Rassismus sollte man heutzutage nirgendwo tolerieren – auch nicht in Pflegeheimen. Kommentare wie “Darf man nicht so ernst nehmen” oder “Der ist einfach gerade durcheinander” sind oftmals Antworten, welche bei rassistischen Sprüchen gegeben werden. Doch Bemerkungen solcher Art sollte sich niemand gefallen lassen. Einschreiten und Loyalität beweisen ist gefragt. Aber warum ist gerade in der Pflege das Problem so ausgeprägt? Und wie gehen Pflegeheime damit um?
Osteuropäer häufig mit Rassismus konfrontiert
In der Altenpflege ist Rassismus keine Seltenheit. Viele PflegerInnen kommen aus Tschechien, Rumänien, Polen oder Russland und sind für die Pflege von Personen zuständig, welche des Öfteren ein persönliches Schicksal mit den Herkunftsländern ihrer Pflegekräfte verbinden.
BewohnerInnen haben unverarbeitete Trauma
Denn viele alte Menschen verkrafteten das Trauma des Zweiten Weltkrieges mit der Abschiebung aus ihrer Heimat nicht. Aus diesem Grund müssen insbesondere osteuropäische PflegerInnen mit Rassismus umgehen. Dies reicht von scheinbar harmlosen Bemerkungen über Anfeindungen bis hin zu Übergriffen.
Manche Altenheime schicken bei akuten Fällen zur Deeskalation deutsche Mitarbeitende. Unter den Tisch kehren sollte man das Thema keinesfalls. Vorgesetzte sollten bei Rassismus hinter ihren Mitarbeitenden stehen.
Gespräch suchen und aufarbeiten
Gerade bei einem Auftreffen von verschiedenen Kulturen und Generationen sollte man das Gespräch mit den HeimbewohnerInnen suchen, bestenfalls auch mit den Angehörigen. Das dient der Klärung dessen, was damals genau passiert ist. Indem man mit allen Beteiligten ein Gespräch sucht, zeigt man, dass man sich für die (damaligen) Geschehnisse interessiert und es gerne mit den Menschen aufarbeiten möchte. Dies kann zur Schlichtung des Konfliktes beitragen.
Darüber hinaus sollten Vorgesetzte oder LeiterInnen von Altenheimen oder sonstigen Einrichtungen mit ihren Mitarbeitenden sprechen und hinter ihnen stehen, da rassistische Sprüche eine ernstzunehmende Problematik darstellen und verletzend sein können. Zivilcourage und Mut ist hierbei gefragt, um sich und die PflegerInnen zu schützen.
Multikulti-Team prägt Miteinander
Eine Einrichtung, welche sich mit Rassismus stark auseinandersetzt, ist das St. Marien- und St. Annastiftskrankenhaus in Ludwigshafen.
In der Pflegestation dieses Ludwigshafener Krankenhauses besteht das Pflege-Team aus 16 Menschen, wobei zehn davon einen Migrationshintergrund aufweisen. Sie kommen aus der Türkei, Griechenland, Bolivien, Kamerun, Rumänien und Litauen.
Die Stationsleitung ist gebürtige Koreanerin, welche demzufolge weiß, was es bedeutet, ein anderes Pflegesystem zu kennen. Denn je nach Herkunftsland seien die Pflegenden einen anderen Stellenwert ihres Berufes gewohnt.
Da alle Pflegekräfte aus unterschiedlichen Herkunftsländern kommen, die Stationsleitung eingeschlossen, prägt das das Miteinander besonders stark. Denn da in Deutschland hauptsächlich individualistisches Denken vorherrsche, sei das Denken in anderen Ländern häufig kollektivistisch.
Dies wirkt sich gleichermaßen positiv auf die Unterstützung und Loyalität gegenüber den KollegInnen aus. Werde jemand mit Rassismus konfrontiert, treten die PflegerInnen für ihre KollegInnen ein und zeigen Zivilcourage.
Gegen rassistische Sprüche entschieden vorgehen
In der Pflegestation der Klinik komme es ebenfalls vor, dass manche Personen ungern von PflegerInnen behandelt werden möchten, die eine andere Hautfarbe haben oder ein Kopftuch tragen.
Da die Stationsleitung selbst keine gebürtige Deutsche ist, kann sie sich in solche Situationen gut hineinfühlen und ihre Mitarbeitenden unterstützen. Sie macht den Pflegekräften bewusst, dass sie sich nicht von solchen Bemerkungen verunsichern lassen sollen. Die KollegInnen sind immerhin diejenigen, welche die Qualifikation und Kompetenzen besitzen, sich um kranke Personen oder Pflegefälle zu kümmern. Dies helfe, selbstbewusst und sicher aufzutreten.
Dass die Geschäftsführung hinter den Mitarbeitenden steht, hilft vielen Pflegekräften sehr. Ein Extremfall von Rassismus seitens einer Person auf der Station gegenüber einer Pflegekraft habe demgemäß schon dazu geführt, dass die Person das Haus verlassen musste. Das komme zwar selten vor – aber es passiert dennoch.