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Auf den ersten Blick mag sie unbedeutend erscheinen, doch die Brustwarze spielt eine große Rolle in der Fortpflanzung, der sozialen Interaktion und der Bindung innerhalb einer Partnerschaft oder zum Kind. Darüber hinaus kann die Brustwarze, wie verschiedene medizinische Bedingungen zeigen, wichtige Hinweise auf den Gesundheitszustand einer Person geben. Dieser Artikel zeigt die anatomischen und physiologischen Aspekte der Brustwarze auf, ihre Funktion während und die klinischen Bedeutungen. Er untersucht potenzielle Erkrankungen und vermittelt ein besseres Verständnis dieser kleinen, aber wichtigen Struktur.
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Brustwarze (Mamille) – Definition
Die Brustwarze (medizinisch: Mamille oder Papilla mammaria) ist ein kleiner, erhabener Bereich auf der Brust, der bei Menschen und Säugetieren aller Geschlechter vorkommt. Sie befindet sich in der Mitte des Warzenhofs (Areola) – einer pigmentierten Zone um die Brustwarze herum. Die Brustwarze dient im Sinne der weiblichen Anatomie als Ausgangspunkt für die Abgabe von Muttermilch, die während der Stillzeit durch die Milchgänge fließt.
Die männliche Brustwarze
Die männliche Brustwarze hat keine funktionale Rolle in der Milchproduktion, ist aber ein Überbleibsel der frühen Embryonalentwicklung, bei der sich männliche und weibliche Embryos zunächst gleich entwickeln. Sie enthält ebenfalls Nerven und kann empfindlich auf Berührungen reagieren, erfüllt jedoch keine bekannte physiologische Funktion.
Brustwarze – Anatomie und Variationen
Im Schnitt ist die Papilla mammaria etwa 10 bis 12 mm hoch und wölbt sich bei den meisten Menschen nach oben und außen. Ihre Position und Form kann stark variieren und ist unter anderem von den unterschiedlichen Formen der Brust selbst abhängig, aber auch von wechselnden Faktoren, wie dem Stimulationszustand. Sie liegt in der Mitte des Warzenhofs, der meist wie die Brustwarze selbst stärker pigmentiert und damit dunkler ist, als die restliche Haut. Bei um die 30 Prozent der Personen mit weiblich ausgebildeter Brust wachsen Haare um oder auf der Areola.
Funfact – Warum sind Mamille und Areola so dunkel?
Säuglinge haben zu Beginn des Lebens ihre Sehfähigkeit noch nicht voll entwickelt. Die Babys fangen bereits nach ein paar Tagen damit an, Kontraste wahrzunehmen, weswegen sie im Verlauf beginnen, unter anderem Augen und Mund, also die Gesichter anderer Menschen fixieren. Die farbliche Abhebung von Mammille und Areola vom Rest der Haut dient der besseren Sichtbarkeit für das Kind.
Die sichtbare Struktur bildet bei weiblichem Phänotyp nur die äußere Spitze der sich nach innen wie ein Baum verzweigenden Brustdrüse. Embryonal entsteht sie aus der Milchleiste (Epidermisleiste), die von der Axilla bis zur Leistenbeuge zieht. Normalerweise entwickeln sich zwei Brustwarzen, bei einigen Menschen können sich aber weitere (funktionslose) Mamillen entlang dieser Leiste bilden – das nennt man Polythelie. Weitere anatomische Varianten der Brustwarze sind beispielsweise Flach- oder Hohlwarzen, die sich also nach innen oder nicht wölben. Normalerweise sich diese Varianten physiologisch unbedeutend, manchmal können sie jedoch zu Stillproblemen führen.
Nerven und Gefäße
Die Gefäßversorgung der Brustwarze erfolgt durch die A. thoracica interna (aus der A. subclavia) und die A. thoracica lateralis (aus der A. axillaris). Diese Arterien versorgen die vorderen und seitlichen Brustanteile. Die venöse Drainage erfolgt über die V. thoracica interna und V. thoracica lateralis. Die sensorische Innervation der Brustwarze ist besonders ausgeprägt und wird hauptsächlich durch die Interkostalnerven gewährleistet (sie ist eine gute Landmarke für den Verlauf des Dermatoms!). Wichtige Strukturen sind:
Nn. intercostales (Interkostalnerven): Diese Nerven, insbesondere der Interkostalnerv, versorgen den Bereich der Brustwarze und den Warzenhof (Areola). Die Interkostalnerven stammen aus den vorderen Ästen der thorakalen Spinalnerven.
Der Interkostalnerv verläuft zwischen den Rippen (Interkostalräume) und gibt feine Endäste ab (Rr. mammarii), die die Brusthaut und die darunter liegenden Strukturen, einschließlich der Brustwarze, sensorisch innervieren. Die Brustwarze ist daher sehr empfindlich auf mechanische Reize wie Berührung, Kälte oder Wärme. Zusätzlich kann der Bereich auch durch sympathische Nervenfasern beeinflusst werden, die eine Rolle bei der Kontraktion der glatten Muskulatur in der Brustwarze spielen, wodurch diese bei Reizung oder Kälte aufgerichtet wird.
Mamille – Funktion und Bedeutung
Die Brustwarze dient als Austrittsstelle für Muttermilch während der Stillzeit und spielt eine Rolle in der sensorischen Wahrnehmung durch ihre hohe Empfindlichkeit gegenüber Berührungen und Reizen.
Stimulation der Brustwarze
Die Stimulation der Brustwarze erfolgt durch Berührung, Saugen oder andere mechanische Reize, was eine starke sensorische Reaktion auslöst. Diese Reize werden über die sensorischen Nerven an das Gehirn weitergeleitet. Im Hypothalamus wird daraufhin der hormonelle Kreislauf aktiviert.
Dieser beginnt mit der Bildung von Oxytocin aus dem Hypothalamus – gebildet in Nucleus paraventicularis und Nukleus supraopticus. Im Hypophysenhinterlappen wird das Hormon zu seiner aktiven Form gespalten und in die Blutbahn freigesetzt, wo es seine verschiedenen Effekte entfalten kann: Der auch als „Kuschelhormon“ bekannte Botenstoff hat primär eine soziale Komponente, stärkt also die Bindung zwischen Stillender und Kind, führt aber auch zur Stressreduktion und wirkt sedativ. Oxytocin spielt zudem bei der sexuellen Erregung eine Rolle, weswegen viele Menschen durch Stimulation der Brustwarzen erregt werden können.
So groß ist die soziale Bedeutung von Oxytocin
Aktuelle Studien weisen darauf hin, dass bei Varianten des Autismus – einer Störung der Kontaktfähigkeit, verbunden mit der gedanklichen Isolation – eine Mutation des Oxytocin-Rezeptor-Gens korreliert!
Stillen
Darüber hinaus sorgt Oxytocin für den Milcheinschuss (Milchspenderreflex), indem es glatte Muskulatur zum kontrahieren bringt. Dies gilt für die Muskeln der Milchdrüse selbst, aber auch für die Muskulatur um die Brustwarze herum, wodurch sie aufgestellt wird. Des weiteren wird bei der Stimulation auch Prolaktin gebildet, ein Hormon, dass vom Hypophysenvorderlappen ausgeschüttet wird. Prolaktin fördert die Milchbildung in den Milchdrüsen (Laktogenese), sodass nach der Stimulation vermehrt Milch produziert wird.
Brustwarze – Beschwerden und Erkrankungen
Klinisch kann die Brustwarze ein Hinweis auf verschiedene Erkrankungen sein. Veränderungen in Form, Farbe oder Ausfluss können auf pathologische Prozesse hinweisen und sollten ärztlich untersucht werden.
Galaktorrhoe
Die Galaktorrhö bezeichnet den unnatürliche Ausfluss von Milch oder milchähnlicher Flüssigkeit aus der Brustwarze. Sie kann einseitig oder beidseitig auftreten und kommt geschlechtsunabhängig vor. Eine genaue Abklärung der Ursache ist notwendig, um eine gezielte Behandlung einzuleiten. Die wichtigsten Differentialdiagnosen bei Galaktorrhoe sind:
- Physiologische Ursachen (Schwangerschaft, Stillzeit, nächtliche Prolaktinschwankungen, übermäßiger Stress oder Sport)
- Tumore (Prolaktinom oder Mischformen)
- starke Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion, negative Rückkopplung der Hypophysenhormone)
- Entzündungen im ZNS
- Traumata
- Medikamente, wie Neuroleptika und Antidepressiva
Grundsätzlich sollte man bei Galaktorrhöe immer ein Mammakarzinom ausschließen!
Mastitis
Mastitis ist eine Entzündung des Brustdrüsengewebes, die häufig bei stillenden Frauen auftritt (Mastitis puerperalis), aber auch bei Nicht-Stillenden vorkommen kann (Mastitis non-puerperalis). Sie wird oft durch Bakterien verursacht, meist Staphylococcus aureus, die über kleine Risse oder Verletzungen an der Brustwarze in die Brust eindringen. Diese Verletzungen entstehen häufig durch das Stillen oder andere mechanische Reize. Symptome umfassen Rötung, Schwellung, Schmerzen und manchmal Fieber. Eine unbehandelte Mastitis kann zu einem Abszess führen. Die Behandlung erfolgt meist durch Antibiotika und fortgesetztes Stillen oder Abpumpen, um den Milchstau zu lösen.
Brustkrebs
Brustkrebs, medizinisch als Mammakarzinom bezeichnet, ist eine der häufigsten Krebserkrankungen. Im Zusammenhang mit der Brustwarze können verschiedene Symptome auftreten, die auf das Vorliegen einer Erkrankung hinweisen. Dazu gehören:
- Veränderungen der Brustwarze: Dies kann Rötung, Schwellung, Entzündung oder die Entwicklung einer sogenannten „schuppigen“ oder „verkrusteten“ Haut um die Brustwarze umfassen.
- Austritt von Flüssigkeit: Ein unnatürlicher Ausfluss aus der Brustwarze, der blutig oder klar sein kann, ist ebenfalls ein häufiges Zeichen.
- Veränderungen in der Form oder der Position der Brustwarze: Eine Rückzug der Brustwarze oder asymmetrische Veränderungen können ebenfalls auf ein zugrunde liegendes Problem hinweisen.
Ein Mammakarziom kann auch aus dem Gewebe der Brustwarze entstehen. Dieses bezeichnet man als Paget-Syndrom oder Paget-Karzinom.
Häufige Fragen
- Wie sieht eine gesunde Brustwarze aus?
- Was sind die Punkte auf der Brustwarze?
- Woher kommt eine dritte Brustwarze?
- Was bedeutet Sekret aus der Brustwarze?
Eine gesunde Brustwarze hat eine gleichmäßige Form und Farbe, die von hell- bis dunkelbraun variieren kann, abhängig von der Hautfarbe der Person. Sie sollte keine Risse, Schwellungen oder sichtbaren Entzündungen aufweisen und sich in der Regel leicht aufrichten, wenn sie stimuliert wird. Außerdem ist ein klarer, geruchloser Ausfluss aus der Brustwarze in der Regel unbedenklich, während ungewöhnliche Veränderungen oder Blutungen ärztlich abgeklärt werden sollten.
Die Punkte auf der Brustwarze sind die Öffnungen der Milchgänge, durch die Muttermilch während des Stillens austritt. Zusätzlich befinden sich dort die Montgomery-Drüsen, die Talg produzieren, um die Haut der Brustwarze geschmeidig zu halten und vor Austrocknung zu schützen. Diese Punkte sind völlig normal und können in Anzahl und Größe variieren, abhängig von der individuellen Anatomie.
Eine dritte Brustwarze, auch als Supernumerary Nipple oder Zwischennippel bezeichnet, entsteht durch eine abnormale Entwicklung der Brustdrüsen während der Embryonalentwicklung. In der Regel sind Brustwarzen im Wesentlichen Überbleibsel der Entwicklung, bei der sich bei der Bildung des Milchleistenbereichs im frühen Stadium der Schwangerschaft zusätzliche Brustdrüsen oder -warzen bilden können. Diese zusätzlichen Brustwarzen können an verschiedenen Stellen des Körpers auftreten, häufig entlang der sogenannten Milchlinie, die sich von der Achselhöhle bis zur Leiste erstreckt. Während sie in der Regel harmlos sind, können sie manchmal eine Vielzahl von Formen und Größen annehmen und müssen nur dann behandelt werden, wenn sie Beschwerden verursachen oder kosmetische Bedenken hervorrufen.
Sekret aus der Brustwarze kann auf verschiedene Ursachen hinweisen, abhängig von der Art und dem Zeitpunkt des Ausflusses. Bei stillenden Müttern handelt es sich häufig um Muttermilch, während ein klarer, geruchloser Ausfluss in anderen Phasen in der Regel unbedenklich ist. Blutiger oder eitriger Ausfluss kann jedoch auf ernsthafte Probleme wie Infektionen oder Tumore hinweisen und sollte ärztlich abgeklärt werden.
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