Zu viel Salz ist schlecht für den Blutdruck und steigert das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das ist jedoch noch nicht alles: Forscher der Universität Bonn konnten in einem Experiment nachweisen, dass stark salzhaltige Kost die Aktivität bestimmter Abwehrzellen des Immunsystems verringert. Eine zu hohe Salzzufuhr kann sich demnach negativ auf den Verlauf bakterieller Infektionen auswirken.
Auswirkungen von Kochsalz auf bakterielle Infektionen
Rund zehn Gramm Kochsalz pro Tag nehmen Männer im Durchschnitt zu sich. Frauen kommen auf gut acht Gramm. Das ist deutlich mehr als die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlene Höchstmenge von fünf Gramm am Tag. Dass Natriumchlorid das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall steigert, ist bereits bekannt. Eine Studie unter Leitung von Wissenschaftlern des Instituts für Experimentelle Immunologie der Universität Bonn zeigt nun, dass eine stark salzhaltige Kost auch das Immunsystem schwächen kann.
Bislang ging die Forschung eher von einer entzündungshemmenden Wirkung von salzhaltiger Nahrung aus. In Untersuchungen mit Versuchstieren heilten Hautparasiten schneller aus, wenn diese eine salzhaltige Kost erhielten. Das liegt daran, dass bestimmte Immunzellen, die sogenannten Makrophagen, bei Anwesenheit von Salz besonders aktiv sind. Anders sieht es jedoch bei bakteriellen Infekten aus.
Für ihre im Fachblatt “Science Translational Medicine” veröffentlichte Studie verabreichten die Bonner Forscher Mäusen eine Woche lang mit zusätzlichem Kochsalz angereicherte Nahrung. Die Tiere wurden mit E. Coli-Bakterien infiziert, die eine Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis) verursachten. Bei Mäusen mit stark salzhaltiger Ernährung erreichte die Bakterienanzahl vier- bis sechsmal höhere Werte als bei einer Kontrollgruppe, die normal ernährt wurde. Eine weitere Gruppe von Versuchstieren wurde mit Listerien infiziert, bakterielle Erreger, die insbesondere für lebensmittelbedingte Infektionen verantwortlich sind. In Milz und Leber der salzreich ernährten Tiere ließ sich eine 100- bis 1000-fache Menge der Krankheitserreger finden.
Salzzufuhr schwächt Abwehrzellen
Wie kommen diese Ergebnisse zustande? Die Bonner Wissenschaftler identifizierten zwei Faktoren, die für die stärkere Vermehrung der Bakterien verantwortlich sind:
- Eine erhöhte Zufuhr von Kochsalz schwächt die sogenannten neutrophilen Granulozyten. Wie Makrophagen gehören Granulozyten zu den sogenannten Fresszellen, die Krankheitserreger bekämpfen. Während sich Makrophagen gegen Parasiten wenden, attackieren Granulozyten aber Bakterien. Werden sie geschwächt, verlaufen bakterielle Infektionen entsprechend heftiger.
- Vom Körper aufgenommenes Salz wird von den Nieren herausgefiltert und über den Urin ausgeschieden. Diese Ausscheidefunktion wird über einen Natriumchlorid-Sensor aktiviert. Der Sensor führt allerdings auch dazu, dass sich bestimmte Hormone, sogenannte Glukokortikoide, im Blut anreichern. Diese wiederum hemmen die Funktion der Granulozyten, was zur Folge hat, dass sich Bakterien schneller vermehren.
Diese beiden Faktoren führen dazu, dass bakterielle Infekte unter starker Salzzufuhr langsamer abheilen. Die Auswirkung der Glukokortikoide ist dabei keine wirkliche Überraschung. Das bekannteste Hormon aus dieser Gruppe ist Kortison, das traditionell als entzündungshemmendes Mittel eingesetzt wird.
Ähnliche Effekte zeigen sich auch beim Menschen
Die Versuchsergebnisse ließen sich bei einer Untersuchung mit menschlichen Probanden reproduzieren. Zehn gesunde Testpersonen nahmen eine Woche lang eine zusätzliche Menge von sechs Gramm Kochsalz pro Tag zu sich. Das entspricht etwa der Menge, die in zwei Fast Food-Mahlzeiten mit zwei Burgern und zwei Portionen Pommes frites enthalten ist. Eine anschließende Blutuntersuchung zeigte, dass auch die Testpersonen einen erhöhten Spiegel an Glukokortikoiden aufwiesen. Im Labortest erwies sich die Aktivität der Granulozyten bei der Bekämpfung von E. Coli-Bakterien zudem als verringert.
Welche klinische Bedeutung die Ergebnisse haben, müssen nun weitere Studien zeigen. Untersuchungen könnten zum Beispiel überprüfen, welcher Zusammenhang zwischen den Essgewohnheiten eines Patienten und dem Verlauf von bakteriellen Infektionen, beispielsweise Harnwegsinfekten, besteht.