Im Juni 2021 wurde die neue Pflegereform 2022 beschlossen, deren Maßnahmen im Pflege- und Gesundheitsbereich nun umgesetzt werden sollen. Die Digitalisierung der Pflege und Gesundheitsversorgung soll vorangetrieben werden. Auch will man deutlich mehr Steuergelder in die Kranken- und Pflegeversicherung fließen lassen und Pflegebedürftige in der stationären und ambulanten Pflege finanziell entlasten.
Gewerkschaften und Pflegeverbände befürchten jedoch, dass die Arbeitsbedingungen für das Pflegepersonal nicht ausreichend verbessert werden, und die Deutsche Stiftung Patientenschutz sieht die finanzielle Belastung Pflegebedürftiger in ambulanter und stationärer Pflege als großes Problem.
Hier sind die wichtigsten Inhalte des Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetzes (GVWG) in Kürze.
Pflegereform – Zuschüsse zu den Pflegekosten im Heim
Pflegebedürftige in vollstationären Einrichtungen erhalten einen Leistungszuschlag auf Pflege- und Ausbildungskosten. Da sich die Heimplatzkosten aus den Bestandteilen Pflegekosten, Ausbildungskosten, Investitionskosten und Kosten für Unterkunft und Verpflegung zusammensetzen, bringt dies eine finanzielle Entlastung. Für Heimbewohnerinnen und -bewohner mit Pflegegrad 1 besteht kein Anspruch auf den neuen Zuschuss. Mit Pflegegrad 2-5 beträgt der Leistungszuschlag:
- 5 Prozent des Eigenanteils an den Pflegekosten innerhalb des ersten Jahres,
- 25 Prozent des Eigenanteils an den Pflegekosten, wenn sie mehr als zwölf Monate,
- 45 Prozent des Eigenanteils an den Pflegekosten, wenn sie mehr als 24 Monate und
- 70 Prozent des Eigenanteils an den Pflegekosten, wenn sie mehr als 36 Monate in einem Pflegeheim leben.
Pflegereform – Kurzzeitpflegebetrag und Pflegesachleistungen werden angehoben
Pflegebedürftige ab Pflegegrad 2, die in ihrer Wohnung durch einen Pflegedienst versorgt werden, werden finanziell durch um 5 Prozent erhöhte Beträge für Pflegesachleistungen und Kurzzeitpflege entlastet:
- Pflegegrad 2: 724 Euro statt 689 Euro
- Pflegegrad 3: 1.363 Euro statt 1.298 Euro
- Pflegegrad 4: 1.693 Euro statt 1.612 Euro
- Pflegegrad 5: 2.095 Euro statt 1.995 Euro
Die Pflegereform sieht vor, dass die Leistungen der Kurzzeitpflege um 10 Prozent (statt 1.612 Euro nun 1.774 Euro pro Kalenderjahr) angehoben werden. Diese Anhebung erfolgt automatisch. Pflegebedürftige Menschen müssen also keinen Antrag stellen. Das Pflegegeld wird nicht angehoben.
Pflegereform – Mehr Geld für Pflegekräfte
Pflegehilfskräfte erhalten ab April einen Mindestlohn von 12,55 Euro pro Stunde, qualifizierte Pflegehilfskräfte mit einjähriger Ausbildung 13,20 Euro. Der Pflegemindestlohn für Fachkräfte erhöht sich auf 15,40 Euro und Pflegekräfte im öffentlichen Dienst werden gemäß der Einigung von Verdi und den Ländern ab 1. Dezember 2022 eine Gehaltserhöhung von 2,8 Prozent erhalten. Ferner ist eine erneute Corona-Prämie für Pflegekräfte geplant.
Pflegereform – Übergangspflege im Krankenhaus
Die Übergangspflege wurde bereits im Juli 2021 eingeführt und kann in Anspruch genommen werden, wenn im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt die Versorgung nicht oder nur mit erheblichem Aufwand sichergestellt werden kann.
Dies ist z.B. der Fall, wenn häusliche Krankenpflege, eine Reha-Behandlung, Kurzzeitpflege oder weitere Leistungen nach dem Pflegeversicherungsgesetz (Verhinderungspflege, Tagespflege etc.) nicht verfügbar sind. In diesen Fällen können Betroffene in demselben Krankenhaus, in dem ihre Behandlung erfolgte, maximal zehn Tage Übergangspflege in Anspruch nehmen.
Pflegereform – Einige Ansprüche gelten nun über den Tod hinaus
Bisher galt, dass Erstattungsansprüche gegenüber der Pflegeversicherung (z.B. Kosten für Verhinderungspflege durch Pflegedienst oder Angehörige, für Entlastungsleistungen, für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen oder zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel) mit dem Tod des versicherten Pflegebedürftigen erloschen. Die Neuregelung ermöglicht nun, dass Kostenerstattungsansprüche nach dem Tod des Versicherten bestehen bleiben. Man kann diese innerhalb von zwölf Monaten geltend machen.
Pflegereform – Mehr Hinweise auf Beratungsmöglichkeiten
Seit 2022 muss nicht nur bei Beantragung eines Pflegegrades eine Pflegeberatung innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang angeboten werden, sondern auch bei der Beantragung weiterer Leistungen der Pflegeversicherung. Dies gilt z.B. bei der Beantragung von Pflegesachleistungen, Pflegegeld, Kombinationsleistungen, Pflegehilfsmitteln, Tages- und Nachtpflege, Kurzzeitpflege oder vollstationärer Pflege. Die Pflegeberatung kann die Pflegekasse selbst erbringen oder mittels eines Beratungsgutscheins erfolgen.
Pflegereform – Weitere Änderungen
Auch wenn mit der Pflegereform viele größere Änderungen einhergehen, ermöglicht sie in Zukunft nicht nur Zuschüsse zu Pflegekosten oder ein höheres Gehalt für Pflegefachkräfte und gesteigerte Löhne für Pflegehilfskräfte. Zusätzlich zu den genannten Punkten gelten künftig außerdem folgende Regelungen:
Vereinfachte Versorgung mit Hilfsmitteln
Zur Entlastung pflegebedürftiger Menschen dürfen Pflegefachkräfte Empfehlungen zur Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelversorgung geben, welche einem entsprechenden Antrag beigefügt werden kann. Dadurch braucht man keine eine ärztliche Verordnung mehr.
Umwandlung von Pflegesachleistungen auch ohne Antrag möglich
Wie bisher kann man einen Teil der Pflegesachleistungsbeträge für nach Landesrecht anerkannte Entlastungsleistungen nutzen. Der dafür bisher notwendige Antrag bei der Pflegekasse entfällt aber. Nun kann man bis zu 40 Prozent der ungenutzten Pflegesachleistungsbeträge ohne vorherigen Antrag für Entlastungsleistungen verwenden.
Corona-Zuschlag für Pflegeversicherung in der Privaten Krankenversicherung
Private Krankenversicherer erheben einen monatlichen Zuschlag für die private Pflegepflichtversicherung (privat Krankenversicherte 3,40 Euro, Beihilfeberichtigte 7,30 Euro) zusätzlich zum Pflegeversicherungsbeitrag. Der Zuschlag soll pandemiebedingte Mehrausgaben auffangen und ist bis zum 31. Dezember 2022 begrenzt.
Mehr Verantwortung und Aufwertung des Pflegeberufs
Die Pflegereform 2022 erweitert die Befugnisse von Fachkräften in der Pflege, die in der häuslichen Pflege künftig mehr Entscheidungen selbstständig treffen dürfen. Außerdem sollen Berufsabschlüsse ausländischer Pflegekräfte schneller anerkannt werden, da mit einer weiteren Verschärfung des Fachkräftemangels zu rechnen ist.
Vereinheitlichte Ausbildung für Assistenzberufe in OP und Anästhesie
Erstmals werden bundesweit einheitliche Regelungen für die Ausbildung zur Anästhesietechnischen Assistenz (ATA) und zur Operationstechnischen Assistenz (OTA) gelten. Dies soll den komplexen Aufgabenstellungen und dem breiten Tätigkeitsspektrum der Berufe Rechnung tragen.
Bundeszuschuss für Pflegeversicherung
Aufgrund der gestiegenen Pflegekosten wird erstmals ein Bundeszuschuss aus Steuergeldern von einer Milliarde Euro pro Jahr für die Pflegeversicherung eingeführt. Die Pflegeversicherung erhält zusätzliche Mittel durch den Beitragszuschlag für Kinderlose, der von 3,3 Prozent auf 3,4 Prozent steigt.
E-Rezept und elektronische Patientenakte
Ab 1. Januar können Arztpraxen und Apotheken mit entsprechenden technischen Voraussetzungen das E-Rezept nutzen, das Papierrezept gibt es jedoch weiterhin. Ferner können Patientinnen und Patienten ab sofort selbst entscheiden, welche Ärztin und welcher Arzt auf welche Datensätze ihrer elektronische Patientenakte (ePA) zugreifen darf.
Längeres Kinderkrankengeld bleibt bestehen
Die pandemiebedingte Sonderregelung für das Kinderkrankengeld verlängert sich und kann für 30 statt zehn Tage pro Kind in Anspruch genommen werden. Alleinerziehende haben sogar einen Anspruch auf 60 statt 20 Tage.
Pandemiebedingter Schutzschirm verlängert
Der Corona-bedingte Schutzschirm wird verlängert, wonach Flexibilisierungen bei Pflegezeit und Familienpflegezeit befristet bestehen bleiben. Der Anspruch auf pandemiebedingtes Pflegeunterstützungsgeld verlängert sich für maximal 20 Arbeitstage bis Ende März 2022.
Passende Stellenangebote für medizinische Berufe
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1. Die neue Pflegereform und was Sie dazu wissen sollten, www.verbraucherzentrale.de (Abrufdatum: 10.01.22)
2. www.aok.de/gp/news-pflege/newsdetail/pflegereform-auswirkungen-des-gvwg-ab-2022 (Abrufdatum: 11.01.22)
3. www.bundesgesundheitsministerium.de/ministerium/meldungen/20202021/pflegereform.html (Abrufdatum: 11.01.22)