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Die Basalganglien sind ein zentraler Bestandteil des motorischen Systems und spielen eine essenzielle Rolle bei der Regulation von Bewegungen, der Selektion von Handlungsmustern sowie der Inhibition unerwünschter motorischer Aktivitäten. Sie sind in komplexe neuronale Schaltkreise eingebunden, die unter dem Begriff der Basalganglienschleife zusammengefasst werden. Neben motorischen Funktionen sind die Basalganglien auch an kognitiven und limbischen Prozessen beteiligt. Störungen innerhalb dieser Schaltkreise sind mit verschiedenen neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen assoziiert.
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Basalganglienschleife – Definition
Die Basalganglienschleife (Cortico-Basalganglien-Thalamo-Corticaler Regelkreis, CBGTC) beschreibt eine zyklische neuronale Verschaltung zwischen Kortex, Basalganglien und Thalamus. Diese Schleife moduliert Bewegungsentwürfe, indem sie entweder deren Initiation erleichtert oder deren Ausführung hemmt. Sie beeinflusst die thalamokortikale Erregung und ist somit ein entscheidender Modulator der willkürlichen Motorik.
Basalganglienschleife – Anatomie
Zu den Basalganglien gehören der Nucleus caudatus, das Putamen und der Globus pallidus. Funktionell werden zudem die Substantia nigra und der Nucleus subthalamicus hinzugezählt. Das Striatum (bestehend aus Nucleus caudatus und Putamen) ist die zentrale Eingangsstation der Basalganglien. Der Globus pallidus unterteilt sich in einen medialen (internen) und einen lateralen (externen) Teil, die unterschiedliche Rollen im motorischen Regelkreis übernehmen. Die Substantia nigra gliedert sich in eine Pars compacta, die dopaminerge Neuronen enthält, und eine Pars reticulata, die inhibitorische Neuronen beherbergt. Der Thalamus vermittelt die Rückkopplung zum Kortex, wodurch Bewegungsentwürfe feinjustiert werden.
Basalganglienschleife – Funktionsweise
Die Modulation motorischer Impulse erfolgt durch zwei antagonistische Regelkreise: den direkten und den indirekten Regelkreis.
Direkter Regelkreis
Hierbei projizieren hemmende (GABAerge) Neurone aus dem Striatum auf die ebenfalls inhibitorischen Neurone des Globus pallidus internus und der Substantia nigra pars reticulata. Diese doppelte Hemmung führt zu einer Disinhibition des Thalamus, was eine verstärkte Aktivierung des Kortex und somit die Förderung von Bewegungen zur Folge hat.
Indirekter Regelkreis
In diesem Regelkreis projizieren hemmende Striatum-Neurone zunächst auf den Globus pallidus externus. Dessen Hemmung führt zu einer verstärkten Aktivierung des Nucleus subthalamicus, der wiederum exzitatorisch auf den Globus pallidus internus wirkt. Dies resultiert in einer verstärkten Hemmung des Thalamus und somit einer reduzierten kortikalen Erregung, was Bewegungen unterdrückt.
Rolle des Dopamins
Die dopaminergen Neurone der Substantia nigra pars compacta wirken über D1- und D2-Rezeptoren im Striatum modulierend auf die Regelkreise. Über D1-Rezeptoren fördert Dopamin den direkten Weg und erleichtert so Bewegungen. Über D2-Rezeptoren hemmt es den indirekten Weg, was ebenfalls zu einer gesteigerten Bewegungsbereitschaft führt. Ein Ungleichgewicht der dopaminergen Modulation kann zu Bewegungsstörungen führen.
Basalganglienschleife – Klinische Relevanz
Störungen innerhalb der Basalganglienschleife sind mit verschiedenen neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen assoziiert. Darunter zählen unter anderem folgende Erkrankungen:
Parkinson
Diese neurodegenerative Erkrankung ist durch einen fortschreitenden Verlust dopaminerger Neurone in der Substantia nigra pars compacta gekennzeichnet. Der Dopaminmangel führt zu einer verstärkten Aktivierung des indirekten Regelkreises und einer reduzierten Aktivierung des direkten Weges. Dadurch kommt es zu einer Hemmung thalamokortikaler Signale, was die charakteristischen Symptome wie Bradykinese, Rigor und Tremor verursacht.
Chorea Huntington
Chorea Huntington ist genetisch bedingt und durch den fortschreitenden Untergang GABAerger Neurone im Striatum gekennzeichnet. Besonders betroffen sind die Neurone des indirekten Weges, was zu einer Enthemmung des Thalamus führt. Dies äußert sich in unkontrollierten, überschießenden Bewegungen (Chorea) sowie kognitiven und psychiatrischen Symptomen.
Dystonien
Dystonien sind durch anhaltende Muskelkontraktionen gekennzeichnet, die zu abnormen Körperhaltungen oder repetitiven Bewegungen führen. Sie entstehen vermutlich durch eine fehlerhafte Regulation der Basalganglienaktivität und eine gestörte Inhibition unerwünschter Bewegungsmuster.
Tourette-Syndrom und Tic-Störungen
Diese Störungen sind durch plötzliche, unwillkürliche Bewegungen oder Lautäußerungen (Tics) gekennzeichnet. Eine Dysregulation der Basalganglienschleife mit einer verstärkten Aktivität des direkten Regelkreises sowie dopaminerge Dysfunktionen spielen hierbei eine wesentliche Rolle.
Hemiballismus
Diese Störung ist durch großamplitudige, unkontrollierbare Schleuderbewegungen einer Körperhälfte gekennzeichnet und tritt häufig nach einer Läsion des Nucleus subthalamicus auf. Die daraus resultierende Hemmung des indirekten Weges führt zu einer übermäßigen kortikalen Erregung.
ADHS
Studien deuten darauf hin, dass eine veränderte Modulation der Basalganglien mit einer verminderten Hemmung irrelevanter Reize zur Hyperaktivität und Impulsivität bei ADHS beiträgt.
Es gibt Hinweise darauf, dass Funktionsstörungen der Basalganglien auch bei Zwangsstörungen, Depressionen und Schizophrenie eine Rolle spielen. Eine Dysfunktion in der Balance zwischen Bewegungsinitiierung und -hemmung könnte sich auch auf kognitive und emotionale Prozesse auswirken.
Stand der bisherigen Forschung
Durch das tiefere Verständnis der Basalganglienschleife konnten neue therapeutische Ansätze entwickelt werden, darunter tiefe Hirnstimulation (DBS) zur Behandlung von Parkinson und Dystonien sowie dopaminerge Medikamente zur Modulation der Regelkreise. Zudem ermöglichen neue bildgebende Verfahren und genetische Untersuchungen eine individuellere Therapieplanung und eine frühzeitigere Diagnose neurodegenerativer Erkrankungen.
- Großhirn, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 07.02.2025)