Der Pflegebranche in Deutschland geht es derzeit noch gut, sie steht aber vor großen Herausforderungen. Zu diesem Ergebnis kommt der “Pflegeheim Rating Report 2020” vom RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und dem Institute für Healthcare Business GmbH.
Vor allem die Personalknappheit macht den Pflegeeinrichtungen zu schaffen. Um den Pflegebedarf der alternden Bevölkerung zu decken, werden laut Report bis zu 166.000 neue Pflegekräfte benötigt.
4 % der Pflegeheime kämpfen mit erhöhter Insolvenzgefahr
Der “Pflegeheim Rating Report 2020” analysiert 370 Jahresabschlüsse aus den Jahren 2016 und 2017 von insgesamt 1.843 Pflegeheimen. Das entspricht rund 13 % des Marktes. Das Ergebnis: Die Lage der Pflegeheime habe sich zwar zwischen 2015 und 2017 leicht verschlechtert, es gehe ihnen aber noch relativ gut.
Konkret bedeutet das: 2017 hatten knapp 4 % der Pflegeheime mit erhöhter Insolvenzgefahr zu kämpfen. 77 % lagen im “grünen Bereich”, bei 18 % bestand lediglich eine geringe Insolvenzgefahr. 24 % der Pflegeheime verzeichneten 2017 einen Jahresverlust. Betroffen waren vor allem Heime in den Bundesländern Bayern, Hamburg, Rheinland-Pfalz, dem Saarland sowie Schleswig-Holstein.
Pflegefachkräfte: Zahl der offenen Stellen ist doppelt so hoch wie im Jahr 2009
Eine der größten Herausforderungen im Pflegebereich ist der Personalmangel. Zwischen 1999 und 2017 wurden 348.000 zusätzliche Vollzeitkräfte angestellt, dennoch fehlen in der ambulanten und stationären Pflege immer mehr Fachkräfte. 2017 gab es mehr als doppelt so viele offene Stellen wie noch im Jahr 2009.
Insgesamt belief sich die Zahl der Vollzeitkräfte im Jahr 2017 auf 819.000 Personen, darunter 329.000 Pflegefachkräfte. Das reicht nicht aus, um die erwartete Anzahl der Pflegebedürftigen zu betreuen. Der Report geht davon aus, dass bis zum Jahr 2040 mit 5 Millionen pflegebedürftigen Personen zu rechnen ist. Um sie alle zu versorgen, werden 378.000 zusätzliche stationäre Pflegeplätze benötigt. Die erforderlichen Investitionen belaufen sich auf 109 Milliarden Euro.
Der Report geht außerdem davon aus, dass bis 2040 gut 107.000 bis 209.000 zusätzliche Vollzeitkräfte in der ambulanten und 184.000 bis 396.000 in der stationären Pflege beschäftigt werden müssten. Die erforderliche Anzahl an zusätzlichen Pflegefachkräften liegt bei insgesamt 166.000, davon 64.000 in der ambulanten und 102.000 in der stationären Pflege.
Was braucht es für eine zukunftssichere Pflege?
Um die Pflege zukunftssicher zu machen, sind Maßnahmen notwendig, die den steigenden Kapitalbedarf decken, ohne die Beitragszahler weiter zu belasten. Damit mehr Pflegefachkräfte gewonnen werden können, muss dem Report zufolge der Beruf attraktiver werden.
Die Autoren schlagen unter anderem vor, die Löhne zu erhöhen sowie qualifiziertem Personal ein größeres Aufgabenfeld zuzugestehen. Pflegeeinrichtungen müssten zudem ein angenehmes Arbeitsumfeld bieten, das eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf erlaubt. Aussichtsreiche Karrieremöglichkeiten sowie ein Abbau von Bürokratie seien ebenfalls von Bedeutung, um den Pflegeberuf interessanter zu machen.
Darüber hinaus könne auch der Zuzug qualifizierter Kräfte aus dem Ausland den Personalmangel lindern. Moderne Technologien könnten die Pflegekräfte weiterhin bei der Arbeit unterstützen.