Rund 25.000 Stellen in deutschen Pflegeeinrichtungen sind unbesetzt. Pflegekräfte aus dem Ausland helfen dabei, diese Stellen zu besetzen und dem Pflegenotstand entgegenzuwirken. Sie sind auch ein wichtiger Baustein, um die Arbeitsbelastung zu senken, die sich aus der zweiten Welle der Corona-Pandemie ergibt.
Bevor eine Pflegefachkraft aus dem Ausland in Deutschland arbeiten kann, sind allerdings einige bürokratische Hürden zu nehmen. Pflegeverbände und Pflegeeinrichtungen fordern daher, den Prozess der beruflichen Anerkennung zu vereinfachen.
Bürokratische Hürden bei der beruflichen Anerkennung
Haben Pflegefachkräfte ihre Ausbildung in einem EU-Mitgliedsstaat absolviert, wird ihre berufliche Qualifikation gemäß EU-Berufsanerkennungsrichtlinie (2005/36/EG) automatisch anerkannt. Das gilt allerdings nicht für Altenpflegefachkräfte, da es zur dualen Altenpflegeausbildung kein internationales Pendant gibt. Genau wie Pflegekräfte aus dem Nicht-EU-Ausland müssen Altenpflegerinnen und Altenpfleger daher ein berufliches Anerkennungsverfahren absolvieren, bevor sie in Deutschland arbeiten dürfen.
Im Anerkennungsverfahren prüft die zuständige Behörde, ob die ausländischen Abschlüsse mit der deutschen Ausbildung gleichwertig sind. Ausländische Pflegekräfte haben oft ein Studium absolviert und einen Bachelor oder Master of Nurse abgelegt. Diese Abschlüsse werden mit den Rahmenlehrplänen der dualen Ausbildung verglichen. Dafür ist das Landesverwaltungsamt des jeweiligen Bundeslandes zuständig. Häufig werden die Abschlüsse nicht komplett, sondern nur teilweise anerkannt und Defizite müssen durch Anpassungsmaßnahmen ausgeglichen werden. Die Plätze für Anpassungsmaßnahmen sind allerdings rar, Wartezeiten von bis zu sechs Monaten keine Seltenheit.
Zusätzlich zur Anerkennung ihres Berufsabschlusses benötigen Pflegefachkräfte aus dem Ausland das Sprachzertifikat B2. Außerdem müssen sie ihre gesundheitliche und ihre persönliche Eignung nachweisen. Die Gesundheitsprüfung erfolgt bei einem deutschen Arzt, zum Nachweis der persönlichen Eignung wird in der Regel ein Führungszeugnis verlangt.
Je nach Herkunftsland müssen ausländische Pflegefachkräfte zudem ein Visum beantragen. Voraussetzung für die Erteilung eines Visums ist ein fester Arbeitsvertrag. Wer noch keinen Arbeitsvertrag hat, kann einen Antrag für ein Visum zur Arbeitsplatzsuche stellen.
Langwierige Visa-Vergabe und Anerkennung führt zu verspätetem Arbeitseinsatz
Die bürokratischen Hürden zur beruflichen Anerkennung führen dazu, dass Fachkräfte aus dem Ausland oft erst mit großer Verspätung tatsächlich in deutschen Pflegeeinrichtungen arbeiten können. Bis zur Ausstellung eines deutschen Visums können rund sechs Monate vergehen. Schon auf Termine für die Abgabe der Visumsanträge in der Deutschen Botschaft des jeweiligen Herkunftslandes müssen viele Antragsteller lange warten. Die Anpassungsmaßnahmen für die berufliche Anerkennung nehmen zwischen vier und 18 Monaten in Anspruch. Während dieser Zeit dürfen ausländische Beschäftigte zwar als “Gesundheits- und Krankenpfleger in Anerkennung” im Betrieb mitarbeiten – in dieser Position können sie jedoch nicht die vollen pflegerischen Aufgaben einer Fachkraft übernehmen.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Anforderungen der Bundesländer nicht einheitlich sind. So unterscheiden sich beispielsweise die Rahmenlehrgänge der dualen Pflegeausbildung von Land zu Land. Unterschiede gibt es auch bei den geforderten Sprachkenntnissen: In Berlin darf die Prüfung der Sprachkenntnisse auf B2-Niveau nicht länger als drei Jahre zurückliegen, Hessen setzt Sprachkenntnisse auf B1/B2-Niveau voraus und überprüft zudem berufsspezifisches Vokabular.
Einheitliche Kriterien für die Anerkennung gefordert
Um offene Stellen zu besetzen und einem Pflegenotstand entgegenzuwirken, bemühen sich viele Pflegeeinrichtungen aktiv um Fachkräfte aus dem Ausland. Die Paracelsus-Klinikgruppe hat in den vergangenen zwei Jahren beispielsweise rund 70 Beschäftigte aus dem Nicht-EU-Ausland rekrutiert. Dem Arbeitgeberverband Pflege zufolge waren 2018 in Deutschland rund 75.000 Pflegefachkräfte aus EU-Mitgliedsstaaten und 71.000 Kollegen und Kolleginnen aus Drittstaaten sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Langwierige Anerkennungs- und Visa-Verfahren verkomplizieren es allerdings, ausländische Fachkräfte einzustellen. Die Klinikgruppe Paracelsus fordert daher, die Verfahren zu beschleunigen und mehr Planungssicherheit für Pflegeeinrichtungen zu schaffen. Dazu sollten unter anderem transparente und objektive bundeseinheitliche Kriterien zur Anerkennung von Berufsabschlüssen beitragen. Der Arbeitgeberverband Pflege fordert zusätzlich die Eröffnung eines digitalen Antragsverfahrens für Visa und zur beruflichen Anerkennung. Ähnliche Forderungen nach der Integration bundeseinheitlicher Anerkennungskriterien stellt auch der Deutsche Berufsverband der Pflegekräfte (DBfK) auf. Häufig ohnehin schon bestehende Probezeiten sollen verhindern, dass ein abgekürztes Anerkennungsverfahren zur Anstellung wenig qualifizierter Mitarbeiter führt.