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Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) möchte Pflegekräfte besser bezahlen und Kernpunkte seiner Pflegereform über Umwege realisieren. Mit einem Gesetzesentwurf für höhere Löhne kontert er einen Vorschlag von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Die angestrebten Neuregelungen könnten noch vor der Bundestagswahl im September in Kraft treten.
Große Koalition zielt auf bessere Bezahlung von Pflegekräften
Eine bessere Bezahlung von Pflegekräften ist dringend notwendig. In diesem Punkt sind sich Branchenvertreter und die Große Koalition einig. Rund 1,2 Millionen Beschäftigte sind in Deutschland als Altenpfleger/innen tätig, jedoch wird nur knapp die Hälfte von ihnen nach Tariflohn bezahlt. Bereits im Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD darauf verständigt, dies zu ändern und Tariflöhne in der Pflege durchzusetzen. Die Corona-Krise hat noch einmal besonders deutlich gemacht, wie wichtig eine angemessene Bezahlung von Pflegefachkräften ist. Entsprechend üben Pflegeverbände und medizinische Organisationen verstärkt Druck auf die Politik aus, ihre Versprechen in die Tat umzusetzen. Von Arbeitsminister Hubertus Heil angestrebte Pläne für einen branchenweit geltenden Tarifvertrag scheiterten allerdings Anfang 2021 an der Ablehnung durch die Caritas.
Anfang Mai 2021 legte Heil nun einen neuen Gesetzesentwurf für ein sogenanntes “Pflege-Tariftreue-Gesetz” vor. Der Entwurf sieht vor, dass Pflegeeinrichtungen nur dann Geld aus der Pflegeversicherung erhalten, wenn sie ihre Beschäftigten nach Tarifvertrag entlohnen. Den Pflegenden, die derzeit noch nicht nach Tarif bezahlt werden, soll diese geplante Änderung eine spürbare Gehaltssteigerung bringen. Vollzeitkräfte könnten demnach über 300 Euro mehr im Monat verdienen. Geht es nach Heil, soll das Gesetz noch im Sommer beschlossen werden, also noch vor der anstehenden Bundestagswahl im September.
Einrichtungen sollen Pflegekräfte nach Tariflohn bezahlen
Heils Vorstoß setzt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn unter Druck. Dessen geplante Pflegereform sieht ebenfalls eine bessere Bezahlung von Pflegenden vor, eine Umsetzung der Reform noch in dieser Legislaturperiode gilt allerdings als unwahrscheinlich. Spahn möchte daher wenigstens die Kernpunkte der Reform über Umwege realisieren. Sie sollen über Änderungsanträge in das geplante Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsvorsorge (GVWG) einfließen. Über das GVWG soll der Gesundheitsausschuss noch im Mai 2021 beraten, anschließend soll es im Bundestag beschlossen werden.
Die Bezahlung von Pflegekräften nach Tarifvertrag ist einer dieser Kernpunkte. Ab Juli 2022 sollen Versorgungsverträge nur noch mit Pflegeeinrichtungen geschlossen werden, die ihre Beschäftigten nach Tarifvertrag oder tarifähnlich bezahlen.
Finanzielle Entlastung für Pflegebedürftige
Anders als die Pläne von Heil berücksichtigt der Entwurf von Jens Spahn auch eine finanzielle Entlastung der Pflegebedürftigen. Ein Eckpunkt der Reform, der ebenfalls ins GVWG einfließen soll, sieht vor, den Eigenanteil an der reinen Pflege zu senken. Derzeit liegt der Eigenanteil bei etwa 2.069 Euro pro Monat und steigt seit Jahren. Spahns Plänen zufolge soll er bereits ab Juli 2021 sukzessive reduziert werden. Im zweiten Jahr im Heim sollen Pflegebedürftige der Pflegestufe zwei bis fünf dann nur noch 75 Prozent des vorherigen Eigenanteils zahlen, im dritten Jahr 50 Prozent und ab dem vierten Jahr 25 Prozent.
Die Kosten der geplanten Maßnahmen belaufen sich laut Bundesgesundheitsministerium auf 2,6 Milliarden Euro pro Jahr. Finanziert werden sollen die höheren Löhne für Pflegekräfte unter anderem durch eine Anhebung des Pflegeversicherungsbeitrags für Kinderlose um 0,1 Prozent. Auch Steuerzahler sollen in die Pflicht genommen werden.
Zustimmung von Krankenkassen, Wohlfahrtsverbänden und der Opposition
Noch muss der Vorschlag mit anderen Ressorts abgestimmt werden. Relevant ist vor allem die Zustimmung des Finanzministeriums. Bei den Krankenkassen finden sowohl Heils Vorstoß als auch Spahns Pläne Anklang. Sie begrüßen die Tarifbindung, da eine höhere Bezahlung den Pflegeberuf für Neueinsteiger interessanter macht und so dem Fachkräftemangel entgegenwirkt. Heils Vorschlag erhält zudem Zustimmung von Seiten der Diakonie. Auch die Oppositonsparteien sprechen sich dafür aus, Pflegeeinrichtungen zur Bezahlung nach Tarifvertrag zu verpflichten. Die Kanzler-Kandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, strebt zusätzlich eine Veränderung des Personalschlüssels an. Um Pflegekräfte zu entlasten und mehr Nachwuchs zu gewinnen, möchte sie eine 35-Stunden-Woche umsetzen.
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