Der Personalmangel in der Kranken- und Altenpflege ist schon lange kein Geheimnis mehr. Aus diesem Grund versucht seit einiger Zeit auch die Politik vermehrt auf die Problematik einzugehen und entsprechende Lösungen zu finden. Im Jahr 2019 haben Bundestag und Bundesrat unter dem damaligen Gesundheitsminister Jens Spahn daraufhin ein Gesetz zur Stärkung des Pflegepersonals, das sogenannte Pflegepersonal-Stärkungsgesetz, verabschiedet.
Vier Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes hat dieses jedoch kaum Wirkung gezeigt. Woran das liegt, wie die Lage aktuell konkret aussieht und was das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz eigentlich ist, wird in diesem Beitrag behandelt.
Pflegepersonal-Stärkungsgesetz – Was ist das?
Ganz grundsätzlich war das Gesetz als Entlastung des unterbesetzten Pflegepersonals durch eine bessere Personalausstattung und bessere Arbeitsbedingungen gedacht. Hierdurch wollte man eine Verbesserung von Pflege und Betreuung in der ambulanten und stationären Kranken- und Altenpflege ermöglichen. Die Politik stellte hierzu große finanzielle Mittel zur Verfügung, die eine Finanzierung aller neuen Pflegekräfte und eine Refinanzierung der Tarifsteigerungen sowie die Vergütung des ersten Ausbildungsjahres neuer Azubis gewährleisten soll. So sollten, durch das Haushaltsbudget von 640 Millionen Euro, ab 2019 allein in der Altenpflege 13.000 zusätzliche Arbeitsplätze für Pflegekräfte finanziert werden.
Um dies einheitlich und sinnvoll umsetzen zu können, legt das Gesetz eindeutig fest, wie viele Pflegestellen pro Bewohner/-innen bewilligt werden. Pflegeeinrichtungen mit bis zu 40 Pflegebedürftigen erhalten beispielsweise eine zusätzliche Finanzierung für eine halbe Pflegestelle, mit bis zu 80 Bewohnern/-innen gibt es dann eine ganze Position. Bei bis zu 120 Heimbewohnern/-innen bekommt die Pflegeeinrichtung bereits eineinhalb und bei mehr als 120 zwei volle Pflegestellen.
Des Weiteren sollen auch die Pflegebedürftigen und pflegende Angehörige selbst von der Reform profitieren. So sollen sie zukünftig beispielsweise leichter Krankentransporte der stationäre Rehabilitationen wahrnehmen können.
Weitere Änderungen, die durch das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz in Kraft treten sollen, sind:
- Genehmigungsfreie Krankenfahrten zu ambulanten Behandlungen
- Einstellung von mehr Pflegekräften in vollstationären Pflegeinrichtungen
- Neues Bewertungssystem von Altenpflegeheimen
- Personaluntergrenzen für das Pflegepersonal im Krankenhaus
Pflegepersonal-Stärkungsgesetz – Umsetzung
Das scheint eigentlich gut umsetzbar und macht tatsächlich Hoffnung auf eine entsprechende Besserung des Pflegenotstandes. In der Realität ist allerdings kaum eine Wirkung des Gesetzes spürbar. So wurden nach vier Jahren bisher nur rund 20 Prozent der bewilligten Plätze neu besetzt. Laut GKV-Spitzenverband wurden bis zum Sommer 2022 lediglich 2.797 Stellen in Vollzeitäquivalenten gemeldet, was einer Kopfzahl von 4.022 entspricht.
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Pflegepersonal-Stärkungsgesetz – Hindernisse
Schaut man sich die realen Zahlen an, war das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz jedoch nur bedingt erfolgreich. Doch woran kann es liegen, dass bisher nur ein Fünftel der 13.000 neuen Stellen in die Tat umgesetzt wurde? Sowohl die Gründe, als auch die Meinungen der einzelnen Beteiligten hierzu unterschieden sich durchaus.
Verwaltungsherausforderungen
Eine zu hohe Bürokratie in der Antragsstellung und Abwicklung ist grundsätzlich eher nicht Ursache der fehlenden Umsetzung. Denn die Anträge, welche über die Kranken- und Pflegekassen verlaufen, können recht einfach über ein kurzes Online-Dokument ausgefüllt werden. Eine weitere Möglichkeit der Antragsstellung ist das Herunterladen, Ausfüllen und Verschicken einer Excel-Datei.
Oder finden sich hierbei etwa doch Hindernisse? Denn laut dem Deutschen Pflegerat bereitet die Art und Weise, nach welcher der Anspruch auf eine zusätzliche Stelle berechnet wird, einigen Pflegeeinrichtungen Schwierigkeiten. Denn die Kranken- und Pflegekassen haben die Antragsstellung beziehungsweise Genehmigung in den letzten Jahren immer wieder erschwert. Da für die Finanzierung einer zusätzlichen Pflegekraft eine Fachkraftquote von 50 Prozent einzuhalten ist, war eine Antragsstellung für einige Pflegeinrichtungen zeitweise unmöglich. Grund hierfür sind unter anderen die pandemiebedingten vermehrten Ausfälle des Pflegepersonals.
Ein weiteres Hindernis in der Antragsstellung liegt in der Tatsache, dass das Aufstocken der Arbeitsstunden beziehungsweise das Einstellen einer zusätzlichen Arbeitskraft immer wieder mit einem Risiko verbunden ist. Denn in einigen Fällen mussten die Pflegeeinrichtungen alles Personaltechnische umgesetzten, bevor ein Förderantrag bewilligt werden konnte. Erhalten die Einrichtungen dann allerdings keine Genehmigung, müssen sie die Kosten selbst tragen. Aus diesem Grund schrecken viele Häuser von Anfang an hiervor zurück.
Fachkräftemangel
Ein weiterer recht offensichtlicher Grund sind die schlichtweg mangelnden Personalressourcen. Selbst bei einer Bewilligung einer zusätzlichen Pflegestelle ist nicht gewährleistet, dass sich eine ausgebildete Pflegefachkraft finden lässt. Die Ursachen hierfür liegen unter anderem in den immer noch schwierigen Arbeitsbedingungen und der mangelnden Bezahlung und Wertschätzung für Pflegeberufe. Auch diese Problematik ist der Politik bewusst, wobei diese hier an ihre Grenzen zu stoßen scheint.
Kritik
Einige Akteure/-innen, wie der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes Johann-Magnus v. Stackelberg, sind zudem der Meinung, dass das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz in einigen Punkten an den Problemen der Pflege vorbei arbeitet. Er sieht das Problem des Pflegemangels, nicht in der Art der Finanzierung der Pflegefachkräfte in Krankenhäusern und befürchtet durch eine Umstrukturierung eine vermehrte Abwanderung aus Pflegeheimen in die Kliniken sowie eine Zweckentfremdung von Pflegeerlösen durch das Gesetz.
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- Sofortprogramm Pflege, https://www.bundesgesundheitsministerium.de/... (Abrufdatum: 19.01.2023)