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Spätestens nach einem operativen Eingriff oder bei erhöhtem Risiko einer Thrombose müssen sich viele Menschen Gedanken um die Thromboseprophylaxe machen. Ob dabei Blutverdünner, Verbände oder Übungen Anwendung finden, wird individuell entschieden. Ein Überblick über die gängigsten Möglichkeiten, sowie die Symptome und Diagnostik einer Thrombose erfolgt in diesem Artikel.
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Thromboseprophylaxe – Definition
Prophylaxe im Allgemeinen beschreibt verschiedene Methoden, um Erkrankungen oder Notfälle zu verhindern. Die Thromboseprophlaxe dient enstprechend der Vorbeugung von Thrombosen. Eine Thrombose beschreibt den Verschluss oder die Verengung einer Vene durch ein Blutgerinnsel. Diese entsteht meistens durch eine veränderte Zusammensetzung des Blutes, aber auch andere Faktoren haben großen Einfluss darauf. Mit 90 bis 95 Prozent treten Thrombosen in den tiefen Venen der Beine (Tiefe Beinvenenthrombose, TVT) auf, häufiger für der linken Seite. Fünf bis sieben Prozent der Thrombosen bilden sich aber auch in den oberen Extremitäten.
Wer hat ein erhöhtes Risiko?
Patienten, die die Kriterien der Virchow-Trias erfüllen, haben ein erhöhtes Risiko. Dazu zählt folgendes:
- Schädigung des Gefäßendothels
- verminderte Strömungsgeschwindigkeit des Bluts
- veränderte Blutzusammensetzung
Weitere Risiken sind Immobilität, Adipositas und ein Alter über 60 Jahren. Bereits die Immobilität durch Langstreckenflüge, Operationen und die postoperative Zeit, Bettlägerigkeit und Verletzungen erhöhen das Thrombose-Risiko zwanzigfach.
Außerdem sind Personen während der Schwangerschaft und im Wochenbett bis zu sechs Wochen nach Entbindung gefährdet. In der Schwangerschaft sind Hormone dafür verantwortlich, während der Geburt werden vermehrt gerinnungsaktive Substanzen freigesetzt, die das Risiko erhöhen.
Auch die Einnahme der Pille erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Thrombose durch den Eingriff in den Hormonhaushalt, wobei sich das Risiko zwischen verschiedenen Präparaten unterscheidet. Genetische Vorbelastung spielt ebenfalls eine Rolle. Diese genetisch bedingte Neigung zu Thrombosen (primäre Thrombophilie) basiert auf Erkrankungen, die das Blutgerinnungssystem betreffen. Dazu gehören beispielsweise Mutationen des Faktor-V-Leidens oder des Prothrombins.
Thrombose – Symptome
Die betroffene Extremität zeigt in der Regel eine klassische Trias: Schwellung, Zyanose (bläulich-livide Verfärbung, kein Sauerstoffmangel) und ein dumpfer Schmerz. Weitere Kennzeichnen sind Überwärmung, ein Spannungs- oder Schweregefühl und die Erweiterung oberflächlicher (epifaszialer) Venen (Prattsche Warnvenen), die sich dadurch verstärkt an der Hautoberfläche abzeichnen.
Wenn sich das Blutgerinnsel (Thrombus) aus der Vene loslöst, klassischerweise in den Beinen, kann es über den Blutkreislauf in die Gefäße der Lunge gelangen, wodurch eine Lungenembolie entsteht. Diese zeigt sich mit plötzlicher Luftnot, Schwindel und einem Schwächegefühl.
Es ist aber wichtig zu beachten, dass die klinisch präsenten Symptome vergleichsweise unsicher sind. Nur bei der Hälfte der Verdachtsfälle einer Thrombose liegt letztendlich eine klinisch gesicherte vor.
Eine oberflächliche Venenthrombose (Thrombophlebitis) zeigt sich durch kurze, strangförmige Rötungen an der betroffenen Stelle und eine dort vorhandene, schmerzempfindliche Verhärtung. Sie kann mit Ödemen verwechselt werden.
Diagnostizieren einer Thrombose
Während der körperlichen Untersuchung kann die Einschätzung der Wahrscheinlichkeit, dass eine Thrombose vorliegt, mit dem Wells-Score berechnet werden. In diesem Score evaluiert man in der Anamnese, ob bereits vergangene TVTs oder Krebserkrankungen vorliegen. Außerdem zählen die Immobilation (Lähmung, Bettruhe oder Operationen) und die Klinik am betroffenen Bein (Schmerzen, Schwellungen, Umfang, Ödeme oder sichtbare Kollateralvenen). Für jede Auffälligkeit wird ein Punkt vergeben, bei mehr als zwei Punkten ist die Wahrscheinlichkeit einer tiefen Beinvenenthrombose erhöht. Puntkabzug gibt es für alternative Diagnosen.
Weitere klinische Zeichen können sich in der körperlichen Untersuchung präsentieren. Dazu gehören folgende:
- Meyer-Zeichen: Schmerzen bei der Kompression der Wade
- Homans-Zeichen: Schmerzen in der Wade bei Anziehen (Dorsalextension) des Fußes
- Payr-Zeichen: Schmerzen in der Fußsohle bei Druck auf die mediale Fußsohle
Nach den Hinweisen der körperlichen Untersuchung kommen weitere diagnostische Maßnahmen zum Einsatz. Im Labor zeigen sich erhöhte D-Dimere, die eine gesteigerte Gerinnungsaktivität anzeigen. Außerdem ist die Blutsenkungsgeschwindigkeit erhöht und es liegt eine Leukozytose vor.
Als Goldstandard gilt dennoch der Nachweis mittels duplexunterstützter Kompressionssonografie der Vene. Dabei wird mit Ultraschall überprüft, inwiefern die Venen noch eindrückbar (kompromierbar) sind und der Blutstrom wird mittels Farbe (Farbduplex) dargestellt.
Im Bestfall sollte man zusätzlich nach der Ursache der Thrombose suchen. Das kann im Rahmen eines Thrombophilie-Screenings oder einer Tumorsuche zum Ausschluss eines Malignoms geschehen.
Diese Diagnostik bezieht sich vorwiegend auf die tiefe Beinvenenthrombose. Oberflächliche Thrombosen werden in der Regel über ihr klinisches Bild in Verbindung mit dem Ausschluss einer TVT diagnostiziert.
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Thromboseprophylaxe – Maßnahmen
Für die Thromboseprophylaxe stehen verschiedenste Maßnahmen zur Verfügung. Von Medikamenten für den akuten Bedarf bis hin zur jahrelangen physikalischen Kompressionstherapie ist alles dabei. Welche Methode individuell eingesetzt wird, hängt von den Bedürfnissen und dem Risikoprofil des jeweiligen Patienten ab und muss stetig ärztlich reevaluiert werden.
Medikamentös
Eine medikamentöse Therapie ist indiziert bei mittlerem oder hohem Thromboserisiko. Sie soll die Entstehung der Thromben durch Blutverdünnung verringern. Das Blut ist dadurch flüssiger und neigt weniger zur Verklumpung.
Zur akuten medikamentösen Thromboseprophylaxe dienen vorwiegend Heparine. Man unterscheidet zwischen niedermolekularem Heparin (NMH) und unfraktioniertem Heparin (UFH), wobei ersteres vorgezogen wird. NMH bindet selektiv an Antithrombin und hemmt nur Faktor Xa der Gerinnungskaskade und damit die Umwandlung von Prothrombin zu Thrombin. Es hat ein besseres Nebenwirkungsprofil und eine längere Halbwertszeit (etwa drei bis vier Stunden) als UFH. Dalteparin (zum Beispiel Fragmin) und Enoxaparin (zum Beispiel Clexane) werden häufig angewendet. Die Gabe von Heparin erfolgt als subkutane Injektion.
Alternativ können auch Pentasaccharide (Arixtra) oder direkte orale Antikoagulanzien verwendet werden. Sie sind ebenfalls gut steuerbar. Die Dauer richtet sich nach der Art des operativen Eingriffes:
- viszeralchirugische Eingriffe: sieben Tage
- Ersatz des Kniegelenks: elf bis vierzehn Tage
- Hüftgelenkersatz: vier bis fünf Wochen
Neben der akuten Thromboseprophylaxe ist auch eine dauerhafte Prävention möglich. Für die Erhaltungstherapie sind direkte orale Antikoagulanzien (zum Beispiel Eliquis oder Xarelto) aufgrund des verminderten Blutungsrisikos das Mittel der ersten Wahl. Vitamin-K-Antagonisten wie Marcumar finden aber auch ihren Einsatz. Die Therapie dauert mindestens drei bis sechs Monate und richtet sich individuell nach den Bedürfnissen des Patienten.
Nach der Erhaltungstherapie sollen mit Hilfe der Sekundärprävention Rezidiven bei erhöhtem Risiko vermieden werden. Die Therapie wird jährlich angepasst.
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Nicht-medikamentös
Neben der medikamentösen Thromboseprophylaxe können bestimmte andere Maßnahmen angewendet werden. Dazu zählt beispielsweise eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, das vermeiden von einschnürender Kleidung und das hochlagern der Beine. Für etwa zehn bis fünfzehn Minuten können diese im 30-Grad-Winkel erhöht liegen. Dieser Winkel sollte nicht überschritten werden, da sonst die Gefäße in der Leiste und Kniekehle abknicken und somit den Blutfluss behindern.
Die Lagerung ist bei Herzinsuffizienz, bestehenden Thrombosen, Beinödemen und einer Vorerkrankung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) nur nach ärztlicher Rücksprache und Risiko-Nutzen-Abwägung durchzuführen.
Eine weitere Möglichkeit ist die komprimierende Therapie. Kontraindiziert ist sie bei fortgeschrittener pAVK, dekompensierter Herzinsuffizienz und einem akuten Verschluss aller Venen einer Extremität (Phlegmasia coerulea dolens). Auch bei nässenden Wunden, Infektionen oder fortgeschrittener peripherer Neuropathie sollte die Pflegefachkraft Vorsicht walten lassen.
Zur Kompression dienen Strümpfe, wobei zwei Arten unterschieden werden:
- Medizinische Thromboseprophylaxe-Strümpfe (Anti-Thrombose-Strümpfe): Sie werden bei Inaktivität getragen und verhindern das Versacken des Blutes in den Venen der Beine. Der Strumpf hat eine hohe Elastizität und sorgt damit für einen hohen Ruhedruck. Eine ärztliche Anordnung ist zwingend.
- Medizinische Kompressionsstrümpfe: Dieser Strumpf wirkt nur effektiv, wenn die Mobilität erhalten ist. Bei Bewegung sorgt er für einen von unten nach oben hin abnehmenden Druck. Sie sind ambulant verordnungsfähig und finden Anwendung bei Lymphödemen, Beinvenenthrombosen und fortgeschrittenen Varikosen.
Nicht zu verwechseln damit sind die Stützstrümpfe. Sie sind frei verkäuflich und können bei Venengesunden mit schweren Beinen eingesetzt werden. Viele OP-Pflegekräfte setzen bei ihrer Arbeit auf sie, um Beschwerden durch das lange Stehen zu minimieren. Sie ersetzen aber keine Kompressionsstrümpfe bei Erkrankten.
Wie legt man Kompressionsstrümpfe richtig an?
Unter Beachtung des rückenschonenden Arbeitens bringt eine Pflegekraft das Bett auf Arbeitshöhe. Zunächst greift man die Ferse des Strumpfes und stülpt ihn somit nach außen. Die Ferse hält man dabei fest. Im nächsten Schritt weitet man den Strumpf leicht und zieht ihn über den Vorfuß bis zur Ferse. Anschließend zieht man den restlichen Strumpf über das Bein. Erleichtert wird der Vorgang über die Positionierung am Bettende. Morgens oder nach längerem Liegen ist es ebenfalls einfacher. Der Patient sollte angewiesen werden, sich mindestens 30 Minuten vorher hinzulegen.
Nach dem Anziehen muss der korrekte Sitz überprüft werden. Sitzt der Strumpf faltenfrei und ist er nicht umgeschlagen? Besitzt er die richtige Länge? Gibt es keine Einschnürungen? Sind die Zehen gut durchblutet?
Weiterhin zu beachten sind das regelmäßige Waschen der Strümpfe (Achtung: private Strümpfe nicht in der Krankenhauswäsche!) und die richtige Hautpflege durch Waschen und Cremen mit rückfettenden Lotionen.
Alternativ zu Strümpfen kann die Therapie mit Binden durchgeführt werden. Dazu sind eine Polsterung, Kompressionsbinden und Fixierbinden notwendig. Häufig findet die Wickeltechnik nach Fischer am Bein ihre Anwendung. Es stehen außerdem verschiedene Bindenarten und Verbandarten zur Auswahl.
Übungen
Es gibt verschiedene Übungen, die die Patienten etwa drei bis sechs Mal am Tag selbst ausführen können, die als Thromboseprophylaxe dienen. Pflegekräfte können die Patienten bei diesen anleiten und sie motivieren.
Zu den Übungen zählen folgende:
- Zehen spreizen und krallen
- Füße beugen, strecken, kreisen und wippen
- die Muskulatur des Oberschenkels gezielt abwechselnd anspannen
- Beine beugen, strecken, aufstellen und ablegen
- Bettfahrrad: entweder mit Beinen in der Luft oder mit der Hilfe eines Pedaltrainers
- die Füße gegen das Ende vom Bett drücken und die Wade anspannen
- die Füße aufstellen und den Oberkörper anheben, eine Brücke machen
Weitere passive Bewegungsübungen können ärztlich angeordnet von Physiotherapeuten durchgeführt werden. Auch Atemübungen helfen zur Thromboseprophylaxe. Nach Operationen, besonders im Rückenbereich, kann im Rahmen der Frühmobilisation die En-bloc-Mobilisation durchgeführt werden. Dabei vermeidet man Flexions- und Rotationsbewegungen.
Thromboseprophylaxe – Risiken
Besonders durch die medikamentöse Therapie entsteht eine gewollte Blutungsneigung. Das bedeutet, dass bereits kleine Schnitte nicht oder kaum aufhören zu bluten oder es häufig zu blauen Flecken kommt. Darauf muss in der Pflege und im Alltag von betroffenen Personen geachtet werden. Besonders kritisch ist das nach einem Sturz auf den Kopf, sodass in diesem Fall immer ärztlicher Rat eingeholt werden muss.
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Häufige Fragen
- Was sind Maßnahmen einer Thromboseprophylaxe?
- Wie lange dauert Thromboseprophylaxe nach einer OP?
- Was ist das pflegerische Ziel der Thromboseprophylaxe?
- Warum ist das Ausstreichen der Beine zur Thromboseprophylaxe nicht mehr empfohlen?
Die Thromboseprophylaxe kann mittels Medikamenten wie Clexane erfolgen. Zu den Basismaßnahmen zählen allerdings nicht-medikamentöse Methoden wie Lagerungen, Kompressionstherapie mit Strümpfen und Binden und vor allem Übungen, die Patienten selbst durchführen können.
Die Dauer der Thromboseprophylaxe richtet sich nach der Art der Operation, prinzipiell aber bis zur Mobilisation oder darüber hinaus. Nach einem Kniegelenkersatz dauert sie etwa vierzehn Tage, nach einem Hüftgelenkersatz etwa vier bis fünf Wochen.
Die Pflege will durch die Maßnahmen die Wahrscheinlichkeit eines Blutgerinnsels möglichst gering halten. Sie unterstützt den Patienten mit Medikamenten oder führt Übungen durch und hilft beim Anziehen von Kompressionsstrümpfen, wenn er nicht selbst dazu in der Lage ist.
Das Ausstreichen ist umstritten, da sich durch diese Maßnahme Thromben lösen können. Diese wandern im Blutstrom zur Lunge oder zum Herzen und können dort schwerwiegende Folgen auslösen. Deshalb wird diese Methode maximal nach ärtzlicher Rücksprache und sehr vorsichtig angewandt.
- S2k-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und Lungenembolie, 2023: https://register.awmf.org/... , (Abrufdatum: 30.06.2024)
- Phlebothrombose: https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 30.06.2024)
- Thromboseprophylaxe: https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 30.06.2024)
- Nicht-orale Antikoagulation: https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 30.06.2024)
- Vitamin-K-Antagonisten und direkte orale Antikoagulanzien: https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 30.06.2024)