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Mit ihren rötlichen Granula stechen eosinophile Granulozyten im Blutausstrich hervor. Sie sind wichtiger Bestandteil der Immunabwehr, doch in welchem Bereich genau? Diese Frage und die histologischen Merkmale des Subtyps sind Thema des folgenden Artikels.
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Eosinophile Granulozyten – Definition
Einen Teil der Granulozyten bilden die eosinophilen Granulozyten. Sie machen etwa ein bis drei Prozent der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) aus und sind damit Teil des unspezifischen Immunsystems. In ihrem Zytoplasma befinden sich rötlich gefärbte Granula. Diese Färbung gibt den Eosinophilen ihren Namen. Eosinophil bezeichnet Zellbestandteile, die sich durch Eosin, einen Farbstoff, histologisch anfärben lassen. An seinem Synonym “azidophil” lässt sich erkennen, dass Eosin an basische Strukturen bindet, was in diesem Fall die basischen Proteine der Granula sind.
Eosinophile Granulozyten – Histologie und Morphologie
Eosinophile Granulozyten sind zwischen 12 und 17 Mikrometer groß und liegen damit noch vor den basophilen Granulozyten. Wie bei den neutrophilen Granulozyten und den Basophilen ist der Zellkern segmentiert, typischerweise zweigelappt mit einer Brillenform.
Durch die rötlich-orange angefärbten Granula stechen sie im Blutausstrich hervor. Außerdem sind sie größer als die zahlreich vorhandenen Erythrozyten. Die Granula beinhalten folgende Stoffe:
- Zytotoxische Substanzen: beispielsweise Major Basic Protein (MBP)
- proinflammatorische Substanzen: zum Beispiel Interleukine (IL-3, IL-5, IL-8), Leukotriene und Chemokine
Zytotoxisch ist eine Eigenschaft einer Zelle, einer Substanz oder eines Virus. Es bedeutet, dass die Zellen von ebendiesen Mechanismen geschädigt oder zerstört werden kann. Zytotoxische T-Zellen sind ein Beispiel der Immunzellen.Was bedeutet zytotoxisch?
Wie die anderen Granulozyten entwickeln sie sich im Rahmen der Granulopoese, Bestandteil der Hämatopoese, aus oligopotenten Stammzellen, woraus sich uni- und bipotente Stammzellen bilden. Aus diesen zellkoloniebildenden Stammzellen (colony-forming units, CFU) entsteht der eosinophile Myeloblast, der sich zum reifen eosinophilen Granulozyten differenziert.
Eosinophile halten sich vorwiegend im Magen-Darm-Trakt (Gastrointestinal-Trakt, GI-Trakt) auf, unter Ausschluss des Ösophagus. Nur ein kleiner Teil zirkuliert frei im Blut.
Eosinophile Granulozyten – Funktion und Physiologie
Eosinophile Granulozyten übernehmen im Immunsystem zwei wichtige Funktionen. Einerseits steuern sie die allergische Reaktion, andererseits wehren sie Parasiten und Würmer ab und sind bei Virusreaktionen und Entzündungsreaktionen beteiligt. Die Prozesse der Parasitenabwehr sind noch nicht endgültig geklärt und Bestandteil aktueller Forschung.
Grundlage dieser Funktionen bilden die zytotoxischen Inhaltsstoffe der Granula. Das Major Basic Protein (MBP) wirkt toxisch gegen Würmer (Helminthen) und hat Anteil an der allergischen Reaktion vom Soforttyp. Dafür regt es Mastzellen über Immunglobin E (IgE) an, die wiederum Histamin freisetzen.
Neben dem MBP gibt es das eosinophile kationische Protein (ECP). Es ist eine Ribonuklease, die ihre Wirkung gegen Parasiten entfaltet. Ein weitere Rolle spielt die eosinophile Peroxidase, die zytotoxisch auf Bakterien und körpereigene Zellen wirkt. Außerdem ist in den Granula das eosinophil-derived Neurotoxin (EDN) enthalten, ein stark zytotoxisches Glykoprotein.
Durch IgE-Antikörper werden Eosinophile zum Infektionsort chemotaktisch angelockt und zur Freigabe der Granula (Degranulation) gebracht. Diese Aktivierung kontrolliert beispielsweise Interleukin 5 (IL-5), welches von aktiven T-Helferzellen ausgeschüttet wird und die Granulopoese im Knochenmark steigert.
Neben den Wirkungen der Granula sind die eosinophilen Granulozyten zur Phagozytose befähigt. Das heißt, sie können die Erreger aufnehmen und in der Zelle abtöten.
Eosinophile Granulozyten – Klinik
Im Differentialblutbild befinden sich etwa 50 bis 250 Zellen pro Mikroliter Blut. Ist diese Zahl erhöht, spricht man von einer Eosinophilie, ist sie vermindert, von einer Eosinopenie.
Die Eosinopenie kann durch die ohnehin schon niedrige Zellanzahl nur schwer quantifiziert werden und ist diagnostisch deshalb von geringer Bedeutung. Dennoch können verschiedene Ursachen eine Verminderung der Zellzahl hervorrufen. Dazu zählen akute Phasen einer Infektion, etwa bei Typhus, erhöhte Glukokortikoid-Spiegel durch Morbus Cushing oder eine Sepsis. Meistens wird stressbedingt vermehrt ACTH abgegeben und die Glucokortikoidausschüttung stimuliert. Diese hemmen allerdings die Freisetzung von eosinophilen Granulozyten aus dem Knochenmark.
Eine Eosinophilie liegt bei einer Zellzahl von über 250 Zellen pro Mikroliter oder einem Anteil von über sechs Prozent an den Leukozyten vor. Sie kann durch Allergien, parasitäre Erkrankungen, Neoplastischen Erkrankungen wie der chronisch myeloischen Leukämie oder Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lymphomen bedingt sein.
Leitfaden Eosinophilie
Da eine dauerhaft erhöhte Anzahl der Eosinophilen zu Organschäden führen können, ist eine diagnostische Abklärung teilweise notwendig. Therapeutisches Ziel ist die Schädigung an sich oder ihr Fortschreiten zu vermeiden. Ätiologisch unterscheidet man eine primäre Eosinophilie von einer sekundären. Ursachen für eine primäre Störung ist beispielsweise die klonale Proliferation einer hämatopoetischen Stammzelle, das heißt, dass sich die Stammzellen für die Granulopoese verstärkt teilen, wodurch primär mehr Zellen entstehen.
Sekundäre oder reaktive Eosinophilie wird verursacht durch Allergien, Infektionen, Neoplasien, Autoimmunerkrankungen oder Medikamente und genetische Erkrankungen. Diese Aufzählung ist keineswegs vollständig an dieser Stelle.
Pathophysiologisch beeinflussen IL-5, IL-3 gemeinsam mit dem GM-colony stimulating facor die Aktivierung der Eosinophilen. Durch die vermehrte Aktivität setzen sie so mehr der in den Granula enthaltenen inflammatorische (entzündungsfördernde) Mediatoren frei, die im Endeffekt zu Organschäden führen.
Symptomatisch tritt die B-Symptomatik mit Fieber, Nachtschweiß und plötzlichem Gewichtsverlust auf. Die weiteren Symptome sind sehr variabel und richten sich je nach betroffenem Organ und dem Ausmaß der Infiltration. Die Lunge kann Zeichen von Asthma bronchiale und Dyspnoe aufweisen, während bei betroffenem Herzen eine Symptomatik der Herzinsuffizienz möglich ist. Auch der Magen-Darm-Trakt, die Haut und das periphere und zentrale Nervensystem kann betroffen sein.
Das grundlegende Prinzip zur Therapie der primären Eosinophilie setzt an der Grunderkrankung an. Es wird zudem versucht, Patienten und Patientinnen in aktuelle klinische Studien einzuschließen.
Churg-Strauss-Syndrom
Das Churg-Strauss-Syndrom beschreibt eine eosinophile Granulomatose. Das ist eine entzündliche Erkankung, die sich durch Granulome, kleine knötchenartige Zellansammlungen zeigt. Diese geht mit einer Polyangiitis einher. Das bedeutet, mehrere Blutgefäße sind entzündet. Außerdem ist die Erkrankung nekrotisierend, die Zellen sterben also ab und lassen Nekrosen (abgestorbenes Gewebe) zurück.
Die Entstehung des Syndroms ist unbekannt, es ist jedoch eine Eosinophilie auffällig. Die Eosinophilen infiltrieren die Organe regelrecht. Vor allem in der Lunge zeigen sich als Leitsymptom schwere allergische Asthmaanfälle, aber auch das Herz kann beteiligt sein. Es kommt zu einer Herzmuskelentzündung (Myokarditis) oder der Entzündung der Koronargefäße. Weiterhin ist eine Beteiligung der Nerven und der Haut denkbar.
- Unspezifisches Immunsystem, https://next.amboss.com/de/article/660jNS, (Abrufdatum: 05.07.2024)
- Grundlagen der Hämatologie, https://next.amboss.com/de/article/ln0vtg, (Abrufdatum: 05.07.2024)
- Leitfaden Eosinophilie, https://next.amboss.com/de/article/Hr0Kih, (Abrufdatum: 05.07.2024)
- Vaskulitiden, https://next.amboss.com/de/article/fT0kJ2, (Abrufdatum: 05.07.2024)