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Einige Strukturen des menschlichen Körpers werden als Anhängsel, oder auch Adnexe bezeichnet. Sie befinden sich entweder in der Urogenitalregion oder sind Hautanhangsgebilde. Dieser Artikel bietet eine Übersicht und grobe Anatomie der Organe, die man im Menschen als Adnexe bezeichnet. Außerdem wirft er einen Blick auf die klinische Bedeutung dieser Strukturen.
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Adnexe – Definition
Der Begriff Adnexe leitet sich vom lateinischen adnectere, übersetzt anbinden, anfügen, anknüpfen, ab. Er umfasst die Anhangsgebilde der Haut oder der Urogenitalregion. Dabei unterscheiden sich teilweise die Strukturen des weiblichen Körpers vom männlichen.
Adnexe – Hautanhangsgebilde
Hautanhangsgebilde bezeichnen Strukturen, die aus der Epidermis hervorgegangen sind. Sie haben immer Kontakt zur Haut. Zu diesen Adnexen zählen folgende Gebilde:
- Haare
- Nägel: Finger- und Zehennägel
- Talgdrüsen
- Schweißdrüsen
- Brustdrüsen
Haare
Haare bestehen aus Keratin und werden von epidermalen Zellen in den Haarfollikeln gebildet. Sie dienen dem Schutz der Haut vor Feuchtigkeit und UV-Strahlung, sowie der Wärmedämmung durch den Musculus arrector pili. Dadurch entsteht ein Luftpolster, das zur Isolation beiträgt. Außerdem erfüllen Haare eine soziale Funktion durch ihre Ästhetik.
Die Funktionseinheit des Haares besteht neben dem Haar an sich aus einer Talgdrüse und einem Musculus arrector pili, einem kleinen glatten Muskel. Die Einheit befindet sich in einem Haarfollikel, der sich als Einstülpung der Epidermis darstellt. Das Haar ist in diesem Follikel über eine Papille verankert, eine Einstülpung der Dermis in das Haar. Hierüber verläuft auch die Verbindung zu den dermalen Blutgefäßen, die der Ernährung des Follikels dienen. Die Talgdrüse produziert einen fettreichen Schutzfilm, der sich über Haare und Haut ausbreitet. Der Musculus arrector pili kann das Haar für den Kälteschutz aufstellen, was in der Umgangssprache als Gänsehaut bezeichnet wird.
Das Haar selbst kann in drei Schichten unterteilt werden. Es besteht aus einem Mark (Medulla), einer Rinde (Cortex) und einem Häutchen (Haarcuticula). Außerdem lassen sich beim Menschen drei Arten von Haaren unterscheiden, das Lanugo-, Vellus-, und die Terminalbehaarung, die sich je nach Alter und Wachstum unterscheiden. Das Haarwachstum läuft nach einem bestimmten Zyklus mit drei Phasen ab. Er beginnt mit der anagenen Phase des Wachstums, daran schließt sich die katagene Rückbildungsphase an. Den Abschluss stellt die telogene Ruhephase dar.
Fingernägel und Fußnägel
Auch bei den Nägeln handelt es sich um Produkte des Keratins, ähnlich wie bei den Haaren. Sie weisen im Unterschied aber ein kontinuierliches Wachstum auf und keinen Wachstumszyklus. Funktionell dienen sie einerseits als Hilfsmittel der Greif- und Fixierfunktion von Händen und Füßen, andererseits bieten sie einen mechanischen Schutz.
Ihr Wachstum geht von der Nagelmatrix aus, wobei sie wöchentlich zwischen einem halben und einem Millimeter an Länge gewinnen. Für das Wachstum teilen sich die Basalzellen der Matrix, woraufhin sie nach distal (körperfern) wandern und sich zu Keratinozyten differenzieren. Gemeinsam mit Cytokeratinen bilden sie die Nagelsubstanz.
Die Nägel weisen einen charakteristischen Aufbau auf. Sie bestehen aus folgenden Strukturen:
- Nagelwurzel, gebildet aus der Nagelmatrix und dem Nagelhalbmond (Lunula)
- Nagelhäutchen (Cuticula)
- Eponychium
- Nagelplatte
- Nagelfalz
- Paronchium (Nagelwall)
- Nagelbett
- Hyponychium
Keratin beschreibt ein Strukturproein, welches in allen Epithelgeweben Teile des Zellgerüsts bildet. Außerdem bildet es Haare, Nägel und die Hornhaut. Durch seine Fähigkeit, Intermediärfilamente zu bilden, bietet es mechanische Stabilität. Es existieren etwa 20 Unterformen.Grundsubstanz Keratin
Talg- und Schweißdrüsen
In der Lederhaut (Dermis) befinden sich die Taldrüsen und Schweißdrüsen. Sie können entweder am Haarfollikel angeschlossen sein oder frei auf der Epidermis enden.
Talgdrüsen (Glandulae sebaceae) kommen in der oberen Dermis und über die gesamte Felderhaut verteilt vor. Die höchste Dichte von diesem Typ befindet sich am Gesicht und Rücken. Sie münden zum Großteil in den oben beschriebenen Haarfollikeln und tragen mit ihrem Talgfilm zur wasserdichten Hautbarriere bei. Den Talg sezernieren sie in holokriner Art und Weise, wobei der gesamte Inhalt der Zelle mittels Apoptose freigesetzt wird. Talgdrüsen sind die einzigen Drüsen, die diese Sekretionsart ausüben. Als Sonderformen finden sich im Augenlid die Zeis-Drüsen, die in die Haarfollikel der Wimpern münden, und die Meibom-Drüsen, die den Tränenfilm aufrecht erhalten.
Die Schweißdrüsen unterteilt man nach ihren zwei Sekretionstypen. Es existieren ekkrine und apokrine Schweißdrüsen. Ekkrine Schweißdrüsen (Glandulae sudoriferae eccrinae) liegen in der tiefen Dermis und der oberen Subcutis. Sie kommen über die gesamte Haut verteilt vor, am meisten in der Leistenhaut und der Stirn. Sie münden immer frei auf der Epidermis und ermöglichen im Zuge der Transpiration die Thermoregulation. Außerdem schützen sie das Stratum corneum vor Austrockung. Ekkrine Sekretion bezeichnet einen Vorgang, bei dem die Drüse Ionen und kleine Moleküle durch Transmembranproteine freisetzt. Dieser Mechanismus nennt sich Membranprotein-vermittelter Transport.
Die apokrinen Schweißdrüsen (große Schweißdrüsen oder Duftdrüsen) nutzen hingegen den Mechanismus der Apozytose, über den sie Teile ihres apikalen Zytoplasmas abschnüren und mit den darin enthaltenen lipidreichen Sekreten abgeben. Sie liegen in der tiefen Dermis und finden sich in der Haut der Achsel (Axilla), der Brustwarzen und der Perigential- und Perianalregion. Sie münden im Gegensatz zu den ekkrinen Drüsen in Haarfollikeln und ihre Funktion ist noch nicht abschließend geklärt. Als Sonderformen kommen im Augenlid die Moll-Drüsen und im äußeren Gehörgang die Ceruminaldrüsen vor.
Brustdrüse (Glandula mammaria)
Formal betrachtet zählt auch die Brustdrüse zu den Hautanhangsgebilden. Sie ist Teil der Mamma und gliedert sich in zehn bis zwanzig einzelne Läppchen, den sogenannten Lobuli glandulae mammariae. Sie führen das Milchgangsystem der Brust.
Adnexe – Urogenitalregion
Bei den Adnexen der Urogenitalregion kann man zwischen den beiden biologischen Geschlechtern differenzieren. Zu den weiblichen Adnexen zählen die Tuba uterina, das Ovar und das Epoophoron, während die männlichen Äquivalente die Nebenhoden, den Samenleiter, die Samenblase und die Prostata umfassen. Bei Männern ist die Nutzung des Begriffs der Adnexe allerdings eher selten. Im klinischen Alltag bezieht er sich vorwiegend auf die weiblichen Organe.
Weibliche Adnexe
Die Tubae uterinae (Eileiter) liegen paarig vor und verbinden die Eierstöcke (Ovarien) mit der Gebärmutter (Uterus). Mit einer Länge von etwa zehn Zentimetern fangen sie nach dem Eisprung die Eizelle mit ihren Fimbrien, fingerartige Fortsätze, auf und transportieren sie zum Uterus. Dafür besitzen sie ein spezielles Flimmerepithel mit Zilien, das den Transport ermöglicht. Die Befruchtung findet im Verlauf dieses Transports statt. Geschieht dies, erfolgen bereits hier erste Zellteilungen bis zur Einnistung in den Uterus. Die Tuba uterina teilt sich in vier Abschnitte. Sie beginnt mit dem Infundibulum tubae uterinae, an dem die Fimbrien als Fortsätze die Verbindung zum Ovar herstellen. Es folgt eine kleine Aufweitung, die sich um die Rundung des Ovars legt, die sogenannte Ampulla tubae uterinae. Der Isthmus tubae uterinae streckt sich in den Uterus. In der Wand der Gebärmutter ist der Pars uterina eingebettet.
Der weibliche Körper beherbergt zwei Eierstöcke (Ovarien). In ihnen entwickeln sich und reifen die Eizellen, sie dienen aber auch der Synthese von Sexualhormonen, wodurch sie einen Beitrag zum Menstruationszyklus und zur Aufrechterhaltung der Schwangerschaft stellen. Die Eierstöcke liegen pflaumenförmig intraperitoneal in der Fossa ovarica. Sie bestehen aus vier Schichten, dem Peritoneum ganz außen, der Tunica albuginea, der Rindenzone (Cortex ovarii) und der Markzone (Medulla ovarii). Über drei Bänder ist das Ovar mit den anliegenden Organen verbunden, welche gleichzeitig die versorgenden Blutgefäße enthalten.
Das Epoopherin, auch als Nebeneierstock oder Rosenmüller-Organ bekannt, ist ein Überbleibsel des Wolff-Gangs (Ductus mesonephricus). Es befindet sich zwischen dem Ovar und der Tuba uterina. Es ist praktisch das Äquivalent des Nebenhodens des Mannes.
Männliche Adnexe
Der Nebenhoden (Epididymis) dient der abschließenden Reifung und dem Transport von Spermien. Er ist an die Rückseite des Hodens angelagert und befindet sich mit ihm im Hodensack (Skrotum). Seinen Hauptbestandteil bildet der Nebenhodengang (Ductus epididymidis), der eine aufgewundene Gesamtlänge von etwa sechs Meter auf sechs Zentimeter herunterbricht. Der Nebenhoden besteht aus dem Nebenhodenkopf (Caput epididymidis), dem Nebenhodenkörper (Corpus epididymidis) und dem Nebenhodenschwanz (Cauda epididymidis).
Der Samenleiter (Ductus deferens) liegt paarig vor. Sie verbinden beide Nebenhoden mit der Harnröhre (Urethra) und transportieren die Spermien weiter. Er gliedert sich in folgende sechs Abschnitte:
- Pars epididymica ductus deferentis als Abgang vom Nebenhoden.
- Pars funiculi spermatici ductus deferentis im Verlauf durch den Samenstrang (Funiculus spermaticus).
- Pars inguinalis ductus deferentis im Durchtritt durch den Leistenkanal.
- Pars pelvina ductus deferentis mit dem Eintritt ins kleine Becken.
- Ampulla ductus deferentis nach der Vereinigung mit dem Gang der Bläschendrüse.
- Ductus ejaculatorius bei Eintritt in die Prostata und Mündung in die Urethra.
Die Samenblase, auch als Bläschendrüse oder Glandula vesiculosa bezeichnet, produziert eine fructosereiche Samenflüssigkeit zur Ernährung der Spermien. Sie besteht aus einem aufgewundenen, etwa 15 Zentimeter langem Drüsengang und einem kurzen Ausführungsgang (Ductus excretorius), der sich mit dem Samenleiter zum Ductus ejaculatorius vereinigt. Das Sekret der Bläschdrüse besteht neben Fructose aus Prostaglandinen, Vitamin C und Proteinen.
Die Prostata (Vorsteherdrüse) produziert saures Sekret und ist von hoher klinischer Relevanz. Sie befindet sich um die körpernahen (proximalen) Anteile der Harnröhre, in die die beiden Samenleiter münden. Anatomisch besteht sie aus einem Isthmus prostatae, einem Lobus medius und Lobus dexter und sinister. Im klinischen Alltag ist die Zoneneinteilung nach McNeal relevant. Ihr Sekret hat einen pH-Wert von etwa 6,4 und bildet 30 Prozent des Ejakulats. Es enhält unter anderem die saure Phosphatase und das Prostata-spezifisches Antigen, das als organspezifischer Marker für die Diagnostik von Prostatakarzinomen relevant ist.
Adnexe – Klinische Bedeutung
Eine Möglichkeit für die klinische Relevanz ist die Adnexektomie. Dabei handelt es sich um die ein- oder beidseitige operative Entfernung von Eileiter und Ovar. Sie wird beispielsweise bei Ovarialtumoren durchgeführt. Eine weitere Möglichkeit ist die Entfernung im Rahmen einer Hysterektomie, worunter man das Entfernen des Uterus versteht. Eine Begründung, warum man gleichzeitig die weiblichen Adnexe entfernt, ist die Prävention eines Ovarialtumors. Heutzutage wird das allerdings eher selten durchgeführt, da der Nutzen den Verlust der Ovarien und damit die entstehende Infertilität nicht aufwiegt und demnach der Eingriff nicht zu rechtfertigen ist. Bei älteren Patientinnen findet sich manchmal in der Krankenakte die “gynäkologische Totaloperation”, die die Adnexektomie und die Hysterektomie umfasst, da sie früher häufig durchgeführt wurde.
Auch eine Entzündung der weiblichen Adnexe ist möglich, was als eine Adnexitis bezeichnet wird. Dabei spricht man von einer Entzündung der Ovarien und Tuben. Sind nur die Tuben entzündet, handelt es sich um eine Salpingitis. Die Ursache liegt häufig in Infektionen mit Gonokokken oder Chlamydien, die aus dem unteren Genitaltrakt aufsteigen (aszendierende Infektion). Risikofaktoren für die Entzündung sind junges Alter, ungeschützter Geschlechtsverkehr mit wechselnden Sexualpartnern und -partnerinnen, die Menstruation oder Geburt oder eine bakterielle Vaginose oder Zervizitis. Das klinische Erscheinungsbild kann sich von einer symptomarmen Ausprägung bis hin zu lebensbedrohlichen Verläufen äußern.
- Akutes Stadium: In diesem Stadium treten plötzlich starke Unterleibsschmerzen auf, die sich bis zum akuten Abdomen mit Fieber, Übelkeit, Erbrechen und Abwehrspannung steigern können.
- Subakutes Stadium: Hierbei treten mäßige Unterbauchschmerzen spontan und bei Palpation auf, gemeinsam mit subfibrilen oder normalen Temperaturen.
- Chronisches Stadium: Es äußern sich Druckschmerzen oder Unterbauchschmerzen ohne Temperatirerhöhung. Eine plötzliche Verschlechterung des Zustandes (Exazerbation) ist jederzeit möglich.
Weitere Symptome der Adnexitis umfassen die Dysurie, Dyspareunie, Meno- und Metrorrhgien, Obstipation, Diarrhö oder eitrigen zervikalen Fluor. Für die Prävention ist die Aufklärung über safen Sex und die Benutzung von Kondomen essentiell.
- Schünke M et. al., Prometheus LernAtlas der Anatomie (Innere Organe), 5. Auflage, Thieme
- Aumüller G et. al., Duale Reihe Anatomie, 5. Auflage, Thieme
- Haut und Hautanhangsgebilde, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 22.08.2024)
- Entzündungen des weiblichen Genitaltrakts, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 22.08.2024)
- Operative Verfahren der Hysterektomie, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 22.08.2024)
- Prostata, Bläschendrüse, Cowper-Drüse, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 22.08.2024)
- Nebenhoden, Samenleiter, Samenstrang, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 22.08.2024)
- Ovar, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 22.08.2024)
- Tuba uterina, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 22.08.2024)