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Das Becken bildet beim Menschen etwa die Körpermitte, auch, wenn der Körerschwerpunkt des Mannes etwas höher liegt. Sein Knochengerüst beinhaltet und schützt einige wichtige Organe, etwa den Enddarm sowie den unteren Teil des Uro- und des Genitaltrakts. Doch auch wichtige Strukturen zur Versorgung der Beine verlaufen durch die Beckenregion. Darüber hinaus spielt es auch eine Rolle bei der Stabilität des aufrechten Stands und Gangs. Mehr zu den Funktionen des Beckens mitsamt seiner Anatomie und seines Aufbaus bespricht der folgende Artikel. Darüber hinaus geht es um Schmerzen, Krankheiten und andere Beschwerden, die in der Beckenregion auftreten oder von ihren Strukturen ausgelöst werden.
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Becken – Definition
Als Becken (Latein: Pelvis oder Cavitas pelvis) wird in der medizinischen Terminologie der Bereich, der beim stehenden Menschen unter dem Abdomen beginnt und bis zu den Beinen reicht. Seine stützendende Grundlage bilden die Hüftknochen (Ossae coxae), die auch maßgeblich an der Formgebung des anatomischen Bereichs beteiligt sind, und vor allem zwischen Frauen und Männern für erhebliche Unterschiede verantwortlich sind. Die Linea terminales (Beckenring) des Beckens teilt es in zwei Beckenebenen:
- Das große Becken (Pelvis major)
- Das kleine Becken (Pelvis minor)
Becken – Anatomie und Aufbau
Die nahezu starre Grundlage und Stütze wird im Becken vor allem durch die paarig bestehenden drei Hüftknochen gebildet, die dorsal eine echte, jedoch fast immer starre Gelenkverbindung zum Kreuzbein (Os sacrum) bilden. Das Darmbein (Os ilium) bildet jeweils auf einer Seite die Beckenschaufel mit ihrer Crista iliaca, an der viele Bauchmuskeln, Rückenmuskeln und Atemhilfsmuskeln ihren Ursprung oder Ansatz haben.
Klinik: Tastbare Knochenpunkte
Bei den meisten Menschen lassen sich die Beckenschaufeln gut ertasten, indem man die Hände von oben auf die Hüfte legt. Die Methodik wird beispielsweise in der Physiotherapie oder Orthopädie angewandt. So lassen sich beispielsweise ein Hüftgradstand überprüfen.
Während das Os ilium die vordere Stabilitätssäule des Beckens bildet, wird die hintere durch das Os ischii (Sitzbein) gebildet. Wie der Name verkündet, ist dies der Knochen, auf dem der Mensch sitzt. Der dritte Teil des Hüftgelenks ist das Os pubis (Schambein), welches sich vorne unten befindet und im Bereich der Symphysis pubica – auch als Symphyse oder Schambeinfuge bezeichnet – den Beckenring schließt. Die drei Knochen der Hüfte sind bei Kindern durch unechte Gelenke (Synchondrosen) verbunden. Im Alter verschmelzen diese meist zu Synostosen. Das größte Gelenk im Bereich des Beckens ist das Hüftgelenk (Articulatio coxae), dessen Gelenkpfanne (Acetabulum) von allen drei Hüftknochen gebildet wird. In ihr inseriert der Femurkopf, also der oberste Teil des Oberschenkelknochens.
Weibliches Becken – Männliches Becken
Da Frauen in der Lage sein müssen, ein Kind zu gebären, unterscheiden sich die Knochenstrukturen von männlichem und weiblichem Becken in einigen Gesichtspunkten. Zu den geschlechtsspezifischen Unterschieden zählen beispielsweise die Ausmaße des Beckens: Frauen haben normalerweise ein breiteres Becken, das ausladender ist, während das Becken von Männern massiver und schmaler gebaut ist. Die Beckenschaufeln stehen beim biologischen Mann steiler. Auch die Beckenöffnung ist unterschiedlich geformt: Während sie bei Frauen ebenfalls breiter und fast queroval erscheint, tritt bei Männern das Promontorium – die innere Vorwölbung des Os sacrums im Bereich der Linea terminalis – um einiges deutlicher hervor. Betrachtet man die Öffnung von oben, ist sie eingedellt und deutlich schmaler. Auch die Winkel der beiden Schambeine zueinander unterscheiden sich bei Mann und Frau: Der sogenannte untere Schambeinwinkel ist bei Männern mit 70 Grad recht spitz und wird auch Angulus subpubicus genannt, während Frauen einen weiten Winkel von 90 bis 100 Grad haben, der meist eher als Arcus pubicus bezeichnet wird. Außerdem ist bei ihnen das Os sacrum abgeknickt und nicht in einer Rundung verlaufend wie beim männlichen Geschlecht.
Klinik: Forensische Osteologie
Bei unbekannten Knochenfunden ist eine der wichtigsten Aufgaben als Rechtsmediziner/in das Geschlecht des/der Verstorbenen zu bestimmen. Den besten Aufschluss dafür geben die genannten Geschlechtsunterschiede im Becken, wobei meist der Schambeinwinkel zu Rate gezogen wird. Darüber hinaus lassen sich auch geschlechtsspezifische Merkmale an den Schädelknochen erkennen, beispielsweise an der Stirn, der Augenhöhle (Orbita), dem Jochbein (Os zygomaticum) oder Unterkiefer (Mandibula).
Linea terminalis
Als Linea terminalis, wird der Rand des Beckeneingangs (Apertura pelvis superior) bezeichnet, die sich über alle Knochenstrukturen zieht und linienförmig ringsum verläuft. Dieser Ring dient als Abgrenzung zwischen dem kranialen Großen Becken und dem kaudalen Kleinen Becken. Sie beginnt am Promontorium und verläuft beidseits über den seitlichen konvaken Knochenbereich des Kreuzbeins, die Alae ossis sacri. Anschließend zieht sie über die Linea arcuata, die zum Darmbein gehört. Von diesem tritt sie an der Eminentia iliopubica auf das Schambein über, an dessen Kamm (Pecten ossis pubis) sie zunächst zu seinem Tuberculum verläuft und sich dann an der Schambeinfuge mit der Linea terminalis der anderen Seite vereint.
Die gedachte Ebene, in der die Linea terminalis liegt, ist um 60 Grad zum Horizontalen nach vorne gekippt und wird als Beckeneingangsebene (Apertura pelvis superior) bezeichnet.
Großes Becken
Das Große Becken (Pelvis major) liegt kranial der Linea terminalis zwischen den Darmbeinschaufeln (Alae ossis ilii). Seitlich wird es also noch durch Hüftknochen begrenzt, nach vorne hat es hingegen keine knöcherne Begrenzung. Hier werden die Inhalte des großen Beckens von der Bauchwand und ihrer Bauchmuskulatur gestützt. Dieser Teil des Beckens umfasst den weiten Bereich und ist eigentlich Teil des Abdomens. Entsprechend finden sich hier vor allem Darmschlaufen, primär die es Ileums und des Colon sigmoideums.
Kleines Becken
Der Trichter des Konstruktes wird als Kleines Becken (Pelvis minor) bezeichnet und liegt nicht nur kaudal des Beckenrings, sondern wird auch von ihm umschlossen. Dieser untere Becken-Teil lässt sich in drei Beckenebenen teilen, die vor allem in der Geburtshilfe klinische Relevanz haven:
- Die oberste Cavitas peritonealis pelvis
- Die mittlere Etage im Spatium extraperitonealis pelvis
- Die unterste Fossa ischioanalis
Teilweise überschneiden sich Inhalte von Großem und Kleinem Becken also. Im Pelvis minor liegen darüber hinaus allerdings noch große Teile des Urogenitaltraktes und die wichtigsten Versorgungsstrukturen von Becken und Beinen. Dazu gehören beispielsweise die Nervengeflechte des Plexus sacralis und des Plexus hypogastricus inferior. Auch die A. und V. iliaca interna mit ihren jeweiligen Ästen, genau wie die A. und V. obturatoria verlaufen hier. Die wichtigsten Organstrukturen im kleinen Becken sind beim Mann:
Bei der Frau wird das Kleine Becken vor allem von diesen Organen eingenommen:
- Harnblase
- Urethra feminina
- Uterus (Gebärmutter)
- Vagina
- Ovar
- Tuba uterina
- Rectum
Bei beiden Geschlechtern sind die Beckenorgane durch Faszien in verschiedene Räume geteilt und werden durch die Hüftknochen umgeben: Vorne begrenzt das Os pubis das kleine Becken, seitlich das Os ischium, hinten das Os sacrum und das Os coccygis (Steißbein).
Becken – Funktion und Bedeutung
Die Hauptfunktion des Beckens ist die Wahrung der Stabilität des aufrechten Standes und Ganges. Die Winkel, in denen die einzelnen Knochenstrukturen zueinanderstehen, führen zur physiologischen Körperhaltung und zur optimalen Bewegungsfreiheit, ohne beispielsweise direkt das Gleichgewicht verloren wird. Die Stabilität der Knochen hat darüber hinaus weitere Bedeutung für den Körper, denn sie schützt die empfindlichen Geschlechts- und Harnorgane. So wird beispielsweise auch das Sitzen ohne Beschädigung der Organstrukturen ermöglicht.
Darüber hinaus bildet das Becken beim stehenden Menschen die kaudalste Struktur des Rumpfes. Auch, wenn die inneren Organe natürlich auch selbst durch Bänder in Position gehalten werden, arbeiten die Haltestrukturen des Beckens und vor allem der unterste Teil – die Beckenbodenmuskulatur – gegen die Schwerkraft an.
Klinik: Schwache Beckenbodenmuskulatur
Eine geschwächte Beckenbodenmuskulatur kann verschiedene Ursachen haben, häufig tritt sie beispielsweise bei Frauen nach einer Vaginalgeburt oder bei Menschen, die iatrogen Nervenschädigungen im Lumbal- oder Sakralbereich erleiden, etwa nach Bandscheibenoperationen. Auch eine radikale Prostatektomie (Entfernung der Prostata) kann entsprechende Folgen haben. Das Resultat ist meist Inkontinenz. In besonders schweren Fällen von Schwäche der Beckenbodenmuskeln kann es zu einem Prolaps der Organe nach unten – etwa des Uterus oder des Rektums – kommen.
Becken – Schmerzen und Frakturen
Verletzen der stabilen Beckenknochen kommen eher selten vor und sind Resultat massiver Gewalteinwirkung. Eine Beckenringverletzung beispielsweise kommt meist nur bei Verkehrsunfällen, Stürzen aus großer Höhe oder Überrollunfällen vor. Da durch den Bruch der großen Knochen sehr viel Blut verloren gehen kann, handelt es sich bei solchen Verletzungen um absolute Notfälle. Bei weniger starken Traumata oder Krankheiten wie Osteoporose können darüber hinaus Insuffizienzfrakturen („Fragile Fractures oft the Pelvis“) entstehen, die zu einer Instabilität im Beckenbereich führen.
Häufige Fragen
- Was ist das Becken und was ist die Hüfte?
- Was kann Schmerzen im Becken verursachen?
- Kann man das Becken röntgen?
Die Begriffe Becken und Hüfte werden häufig synonym verwendet, obwohl es einen Unterschied zwischen den beiden Strukturen gibt. Das Becken ist der anatomische Begriff für den gesamten kaudalen Bereich unterhalb des Abdomens (im Stehen), zum knöchernen Becken werden die Hüftknochen gezählt, aber auch das Kreuzbein und das Steißbein. Die Hüfte beginnt ebenfalls am oberen Beckenrand und umfasst neben den Beckenknochen die seitliche Region, das Gesäß und den beweglichen Übergang zum Oberschenkelknochen.
Beckenschmerzen können akut oder chronisch auftreten und viele unterschiedliche Gründe haben. Beispielsweise kann eine Organschädigung, Entzündung oder eine Erkrankung wie Endometriose verantwortlich sein. Auch eine Veränderung der Ernährung oder eine Nahrungsmittelunverträglichkeit kann zu Schmerzen führen. Außerdem können auch Schmerzen aus vielen anderen Körperregionen, etwa den Beinen oder dem Bauchraum, in das Becken ausstrahlen.
Eine Röntgenaufnahme des Beckens dient meist der Übersicht des gesamten Bereichs und wird beispielsweise bei Verdacht auf Coxarthrose, Beckenringfraktur, Luxation oder nach Operationen zur Verlaufskontrolle durchgeführt. Mit 0,7 mSv Strahlenbelastung ist diese etwa siebenmal höher als beim Röntgen-Thorax. Sorgen machen, sollten sich Betroffene dennoch nicht, da die Strahlungswerte immer noch weit unter den Grenzwerten liegen, die zu gefährlichen Veränderungen des Gewebes führen. Dennoch sollte vor einem Becken-Röntgen immer eine Risiko-Nutzen-Abwägung erfolgen.
- Schünke et al., Prometheus LernAtlas – Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem, Thieme (Verlag), 6. Auflage, 2022
- Aumüller et al., Duale Reihe Anatomie, Thieme (Verlag), 5. Auflage, 2020
- Largiadèr et al., Checkliste Chirurgie, 12. Auflage, 2022
- Sajid Matin, Pterion als Merkmal zur Bestimmung von Geschlecht und Ethnizität unbekannter Schädelfunde, Institut für Rechtsmedizin
der Universität Würzburg (Dissertation), 2020