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Calcitonin zählt zu den wesentlichen Steuerungselementen des Calciumhaushaltes. Zeitgleich beeinflusst es zahlreiche weitere Prozesse im Körper. Dieser Artikel fasst die wichtigsten Effekte des Calcitonins zusammen und erläutert dabei dessen Rolle im Rahmen der Diagnostik bei Krebserkrankungen.
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Calcitonin – Definition
Das Hormon Calcitonin entstammt den sogenannten C-Zellen. Diese liegen als Zellansammlungen zwischen den hormonbildenden Follikeln in der Schilddrüse. Eine alternative Bezeichnung der C-Zellen lautet daher „Parafollikuläre Zellen“.
Im Hinblick auf ihre Effekte haben die Parafollikulären Zellen, die sich durch eine Einwanderung in der Embryonalphase in das Schilddrüsengewebe hinein verlagern, jedoch nichts mit der Schilddrüse gemeinsam und beeinflussen auch nicht deren Hormonproduktion.
Vielmehr stehen sie in Wechselbeziehung mit den Nebenschilddrüsen, die der Schilddrüse angelagert sind und Parathormon synthetisieren. Calcitonin und Parathormon haben gegenläufige Effekte im Hinblick auf die Calcium- und Phosphatspiegel im Körper. Ein ausgewogenes Verhältnis der beiden Hormone ist essenziell für einen gesunden Knochenaufbau und eine regelrechte Nierenfunktion.
Calcitonin – Wirkung und Funktion
Calcitonin hemmt die Aktivität der knochen-abbauenden Osteoklasten und fördert parallel die Aufnahme von Calcium (alternative Schreibweise: Kalzium) aus dem Blut in die Knochenmatrix. Darüber hinaus unterdrückt es die Rückresorption von Calcium aus den ableitenden Nierenkanälchen und sowie die Calciumaufnahme im Darm. Gemeinsam bewirken diese Effekte ein Absinken des Blutcalciumspiegels. Steigen die Calciumwerte im Blut an, so setzen die C-Zellen mehr Calcitonin frei, um die Ausscheidung des Calciums und dessen Verschiebung in den Knochen weiter zu steigern, bis die Werte wieder in einen angemessenen Bereich abgesunken sind. Weiterhin fördern Nierenfunktionsstörungen und hohe Spiegel von Gastrin (ein Hormon aus dem Verdauungstrakt) im Blut die Synthese von Calcitonin.
Bei einer Krebserkrankung der C-Zellen, dem „Medullären Schilddrüsenkarzinom“, kommt es zu einer Überproduktion von Calcitonin. In diesem Fall kann das Hormon gemeinsam mit einem niedrigen oder erniedrigten Calciumspiegel im Blut, einer Hypokalzämie, hinweisend auf den Tumor sein. Ausgeprägte Hypokalzämien sind allerdings selten zu beobachten, da die Niere ihre Ausscheidungsleistung an die Calciumspiegel anpassen kann und somit dazu beiträgt, diese trotz leichter Abweichungen der Calcitoninwerte konstant zu halten.
Wegen seiner knochenstärkenden Wirkung kann Calcitonin zur Therapie mancher Knochenkrankheiten eingesetzt werden.
Calcitonin als Botenstoff für Calcium und Phosphat
Calcitonin ist nicht nur einer der wichtigsten Regulatoren des Calciumstoffwechsels. Auch der Phosphathaushalt wird wesentlich durch die Calcitoninspiegel beeinflusst, denn Calcitonin unterstützt die Ausscheidung von Phosphat durch die Niere. Phosphat ist ein wichtiges Element der Knochenmatrix und zudem am Aufbau der Zellen und an der DNA-Synthese beteiligt. Zu hohe Phosphatwerte können allerdings die Entstehung einer Arteriosklerose begünstigen und damit insbesondere das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Dieser Entwicklung beugt die Calcitonin-bedingte Phosphatausschleusung vor.
Herz-Kreislauf-System
Auf das Herz-Kreislauf-System nimmt Calcitonin vor allem indirekt Einfluss durch die Veränderung der Calciumspiegel im Blut. Sinken diese ab, so verlängert sich die Zeit der Erregung des Herzmuskels. Dies kann das Auftreten von Herzrhythmusstörungen begünstigen. Da Calcium die Pumpkraft des Herzens fördert und somit den Blutdruck steigert, kann ein niedriger Calciumspiegel im Blut als Folge der Calcitonineffekte zu einer Absenkung der Blutdruckwerte beitragen.
Zentrales Nervensystem
Über Calcitonin-Rezeptoren kann das Hormon die Schmerzweiterleitung im Zentralen Nervensystem günstig beeinflussen. Studien zu chronischen Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule konnten in diesem Zusammenhang eine Schmerzreduktion unter Calcitoningabe aufzeigen. Insbesondere bei zugrunde liegenden Erkrankungen mit einem erhöhten Umsatz der Knochenstruktur kann eine verbesserte Calciumversorgung des Knochens dessen Stabilität erhöhen und somit ebenfalls schmerzlindernd wirken.
Glatte Muskulatur
Glatte Muskelzellen in den Blutgefäßen und anderen Geweben reagieren vorrangig auf die Calciumspiegel im Blut. Dabei bewirken niedrige Calciumwerte, die aus einer erhöhten Calcitoninfreisetzung resultieren können, eine Störung der Kontraktionen dieser Muskeln. Dies kann sich etwa durch eine Verlangsamung der Magen-Darm-Passage und eine inadäquate Zugabe der Verdauungssäfte zum Speisebrei äußern. In der Folge sind sowohl Verstopfung als auch Durchfälle durch die unzureichenden Verdauungsprozesse zu beobachten.
Mobilisierung von Energiereserven
Direkte Einflüsse von Calcitonin auf die körpereigenen Energiereserven sind bisher nicht beschrieben. Eine verringerte Herz- und Muskelarbeit unter niedrigem Blutcalciumspiegel geht jedoch mit einem reduzierten Energieverbrauch einher. Somit hat Calcitonin einen indirekten energiesparenden Effekt.
Sonstige Effekte
Weitere direkte Effekte von Calcitonin sind nicht eindeutig untersucht. Dies begründet sich unter anderem dadurch, dass es ein inhaltlich mit Calcitonin verwandtes Peptid gibt, das derzeit im Fokus der Forschung steht. Dieses sogenannte Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP) entstammt dem selben Gen. Es hat jedoch völlig andere Effekte als das Calcitonin und sollte daher nicht mit diesem verwechselt werden.
Calcitonin – Abbau
Calcium besitzt nur eine sehr kurze Halbwertszeit von wenigen Minuten. Die Ausscheidung des Hormons erfolgt vorrangig über die Harnwege.
Häufige Fragen
- Was ist die Wirkung von Calcitonin?
- Was erhöht den Calcitonin-Spiegel?
- Was passiert, wenn der Körper zu viel Calcitonin hat?
- Wann wird Calcitonin ausgeschüttet?
In erster Linie bewirkt Calcitonin eine Reduktion des Calciumspiegels im Blut. Dies erfolgt über mehrere Wege. Einerseits fördert es die Calciumaufnahme in den Knochen und reduziert zeitgleich den Knochenabbau. Außerdem fördert es die Calciumausscheidung (und gleichzeitig die von Phosphat) über die Harnwege und hemmt die Rückresorption von Calcium in der Niere. Zuletzt hemmt es die Aufnahme von Calcium aus der Nahrung.
Sobald die Calciumspiegel im Blut ansteigen, wird die Calcitoninfreisetzung durch die C-Zellen im Inneren der Schilddrüse gesteigert. In der Folge werden die Clacium-senkenden Mechanismen aktiviert und die Blutspiegel normalisieren sich.
Durch die Beeinflussung der Verdauungsorgane kann ein überhöhter Clacitoninspiegel Durchfälle auslösen. Darüber hinaus würde ein Überschuss an Calcitonin, der beispielsweise durch eine Krebserkrankung der C-Zellen oder durch einen endokrinen Tumor verursacht sein kann, ohne Kompensationsmechanismen zu einer Verringerung der Calciumspiegel im Blut führen. Die Folgen wären eine massive Überlastung der Harnwege und des Knochenstoffwechsels, Verdauungsstörungen und Herz-Rhythmus-Störungen. Zumeist kann die Niere die Calciumausscheidung jedoch anpassen und die Blutspiegel stabil halten. Ein C-Zell-Karzinom äußert sich daher vorrangig durch die lokale Verdrängung von Nachbarstrukturen der Schilddrüse.
Calcitonin wird bedarfsadaptiert synthetisiert und ausgeschüttet. Je höher der Calciumwert im Blut steigt, desto mehr Hormon setzen die C-Zellen frei, um diesen wieder zu normalisieren. Bei einer gestörten Nierenfunktion ist die Calciumausscheidung häufig eingeschränkt, sodass für den gleichen Effekt höhere Calcitoninspiegel erforderlich sind.
- Bidlingmaier, M., Calcitonin. In: Lexikon der medizinischen Laboratoriumsdiagnostik (Springer, 2. Auflage, 2013)
- Herold, G. et al., Kalzium. In: Innere Medizin. (Herold Verlag, Ausgabe 2025)