Noch immer leidet der Pflegeberuf unter seinem negativen Image. Neben schwierigen Arbeitsbedingungen ist es vor allem die vermeintliche “Bezahlung unter Wert”, die viele davon abhält, in die Pflege einzusteigen. Doch entspricht das Bild von der schlechten Entlohnung überhaupt der Realität? Neue Zahlen des Statistischen Bundesamtes lassen Zweifel aufkommen. Zumindest müssen Pflegekräfte-Gehälter differenzierter betrachtet werden.
Eine “normale” Pflegefachkraft (Leistungsgruppe 3) im Krankenhaus bezog 2020 laut Statistischem Bundesamt im Schnitt ein monatliches Bruttogehalt von 3.578 Euro, im Pflegeheim waren es 3.363 Euro. In anderen Bereichen verdienten Fachkräfte mit gleichwertiger Einstufung dagegen nur 3.286 Euro – durchschnittlich also drei bis acht Prozent weniger. Bezogen auf 2019 mussten Fachkräfte außerhalb der Pflege 2020 allerdings Einkommenseinbußen verkraften. Grund: vermehrte Kurzarbeit durch Corona – ein Problem, das für Pflegefachkräfte bekanntlich nicht relevant gewesen ist. Nur unwesentlich mehr als andere Fachkräfte verdienten Pflegekräfte in Altenheimen und Behindertenheimen mit 3.291 Euro brutto.
Pflegekräfte verdienen im Krankenhaus am besten
Die Einkommensspreizung zeigt sich auch bei ungelernten Kräften, angelernten Kräften und Fachkräften in herausgehobenen Funktionen. Die Pflege im Krankenhaus ist am besten vergütet – sowohl im Vergleich zu anderen Pflegebereichen als auch im Vergleich zur übrigen Wirtschaft. Nur die Abstände unterscheiden sich in den einzelnen Leistungsgruppen und es gibt eine Ausnahme: herausgehobene Fachkräfte außerhalb der Pflege verdienen im Schnitt geringfügig mehr (4.756 Euro) als herausgehobene Pflegekräfte im Krankenhaus (4.692 Euro). Im Übrigen gilt: Die Vergütung als Pflegefachkraft im Pflegeheim und insbesondere in Alten- oder Behindertenheimen ist nicht durchweg besser als außerhalb des Pflegebereichs, manchmal ist sie nach wie vor schlechter.
Zulagen bessern das Einkommen wesentlich auf
Trotz aller Unterschiede überraschen die Ergebnisse des Vergleichs. Man kann nicht durchgängig von “Unterbezahlung” von Pflegekräften sprechen. Die besten Gehälter werden im Krankenhaus gezahlt, sicher eine Folge der verbreiteten Tarifbindung. In anderen Pflegebereichen muss man sich dagegen in der Regel mit weniger begnügen. Das erstaunlich positive Bild trübt sich zusätzlich ein, wenn man betrachtet, wie die Gehälter zustande kommen. Bei Pflegekräften sind “Sonderzahlungen” in Form von Zulagen für Schichtdienst sowie Sonn- und Feiertagsarbeit ein wichtiger Gehaltsbestandteil.
Sie bewegen sich üblicherweise in einer Bandbreite zwischen 200 und 400 Euro monatlich. Erst durch diese Zulagen entstehen die Gehaltsvorsprünge, oft reichen sie nicht einmal für ein Plus aus. Rund 60 Prozent der Pflegekräfte arbeiten im Schichtdienst und über drei Viertel leisten regelmäßig Wochenend- und Feiertagsarbeit. Insgesamt gilt das sonst nur für jeden siebten (Schichtdienst) bzw. jeden dritten (Wochenend- und Feiertagsarbeit) Beschäftigten.
Pflegegehälter sind stärker gestiegen als andere Gehälter
Betrachtet man die Gehaltsentwicklung im Zeitablauf, haben die Pflegeberufe eindeutig aufgeholt. Während die Gehälter im produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsgewerbe zwischen 2010 und 2020 durchschnittlich um 21,1 Prozent gestiegen sind, betrug das prozentuale Plus im Pflegebereich deutlich mehr: In der Krankenpflege 32,9 Prozent, das Gehälter von Altenpflegern in Pflegeheimen stiegen sogar um 38,6 Prozent. Hier dürften sich die Maßnahmen der Politik zur Bekämpfung des herrschenden Pflegenotstandes positiv für die Beschäftigten ausgewirkt haben. Zum Teil bedeutet dies aber nur einen Nachholeffekt, um bestehende finanzielle Benachteiligungen gegenüber Bereichen außerhalb der Pflege auszugleichen und Abstände zu verringern.
Pflegeleitung schlechter vergütet als sonstige Führungspositionen
Interessant ist auch die vergleichende Betrachtung der “Spitzengehälter” in Leitungsfunktionen. Hier weist die Statistik mit 8.736 Euro brutto Monatsverdienst im Krankenhaus einen bemerkenswerten “Ausreißer” nach oben gegenüber allen anderen Bereichen aus. Die Angabe des Statistischen Bundesamtes ist aber irreführend, denn in dieser Zahl sind auch Vergütungen für “Nicht-Pflege-Leitungsfunktionen” im Krankenhaus enthalten. Die Angabe 5.626 Euro bzw. 5.719 Euro für Pflegeleitungen in Pflegeheimen bzw. Alten- und Behindertenheimen dürfte realistischer sein. Das Durchschnittsgehalt für Leitungsfunktionen in der übrigen Wirtschaft liegt mit einem Bruttomonatsgehalt von 7.275 Euro deutlich höher – um mehr als 25 Prozent.
Fazit: Licht und Schatten
Insgesamt zeigt die Vergütungsstatistik Licht und Schatten. Die Vergütung von Pflegekräften ist inzwischen besser als ihr Ruf. Das gilt zumindest für Pflegefachkräfte in Nicht-Leitungsfunktionen. Allerdings gibt es innerhalb der Pflege erhebliche Unterschiede. Durchweg gut bezahlt wird Pflege im Krankenhaus – in anderen Pflegebereichen sieht es schlechter aus. Pflegetätigkeiten erzielen gleichwertige oder bessere Vergütungen vor allem durch Zulagen für Arbeit zu besonderen Zeiten. Leitungspositionen in der Pflege sind zum Teil deutlich schlechter vergütet als Führungspositionen in der freien Wirtschaft. Hier besteht noch ein Nachholbedarf.
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