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Das Wissen über genetische Risikofaktoren für Krebs hat in den letzten Jahrzehnten erheblich zugenommen. Eine der bekanntesten genetischen Prädispositionen für bestimmte Krebsarten betrifft Mutationen in den BRCA1- und BRCA2-Genen. Diese Mutationen erhöhen das Risiko für Brustkrebs und Eierstockkrebs erheblich und haben weitreichende Konsequenzen für Diagnose, Behandlung und Prävention. Dieser Artikel beleuchtet die genetischen Grundlagen von BRCA, die medizinischen Implikationen sowie Möglichkeiten der Früherkennung und Prävention.
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BRCA – Definition
Die BRCA-Gene (BReast CAncer genes) sind tumorunterdrückende Gene, die eine wesentliche Rolle bei der Reparatur von DNA-Schäden spielen. Es gibt zwei Hauptgene, BRCA1 und BRCA2, die beide an der Homologen Rekombination, einem Mechanismus der DNA-Reparatur, beteiligt sind. Wenn eine dieser Genkopien mutiert ist, kann die Effizienz der DNA-Reparatur verringert sein, was zu einer erhöhten Anfälligkeit für bösartige Zellveränderungen führt.
BRCA – Genetische Grundlagen
BRCA1 befindet sich auf Chromosom 17, während BRCA2 auf Chromosom 13 lokalisiert ist. Beide Gene tragen zur Stabilität des Erbguts bei. Menschen, die eine pathogene Mutation in einem dieser Gene erben, haben ein signifikant höheres Risiko, im Laufe ihres Lebens an Brust- oder Eierstockkrebs zu erkranken. Während BRCA1-Mutationen mit einer besonders aggressiven Form von Brustkrebs in Verbindung stehen, scheint BRCA2 eher mit hormonabhängigen Tumoren assoziiert zu sein.
BRCA – Vererblichkeit und Risikofaktoren
Die Vererbung von Mutationen in BRCA1 und BRCA2 verläuft autosomal-dominant. Das bedeutet, dass eine Mutation von einem Elternteil ausreicht, um das Risiko für Krebs signifikant zu erhöhen. Frauen mit einer BRCA1-Mutation haben ein lebenslanges Brustkrebsrisiko von bis zu 72 Prozent, während das Risiko bei BRCA2-Mutationen zwischen 45 Prozent und 69 Prozent liegt. Auch das Risiko für Eierstockkrebs ist stark erhöht, insbesondere bei BRCA1-Mutationen, die ein lebenslanges Risiko von bis zu 44 Prozent mit sich bringen.
BRCA-Mutationen bei Männern
Auch Männer können von BRCA-Mutationen betroffen sein. Besonders BRCA2-Mutationen erhöhen das Risiko für Brustkrebs bei Männern erheblich und sind zudem mit einem erhöhten Risiko für Prostata- und Bauchspeicheldrüsenkrebs verbunden. Da die Mutationen vererbt werden können, besteht für Träger die Möglichkeit, sie an ihre Kinder weiterzugeben.
BRCA – Bedeutung für Brustkrebs und Eierstockkrebs
BRCA-Mutationen sind mit einer bestimmten Art von Brustkrebs assoziiert, die oft dreifach-negativ ist, wenn eine BRCA1-Mutation vorliegt. Dies bedeutet, dass der Tumor keine Hormonrezeptoren (Östrogen- und Progesteronrezeptoren) und keinen HER2-Rezeptor exprimiert. Solche Tumore sind schwieriger zu behandeln, da sie nicht auf hormonelle Therapien oder HER2-gerichtete Therapien ansprechen.
Eierstockkrebs, der mit BRCA-Mutationen in Verbindung steht, ist oft hochgradig serös. Es handelt sich dabei um eine besonders aggressive und schwer zu behandelnde Krebsart. Frauen mit BRCA-Mutationen entwickeln diesen Krebs häufig in einem früheren Alter als die allgemeine Bevölkerung, und die Diagnose erfolgt oft erst in fortgeschrittenen Stadien, da Eierstockkrebs in frühen Stadien meist symptomlos bleibt.
Diagnostik und genetische Testung
Die genetische Testung auf BRCA-Mutationen empfiehlt sich vor allem Personen mit einer familiären Belastung für Brust- oder Eierstockkrebs. Besonders dann, wenn mehrere Verwandte ersten Grades (Mutter, Schwester) betroffen sind oder Krebserkrankungen in jungen Jahren aufgetreten sind, kann eine genetische Analyse sinnvoll sein.
Die Testung erfolgt in der Regel mittels einer Blutprobe. Aus dieser isoliert man die DNA und untersucht sie auf bekannte pathogene Mutationen. Wenn eine Mutation nachgewiesen wird, können Angehörige ebenfalls getestet werden, um ihr eigenes Risiko besser einzuschätzen. Ein genetischer Test kann erhebliche psychologische und medizinische Implikationen haben, weshalb eine genetische Beratung vor und nach dem Test ratsam ist.
Präventions- und Früherkennungsmaßnahmen
Für Menschen mit BRCA-Mutationen gibt es verschiedene Strategien, um das Krebsrisiko zu senken oder eine Erkrankung frühzeitig zu erkennen. Dazu gehören intensivierte Früherkennungsprogramme, Medikamente zur Krebsprävention und vorbeugende chirurgische Maßnahmen.
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Früherkennungsprogramme: Frauen mit BRCA-Mutationen wird oft geraten, bereits ab dem 25. Lebensjahr jährliche Brust-MRT-Untersuchungen durchzuführen, da diese empfindlicher als Mammographien sind. Auch regelmäßige gynäkologische Untersuchungen und Ultraschalluntersuchungen der Eierstöcke können helfen, Veränderungen frühzeitig zu erkennen.
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Medikamentöse Prävention: Medikamente wie Tamoxifen oder Raloxifen können das Brustkrebsrisiko bei Frauen mit hohem Risiko senken, indem sie als selektive Östrogenrezeptormodulatoren wirken. Diese Option eignet sich jedoch nicht für alle Patientinnen und muss individuell geprüft werden.
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Chirurgische Prävention: Viele BRCA-Trägerinnen entscheiden sich für eine prophylaktische Mastektomie (präventive Entfernung des Brustgewebes), um ihr Brustkrebsrisiko drastisch zu reduzieren. Eine prophylaktische Entfernung der Eierstöcke und Eileiter (Salpingo-Oophorektomie) wird ebenfalls häufig empfohlen, da sie das Eierstockkrebsrisiko um über 90 Prozent senkt.
Therapie
Die Behandlung von BRCA-assoziierten Tumoren unterscheidet sich in einigen Aspekten von der Behandlung sporadischer Tumoren. Besonders vielversprechend sind sogenannte PARP-Inhibitoren, eine relativ neue Klasse von Medikamenten, die gezielt in die DNA-Reparaturmechanismen eingreifen.
PARP-Inhibitoren wie Olaparib und Rucaparib blockieren ein Enzym, das an der DNA-Reparatur beteiligt ist. Da BRCA-mutierte Zellen bereits eine defekte DNA-Reparatur aufweisen, führt die zusätzliche Hemmung durch PARP-Inhibitoren zu einer Anhäufung von DNA-Schäden und letztendlich zum Zelltod. Diese Therapie hat sich insbesondere bei Eierstockkrebs und bestimmten Formen von Brustkrebs als wirksam erwiesen.
Chemotherapie bleibt weiterhin ein zentraler Bestandteil der Behandlung. Besonders platinhaltige Chemotherapeutika wie Cisplatin oder Carboplatin zeigen eine hohe Wirksamkeit bei BRCA-assoziierten Tumoren. Dies liegt daran, dass diese Krebszellen besonders empfindlich auf DNA-Schäden reagieren.
BRCA – Generelle Bedeutung für die Medizin
Die Entdeckung und Erforschung der BRCA-Gene haben nicht nur die Krebsprävention und -therapie revolutioniert, sondern auch das Verständnis der genetischen Grundlagen von Krebserkrankungen erheblich erweitert. Sie haben dazu beigetragen, personalisierte Therapieansätze zu entwickeln und Patienten besser zu identifizieren, die von bestimmten Behandlungsoptionen profitieren könnten.
Die Forschung zu BRCA-Mutationen wird weiterhin intensiv betrieben, insbesondere im Hinblick auf neue Therapieansätze, kombinierte Behandlungsstrategien und die Rolle weiterer genetischer Faktoren, die das Krebsrisiko beeinflussen könnten. In Zukunft könnten Gentherapien oder noch gezieltere Wirkstoffe entwickelt werden, um die Behandlungsmöglichkeiten weiter zu verbessern.
- Allgemeine Onkologie, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 10.03.2025)
- Mammakarzinom, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 10.03.2025)