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Inhaltsverzeichnis
Resilienz ist in der Pflege besonders wichtig, um sich vor mentaler Überlastung zu schützen. Nicht nur Corona, Fachkräftemangel, Überstunden und Einsparmaßnahmen zerren an den Nerven von Pflegekräften. Sie sehen ebenfalls häufig schlimme Verletzungen durch Unfälle, bekommen das Leid von Patienten/-innen und Angehörigen hautnah mit und müssen stets professionell distanziert bleiben. Auch Personen, die sich von Schicksalsschlägen erholen wollen, hilft ein höheres Maß an Resilienz.
Was Resilienz genau ist, welche Strategien es zur Stärkung der Psyche gibt sowie Tipps zum Üben werden in den folgenden Absätzen genau erklärt.
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Resilienz – Definition
Resilienz (vom lateinischen resilire/resilio = zurückspringen, zurückprallen) ist die Fähigkeit, schwierige Situationen zu bewältigen und v.a. in der Pflege die Voraussetzung für ein langes, gesundes Berufsleben. Sie bezeichnet die innere Widerstandskraft gegen belastende Situationen, angefangen vom alltäglichen Stress bis hin zu traumatisierenden Ausnahmesituationen wie z.B. dem Umgang mit Unfall- oder Gewaltopfern.
Resilient zu handeln heißt, auf Veränderungen und spezifische Herausforderungen mit der gezielten Anpassung des eigenen Verhaltens zu reagieren. Das Ziel aller gängigen Resilienz-Konzepte ist die eigene Fähigkeit, mit einem starken seelischen Abwehrsystem aufkommende Krisen im Alltag leichter bewältigen zu können. Durch positiv gemeisterte Erlebnisse wird die persönliche Resilienz trainiert und ein ganz individuelles Stress- und Energiemanagement entwickelt, das dabei hilft, den Pflegealltag besser zu meistern.
Resilienz in der Pflege – Nutzen für den Beruf
Da v.a. in der Pflege die psychischen Anforderungen hoch sind, ist Resilienz hier besonders nützlich. Für Pflegefachkräfte bieten sich daher eine Reihe von Empfehlungen an, die den Arbeitsalltag erleichtern. Diese sind hier nachfolgend aufgelistet.
- Alle Gefühle sollten zugelassen, ernst genommen und persönliche Warnsignale beachtet werden. Es bringt v.a. im Pflegealltag nichts, die Zähne zusammenzubeißen. Hilfe zu holen ist erlaubt.
- Körperliche Gesundheit ist für Pflegekräfte besonders wichtig. Fitness, ausgleichende Hobbys und gesunder Schlaf sind essenziell.
- Besonders in stressigen Situationen sollte man Körpersignale beachten: Muss ich kurz „raus“ oder kann ich „durchpowern“? Beides ist ok.
- Soziale Beziehungen mit Arbeitskollegen/-innen, die spezifische Berufssituationen nachvollziehen können, sollten gestärkt werden, um sich mit ihnen auszutauschen. So kann man ein Netzwerk aufbauen, das in belastenden Akutsituationen hilft.
- Fort- und Weiterbildungen können nicht nur fachliches Wissen und Fähigkeiten erweitern, sondern auch innere Ruhe bringen. Wer eine Situation bereits in einer Fortbildung gesehen hat, kommt in der Akutsituation nicht so leicht ins Schwimmen.
Die 7 Säulen der Resilienz
Resilienz hat sieben Bestandteile, die ineinandergreifen und aufeinander aufbauen. Sie werden als die 7 Säulen der Resilienz bezeichnet und weichen je nach Modell in Feinheiten voneinander ab. Die folgenden sieben Faktoren sind jedoch in allen Modellen der Resilienz-Forschung vorhanden und bilden den Kern beim Aufbauen von Resilienz. Was genau diese Säulen ausmacht, wird in den folgenden Abschnitten genauer erklärt.
Optimismus
Manchmal fällt es schwer, schlimmen Ereignissen etwas Positives abzugewinnen. Es lohnt sich aber, sich zumindest zu fragen, ob man aus dem negativen Ereignis etwas Positives ziehen kann: Hat mir die Situation gezeigt, in welchen Bereichen ich mich verbessern kann? Habe ich daraus gelernt, wie ich dieser Situation künftig vorbeugen bzw. sie verhindern kann? Stellt man sich diese Fragen, ist es im besten Fall möglich, einen anderen Blickwinkel einzunehmen und die Sichtweise somit zu erweitern.
Akzeptanz
Manchmal kann man Dinge nicht ändern. Hat man z.B. einen Fehler gemacht, lässt er sich nicht rückgängig machen. Sich deswegen aber Vorwürfe zu machen („Ich bin so dumm/ungeschickt“) hilft nicht. Daher ist es ratsam, den Blick nach vorne zu richten und zu versuchen, das Beste aus der Gegenwart zu machen. So hält man nicht an unabänderlichen Dingen aus der Vergangenheit fest und kann sie mental loslassen. Das verringert psychischen Ballast.
Persönliche Grenzen nicht aus den Augen verlieren
Auch, wenn es für den beruflichen Alltag einer Pflegefachkraft wichtig ist, widerstandsfähig zu sein, sollten sich Pflegekräfte dennoch bewusst sein, dass sie nicht alles durch positiveres Denken akzeptieren müssen. Hier ist es wichtig, persönliche Grenzen weiterhin als solche zu erkennen und auf deren Einhaltung im Zweifelsfall auch zu bestehen. Auch das ist wichtig für die psychische Gesundheit.
Lösungsorientierung
Wer Schwierigkeiten mit dem Elan begegnet, sie zu überwinden, hat eine ganz andere Betrachtungsweise als jemand, der kapituliert. Egal wie kompliziert etwas zunächst erscheint, wenn man sich einen Plan macht und das Problem angeht, fühlt man sich besser. Gleichzeitig verleiht diese Haltung die nötige Motivation, um das Problem danach auch anzugehen. Damit wird es möglich, auch in belastenden Situationen zu innerer Stärke zu finden.
Netzwerk aufbauen
Manchmal hilft es, ein Problem „outzusourcen“. Wer mit Freunden/-innen, Familienmitgliedern oder Kollegen/-innen Schwierigkeiten besprechen kann, gewinnt nicht nur neue Einblicke und Lösungsansätze, sondern reduziert die Alleinlast. Jede/r sollte sich solch ein hilfreiches Netzwerk zulegen. So kann man im Notfall um Hilfe bitten und kontinuierlich die eigene Resilienz stärken.
Opferrolle verlassen
Manchmal ist man objektiv das Opfer, z.B. von Mobbing am Arbeitsplatz. Manchmal bildet man sich das aber auch nur ein, z.B. wenn man glaubt, der Chefarzt könne einen nicht ausstehen. Das mag so sein – oder auch nicht. In beiden Fällen hilft es, die Opferrolle zu verlassen: Wer in Selbstmitleid versinkt, hat keine Energie übrig, das (vermeintliche) Los zu ändern. Resiliente Menschen schlüpfen also aus einer passiven, hilflosen Rolle in eine aktive Position, aus der heraus man möglicherweise etwas an der Situation verbessern kann.
Verantwortung übernehmen
Nicht immer sind andere für die eigenen Probleme verantwortlich. Vielleicht ist der Chefarzt ja verstimmt, weil man ihm die Patientenakten grundsätzlich zu spät bringt. In solchen Fällen sollte man objektiv genug sein, sich selbst als das Problem zu erkennen und Verantwortung zu übernehmen. Wer Fehler zugibt, zeigt keine Schwäche, sondern Selbstreflexionsfähigkeit und Verantwortung.
Zukunft planen
Wer grundsätzlich optimistisch ist, Unveränderliches akzeptiert, lösungsorientiert denkt, ein funktionierendes Netzwerk hat, die Opferrolle verlässt und Verantwortung übernimmt, verfügt bereits über eine hohe Resilienz. Noch besser läuft es, wenn man mit all diesen Faktoren aktiv seine Zukunft plant, statt alles passiv auf sich zukommen zu lassen. Man könnte z.B. eine Weiterbildung planen, damit Vorgesetze sehen, dass man sich um Verbesserung bemüht.
Ausbildungsplätze als Pflegefachfrau / Pflegefachmann
Resilienz trainieren – Übungen
Wer die eigene Resilienz in der Pflege trainieren möchte, kann sich hier von zwei praktischen Fallbeispielen inspirieren lassen. Diese stehen stellvertretend für eine Vielzahl an Möglichkeiten, wie man Resilienz in der Pflege üben kann. Wie genau sie funktionieren, wird im Folgenden genau dargestellt.
Resilienz im Umgang mit Kollegen/-innen
Ein häufiges Beispiel ist ein Konflikt mit schwierigen Kollegen/-innen: Man kann ihnen nicht ausweichen und muss mit ihnen zusammenarbeiten. Dies ist v.a. schwierig, wenn man verschiedene Ansichten hat, was die Arbeit angeht: Man selbst legt z.B. Wert darauf, sich für die Patienten/-innen auf Station Zeit zu nehmen, während der/die Kollege/-in primär an die Zeitplanung denkt.
- Optimismus: „Mein/e Kollege/-in ist erst seit drei Monaten hier; das gibt sich bestimmt bald.“
- Akzeptanz: „Mein/e Kollege/-in sieht eben den ungestörten Zeitablauf auf Station als wichtiger an.“
- Lösungsorientierung: „Wir kommen sonst gut klar, also können wir bestimmt auch hier einen Weg finden, z.B. durch Aufgabenteilung.“
- Netzwerk aufbauen: „Ich suche mir Kollegen/-innen, die genauso wie ich Wert darauf legen, die Patienten/-innen persönlich anzusprechen.“
- Opferrolle verlassen: „Er/sie greift mich nicht persönlich an.“
- Verantwortung übernehmen: „Er/sie hat recht, dass ich durch die Patientenbetreuung öfter die Tablettenausgabe auf die Abendschicht abgewälzt habe, weil ich es zeitlich nicht geschafft habe. Daran sollte ich arbeiten.“
- Zukunft planen: „Wir sollten vereinbaren, dass er/sie die Aufgaben übernimmt, die unbedingt gemacht werden müssen und ich ihm/ihr dafür ungeliebte Aufgaben abnehme.“
Resilienz im Umgang mit Ausnahmesituationen
Nirgendwo hat man so oft mit belastenden Ausnahmesituationen wie schweren Unfällen und menschlichem Leid zu tun wie im Gesundheitssektor. Wenn man z.B. in der Notaufnahme arbeitet, ist man prädestiniert für unangenehme Situationen. Belastenden Extremsituationen wie z.B. einem schwerverletzten Kind nach einem Autounfall kann man sich nicht entziehen, denn der/die Patient/in muss versorgt werden.
Bevor sich die eigene Angst Bahn bricht, kann man die Situation auch folgendermaßen angehen:
- Optimismus: „Wenn ich jetzt mein Bestes gebe, erhöhe ich die Genesungschancen für den/die Kleine/n.“
- Akzeptanz: „Der Unfall ist passiert, daran kann ich nichts mehr ändern.“
- Lösungsorientierung: „Ich muss zuerst die Blutung stoppen.“
- Netzwerk aufbauen: „Wenn der/die Kleine stabil ist, nehme ich mir fünf Minuten Auszeit mit meinem/-r Lieblingskollegen/-in und schütte ihm/ihr mein Herz aus.“
- Opferrolle verlassen: „Hier geht es nicht um meine Anteilnahme, sondern um das Kind.“
- Verantwortung übernehmen: „Meine zitternden Hände helfen mir nicht. Ich gebe das Legen eines Venenzugangs an eine/n Kollegen/-in ab und übernehme Dinge, bei denen man nicht stillhalten muss.“
- Zukunft planen: „Heute Abend lenke ich mich mit einem Film ab und morgen frage ich auf der Kinderstation an, wie es dem/-r Kleinen geht.“
Fazit
Resilienz in der Pflege ist die Kompetenz zur Problemlösung und die psychische Widerstandskraft zur Bewältigung stetig wachsender Aufgaben im Alltag. Die Fähigkeit, Krisen erfolgreich zu bewältigen und dabei die eigene Psyche zu schonen, fördert die persönliche Widerstandsfähigkeit und reduziert dauerhaft Sorgen und Probleme. Das Trainieren der Resilienz hilft daher nicht nur dabei, Stresssituationen zu meistern, sondern führt zu mehr innerer Ruhe und einer Stärkung des Selbstwertgefühls. Diese positive Grundeinstellung gegenüber den mentalen Anforderungen des Pflegealltags erleichtert den Job und die Zusammenarbeit mit Kollegen/-innen.
Zum Thema Resilienz gibt es auch zahlreiche Bücher. Wer also auf der Suche nach weiteren Anleitungen zum Stärken der persönlichen Widerstandskraft ist, findet dort ausführlichere Abhandlungen.
Passende Stellenangebote in der Pflege
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Häufige Fragen
- Was sind die 7 Säulen der Resilienz?
- Was bedeutet resilient sein?
- Ist Resilienz erlernbar?
- Was stärkt die Resilienz?
Die 7 Säulen der Resilienz sind Charaktereigenschaften, die eine starke Befähigung zur Stress- und Krisenbewältigung darstellen. Gemeinsam bilden sie die Resilienzfaktoren, die in ihrer Ausprägung dafür verantwortlich sind, wie belastungsresistent man ist. Es handelt sich dabei um Optimismus, Akzeptanz, Lösungsorientierung, Netzwerkaufbau, das Verlassen der Opferrolle, Verantwortungsübernahme und Zukunftsplanung. Je mehr man diese Eigenschaften bei sich erkennt, desto resilienter ist man.
Resilienz wird in der Psychologie auch als das Abwehrsystem der Seele bezeichnet. Sie beschreibt die individuelle Fähigkeit, Krisen, Rückschläge oder Verluste zu meistern, ohne daran dauerhaft psychischen Schaden zu nehmen oder zu leiden. Resilienz ist also die psychische Widerstandsfähigkeit, Krisen zu bewältigen und sie statt als unüberwindbare Probleme als Anlass zur eigenen Entwicklung zu verstehen. Statt erschöpft und entkräftet das eigene Leben passiv zu betrachten und mit den Umständen zu hadern, verhilft Resilienz dazu, Tiefs zu überwinden und sich Herausforderungen aktiv zu stellen.
Resilienz ist bei manchen Menschen immanent vorhanden, bei anderen nicht. Wer „von Natur aus“ eher weniger resilient ist, kann seinen „Resilienzmuskel“ durch positives Denken trainieren. Man sollte lernen, schlimme Situationen nicht als ausweglos zu betrachten, sondern daraus Lehren zu ziehen und aktiv Wege aus dem „Loch“ zu suchen. Positives Denken ist erlernbar, sofern man sich Zeit nimmt und es immer wieder versucht. Es hilft, mit sich selbst geduldig zu sein und sich selbst gut zu behandeln. Wer dabei Hilfe braucht, kann sich bei Psychologen/-innen oder Coaches Hilfe suchen.
Man stärkt die eigene Resilienz, wenn man generell Wandel und Ausnahmesituationen als festen Bestandteil des Lebens akzeptiert. Wer Krisen nicht als unüberwindbare Probleme betrachtet, sondern daran glaubt, realistische Ziele erreichen zu können, verlässt die Opferrolle. Man sollte auch aktiv Entscheidungen treffen, anstatt sich von anderen „herumkommandieren“ zu lassen. Außerdem sollte man die Dinge aus einer langfristigen Perspektive sehen statt nur im Augenblick. Wer außerdem soziale Beziehungen aufbaut, auf sich selbst achtet und positiv über sich selbst denkt, stärkt die eigene Resilienz noch mehr.
- Resilienz in Pflege, https://www.landeskrankenhaus.de/... (Abrufdatum: 13.10.22)
- Das Konzept der Resilienz als Stressbewältigungsstrategie, https://www.die-praxisanleitung.de/... (Abrufdatum: 13.10.22)
- Resilienz bei Mitarbeitenden im Gesundheitswesen, https://www.gesundheitsdienstportal.de/... (Abrufdatum: 14.10.22)
- Die 7 Säulen der Resilienz, https://clevermemo.com/... (Abrufdatum: 14.10.22)
- Wenn Pflege krank macht: wie kann Resilienz-Förderung helfen? https://uni-tuebingen.de/... (Abrufdatum: 16.10.22)
- Resilienz in der Pflege – Mentale Stärke im Berufsalltag, https://www.sozialagentur-konkret.de/... (Abrufdatum: 16.10.22)
- Die 7 Säulen der Resilienz: So meistern Sie Herausforderungen im Leben, https://www.ruv.de/... (Abrufdatum: 16.10.22)
- Resilienz: Die sieben Säulen der Stärke, https://gesundes-miteinander.de/... (Abrufdatum: 16.10.22)
- Führung unter Stress: Resilienz aufbauen, https://www.uni-wuerzburg.de/... (Abrufdatum: 17.10.22)
- Resilienz fördern, https://www.planet-wissen.de/... (Abrufdatum: 17.10.22)