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Das Amnion ist die innerste Haut der Fruchthöhle, die das ungeborene Kind umgibt. Dieser Artikel beschreibt die Anatomie des Amnions und häufige Krankheitsbilder, die damit assoziiert sind.
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Amnion – Definition
Beim Amnion, das man auch Schafshaut oder Wasserhaut nennt, handelt es sich um die durchsichtige, dünne und gefäßlose innere Eihaut. Sie stellt einen Teil der den Fetus enthaltenden Fruchtblase dar.
Amnion – Anatomie
Die Höhle, um die sich das Amnion herum befindet, bezeichnet man als Amnionhöhle. Am Anfang der Schwangerschaft macht die Amnionhöhle nur einen kleinen Teil der Fruchthöhle aus, wobei die Amnionhöhle im weiteren Verlauf schneller als die Fruchthöhle wächst. Dadurch bleibt zwischen der Fruchthöhle und der Amnionhaut nur noch ein Spaltraum übrig, der ab dem dritten Schwangerschaftsmonat durch die Verschmelzung der Amnionhaut mit dem Chorion verschwindet. Des Weiteren gibt das fruchtseitige, einschichtige Epithel des Amnions Fruchtwasser als Amnionflüssigkeit in die Fruchtblase ab. Im Rahmen einer Amniozentese kann Fruchtwasser zu diagnostischen Zwecken entnommen werden.
Amnion – Amniozentese
Unter der Amniozentese versteht man eine Untersuchungsmethode der Pränataldiagnostik, bei der man durch die Punktion der Fruchtblase eine kleine Menge an Fruchtwasser aus der Amnionhöhle entnimmt. Darin befinden sich auch fetale Zellen, sodass durch deren Untersuchung genetische Krankheiten wie Chromosomenanomalien (zum Beispiel Trisomie 21) bereits während der Schwangerschaft diagnostiziert werden können. Die Amniozentese kann ab ungefähr der 15. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden, ist jedoch kein Bestandteil der routinemäßigen Schwangerschaftsvorsorge. Dadurch, dass mittlerweile auch andere, nicht-invasive Methoden zur pränatalen Diagnostik von genetischen Erkrankungen wie der nichtinvasive Pränataltest (NIPT) mit Analyse der cfDNA im mütterlichen Blut vorliegen, wird die Amniozentese zunehmend seltener durchgeführt.
Ablauf
Bei der Amniozentese wird die Patientin zunächst gebeten, möglichst auf der Seite oder auf dem Rücken zu liegen. Dann wird ein geeigneter Punktionsort ausgesucht, woraufhin dieser desinfiziert und mit einem Lokalanästhetikum punktiert wird. Im nächsten Schritt durchsticht man mit einer Kanüle die Bauchhaut und schiebt sie durch die Bauchwand bis in die Fruchtblase vor. Die Lage der Kanüle sollte dabei immer wieder mithilfe eines Ultraschall-Geräts kontrolliert werden. In der Fruchtblase angekommen, entnimmt man ungefähr zehn bis zwanzig Milliliter Fruchtwasser, welches ein Labor im Anschluss untersucht.
Risiken
Dadurch, dass es sich bei der Amniozentese um eine invasive Diagnostik handelt, ist sie mit gewissen Risiken verbunden. Die Wahrscheinlichkeit eines Spontanaborts (einer vorzeitigen Beendigung der Schwangerschaft) durch eine Amniozentese liegt bei etwa 0,5 bis 1 Prozent. Außerdem können weitere Komplikationen wie die Verletzung des Fötus, vaginale Blutungen, Verletzung des Uterus oder der Plazenta sowie Infektionen eintreten. Die möglichen Komplikationen sind zudem auch der Grund dafür, dass eine Amniozentese nicht vor der 15. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden sollte. In diesem Zeitraum ist noch nicht genug Fruchtwasser vorhanden, sodass die Wahrscheinlichkeit für Komplikationen erhöht ist.
Amnion – Krankheitsbilder
Bei der Produktion des Fruchtwassers durch das Amnionepithel kann es vorkommen, dass zu viel oder zu wenig Fruchtwasser produziert wird. Wenn zu viel Fruchtwasser vorhanden ist, spricht man von einem Polyhydramnion, bei zu wenig Fruchtwasser von einem Oligohydramnion. Außerdem kann das Einreißen des Amnions zu dem sogenannten Amniotisches-Band-Syndrom führen, welches schwerwiegende Konsequenzen für das Neugeborene nach sich ziehen kann.
Polyhydramnion
Von einem Polyhydramnion spricht man dann, wenn die Fruchtwassermenge in der Amnionhöhle mehr als zwei Liter beträgt. Er kommt bei ungefähr drei Prozent aller Schwangerschaften vor, wobei die Ursachen sowohl beim Fetus als auch der Schwangeren liegen können. Als fetale Ursachen gelten beispielsweise Fehlbildungen des Gastrointestinaltrakts wie die Ösophagusatresie, weil der Fetus bei diesem Krankheitsbild nicht genug Fruchtwasser aufnehmen kann und es sich in der Amnionhöhle sammelt. Auch andere Erkrankungen wie Myelomeningozele, Anenzephalie, Herzfehler, eine Infektion des Fetus, Lippen-Kiefer-Gaumenspalte, Achondroplasie, Chromosomenaberrationen oder das Bartter-Syndrom kommen als Ursache in Frage. Zu den möglichen mütterlichen Ursachen eines Polyhydramnions zählen beispielsweise ein Diabetes Mellitus, der bei dem Fetus zu einer erhöhten Urinmenge führt, Syphilis oder auch Morbus haemolyticus neonatorum.
Ein Polyhydramnion macht sich durch eine Vergrößerung des Bauchumfangs sowie durch eine erhöhte Kontraktilität der Gebärmutter (Uterus) bemerkbar. Zudem sind die kindlichen Herztöne häufig nur abgeschwächt auskultierbar. Aufgrund der Symptomatik kann die Diagnose anhand einer klinischen Untersuchung und einer Ultraschalluntersuchung gestellt werden. Eine Punktion beziehungsweise Drainage kann durch das Ablassen des überschüssigen Fruchtwassers zu einer Entlastung und einer Verbesserung der Symptomatik führen. Alternativ ist auch die medikamentöse Hemmung der Fruchtwasserproduktion möglich. Als Komplikationen eines nicht behandelten Hydramnions können ein vorzeitiger Blasensprung, Nabelschnurprolaps, Plazentaruptur oder eine abnorme Geburtslage des Kindes auftreten.
Oligohydramnion
Von einem Oligohydramnion spricht man, wenn unter 500 Milliliter und somit zu wenig Fruchtwasser vorhanden ist. Ursache hierfür kann Folgendes sein
- eine Wachstumsstörung des Kindes
- Plazentainsuffizienz
- Störungen der Urinausscheidung des Kindes (somit kann ein Oligohydramnion auch ein Hinweis für das Vorliegen einer Fehlbildung des kindlichen Urogenitaltrakts sein)
- Übertragung
- eine Mehrlingsschwangerschaft
- eine intrauterine Infektion wie zum Beispiel durch das Zytomegalie-Virus
Wenn zu wenig Fruchtwasser vorhanden ist, vermindert das die Beweglichkeit des Fetus. Dies wiederum fördert die Entstehung von intrauterinen Zwangshaltungen, einem Schiefhals oder einem Hackenfuß. Ein Oligohydramnion wird durch die Bestimmung der Fruchtwassermenge mittels eines Ultraschallgeräts diagnostiziert. Als Therapie kann eine Amnioninfusion durchgeführt werden, die das Fruchtwasser wieder auf eine physiologische Menge auffüllt. Falls die Fruchtwassermenge nur geringfügig erniedrigt ist, kann es in manchen Fällen sogar ausreichen, wenn die Schwangere mehr trinkt.
Amniotisches Band-Syndrom
Zu diesem Krankheitsbild zählt man Geburtsschäden, die während der Schwangerschaft aufgrund von fibrösen Bändern, die Körperteile des ungeborenen Kindes abschnüren, entstehen. Diese Bänder bilden sich durch das Einreißen des Amnions während der Schwangerschaft. Die Ursachen hierfür sind nicht immer bekannt, jedoch gibt es Krankheitsbilder, die die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten dieses Syndroms wohl erhöhen. Darunter zählen Stoffwechselerkrankungen der Mutter wie zum Beispiel Diabetes mellitus, teratogene Einflüsse während der Schwangerschaft oder eine vererbte Anfälligkeit zur Bildung von amniotischen Bändern.
Schäden durch die amniotischen Bänder
Die Bänder können durch die Abschnürung zu einer Wachstumsstörung oder sogar zu einer Abtrennung der betroffenen Körperteile führen. Auch Missbildungen wie Lippenspalten, ein offener Rücken oder ein offener Bauch können durch sie begünstigt werden.
Die Bänder können meist im Ultraschall entdeckt werden, sodass dadurch die Diagnose gestellt werden kann. Die Behandlungsoptionen sind zwar von Fall zu Fall unterschiedlich, bestehen jedoch oft in einer operativen Korrektur von Fehlbildungen nach der Geburt. In einigen spezialisierten Zentren ist es jedoch auch möglich, die Bänder bereits vor der Geburt fetalchirurgisch zu entfernen und somit die Entstehung von Wachstumsstörungen und Missbildungen zu verhindern.
- Plazenta, Nabelschnur und Amnion, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum:03.09.2024)