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Eine Anastomose ist eine Verbindung zwischen zwei anatomischen Strukturen und kommt sowohl bei gesunden Menschen als auch im Rahmen von Erkrankungen vor. Welche Arten von Anastomosen es gibt und was die bekanntesten Beispiele von Anastomosen im Körper sind, beantwortet dieser Artikel.
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Anastomose – Definition
Eine Anastomose ist ein Verbindungsgang zwischen zwei anatomischen Strukturen und kann sowohl natürlich vorkommen als auch künstlich (im Rahmen einer Operation) angelegt sein. Dabei bilden ausschließlich Strukturen des selben Typs Anastomosen, also zum Beispiel Blutgefäße mit Blutgefäßen, Nerven mit Nerven oder Lymphgefäße mit Lymphgefäßen. Bei künstlichen Anastomosen handelt es sich oft um eine angelegte Verbindung zwischen zwei Hohlorganen (beispielsweise Darm).
Anastomose – Übersicht
Die Bildung von Anastomosen kann für den Körper von Vorteil sein und kommt daher physiologisch vor. Dies trifft zum Beispiel auf Arterien zu, die untereinander Anastomosen ausbilden und damit die Flexibilität der Blutversorgung erhöhen. Durch die Anastomosen wird gewährleistet, dass das Blut für ein bestimmtes Gewebe oder ein bestimmtes Körperteil aus mehreren Gefäßen zufließen kann und nicht von nur einem Gefäß abhängig ist. Somit sorgt beispielsweise der Verschluss von einer Arterie (im Rahmen einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit) nicht direkt zu einer Ischämie des von ihr versorgten Areals.
Dieser Mechanismus ist vor allem für die Weichteile in der Nähe von Gelenken wichtig, da diese aufgrund der Beweglichkeit im Gelenk oft von einer Beeinträchtigung der Durchblutung betroffen sind. Daher findet man bei Gelenken komplexe Gefäßnetze wie zum Beispiel das Rete articulare cubiti am Ellenbogen, das Rete articulare genus am Knie oder das Rete acromiale an der Schulter.
Anastomosen können nach verschiedenen Kriterien unterteilt werden.
Einteilung nach Organ
Am häufigsten im menschlichen Körper kommen Anastomosen zwischen Blutgefäßen vor. Bei der bereits erwähnten arterioarteriellen Anastomose handelt es sich um eine Verbindung zwischen zwei Arterien. Als ein bekanntes Beispiel ist die Drummond-Arterie zu nennen, die einen arteriellen Kurzschluss zwischen der Arteria mesenterica superior und der Arteria mesenterica inferior (beide aus der Aorta abdominalis) darstellt. Sie sorgt für die flächendeckende Blutversorgung des gesamten Dickdarms (Colon). Ein weiteres Beispiel ist die Riolan-Anastomose, die inkonstant vorkommt und die Arteria colica media (aus der Arteria mesenterica superior) mit der Arteria colica sinistra (aus der Arteria mesenterica inferior) verbindet.
Des Weiteren gibt es arteriovenöse Anastomosen, wobei eine Arterie und eine Vene miteinander verbunden sind. Die venovenöse Anastomose, zu der die kavokavale und die portokavale Anastomosen zählen, besteht aus zwei Venen. Während die kavokavale Anastomose eine physiologische Verbindung zwischen Zuflussvenen der oberen und unteren Hohlvene darstellt, sind portokavale Anastomosen pathologisch und bilden sich zwischen Venen des Einflussgebiets der Pfortader (Vena portae) und der Hohlvenen. Auf sie wird in einem späteren Abschnitt nochmals ausführlicher eingegangen.
Außerdem gibt es auch lympholymphatische Anastomosen, die zwischen zwei Lymphgefäßen entstehen. Zu den bekanntesten Nervenanastomosen gehört die Cannieu-Riche-Anastomose, die eine Verbindung zwischen dem Ramus thenaris des Nervus medianus und dem Ramus profundus des Nervus ulnaris am Daumenballen bildet. Die Galen-Anastomose ist hingegen eine Verbindung des Nervus laryngeus superior mit dem Nervus laryngeus inferior (aus dem Nervus laryngeus recurrens) im Recessus piriformis.
Einteilung nach Herkunft
Hierbei unterscheidet man die anatomische Anastomose, bei der es sich um eine natürlich entstandene Strukturverbindung handelt, von der chirurgischen Anastomose, die eine künstliche Strukturverbindung ist. Zudem gibt es noch die Reanastomose, womit die erneute Anastomisierung zweier zuvor getrennten Strukturen gemeint ist. Dies betrifft in der Regel Organe, die in einer früheren Operation voneinander getrennt wurden und in einer späteren Operation wieder miteinander verbunden werden.
Einteilung nach Form
Es gibt verschiedene Varianten, zwei Hohlorgane operativ miteinander zu anastomisieren. Bei der End-zu-End-Anastomose werden zwei Hohlorganabschnitte (zum Beispiel zwei Darmteile) an ihren eröffneten Enden wieder aneinander genäht, sodass ein kontinuierlicher Verlauf entsteht. Unter der End-zu-Seit-Anastomose versteht man hingegen die Verbindung des Endes eines Hohlorganabschnitts mit einem seitlich eröffneten anderen Abschnitt. Bei der Seit-zu-Seit-Anastomose werden entsprechend zwei seitlich geöffnete Hohlorgane miteinander verbunden.
Anastomose – Portokavale Anastomosen
Diese sind die bekanntesten pathologischen Anastomosen und bilden sich, wie oben bereits erwähnt, zwischen Venen des Einflussgebiets der Pfortader (Vena portae) und der Hohlvenen. Zwar kommen portokavale Anastomosen prinzipiell auch physiologisch vor, jedoch haben sie nur einen sehr geringen Umfang und bereiten daher keine Probleme. Pathologisch werden sie dann, wenn sie zunehmend als Umgehungskreisläufe genutzt werden und es dadurch zu einer Zunahme des Blutvolumens in ihnen kommt. Dies passiert, wenn sich das Blut in der Leber aufgrund einer Behinderung des Blutflusses anstaut und ihm nichts mehr anderes übrig bleibt, als in die Umgehungskreisläufe auszuweichen.
Portale Hypertension
Die portale Hypertension ist eine Erhöhung des Drucks in der Pfortader auf über 12 mmHg (normalerweise liegt er zwischen 5 und 10 mmHg) und der Grund für die Ausbildung von portokavalen Anastomosen. Verschiedene Krankheitsbilder können eine portale Hypertension auslösen, dazu zählen beispielsweise: Leberzirrhose, Pfortaderthrombose, Fettleber oder Krebserkrankungen wie ein Pankreaskopfkarzinom.
Portokavale Anastomosen können an verschiedenen Stellen in der Bauchhöhle vorkommen.
In der Speiseröhre und im Magen
An der kleinen Kurvatur des Magens bilden die Vena gastrica sinistra und dextra ein submuköses Geflecht. In diesem anastomisieren die Venen des Magens (portal) mit den Venae oesophageales des Ösophagus (kaval). Anschließend fließt das Blut weiter zur Vena azygos und Vena hemiazygos, die letztendlich in die Vena cava superior abgehen. Wenn es nun aufgrund einer portalen Hypertension zu einem vermehrten Blutfluss in diesem Umgehungskreislauf kommt, führt dies zur Ausbildung von Ösophagusvarizen. Eine Ruptur der Ösophagusvarizen bedingt eine starke Blutung, die lebensbedrohlich ist und einen Notfall darstellt.
Im Rektum
Die Vena rectalis superior (portal) anastomisiert mit den Venae rectales mediae und inferiores (kaval) im venösen Geflecht des Corpus cavernosum recti. Daher sorgt eine Stauung in diesem Bereich für das Anschwellen des Geflechts und somit zur Ausbildung von venösen Varizen. Aufgrund dieses Mechanismus kann ein Hämorrhoidalleiden ausgelöst werden.
In den Nabelvenen
Durch die Venae paraumbilicales, welche sich um den Bauchnabel herum befinden, kann Blut durch die Vena thoracoepigastrica, Vena epigastrica superior, Vena epigastrica superficialis oder Vena epigastrica inferior aus dem portalen System in das kavale System fließen. Die Bauchnabelvenen erweitern sich und bekommen ihr charakteristisches, geschlängeltes Aussehen, welches man Caput medusae nennt.
Im Kolon
Durch die Vena mesenterica superior und die Vena mesenterica inferior fließt das portale Blut außerdem in die Venae colicae. Von dort aus gelangt es über die Venae lumbales ascendentes in die Vena azygos beziehungsweise in die Vena hemiazygos und geht anschließend in die Vena cava superior ab.
- Schünke M et. al., Prometheus: Lernatlas der Anatomie (Innere Organe), Thieme, 5. Auflage
- Aumüller G et al., Duale Reihe Anatomie, Thieme, 5. Auflage