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Bis zum Cannon-Böhm-Punkt innerviert der Nervus vagus die Organe des Menschen. Der Punkt liegt in einem bestimmten Bereich des Colons. Danach übernehmen andere Nerven die parasympathische Innervation des Darms und der inneren Organe. Der folgende Artikel beschäftigt sich detailliert mit der Anatomie des Umschlagpunkts und geht auf dessen klinische Relevanz ein.
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Cannon-Böhm-Punkt – Definition
Der Cannon-Böhm-Punkt beschreibt eher ein theoretisches Areal als einen makroskopisch nachweisbaren Punkt. Er bildet eine ungefähre Grenze im Bereich des mittleren und linken Drittels des Colon transversum. An dieser Stelle endet die parasympathische Innervation des Nervus vagus und die Nervi splanchnici pelvici übernehmen diese Aufgabe. In Realität überlappen sich die beiden Innervationsgebiete allerdings stark, sodass beinahe von einer Doppelinnervation gesprochen werden kann.
Cannon-Böhm-Punkt – Anatomie
Embryologisch betrachtet findet sich der Umschlagspunkt während der Darmentwicklung etwas hinter der Grenze zwischen dem Mitteldarm und Hinterdarm. Der Mitteldarm entwickelt sich zu den proximalen zwei Dritteln des Colon transversum, während der Hinterdarm das distale Drittel bildet. Der Cannon-Böhm-Punkt findet sich beim Erwachsenen also ungefähr in der Nähe des distalen Drittels des Colon transversum. In den Lehrbüchern wird er oft in die Nähe der Flexura coli sinistra gelegt, dem Übergang vom Colon transversum zum Colon descendens.
Verlauf des Nervus vagus
Der Nervus vagus innerviert über seinen Truncus vagalis anterior und posterior parasympathisch den Bauchraum bis zur Flexura coli sinistra. Der Truncus vagalis anterior zieht durch den Hiatus oesophageus in den Bauchraum zur Vorderseite des Magens. Dort gibt er die Rami gastrici anteriores zur Magenvorderseite ab, während die Rami hepatici die Leber und den Pylorus innervieren. Der Truncus vagalis posterior zieht weiter in den Bauchraum, ebenfalls durch den Hiatus oesophageus, allerdings auf die Magenhinterseite. Er verläuft durch die sympathischen Ganglia coeliaca, sowie das Ganglion mesentericum superius und inferius, wobei in den Ganglien keine Umschaltung erfolgt. An der Magenrückseite gibt er die Rami gastrici posteriores ab, mit den Rami coeliaci zieht er zum Plexus coeliacus. Die Rami renales führen zum Plexus renalis.
Der Plexus coeliacus versorgt als Nervengeflecht die Oberbauchorgane. Er liegt um den Truncus coeliacus, die Arteriae phrenicae inferiores, die Arteria mesenterica superior und die Arteriae renales. Der Plexus renalis besteht aus sympathischen und parasympathischen Fasern, die die Niere innervieren.
Verlauf der Nervi splanchnici pelvici
Die Nervi splanchnici pelvici sind die einzigen parasympathischen Nervi splanchnici des Menschen. Sie entspringen dem ersten Neuron der Seitenhörner in den Rückenmarkssegmenten S2 bis S4 und schalten im Verlauf auf ihr zweites Neuron in den Ganglien des Plexus hypogastricus inferior um. Sie ziehen danach zu den nachgeschalteten Plexus, zum Beispiel den Plexus vesicalus oder den Plexus rectalis.
Ihre Hauptaufgabe liegt in der Steuerung der Defäkation, der Miktion und der Genitalfunktion. Zu letzterem zählt unter anderem die Erektion.
Cannon-Böhm-Punkt – Klinik
Klinisch relevant ist der Cannon-Böhm-Punkt vor allem beim metastasierten Kolonkarzinom. Wie oben beschrieben befindet sich der Punkt etwa an der Stelle, wo der Mitteldarm embryologisch in den Hinterdarm übergeht. Der Anteil des Dickdarms, welcher proximal des Umschlagpunktes, also aus dem Mitteldarm entstanden ist, wird über die Arteria mesenterica superior versorgt. Der Teil hinter dem Cannon-Böhm-Punkt, welcher aus dem Hinterdarm entstammt, wird von der Arteria mesenterica inferior versorgt. Diese Unterscheidung ist für die lymphogene Metastasierung relevant. Der Umschlagpunkt dient demnach als Orientierung für die Lokalisation des Kolonkarzinoms. Durch die Metastasen in den entsprechenden Lymphknoten kann der Ursprungsort vermutet werden.
Im Bereich des Umschlagpunktes liegt außerdem die sogenannte Riolan-Anastomose. Darunter versteht man eine inkonstant vorkommende Anastomose von zwei Gefäßen. Genauer gesagt bildet sich hierbei die Verbindung der Arteria colica media, welche aus der Arteria mesenterica superior entspringt, mit der Arteria colica sinistra aus der Arteria mesenterica inferior. Die Anastomose wird neben anderen im Rahmen von Kolonresektionen genutzt, um eine Kollateralversorgung zu ermöglichen. Außerdem spielt sie ebenfalls eine Rolle in der Metastasierung bei Karzinomen.
Die Drummond-Anastomose beschreibt eine Gefäßarkade, welche die darmnah gelegenen Äste der Kolonartererien miteinander verbindet. Damit stellt auch sie eine Verbindung der Arteria mesenterica superior und inferior dar. Drummond-Anastomose
- Schünke M et. al., Prometheus LernAtlas der Anatomie (Innere Organe), 5. Auflage, Thieme
- Vegetatives Nervensystem, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 25.10.2024)
- Zäkum und Kolon, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 25.10.2024)
- Kolorektales Karzinom, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 25.10.2024)