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Ein wesentlicher Bestandteil von Chromosomen ist das Chromatin. Die meterlange DNA muss in kleinste Einheiten verpackt werden, was die Aufgabe des Chromatins ist. Der Artikel beschreibt ausführlich den Aufbau und die Funktion davon und geht übersichtsweise auf die verschiedenen Formen ein.
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Chromatin – Definition
Chromatin beschreibt das gesamte basisch anfärbbare Material im Zellkern. Der Wortursprung liegt im Griechischen (chroma = Farbe). Es ist definiert als Komplex aus der DNA (Desoxyribonukleinsäure) und mit allen ihren assoziieren Proteinen, den Histon- und Nicht-Histonproteinen.
Ferner gehören zum Chromatin die Nukleosomen und Spacer-DNA, sowie die RNA (Ribonukleinsäure) im Zellkern. Dazu zählen etwa die hnRNA oder snRNA.
Chromatin – Funktion und Aufbau
Die grundlegende Aufgabe von Chromatin ist die Verdichtung und die Organisation der DNA, damit diese nicht ungeordnet vorkommt. Dabei beeinflusst sie gleichzeitig die Genregulation, also welche Gene wie stark umgesetzt werden.
Chromatin besitzt eine Grundstruktur aus repetitiven, sich wiederholenden Einheiten, den sogenannten Nukleosomen.
Nukleosomen
In ihrer einzelnen Struktur stellt ein Nukleosom einen Komplex aus der DNA mit etwa 150 Basenpaaren in Verbindung mit dem Histonoctamer dar. Ein Histonoctamer ist dabei ein Proteinkomplex, der aus acht Proteinen, jeweils ein Paar der vier Kernhistone, aufgebaut ist. Dieses Histonoctamer bildet einen Kern im Nukleosom, um den sich die DNA flach und linksgängig windet.
Kürzere DNA-Abschnitte mit einer Länge von etwa 50 bis 60 Basenpaaren verbinden die einzelnen Nukleosomen untereinander, weshalb sie als Linker- oder Verbindungs-DNA bezeichnet werden. Beide Anteile, Nukleosomen und Linker-DNA, bilden gemeinsam den Nukleosomenstrang.
Außen an den Nukleosomen befindet sich das Histonprotein H1. An dieses bindet jeweils die Linker-DNA und kann somit zwei Nukleosomen miteinander verknüpfen.
Verpackung des menschlichen Genoms
Das gesamte menschliche Genom liegt in Chromatinform im Zellkern. Wie beschrieben ist die Grundstruktur des Chromatins die Anordnung in Nukleosomen mit der Verbindung über Linker-DNA. Die genauen Prozesse der weiteren Verpackung im Zellkern ist noch nicht abschließend geklärt und momentan noch Bestandteil der Forschung.
Klar ist allerdings, dass bei physiologischem Salzgehalt sogenannte 30nm-Fasern (Solenoid) entstehen. Dafür faltet sich die Nukleosomenkette linksgängig zu einer Helix. Anschließend bewirken weitere Nicht-Histonproteine wie Cohesin und Topoisomerasen die Verdichtung des Chromatins, was als Kondensationsdichte bezeichnet wird.
Nicht-Histonproteine stellen den Proteinanteil der Chromatin bildenden Proteine dar, die nicht basisch sind. Bei den basischen handelt es sich um die Histone. Sie beteiligen sich vermutlich an der Stabilisierung der Chromatine höherer Ordnung. Zu ihnen zählen etwa Enzyme der Histonmodifikation und DNA-Synthese, sowie Transkriptionsfaktoren und high mobility group proteins, kurz HMG-Proteine.Nicht-Histonproteine
Diese Verdichtung ist besonders in der Metaphase der Mitose gut zu erkennen, teilweise sogar unter dem Lichtmikroskop. Bei jedem Schritt der Kondensation verändern weitere Proteine und Modifikationen das Chromatin. Schlussendlich wickelt es sich zum Chromosom auf. An dieser Stelle ist die DNA etwa 10.000 Mal kondensierter als am Anfang in Form der DNA-Doppelhelix.
Chromatin – Subtypen und Sonderformen
Chromatin kann in zwei Formen vorkommen, zum einen als Heterochromatin, zum anderen als Euchromatin. Sie unterscheiden sich in ihrem Aufbau und damit auch in ihrer Funktion und beeinflussen damit die Genregulation und Genexpression. Dabei ist der grundlegende Unterschied der Kondensierungsgrad.
Heterochromatin
Heterochromatin ist sehr dicht gepackt und enthält damit die “inaktive” DNA. Durch die dichte Verpackung können die Prozesse der Transkription, durch die Proteine entstehen, nicht ablaufen, da sie an keiner Stelle direkt an die DNA gelangen. Innerhalb dieser Form unterscheidet man zusätzlich zwischen konstitutivem und fakultativem Heterochromatin.
Konstitutives Heterochromatin ist beständig und verändert sich nicht. Es besteht aus nicht-codierenden, sich wiederholenden DNA-Sequenzen. Das bedeutet, dass die dort vorhandenen Abschnitte keine Informationen für Proteine besitzen. Auch in Interphase-Zellkernen, wo sich die Zelle auf die Mitose vorbereitet, liegt es kondensiert vor. Zu finden ist es vorwiegend in der Nähe von Zentromer und Telomer.
Das fakultative Heterochromatin kann entweder verpackt als Heterochromatin oder entpackt als Euchromatin vorliegen. Auf diesen Abschnitten liegen codierende Informationen vor. Ein Beispiel dafür ist eins der beiden X-Chromosomen im weiblichen Organismus, das fakultativ inaktiv vorliegt (Barr-Körperchen).
Euchromatin
Die Verpackungsdichte von Euchromatin ist deutlich lockerer. Es enthält “aktive” DNA, da die Trankskription hier stattfinden kann. Während der Interphase ist es sichtbar, im Gegensatz zum Heterochromatin.
Barr-Körperchen
Das Barr-Körperchen ist eine Sonderform des Heterochromatins. Hintergrund ist die Lyon-Hypothese, laut der in den Zellen der weiblichen Organismen ein X-Chromosom inaktiviert vorliegt. Die Inaktivierung vollziehen regulatorische RNAs auf der Ebene der Transkription, die sogenannten Xist-RNAs, kurz für x-inactive specific transcription. Das ist notwendig, da sonst eine Frau gegenüber einem Mann doppelt so viele Genprodukte des Chromosoms hätte.
Das ausgeschaltete Chromosom wird zufällig gewählt, bei allen Tochterzellen ist jedoch immer dasselbe X-Chromosom inaktiviert. Der Vorgang findet deshalb schon sehr früh in der Embryonalentwicklung statt, am 12. bis 16. Tag.
Ein ähnlicher Vorgang findet an den segmentkernigen Leukozyten statt. Sie bilden sogenannte Drumsticks aus, die trommelschlägige Verformungen des Kerns bezeichnen und das inaktive X-Chromosom enthalten.
- Löffler/Petrides, Biochemie und Pathobiochemie, 10. Auflage, Springer
- Aufbau von DNA und RNA, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 14.08.2024)
- Humangenetik (Vorklinik), https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 14.08.2024)