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Die Blastozyste, auch bekannt als Keimblase, ist das letzte Stadium der wandernden befruchteten Eizelle. Sie nistet sich in der Uteruswand ein und aus ihr entwickeln sich die weiteren spezifischen Zellen der Embryogenese. Diese Differenzierung und die Bedeutung der Blastozyste in der Kinderwunschtherapie wird in diesem Artikel ausführlich dargestellt.
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Blastozyste – Definition
Die Blastozyste beschreibt ein Stadium der Embryogenese. Sie ist eine Ansammlung pluripotenter Zellen und definiert mit dem Zeitpunkt des ersten Kontakts mit der Uterusschleimhaut den Beginn der Implantation. Die Keimblase entsteht am vierten bis fünften Tag nach Befruchtung aus der omnipotenten Morula.
Blastozyste – Anatomie und Embryologie
Während der Präimplantationsphase entsteht die Blastozyste. Diese Phase dauert von Tag zwei bis fünf nach erfolgter Befruchtung und schließt sich der Konzeption der Eizelle an. Die befruchtete Eizelle wandert während dieser Zeit durch die Tuba uterina in Richtung des Uterus und vollzieht währenddessen mehrere Zellteilungen, wodurch die typischen Stadien der Embryonalentwicklung entstehen. Diese umfassen in genau diesem Ablauf folgende Schritte:
- Zygote
- Zwei-Zell-Stadium
- Mehrzellstadium
- Morula
- Blastozyste
Die Morula (“Maulbeere”) bezeichnet die Keimzelle ab dem 16-Zell-Stadium. Sie erreicht nach etwa vier Tagen den Uterus und entwickelt sich ab diesem Punkt zur Blastozyste weiter. Gekennzeichnet ist die Blastozyste durch die Entstehung der Blastozystenhöhle, ein mit Flüssigkeit gefüllter Hohlraum.
Unterscheiden lassen sich bei der Keimblase die außen liegenden Trophoblasten, die eine Kugel bilden, und einen im Inneren liegenden Zellhaufen, den Embryoblast. Die frühe Keimblase ist von der Zona pellucida umgeben und der Embryoblast ist noch unorganisiert, die Blastozystenhöhle vergleichsweise klein. Im Laufe der Entwicklung zur späten Blastozyste wird die Zona pellucida aufgelöst und der Embryoblast trennt sich in eine zur Höhle gerichtete Schicht der Hypoblasten und eine zwischen Hypo- und Trophoblasten liegende Schicht mit Epiblasten.
Die Zellen der Stadien bis einschließlich der Morula sind omnipotent, aus ihnen kann jedes beliebige Organ entstehen. Das ändert sich mit der Entwicklung zur Blastozyste. Ab hier sind die Zellen pluripotent, was bedeutet, dass die Zellarten sich nur in eine Richtung differenzieren können und somit diverse Aufgaben übernehmen.
Differenzierung der Zellen
In der späten Blastozyste kommen drei unterschiedliche Zelltypen vor. Die Trophoblasten ernähren den Embryo und entwickeln sich zwischen dem fünften und zwölften Tag. Sie wachsen in die Decidua des Uterus ein und sorgen für die Entwicklung der Plazenta durch die Differenzierung zu Synzytiotrophoblasten (die äußere Schicht) und Zytotrophoblasten (die innere Schicht). Um der Blastozyste eine direkte Einnistung in die Wand des Uterus zu ermöglichen, sezernieren die Synzytiotrophoblasten lysosomale Enzyme, die die Zellen des Uterus auflösen und somit Platz für die Keimblase schaffen. Außerdem bilden sie das Hormon HCG, welches die weitere Produktion von Progesteron und somit die Instandhaltung der Uterusschleimhaut gewährleistet.
Der Hypoblast bildet gemeinsam mit dem Epiblast die Keimscheibe, auch Embryonalscheibe genannt. Er entwickelt sich in der zweiten Entwicklungswoche und ab dem neunten Tag entsteht zwischen den Zellen des Hypoblasten und der extrazellulären Matrix eine Schicht, die ähnlich einer Basalmembran gebaut ist. Sie wird als Heusner-Membran bezeichnet. Hypoblast und Membran bilden im Verlauf den Dottersack, der den Embryo ernährt und für den Stoffwechsel essentiell ist. Er degeneriert später.
Die Epiblasten hingegen entwickeln die Amnionhöhle, eine den Embryo umschließende und somit schützende Hülle. Das Amnionepithel produziert Fruchtwasser, welches sich in der Amnionhöhle ansammelt. Außerdem gehen aus dem Epiblasten alle Keimblätter hervor. Dazu zählen Endoderm, Mesoderm und Ektoderm. Er bildet dementsprechend das komplette embryonale Gewebe.
Blastozyste – Klinischer Nutzen und Bedeutung
Durch den Vorrat an Stammzellen sind Blastozysten für verschiedene klinische Methoden interessant. Diese sind allerdings nicht in jedem Land zugelassen, weil sie ethisch sehr umstritten sind. Die Gründe dafür werden im Verlauf dieses Abschnitts erläutert.
Präimplantationsdiagnostik
Die Präimplantationsdiagnostik (PID) ist in Deutschland grundsätzlich verboten. Mit ihr ist es möglich, noch vor Einnistung der befruchteten Eizelle, die Blastozyste auf schwere genetische Erkrankungen zu untersuchen. Das ist im Rahmen einer künstlichen Befruchtung machbar. Der Embryo wird entsprechend vor Einsetzen in den Uterus der Mutter untersucht. Nur gesunde Embryonen werden anschließend verwendet. Bei vorbelasteten Eltern mit einer hohen Wahrscheinlichkeit einer genetischen Erkrankung des Kindes kann diese Untersuchung allerdings nach Beratung, Aufklärung und Einwilligung der Frau durchgeführt werden. Es kann herausgefunden werden, ob eine Erkrankung oder Prädisposition besteht, die zu einer Tot- oder Fehlgeburt führen würde.
Dieses Verfahren ist allerdings enorm teuer und muss von den Patienten selbst finanziert werden. Die künstliche Befruchtung und die Arbeit der Ethikkommission zur Zulassung kosten im Gesamten etwa 10.000 Euro. Eine Unterstützung durch die Krankenkasse ist nur bei gleichzeitig vorliegender Einschränkung der Fruchtbarkeit des Paares denkbar.
Möglichkeiten bei Kinderwunsch
Manchen Paaren ist es durch medizinische Ursachen erschwert, schwanger zu werden. Durch den medizinischen Fortschritt existieren im heutigen Zeitalter zahlreiche Möglichkeiten, um die Chance auf eine Schwangerschaft zu erhöhen. Dazu zählt beispielsweise die künstliche Befruchtung und im Rahmen dessen der Blastozystentransfer. Normalerweise wird der Embryo am zweiten bis dritten Tag implantiert. Ist es allerdings möglich, den Embryo bis zum Blastozystenstadium zu kultivieren, steigen die Chancen einer erfolgreichen Schwangerschaft um etwa 35 Prozent. Die Kosten müssen allerdings in der Regel selbst getragen werden.
Eileiterschwangerschaft
Die Zona pellucida ist bis zum Stadium der frühen Blastozyste vorhanden. Sie ist wichtig, damit die Eizelle sich nicht verfrüht oder am falschen Ort einnistet. Genau das passiert allerdings bei einer Eileiterschwangerschaft (Extrauteringravidität). Die Hülle löst sich frühzeitig auf, wodurch die Eizelle sich zu 99% in der Tuba uterina (Eileiter) einnistet, eine Implanation im Abdomen oder Ovar ist allerdings auch möglich, wenn auch deutlich seltener.
Symptomatisch zeigt sich eine solche Schwangerschaft vorwiegend mittels sekundärer Amenorrhoe, also ein Ausbleiben der Periode über drei Monate. Es fallen meist Schmierblutungen auf, die Abbruchblutungen darstellen, da sich der Trophoblast nicht weiter entwickeln kann. Außerdem können bei einer Eileiterschwangerschaft sehr starke und plötzliche Unterbauchschmerzen auftreten. Diese zeigen sich auch bei einer Tubenruptur. Erfolgt die Implantation am Isthmus (Hals) der Tube, reicht der Platz nicht für das Wachstum und der Eileiter reißt. Es kommt zu einem hochakuten Verlauf, der notfallmäßig behandelt werden muss.
In manchen Fällen muss aber die extrauterine Schwangerschaft medikamentös oder operativ abgebrochen werden, um die Mutter vor schwerwiegenden Komplikation zu schützen. Es kann zunächst allerdings bei einer symptomlosen extrauterinen Schwangerschaft engmaschig kontrolliert und beobachtet werden.
- Bommes-Ebert U et. al., Kurzlehrbuch Anatomie und Embryologie, 3. Auflage, Thieme
- Extrauteringravidität: https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 09.06.2024)
- Von der Befruchtung zur Implantation: https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 09.06.2024)
- Embryonlaentwicklung: https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 09.06.2024)