In den ersten beiden Wellen der Corona-Pandemie verzeichneten deutsche Pflegeheime eine deutlich erhöhte Sterblichkeit der Bewohnerinnen und Bewohner. Das zeigt der vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) veröffentlichte Pflege-Report 2021. Die Ergebnisse einer Angehörigenbefragung machen zudem deutlich, dass es vielen Pflegeheimbewohnern während der Corona-Pandemie an sozialer Teilhabe gefehlt hat.
Pflegeheime: Sterblichkeit stieg bereits in den ersten Wochen des Lockdowns
Bereits rund drei Wochen nach Beginn des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 lag die Sterblichkeit in den Pflegeheimen um 20 Prozent höher als im Mittel der Vorjahre. In den Monaten von Oktober bis Dezember 2020, innerhalb der zweiten Welle, überstieg die Sterblichkeit das Niveau der Vorjahre um 30 Prozent. Einen Spitzenwert erreichte die Übersterblichkeit in der 52. Kalenderwoche 2020. Zu diesem Zeitpunkt lag sie bei 80 Prozent. Aus diesen Ergebnissen schließen die Autoren, dass die Infektionsschutzmaßnahmen in den Pflegeheimen nicht ausgereicht haben, um der Ausbreitung des Corona-Virus’ vorzubeugen.
Der Pflege-Report ist Bestandteil des Forschungsprojekts “Covid-Heim”, welches das WIdO in Zusammenarbeit mit der Charité-Universitätsmedizin Berlin durchführt und das vom Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV-SV) gefördert wird. Die Forscher analysierten die Sterblichkeit nach Kalenderwoche, unabhängig von der Ursache des Versterbens. Dabei fielen auch weitere Phasen erhöhter Sterblichkeit auf, die sich nicht auf die Corona-Pandemie zurückführen lassen. Den Autoren zufolge ist eine weitere Untersuchung möglicher Ursachen wie Grippeinfektionen und Hitzewellen nötig.
Pflegeheime: Corona-Infektionen von Bewohnern
Für den Zeitraum der ersten Corona-Welle liegen neben Abrechnungsdaten aus den Krankenhäusern auch ambulant-ärztliche Daten vor. Diese lassen erkennen, wie sich das Corona-Virus in den Pflegeheimen ausgebreitet hat. In den Monaten April bis Juni 2020 entfiel so jede dritte COVID-19-Infektion in der Altersgruppe der über 60-Jährigen (33 Prozent) auf Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen. Unter den Corona-Erkrankten, die im Krankenhaus versorgt wurden, lag der Anteil der vollstationär pflegebedürftigen Personen bei 30 Prozent. Allerdings lässt sich anhand der Daten nicht erkennen, ob die Corona-Infektion die Ursache des Krankenhausaufenthalts war oder ob sich die Patienten erst während des Klinikaufenthalts angesteckt haben.
Der Anteil der über 60-jährigen Krankenhauspatienten, die mit einer COVID-19-Diagnose verstarben, lag bei den vollstationär pflegebedürftigen Personen bei 45 Prozent. Unter den nicht oder nur ambulant pflegebedürftigen Patienten lag die Sterblichkeit dagegen nur bei 25 Prozent.
Hohe psychische Belastung durch eingeschränkte soziale Teilhabe
Der Pflege-Report 2021 lässt darüber hinaus Schlüsse auf die psychischen Auswirkungen der Corona-Schutzmaßnahmen für pflegebedürftige Menschen zu. Vom 26. Oktober bis zum 13. November 2020 befragten die Autoren 1.012 Angehörige, darunter 500 Bezugspersonen von stationär Pflegebedürftigen. 43 Prozent der Bezugspersonen berichten, dass zwischen März und Mai 2020 keine Möglichkeit für einen persönlichen Kontakt mit den Pflegebedürftigen bestand. 30 Prozent konnten in diesem Zeitraum nur selten persönlichen Kontakt mit den Pflegebedürftigen aufnehmen. 16 Prozent der Pflegebedürftigen konnten laut Angaben der Bezugspersonen während des Lockdowns ihr eigenes Zimmer nicht verlassen, 25 Prozent war dies nur selten erlaubt.
Die Angehörigen bemerkten zudem, dass sich der psychische Zustand der Pflegebedürftigen während der Corona-Pandemie teils deutlich verschlechterte. Über 70 Prozent berichten, dass ihre pflegebedürftigen Angehörigen häufiger über Gefühle von Einsamkeit und Alleinsein geklagt hätten, 68 Prozent schildern, dass ihre zu pflegenden Angehörigen häufiger niedergeschlagen und antriebslos gewesen seien. 61 Prozent bemerkten einen Rückgang der geistigen Fitness, 56 Prozent eine Verschlechterung der körperlichen Beweglichkeit.
Die Autoren des Pflege-Reports halten es für dringend notwendig, dass Pflegeheime die Ergebnisse bei der Erarbeitung ihrer Infektionsschutzkonzepte und -maßnahmen berücksichtigen. Auf keinen Fall dürfe es erneut zu einer generellen Isolierung pflegebedürftiger Menschen kommen.
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