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Die Diploevenen sind venöse Gefäße, die innerhalb der Diploe verlaufen. Sie verbinden das intrakranielle Venensystem mit den extrakraniellen Venen der Kopfhaut. Dadurch ermöglichen sie einen alternativen Abflussweg für venöses Blut und spielen eine Rolle beim Druckausgleich innerhalb des Schädels. Aufgrund ihrer klappenlosen Struktur können sie jedoch auch eine Ausbreitungsroute für Infektionen darstellen. Die Anatomie, Funktion und klinische Bedeutung der Diploevenen sind Thema dieses Artikels.
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Diploevenen – Definition
Die Diploevenen sind venöse Blutgefäße, die sich innerhalb der Diploe befinden. Die Diploe beschreibt die spongiöse Knochenschicht des Schädels. Anders als viele Venen besitzen sie keine Venenklappen, was einen freien Blutfluss in beide Richtungen (bidirektional) ermöglicht. Durch ihre Verbindung mit den oberflächlichen Kopfvenen und den venösen Hirnsinus übernehmen sie eine wichtige Funktion im venösen Kreislauf des Schädels.
Diploevenen – Anatomie und Verlauf
Die Diploevenen verlaufen in der Diploe zwischen der äußeren (Tabula externa) und inneren Kompakta (Tabula interna) der Schädelknochen. Sie ziehen durch feine Kanäle im Knochen und stehen über zahlreiche Anastomosen mit dem intrakraniellen und extrakraniellen Venensystem in Verbindung.
Dadurch sind die Diploevenen eng mit den Emissarvenen verknüpft. Diese Gefäße verlaufen durch kleine Schädelöffnungen und verbinden als Kommunikationswege das äußere Venensystem der Kopfhaut mit den venösen Hirnsinus.
Hauptvenen
Die vier größten Diploevenen verlaufen in verschiedenen Bereichen des Schädeldachs und sind nach ihrer anatomischen Lage benannt.
Die Vena diploica frontalis erstreckt sich innerhalb des Stirnbeins und drainiert das venöse Blut in die Vena supraorbitalis sowie in die Venae emissariae frontales.
Im Bereich des vorderen Schläfenbeins befindet sich die Vena diploica temporalis anterior, die eine Verbindung zur Vena temporalis superficialis herstellt.
Weiter posterior verläuft die Vena diploica temporalis posterior, die ihr Blut in die Vena emissaria mastoidea, die Vena occipitalis und die Sinus durae matris ableitet.
Die vierte große Diploeväne, die Vena diploica occipitalis, liegt im Hinterhauptbein und drainiert in die Vena emissaria occipitalis, den Sinus occipitalis, sowie in tiefere Nackenvenen.
Verbindungen
Die Diploevenen stehen über Anastomosen mit mehreren venösen Gefäßsystemen in Kontakt. Eine besonders enge Beziehung besteht zu den Emissarvenen, die eine direkte Verbindung zwischen den oberflächlichen Kopfvenen und den Sinusvenen herstellen. Auch die meningealen Venen, die Blut aus der Dura mater ableiten, stehen mit den Diploevenen in Verbindung und tragen zum intrakraniellen Blutfluss bei. Zusätzlich bestehen Verbindungen zu den oberflächlichen Venen der Kopfhaut. Dazu zählen die Vena temporalis superficialis und die Vena occipitalis, wodurch sich alternative Drainagewege für das venöse Blut ergeben.
Rolle in der Thermoregulation
Aufgrund ihrer direkten Verbindung zu den Emissarvenen und den Sinusvenen tragen die Diploevenen auch zur Thermoregulation des Gehirns bei. Durch die enge Verknüpfung mit den oberflächlichen Kopfvenen kann Wärme aus dem venösen Blut der Kopfhaut ins Schädelinnere transportiert werden, was eine Stabilisierung der Gehirntemperatur unterstützt.
Diploevenen – Klinik
Da die Diploevenen keine Venenklappen besitzen, ermöglichen sie einen bidirektionalen Blutfluss, wodurch sich Infektionen leichter ausbreiten können. Besonders gefährlich ist dies im Zusammenhang mit der sogenannten “gefährlichen Zone” des Gesichts, die sich im Bereich der Nasenwurzel und des oberen Lippenbereichs befindet. Infektionen, wie beispielsweise Furunkel oder Abszesse in dieser Region, können sich über die Venae faciales und die Emissarvenen in das Diploevensystem ausbreiten und bis zu den Sinus durae matris gelangen. Dies kann zu schweren Komplikationen wie einer Sinusvenenthrombose oder Meningitis führen.
Bedeutung bei traumatischen Hirnverletzungen
Durch ihre Lage innerhalb der Schädelknochen können die Diploevenen bei Schädel-Hirn-Traumata verletzt werden. Ein Riss dieser Venen kann bei Schädelverletzungen venöse Blutungen verursachen. Diese können sich in seltenen Fällen als epidurale oder subdurale Hämatome manifestieren. In seltenen Fällen können Diploevenenblutungen mit Subduralhämatomen assoziiert sein, insbesondere wenn es zu begleitenden Verletzungen der Dura mater kommt.
Radiologische und chirurgische Relevanz
In der bildgebenden Diagnostik können erweiterte Diploevenen Hinweise auf intrakranielle Druckveränderungen oder venöse Abflussstörungen geben. Als diagnostisches Mittel steht insbesondere die MR-Phlebographie im Fokus.
Bei neurochirurgischen Eingriffen am Schädel, insbesondere bei Kraniotomien oder Tumorresektionen, müssen die Diploevenen und ihre Verbindungen zu den Emissarvenen beachtet werden, um ungewollte Blutungen oder die Ausbreitung von Infektionen zu vermeiden.
- Aust G et. al., Duale Reihe Anatomie (Thieme, 6. Auflage, 2024)
- Schünke M et. al., Prometheus LernAtlas der Anatomie, Kopf, Hals und Neuroanatomie (Thieme, 5. Auflage, 2018)
- Meningen, Liquorräume und Blut-Hirn-Schranke, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 11.03.2025)