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Follikel sind prinzipiell kleine Bläschen, doch in den Eierstöcken der Frau haben sie eine ganz besondere Rolle: In ihnen kann die Eizelle reifen und gedeihen und somit auf eine erfolgreiche Befruchtung vorbereitet werden. Welche Stadien es dabei gibt und wie sich die Follikel im Reifeprozess verändern, erklärt dieser Artikel.
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Was sind Follikel?
Der Begriff “Follikel” stammt aus der mikroskopischen Anatomie und beschreibt im Allgemeinen eine bläschenförmige Hohlraumstruktur. Solche Strukturen findet man an diversen Stellen im menschlichen Körper; dieser Artikel beschäftigt sich jedoch explizit mit den Follikeln der Eierstöcke (=Ovarialfollikel).
Ovarialfollikel stellen eine Einheit aus der Eizelle (=Oozyte) sowie den umgebenden Zellen dar, welche unter anderem für die Ernährung zuständig sind. Hierzu gehören:
- Follikelepithelzellen (Granulosazellen)
- Theca interna
- Theca externa
Mehr zu den verschiedenen Zellarten und in welchem Follikelstadium sie auftreten, gibt es jeweils in den nachfolgenden Abschnitten.
Unterschied Follikel - Eizelle
Eizelle und Follikel sind keine Synonyme! Die Eizelle (=Oozyte) stellt die weibliche Keimzelle dar, also jene Zelle, die nach der Befruchtung für die Entstehung des Embryos sorgt. Der Follikel hingegen ist eine anatomisch-funktionelle Struktur des Eierstocks. Innerhalb des Follikels kann die Eizelle geschützt heranwachsen.
Eine wichtige Funktion der Granulosazellen besteht in der Produktion des Hormons Östradiol. Östradiol sorgt unter anderem für den monatlichen Aufbau der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) und für die Verflüssigung des Sekrets im Gebärmutterhals. Außerdem gibt der hormonelle Spiegel im Blut der Hypophyse darüber Feedback, in welchem Reifestadium sich die Follikel im Ovar befinden. Somit kann zum richtigen Zeitpunkt die Freisetzung des luteinisierenden Hormons (LH) erfolgen, was den Eisprung auslöst.
Follikel – Reifung und Stadien
Der Reifungsprozess der Follikel wird insgesamt als “Follikulogenese” bezeichnet. Die Follikel entwickeln sich dabei über verschiedene Stadien hinweg, angefangen beim Primordialfollikel. Angetrieben wird dieser Prozess durch das Follikel stimulierende Hormon (FSH). Nach der Menstruationsblutung schüttet die Hypophyse FSH aus, was die Follikel in ihrem Wachstum anregt.
Mit jedem Zyklus reifen zunächst mehrere Follikel heran. Allerdings besitzt einer davon einen Vorsprung und wird zum sogenannten “dominanten Follikel”, welcher schließlich “springt”. Alle anderen Follikel bilden sich zurück. Mit jedem Reifestadium gehen bestimmte Änderungen der Zellzusammensetzung und des Aussehens einher.
Follikelstadium | Größe | Charakteristische Eigenschaften |
Primordialfollikel | 40 μm |
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Primärfollikel | 200 μm |
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Sekundärfollikel | 300 μm |
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Tertiärfollikel | 1 cm |
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Graaf-Follikel | 2 cm |
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Primordialfollikel
Primordialfollikel entstehen bereits vor der Geburt aus primären Eizellen. Sie befinden sich als ruhender Vorrat in der Randzone der Ovarien und weisen eine Größe von rund 40 Mikrometern auf. Sie bestehen lediglich aus einer Keimzelle und einer einzigen Schicht von Follikelepithelzellen. Charakteristisch ist außerdem ein deutlich sichtbarer Nukleolus unter dem Mikroskop.
Primärfollikel
Die nächste Reifestufe stellen die Primärfollikel dar. Diese sind schon rund fünf Mal so groß wie ihre Vorgänger, nämlich ungefähr 200 Mikrometer. Das umgebende Epithel ist nun iso- bis hochprismatisch. Zwischen der Zellmembran der Eizelle (=Oolemm) und den Follikelepithelzellen befindet sich außerdem eine Membran, die Zona pellucida (“Glashaut”). Bei der Zona pellucida handelt es sich um eine Glykoproteinschicht, die aus den Zona-pellucida-Proteinen (ZP1 bis ZP4) besteht. Die Zona pellucida wird mit fortschreitender Reife zunehmend dicker und spielt eine wichtige Rolle bei der Befruchtung.
Sekundärfollikel
Sekundärfollikel weisen eine Größe von circa 300 Mikrometer auf. Die Follikelepithelzellen aus der primären Stufe haben sich nun aufgrund der Stimulation durch Gonadotropine (LH und FSH) zu Granulosazellen weiterentwickelt. Hiervon gibt es bis zu fünf Schichten, die insgesamt das Stratum granulosum bilden.
Anti-Müller-Hormon
In den Granulosazellen der heranwachsenden Follikel wird das Anti-Müller-Hormon (AMH) produziert. Da jeder Follikel in der Regel eine Oozyte enthält, besteht ein direkter Zusammenhang zwischen dem AMH-Spiegel und der Anzahl an reifungsfähigen Eizellen. Somit ist der Spiegel ein Anhaltspunkt für die Follikelreserve bei Kinderwunsch.
Um das Stratum granulosum herum entstehen außerdem Bindegewebszellen und bilden die Theca folliculi. Getrennt sind Theca- und Granulosaschicht durch eine Basalmembran. Diese wiederum stellt gleichzeitig eine Grenze für die Blutversorgung dar. Das Follikelepithel ist dementsprechend avaskulär.
Die im Sekundärfollikel befindliche Eizelle vergrößert sich des Weiteren durch die Aufnahme von Proteinen und die Ansammlung von Fetten. Beim Übergang in die tertiäre Stufe bilden sich zudem Spalträume im Stratum granulosum. Diese sind mit einer klaren Flüssigkeit gefüllt, welche reich an Hyaluronsäure ist: der Liquor follicularis.
Tertiärfollikel
Die mit Liquor gefüllte Spalträume verschmelzen schließlich im Tertiärfollikel zu einem einzigen großen Hohlraum, auch bezeichnet als “Follikelhöhle” oder “Antrum folliculi”. Das Antrum ist von mehreren Schichten an Epithelzellen ausgekleidet. Die Oozyte bleibt an einem Pol der Follikelhöhle und ist ebenfalls mit Epithelzellen umhüllt.
Die Theca folliculi hat sich in diesem Stadium des Follikels weiter differenziert. Es sind nun zwei Zellschichten voneinander abgrenzbar:
- Theca interna (innen)
- Theca externa (außen)
Die Theca externa ist eher faserreich und beinhaltet muskelähnliche Zellen. Dahingegen enthält die innere Thecazellschicht viele Zellen und Gefäße und ist endokrin aktiv. Sie bildet Androgene, hormonelle Vorstufen der Östrogene.
Um den siebten Tag des Zyklus herum ist der Tertiärfollikel vollständig ausgebildet und weist eine Größe von einem Zentimeter auf.
Graaf-Follikel
Der dominante und sprungreife Follikel, welcher sich gegenüber allen anderen Mitstreitern durchgesetzt hat, wird als Graaf-Follikel bezeichnet. Er stellt das Endstadium des Reifeprozesses dar und weist eine Größe von rund zwei Zentimetern auf. Spezifische Kennzeichen des Graaf-Follikels sind eine große Follikelhöhle sowie der Eihügel (Cumulus oophorus) mit der Eizelle. Der Cumulus ist noch mit dem auskleidenden Epithel der Follikelhöhle verbunden und ragt (zusammen mit der in ihm enthaltenen Eizelle) in das Antrum.
Die Oozyte ist nach wie vor von der Zona pellucida umgeben. Daran angrenzend befindet sich eine dicht gepackte Schicht an Follikelepithelzellen, die die kranzförmige Corona radiata ausbilden. Um die Corona radiata herum ist das Follikelepithel eher locker angeordnet (Bildung des Cumulus oophorus).
Insgesamt ist die gesamte Follikelhöhle mit Follikelepithel ausgekleidet und wird von der Theca folliculi umgeben. Mit der Zeit löst sich die Eizelle vom Eihügel und schwimmt frei im Liquor herum.
Wie viele Ovulationen hat eine Frau in ihrem Leben?
Im gesamten Leben einer Frau reifen nur rund 400 Follikel bis zur Endstufe des Graaf-Follikels heran und vollführen den Eisprung. Alle anderen Follikel sterben vor der Sprungreife ab.
Ovulation (Eisprung)
Am Zyklustag Nummer 14 rupturiert die Wand des Graaf-Follikels, da unter anderem der Druck im Inneren durch zunehmende Flüssigkeitsproduktion immer weiter ansteigt. Auch die Kapsel des Ovars und das umgebende Peritoneum reißen mit ein, sodass die Eizelle zunächst in den Intraperitonealraum gelangt. Zu diesem Zeitpunkt ist sie noch immer von der Zona pellucida und der Corona radiata umgeben. Anschließend wird die Oozyte vom Fimbrientrichter der Tuba uterina aufgenommen und in Richtung Uterus transportiert. Sie ist nun bereit für die Befruchtung durch ein Spermium.
Extrauteringravidität
Erfolgt die Einnistung der befruchteten Eizelle außerhalb des Uterus, zum Beispiel in Peritoneum, Eileiter, Eierstock oder Zervix, kommt es zur sogenannten Extrauteringravidität. Am häufigsten erfolgt eine Einnistung in den Eileiter. Durch dessen Aufweitung und Reizung kann es in der Folge zu starken intraabdominellen Blutungen kommen, die potentiell lebensgefährlich sind.
Nach dem Eisprung entwickeln sich die zurückgebliebenen Reste des Follikels (Granulosazellen und Thecaschicht) zum Gelbkörper (=Corpus luteum). Das Corpus luteum produziert Progesteron, was zusammen mit Östrogenen für die Vorbereitung des Endometriums auf die Einnistung der Eizelle sorgt. War die Befruchtung erfolgreich und hat sich die befruchtete Eizelle eingenistet, kommt es zur Produktion des Hormons hCG (humanes Choriongonadotropin). hCG stimuliert den Gelbkörper weiter. Somit wird das Endometrium aufrechterhalten. Erfolgt keine Einnistung, bildet sich das Corpus luteum zurück und es kommt zur Abtragung des Endometriums (Menstruationsblutung).
Follikel – Rolle für Schwangerschaft und Fruchtbarkeit
Eine natürliche Befruchtung der Eizelle und damit eine Schwangerschaft sind nur möglich, wenn die Follikelreifung auf korrektem Wege mit einem anschließenden Eisprung erfolgt ist. Um den Zustand des Eizellvorrats in den Ovarien abzuschätzen, lässt sich die sogenannte “ovarielle Reserve” bestimmen.
Ovarielle Reserve
Die ovarielle Reserve der Frau nimmt mit zunehmenden Alter rapide ab, wodurch auch die Chance auf eine Schwangerschaft sinkt. Ist der Eizellvorrat vollständig erschöpft, kommt es zur Menopause.
Die Abhängigkeit der ovariellen Reserve vom Alter der Frau zeigt die anschließende Tabelle.
Zeitpunkt | Follikelzahl |
Fötus im Mutterleib | 6 – 7 Millionen |
Geburt | 1 – 2 Millionen |
Beginn Pubertät | 500.000 |
30 Jahre | 100.000 – 150.000 |
50 Jahre | 0 |
Diese Zahlen stellen jedoch nur grobe Orientierungswerte dar. Möchte man die Reserve genauer abschätzen, lassen sich zum einen hormonelle Tests, zum Beispiel von AMH, FSH, LH und Östradiol, durchführen. Zum anderen kann auch eine Ultraschalluntersuchung zur Follikelzählung verwendet werden.
Follikelzahl mit Ultraschall messen
Die Messung der Follikelzahl mit Hilfe eines transvaginalen Ultraschalls stellt aktuell die aussagekräftigste Methode zur Einschätzung der ovariellen Reserve dar. Hierbei werden auf dem Ultraschallbild (zwischen dem zweiten und fünften Zyklustag) die Follikel beider Eierstöcke gezählt, die eine Größe zwischen zwei und zehn Millimeter aufweisen. Die daraus resultierende Zahl entspricht dem “antral follicle count” (AFC). Ein AFC von ungefähr 13 wird in der Regel als “gut” eingeschätzt.
Follikelpunktion und künstliche Befruchtung
Ist die Eizellreserve der Frau erschöpft, beispielsweise aufgrund des fortgeschrittenen Alters, oder gibt es andere Gründe, weshalb der Kinderwunsch auf natürlichem Wege nicht erfüllt werden kann, gibt es noch die Möglichkeit der künstlichen Befruchtung. Für die Befruchtung der Eizelle außerhalb des weiblichen Körpers muss zunächst eine Eizelle aus einem reifen Follikel entnommen werden. Diesen Vorgang bezeichnet man als “Follikelpunktion”. Der Eingriff erfolgt in der Regel unter Vollnarkose und wird per Ultraschall koordiniert. Eventuell hat außerdem zuvor eine hormonelle Stimulationstherapie zur Förderung der Follikelreifung stattgefunden.
Nach der Follikelpunktion stehen verschiedene Verfahren der künstlichen Befruchtung zur Verfügung. Die am häufigsten eingesetzten sind:
- IVF (In-vitro-fertilisation)
- ICSI (Intrazytoplasmatische Spermieninjektion)
Eine IVF bietet sich vor allem an, wenn der Transport der Eizelle durch die Tuben gestört ist. Die entnommene Eizelle wird mit den Spermien des Mannes vermischt und nach der Befruchtung wieder in den Uterus der Frau transportiert.
Für die ICSI erfolgt die Gewinnung der Eizelle analog der IVF. Allerdings wird nach der Entnahme das Spermium direkt in das Zellplasma der Eizelle injiziert. Dieses Verfahren bietet den Vorteil, dass auch bei gewissen männlichen Fertilitätsstörungen (z. B. unbewegliche Spermien) eine Befruchtung erreicht werden kann.
Häufige Fragen
- Kann man mit einem Follikel schwanger werden?
- Ist in jedem Follikel ein Ei?
- Wann bildet sich ein Follikel?
- Was ist der Unterschied zwischen Follikel und Eizelle?
- Wann sieht man Follikel im Ultraschall?
- Hat jede Frau Follikel?
Ja, man kann mit einem Follikel schwanger werden. Während eines Menstruationszyklus reift in der Regel mindestens ein Follikel in einem der Eierstöcke, der eine Eizelle enthält. Wenn dieser Follikel die Eizelle während der Ovulation freisetzt und diese Eizelle anschließend von einem Spermium befruchtet wird, kann eine Schwangerschaft entstehen. Daher ist die Anwesenheit eines reifen Follikels eine grundlegende Voraussetzung für die Möglichkeit einer natürlichen Schwangerschaft.
Ja, in jedem reifen Follikel befindet sich typischerweise eine Eizelle. Die Follikel sind Strukturen in den Eierstöcken, die die Eizellen umgeben, schützen und ernähren, während sie auf ihre Reifung warten. Während des Menstruationszyklus wird normalerweise ein dominanter Follikel ausgewählt, der reift und schließlich die Eizelle während der Ovulation freisetzt. Nicht jeder Follikel erreicht jedoch diese letzte Reifestufe, die zur Freisetzung einer Eizelle führt.
Follikel beginnen sich während des Menstruationszyklus einer Frau zu bilden und reifen in der Follikelphase, die am ersten Tag der Menstruation startet und bis zur Ovulation andauert. Diese Phase dauert im Durchschnitt etwa 14 Tage, kann aber individuell variieren. Während dieser Zeit stimuliert das Follikel stimulierende Hormon (FSH) das Wachstum mehrerer Follikel, von denen normalerweise nur einer (der dominante Follikel oder Graaf-Follikel) vollständig reift und eine Eizelle zur Befruchtung bereitstellt. Die Entwicklung der Follikel ist ein entscheidender Teil des reproduktiven Zyklus einer Frau.
Eizelle und Follikel sind keine Synonyme: Die Eizelle (=Oozyte) stellt die weibliche Keimzelle dar, also jene Zelle, die nach der Befruchtung für die Entstehung des Embryos sorgt. Der Follikel hingegen ist eine anatomisch-funktionelle Struktur des Eierstocks. Innerhalb des Follikels kann die Eizelle geschützt heranwachsen.
Follikel können im Ultraschall bereits in den frühen Phasen ihres Wachstums im Menstruationszyklus einer Frau sichtbar gemacht werden, oft schon ab dem dritten oder vierten Tag des Zyklus. Während der Follikelphase, die bis zur Ovulation andauert, können Ärzte die Entwicklung der Follikel mittels Ultraschall verfolgen, um Größe und Reife zu beurteilen. Der dominante Follikel, der zur Freisetzung einer Eizelle führt, erreicht typischerweise eine Größe von etwa 18 bis 24 Millimetern im Durchmesser, bevor er ovuliert. Diese bildgebende Technik wird häufig in der Fertilitätsbehandlung eingesetzt, um den optimalen Zeitpunkt für die Befruchtung zu bestimmen.
Prinzipiell hat jede gesunde Frau, die sich im reproduktiven Alter befindet, Follikel in ihren Eierstöcken. Ab der Pubertät bis zur Menopause reifen jeden Monat Follikel, wobei normalerweise ein Follikel dominant wird und eine Eizelle für die mögliche Befruchtung freisetzt. Nach der Menopause hört die Follikelreifung und damit die Fähigkeit zur natürlichen Schwangerschaft auf. Krankheiten, die die Ovarien beeinflussen, können jedoch die Anzahl und die Qualität der Follikel sowie den allgemeinen ovulatorischen Zyklus einer Frau beeinträchtigen. Zu diesen Erkrankungen gehören beispielsweise: Polyzystisches Ovar-Syndrom (PCOS), frühzeitige Ovarialinsuffizienz, vorzeitige Menopause und Endometriose.
- Oogenese und Follikelreifung, https://viamedici.thieme.de/... (Abrufdatum: 26.03.2024)
- Ovar (Eierstock), https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 27.03.2024)
- Die ovarielle Reserve, https://www.ivf-nuernberg.de/... (Abrufdatum: 27.03.2024)
- Extrauteringravidität, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 27.03.2024)
- Infertilität und Sterilität der Frau, Reproduktionsmedizin, https://viamedici.thieme.de/... (Abrufdatum: 27.03.2024)