprechend bei 28 Tagen. Zyklusschwankungen sind von Person zu Person unterschiedlich, bei jungen Menschen bis etwa Mitte 20 ist die Dauer aber deutlich unregelmäßiger. Gleiches gilt für die letzten Jahre vor der Menopause, die ebenfalls stärkeren Zyklusschwankungen unterliegen. Insgesamt teilt man den Zyklus in drei Abschnitte (die Menstruation selbst ausgenommen) ein:
- Follikelphase
- Ovulation
- Lutealphase
Letztere entspricht dabei in jedem Zyklus einer Länge zwischen 14 und 16 Tagen, erstere kann in der Länge variieren. Deswegen ist die umgangssprachliche Bezeichnung als „erste und zweite Zyklushälfte“ nur bedingt korrekt.
Menstruationsphase
Der erste Tag des Menstruationszyklus entspricht dem ersten Tag der Periode (Menstruation). Erfolgt während des vergangenen Zyklus keine Befruchtung einer Eizelle und anschließende Einnistung, geht die Bildung der Sexualhormone Progesteron, Östradiol (ein Östrogen) und Inhibin zurück, was zu einer Vasokonstriktion (Zusammenziehen der Gefäße) und damit einer Minderdurchblutung des zuvor aufgebauten Endometriums führt. Die Spiralarterien reißen ein und werden mit dem Gewebe abgestoßen. Das nennt man Desquamation – deswegen bezeichnet man diesen Teil des Zyklus auch als Desquamationsphase. Alle Bestandteile werden proteolytisch verflüssigt.
Die Periodendauer beträgt im Median fünf Tage, wobei alles zwischen drei und sieben Tagen einer Norm entspricht. Durchschnittlich verliert man in dieser Zeit 30 ml, manchen Quellen nach 35 ml, Blut. Ab einer Menge von 80 ml spricht man von Hypermenorrhoe. Die Sexualhormone sorgen normalerweise rückgekoppelt für eine Hemmung der Ausschüttung von GnRH aus dem Hypothalamus, wodurch die Hypophyse das Luteierende Hormon (LH) und das Follikelstimulierende Hormon (FSH) ausschüttet. Da diese sogenannte negative Rückkopplung wegfällt, werden die Hormone wieder vermehrt in den Blutkreislauf freigesetzt und sorgen für die Rekrutierung neuer Follikel zur Reifung.
Die verschiedenen Bedeutungen der Menstruation
Die Menstruation hat in verschiedenen Kulturen sehr unterschiedliche Bedeutungen. Generell betrachten sie viele als „der sichtbare Teil des Zyklus“ als Zeichen für Fruchtbarkeit und die Funktionalität des Körpers. Die erste Periode im Leben tritt zwischen dem 9. und 16. Lebensjahr auf und wird als Menarche bezeichnet. Sie markiert den Beginn der Fruchtbarkeit. Ihr Ende wird durch die letzte Periode (Menopause) definiert, die um das 50. Lebensjahr herum stattfindet. Darüber hinaus markiert sie den Anfangspunkt eines neuen Zyklus und damit auch das Ende des letzten. Eine lange Menstruation kann neben Pathologien auch ein Zeichen für einen anovulatorischen Zyklus (in dem keine Eizelle gesprungen ist) sein.
Follikelreifungsphase
Die Follikelphase (oder Follikelreifungsphase) erstreckt sich vom ersten Tag der Menstruation bis zum Eisprung (Ovulation). Sie ist der Taktgeber für die Länge eines Zyklus und kann zwischen acht und 20 Tagen variieren. Namensgeber ist die Reifung des letztendlich springenden Follikels. Es reifen zunächst mehrere Follikel (zwischen 40 und 100), die durch die steigenden Hypophysenhormone rekrutiert werden. Letztendlich tut sich ein (selten mehr) dominantes Follikel hervor, das sich als einziges zum sprungbereiten Graaf-Follikel entwickelt, die anderen gehen zugrunde. Dies geschieht, da ihre Östradiolproduktion zunächst zur Hemmung des FSH führt. Da besonders die kleineren Follikel darauf noch sehr stark angewiesen sind, können sie unter dem Wegfall nicht weiter wachsen.
Auch die Gebärmutterschleimhaut verändert sich im Verlauf der Follikelreifungsphase, wobei sie mit der Desquamation startet. Schon während dieses Abstoßens beginnen die unteren Schichten der Funktionalis an den Drüsenstümpfen der Basalis wieder mit dem Aufbau – die Proliferationsphase beginnt. Drüsenepithel und Stroma wachsen nun rasch nach und die Dicke der Uterusschleimhaut nimmt zu.
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Ovulationsphase
Kurz vor der Ovulation (Eisprung) übernimmt der Graaf-Follikel mehr als 95 Prozent der Östradiolproduktion. Zwei bis drei Tage vor dem Eisprung am Ende der Follikelphase schlägt unter hoher Östrogenkonzentration die negative in eine positive Rückkopplung auf die Hypophyse um. Dies führt zu einem raschen Anstieg von FSH und LH – dem sogenannten LH-Surge oder LH-Peak.
Die positive Rückkopplung
Normalerweise werden hormonelle Kreisläufe durch negative Rückkopplung gesteuert. Hormone mit positiver Rückkopplung sind selten und führen zu einer Verstärkung des Hormonkreislaufs. Während der Rolle von Östradiol in hohen Konzentrationen hat einen solchen Mechanismus auch Oxytocin, das so für Wehen bei der Geburt und die Milchejektion beim Stillen sorgt. Seine Rolle ist auch beim Orgasmus bedeutend.
Die Hauptrolle spielt dabei LH: Es bewirkt die Freigabe der Oozyte aus dem Graaf-Follikel und die Wiederaufnahme und Beendigung ihrer ersten Reifeteilung (Meiose 1). Die Eizelle ist nun zwischen 24 und 48 Stunden befruchtungsfähig. Darüber hinaus werden durch den LH-Surge die Rezeptoren auf den Granulosazellen des zurückbleibenden Follikels aktiviert. Dieses wandelt sich nun in das Corpus luteum (Gelbkörper) um. Die Zellen produzieren nun mehr und mehr Progesteron.
Sekretionsphase/Lutealphase
Progesteron dominiert den Zyklus in der nun folgenden Lutealphase. Zunächst bewirkt es eine Kontraktion in der glatten Muskulatur, wodurch die freigesetzte Oozyte durch die Tuba uterina transportiert werden kann. Darüber hinaus bewirkt es eine Differenzierung im zuvor hochgewachsenen Endometrium. Dies bezeichnet man auch als Sekretionsphase. Etwa sieben Tage nach der Ovulation erreicht das Gewebe den idealen Zustand zur Einnistung der potentiell befruchteten Eizelle: Die Drüsen sind in kleine Falten aufgeworfen und bilden eine „Sägeblatt-Form“. Ihr Lumen enthält Nährstoffe, wie Muzine, Lipide und Glykoproteine. Die Arterien liegen gewunden vor (Spiralarterien). Das Stroma durchläuft einen Dezidualisierungsprozess um sich auf die Differenzierung zu einer potenziellen Plazenta vorzubereiten.
Bei Nicht-Befruchtung endet die Lutealphase mit dem Zugrundegehen des Gelbkörpers. Durch den Hormonabfall kommt es zur Ischämie (Sauerstoffmangel) im Endometrium, was die Desquamation zur Folge hat. Ein neuer Zyklus beginnt mit der Menstruationsphase.
Menstruationssymptome
Die im Blutkreislauf befindlichen Hormone im Verlauf des Menstruationszyklus haben neben dem Genitaltrakt Auswirkung auf den gesamten Körper und die Psyche:
Menstruationsphase | Hormon | Symptome/Wirkungen |
---|---|---|
Follikelphase | Östrogen | Hebt die Stimmung, stabilisiert die Muskulatur, erhöht die Dehnbarkeit der Muskelsehnen, Appetithemmung |
FSH, LH | Stimulieren die Eireifung und den Eisprung | |
Ovulationsphase | Östrogen | Wachstum der Milchgänge (Mamma), Vorbereitung auf eine mögliche Schwangerschaft, Weiche, tief stehende Zervix, Zervixsekret wird zäh-flüssig bis wässrig, Veränderung des pH-Werts der Vaginalflora |
Lutealphase | Progesteron | Erhöht die Körpertemperatur (0,2-0,5 °C), Brustvolumen nimmt zu, Differenzierung des Endometriums und der Brustdrüse |
Östrogen | Östrogenabfall fördert Heißhunger (Appetitsteigerung) | |
Menstruation | Progesteron | Abfall von Progesteron führt zur Abstoßung der Gebärmutterschleimhaut, durch das Abschwellen der Brust bei bestehendem differenzierten Drüsengewebe kommt es zu knotigen Erscheinungen |
Östrogen | Stimmungsschwankungen und gesteigerter Appetit durch Östrogenabfall |
PMS (Prämenstruelles Syndrom) beschreibt die durch hormonelle Schwankungen entstehenden Symptome ein bis zwei Wochen vor der Menstruation. Neben den genannten kann es zu psychischen Effekten kommen, wodurch Betroffene erschöpft, niedergeschlagen, gereizt oder lustlos wirken können. Hierfür verantwortlich ist vermutlich die Wechselwirkung zwischen Progesteron und Serotonin im Gehirn.
Beschwerden
Einige hormonelle Veränderungen können physiologisch Schmerzen und andere Beschwerden auslösen, die immer anders wahrgenommen werden. Dabei sind vor allem die starken Hormonschwankungen verantwortlich. So kann es bei der Ovulation durch den Hormonanstieg beispielsweise zu einem Krampf in der Muskulatur im Bereich der Ovarien kommen. Den entstehenden Mittelschmerz beklagt etwa eine von fünf Ovulierenden.
Unterleibsschmerzen während der Menstruation (Periodenschmerz) kommen deutlich häufiger vor. Sie entstehen wiederum beim Abfall von Progesteron, da dieses nun nicht mehr die glatte Muskulatur aktiviert. Letztere ist nun besonders erregbar und neigt zu spontanen Krämpfen. Klar abzugrenzen ist die Dysmenorrhoe.
Progesteron kann darüber hinaus auch zu Brustschmerzen führen. Durch die schnelle Entwicklung der Drüsen und Milchgänge kommt es zu einer schnellen Volumenzunahme. Das zuvor hochkonzentrierte Östradiol kann außerdem ein Ödem (Wassereinlagerung) im Brustgewebe verursachen. Sie können Spannung und Druckgefühl und Schmerzen sowie Trockenheit, Jucken oder Schmerzen der Brustwarzen einhergehen. Diese sollten in den ersten paar Tagen des neuen Zyklus wieder abnehmen.
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Menstruations- und Zyklusstörungen
Störungen des Menstruationszyklus sind bis heute nicht vollends verstanden, können aber erhebliche Auswirkung auf die Lebensqualität, die Psyche und die Fertilität (Fruchtbarkeit) der Menstruierenden haben. Die Dunkelziffer wird aufgrund der schwierigen Diagnostik und teilweise verbreiteten Missinformationen sehr hoch geschätzt. Das häufigste gynäkologische Problem ist die periodische Dysmenorrhoe (PD), bei der es zyklisch kurz vor und während der Menstruation zu starken, stechenden Schmerzen und Übelkeit kommt. Seine Inzidenz wird zwischen 20 und 90 Prozent geschätzt.
Ursachen und Symptome
Die häufigsten gynäkologischen Probleme im Zusammenhang mit dem Menstruationszyklus sind:
- Amenorrhoe: Das Ausbleiben der Menstruation über mindestens drei Monate. Ursachen können Stress, Untergewicht, hormonelle und anatomische Störungen oder Schwangerschaft sein.
- Dysmenorrhoe: Starke, schmerzhafte Menstruationskrämpfe, die oft durch hormonelle Ungleichgewichte oder Myome bedingt sind.
- Polymenorrhoe: Meist durch hormonelle Störungen und Schilddrüsenentgleisungen ausgelöste, kurze Zyklen (unter 21 Tage) mit häufiger Menstruation.
- Oligomenorrhoe: Eine Verlängerung der Zykluslänge auf mehr als 35 Tage, was oft durch PCOS (Polycystisches Ovarialsyndrom), Schilddrüsenstörungen oder Übergewicht verursacht wird.
- Hypermenorrhoe/Menorrhagie: Menstruationsblutungen, die sehr stark (über 80 ml) oder lang anhaltend (über sieben Tage) sind und durch Myome, Polypen oder hormonelle Dysregulationen hervorgerufen werden können.
Endometriose
Endometriose ist eine Erkrankung, bei der Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, außerhalb der Gebärmutter wächst, was zu östrogenabhängigen Schmerzen, starken Blutungen und Fruchtbarkeitsproblemen führen kann. Die Symptome sind extrem vielfältig, weswegen die Diagnose häufig unentdeckt bleibt oder auch eine Zufallsdiagnose (beispielsweise bei der Koloskopie) sein kann. Meist dauert die Diagnosestellung mehrere Jahre. Die Häufigkeit wird zwischen vier und zwölf Prozent der Menstruierenden im fruchtbaren Alter angegeben.
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- Biology of fertility control by periodic abstinence, World Health Organisation technical report series, No. 360, 1967
- Dasharathy et al., Menstrual Bleeding Patterns Among Regularly Menstruating Women, erschien in: American Journal of Epidemiology, Ausgabe 175, 2012
- Irani et al., Primary Dysmenorrhea: Pathophysiology, Diagnosis, and Treatment Updates, erschien in: Korean journal of Family Medicine, Ausgabe 43, 2022
- Koff et al., Conceptions and misconceptions of the menstrual cycle, erschien in: Woman health, Ausgabe 16, 1990
- Najmabadi et al., Menstrual bleeding, cycle length, and follicular and luteal phase lengths in women without known subfertility: A pooled analysis of three cohorts, erschien in: Paediatric and Perinatal Epidemiology, Ausgabe 34, 2022
- Reed et al., The Normal Menstrual Cycle and the Control of Ovulation (Review), erschien in: Enditext, 2018
- Danalakshmi et al., Physiology, Menstrual Cycle, Treasure Island, 2024
- Kämmerer et al., Menstruationszyklus, erschien in: Silbernagl et al., Physiologie. 10. Auflage, 2023
- Lüllmann-Rauch R et al., Zyklus des Endometriums (Menstruationszyklus), erschien in: Taschenlehrbuch Histologie, Thieme (Verlag), 7. Auflage, 2024
- Menstruationszyklus, erschien in: Anatomie und Physiologie für Hebammen, Thieme (Verlag), 1. Auflage, 2023
Netzker et al., Hormonelle Regulation des Menstruationszyklus, erschien in: Rassow et al., Duale Reihe Biochemie, Thieme (Verlag), 5 Auflage, 2022 - Pedain, Menstruationszyklus, erschien in: Behrends J et al., Duale Reihe Physiologie, Thieme (Verlag), 4. Auflage, 2021
- Schwegler et al., Phasen des Menstruationszyklus, erschien in: Der Mensch – Anatomie und Physiologie, Thieme (Verlag), 7. Auflage, 2021