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Das Pflegeverständnis als Pflegemodell bestimmt die Art und Weise, wie Pflegekräfte sich und ihre Arbeit in einem zielorientierten Zusammenhang einordnen. Mit der Neubeurteilung und gesetzlichen Verankerung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs im Jahr 2017 hat sich das Pflegeverständnis jedoch grundlegend geändert.
Was sich hinter diesem Begriff verbirgt und wie sich das Pflegeverständnis auswirkt, beschreibt der folgende Artikel.
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Pflegeverständnis – Definition
Das Pflegeverständnis definiert, was Pflege im Idealfall bewirken kann und sollte. Es schließt alle am Pflegeprozess beteiligten Personen und Institutionen mit ein und hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt.
Während der Fokus früher vor allem auf den isoliert betrachteten Defiziten der Patientinnen und Patienten lag, so wird heute versucht, die zu pflegenden Personen mit all ihren individuellen Persönlichkeitsaspekten zu erfassen und so die Pflegequalität zu verbessern.
Über die bestmögliche Unterstützung der Betroffenen im Umgang mit Erkrankungen und funktionellen Beeinträchtigungen zielt das heutige Pflegeverständnis auf das Erreichen der größtmöglichen Selbstständigkeit und deren Erhaltung ab. Dabei wird auch das Umfeld der Pflegebedürftigen aktiv eingebunden.
Ethik in der Pflege
Ethische Aspekte in der Pflege werden im International Council of Nurses, dem ICN-Kodex, vertieft. Er ist als Leitfaden gedacht, anhand dessen die Pflege in einen die Würde des Menschen wahrenden Rahmen eingebettet werden kann. Der ICN-Kodex enthält unter anderem den Grundsatz der stetigen Weiterentwicklung der Kompetenzen und Leitlinien in der Pflege. Somit decken sich seine Inhalte mit dem neuen Pflegeverständnis, das alle Aspekte der Betroffenen würdigt.
Pflegeverständnis – Hintergrund
Im Jahre 2017 wurde der Begriff der Pflegebedürftigkeit neu definiert und berücksichtigt seither gleichermaßen körperliche, geistige und psychische Beeinträchtigungen. Daraus ergibt sich ein völlig neuer Blickwinkel auf die zu pflegende Person in ihrer Gesamtheit. Das Pflegeziel liegt nun in der Nutzung individueller Ressourcen zur Unterstützung bei einem möglichst selbstständigen und selbstbestimmten Lebensalltag. Während Angehörige früher oft nur „nebenbei“ adressiert wurden, erfolgen heute aktive Gespräche und teils praktische Anleitungen mit der ganzen Familie. Dies wird auch in immer mehr Kliniken und Pflegeeinrichtungen umgesetzt.
Um Pflegenden die neuen Definitionen näher zu bringen und deren Übernahme in den pflegerischen Alltag zu erleichtern, wurde 2019 der Leitfaden „Das Pflegeverständnis in der Praxis“ entwickelt.
Pflegeverständnis – Bestimmende Faktoren
Neben den grundlegenden Definitionen und Leitsätzen in der Pflege wird das Pflegeverständnis maßgeblich durch individuelle Aspekte der Pflegenden geprägt. Diese umfassen den sozialen und Bildungshintergrund und die Erziehung mit dem hierbei vermittelten Menschenbild, außerdem die Pflegeausbildung an sich, das eigene Berufsbild und den strukturellen Rahmen des Gesundheitswesens. Persönliche Erfahrungen, mediale Einflüsse und gesellschaftliche Normen und Werte ergänzen das Pflegeverständnis.
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Pflegeverständnis – Stufen
Das Pflegeverständnis entwickelt und vertieft sich mit zunehmender Ausbildung, wobei vier aufeinander aufbauende Stufen unterschieden werden können.
- Laienpflege: Die Laienpflege setzt keine Pflegeausbildung voraus, somit basiert das Pflegeverständnis vor allem auf eigenen Erfahrungen.
- Vorberufliche Pflege: Sie entspricht der Ausbildungssituation, bei der noch eine starke Ausrichtung an den standardisierten Normen und Vorschriften der jeweiligen Einrichtung besteht.
- Berufliche Pflege: Die berufliche Pflege entspricht der Fachschulausbildung und ermöglicht die eigenständige Auseinandersetzung mit Theorien und Empfehlungen. Dennoch engen in diesem Bereich häufig Normen und Anleitungen das Pflegeverständnis ein.
- Professionelle Pflege: Das professionelle Pflegeverständnis auf Basis des Hochschulstudiums umfasst die eigenständige Erarbeitung von Handlungsweisen und die wissenschaftliche Beurteilung individueller Pflegesituationen.
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Pflegeverständnis – Beispiel
Die Umsetzung des neuen Pflegeverständnisses in der Pflegepraxis beginnt mit initialen Gesprächen zur Erfassung der Defizite und Probleme sowie der möglichen Ressourcen, Wünsche und Ziele der Betroffenen. Zu den einzelnen Punkten erfolgen dann aufklärende Gespräche, eine Beratung der Betroffenen und ihrer Angehörigen und praktische Anleitungen.
Säulen des alltäglichen Lebens
Entsprechend dem Leitfaden „Das Pflegeverständnis in der Praxis“ wird die Lebenssituation maßgeblich durch sechs Säulen getragen: die Mobilität, die Selbstversorgung, den Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweisen und psychische Problemlagen und die Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte. Je mehr Säulen einbrechen, desto mehr gerät die Situation in Schieflage.
Erleidet beispielsweise ein älterer Mensch durch einen Schlaganfall eine Schluck- und Sprachstörung bei ansonsten nur milder Beeinträchtigung im Alltag, so können aus der Erkrankung eine Gewichtsabnahme, ein Mobilitätsverlust und ein sozialer Rückzug resultieren. Während früher vor allem die Nahrungszufuhr im Fokus stand, so stellen sich heute deutlich komplexere Fragen:
- Wie kann die Kraft und Mobilität des/der Patienten/-in gefördert werden?
- Wie ist er/sie sozial in sein Umfeld eingebunden?
- Kann und möchte er/sie seinen/ihren Hobbys weiter oder wieder nachgehen, an Veranstaltungen teilnehmen, auswärts essen?
- Könnten durch Logopädie Fortschritte bei der selbstständigen Nahrungsaufnahme und der Sprachbildung erzielt werden?
Stellenangebote in der Pflege
Interessiert an einem Job in der Pflege? Bei Medi-Karriere gibt es zahlreiche Stellenangebote in der Krankenpflege, z.B. Stellen für Pflegefachmänner/-frauen, Jobs für Fachkrankenpfleger/innen oder Stellen für Kinderkrankenpfleger/innen. Wir haben auch viele offene Stellen in der Altenpflege.
Häufige Fragen
- Welche Arten von Pflegeverständnis gibt es?
- Warum braucht Pflege ein eigenes Pflegeverständnis?
- Was ist ein wissenschaftliches Pflegeverständnis?
- Was versteht man unter individuellem Pflegeverständnis?
Es gibt das individuelle und das institutionelle Pflegeverständnis, auf die vermehrt persönliche Werte und Erfahrungen wirken, weiterhin das gesetzlich definierte Pflegeverständnis und das wissenschaftliche Pflegeverständnis.
Pflege braucht ein eigenes Pflegeverständnis, um einen für alle Pflegenden vergleichbaren Grundgedanken zu definieren, auf dem die Pflegepraxis aufbauen kann.
Ein wissenschaftliches Pflegeverständnis fußt auf einer intensiven Beschäftigung mit Pflegetheorien und umfassenden Erfahrungen im Rahmen eines Hochschulstudiums. Es ermöglicht die Entwicklung von situationsadaptierten Pflegestrategien und deren Betrachtung vor einem wissenschaftlich fundierten Hintergrund.
Das individuelle Pflegeverständnis bezieht sich auf die pflegende oder die pflegebedürftige Person und deren Definition der Pflegeabläufe und -ziele. Dabei wird es neben den allgemeingültigen Ansichten von vielfältigen persönlichen Erfahrungen und Wertvorstellungen beeinflusst.
- Drerup, E. (1993). Modelle der Krankenpflege. Materialien zur Krankenpflegeausbildung. Freiburg im Breisgau: Lambertus.
- Das neue Pflegeverständnis in der Praxis. Bundesministerium für Gesundheit, https://pflegenetzwerk-deutschland.de/... (Abrufdatum: 12.09.2023)
- Pflegeverständnis, https://www.st-marienkrankenhaus.de/... (Abrufdatum: 12.09.2023)