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Es ist der natürliche Computer der Superlative: Mit rund 86 Milliarden Neuronen (Nervenzellen) und ebenso vielen Neuroglia (Gliazellen) ist das menschliche Gehirn die komplizierteste anatomische Struktur, die es gibt. Das Gehirn verändert sich im Laufe des ganzen Lebens und erlaubt es uns, bis ins hohe Alter hinein aktiv zu bleiben und unsere Lernfähigkeit zu behalten. Man kann sich das Gehirn wie eine Art Steuerzentrale vorstellen, deren Hauptaufgabe darin besteht, überlebenswichtige Vorgänge wie die Atmung, das Überleben, die Wahrnehmung und den Schlaf-Wach-Rhythmus zu regulieren. Doch auch komplexe Vorgänge wie Denken und Lernen finden hier statt.
Das Gehirn ist sehr stoffwechselaktiv und somit auf eine hohe Blutzucker- und Sauerstoffzufuhr angewiesen. Da es sich beim menschlichen Gehirn um ein komplexes Gebilde handelt, bleiben viele Fragen rund um die Hirnfunktion dieses Kontrollzentrums nach wie vor unerforscht.
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Anatomie und Aufbau des Gehirns
Das Gehirn befindet sich im Schädel und besteht aus einer rechten und einer linken Hälfte. Die beiden Gehirnhälften sind über einen Balken (Corpus callosum) miteinander verbunden. Das Corpus callosum dient dem Austausch von Informationen zwischen den beiden Gehirnhälften. Das Hirn kann in vier verschiedene funktionelle Bereiche eingeteilt werden: Großhirn, Kleinhirn, Zwischenhirn und Hirnstamm.
Das Gehirn wird durch die Schädelknochen und durch die drei Schichten der Hirnhaut (Dura mater, Arachnoidea und Pia mater) geschützt. Die Dura mater ist die äußere Schicht, die eine barriereähnliche Funktion hat, um das Gehirn vor äußeren Verletzungen zu schützen. Die Arachnoidea und die Pia mater sind weichere Schichten, die das Gehirn umhüllen und Nährstoffe und Sauerstoff liefern.
Die folgenden Abschnitte in diesem Artikel erklären alles genauer über die jeweiligen Hirnregionen, aus denen das Gehirn besteht.
Großhirn
Das Großhirn (Cerebrum) wird auch als Telencephalon bezeichnet. Es nimmt rund 80 Prozent der gesamten Hirnmasse ein und bildet den vordersten Bereich des menschlichen Gehirns. Zum Großhirn gehört die Großhirnrinde, der sogenannte Kortex. Mit ihren Furchen und Windungen ähnelt die Großhirnrinde einer Walnuss. Hier befinden sich 19 bis 23 Milliarden Gehirnzellen, die die sogenannte graue Substanz (Substantia grisea) ausmachen.
Der innere Teil des Großhirns, der vom Kortex umgeben ist, wird als weiße Substanz (Substantia alba) bezeichnet. Die Großhirnrinde hat eine Dicke von zwei bis fünf Millimetern und besteht aus einer äußeren Schicht (Isocortex oder Neocortex) und einer inneren Schicht (Allocortex). Der Isocortex selbst hat sechs Schichten und macht rund 90 Prozent der gesamten Hirnrinde des Großhirns aus.
Die Großhirnrinde besteht aus Nervenzellen und sogenannten Gliazellen, die den Raum zwischen den Nervenzellen und den Blutgefäßen ausfüllen. Die Nervenzellen verfügen über Fortsätze (Axone), die die weiße Substanz ausmachen. Dank dieser Axone ist die lokale ebenso wie die überregionale Vernetzung der Gehirnzellen möglich. Das Großhirn dient als Steuerzentrale der Motorik, wobei die rechte Hälfte die Abläufe der linken Hälfte kontrolliert und umgekehrt.
Regionen des Großhirns des Menschen
Jede Gehirnhälfte des Großhirns ist in vier Bereiche eingeteilt: Frontallappen, Parietallappen, Temporallappen, Okzipitallappen. Jeder dieser Bereiche hat eine andere Funktion.
Der Frontallappen (Stirnlappen) befindet sich im vorderen Bereich des Großhirns. Er kontrolliert die Bewegungen und führt kognitive Prozesse aus. Zudem gilt der Frontallappen als Sitz der Persönlichkeit und des Sozialverhaltens.
Der Parietallappen (Scheitellappen) ist ein primär sensorisches Rindenfeld und ist für somatosensorische Funktionen zuständig. Das bedeutet, dass hier haptische Informationen und Reize verarbeitet werden.
Im Temporallappen (Schläfenlappen) befindet sich das Sprachzentrum, das für das Verständnis und die Verarbeitung von Sprache eine wichtige Rolle spielt. Der mittlere Teil des Temporallappens enthält den Hippocampus, der für das Gedächtnis von größter Bedeutung ist. Im Hippocampus werden Informationen aus dem Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis überführt. Der Temporallappen ist ebenfalls Sitz der Amygdala, die Gefühle reguliert und Gedächtnisinhalte speichert.
Der Okzipitallappen (Hinterhauptlappen) ist der hinterste und auch kleinste der vier Hirnlappen. Er ist das Sehzentrum des Gehirns und verarbeitet visuelle Impulse.
Kleinhirn – Ein Teil des Gehirns
Das Kleinhirn (auch Cerebellum genannt) befindet sich im unteren hinteren Bereich des Schädels. Trotz seiner im Vergleich zum Großhirn wesentlich geringeren Größe enthält das Kleinhirn die meisten Nervenzellen – rund 70 Milliarden. Genau wie das Großhirn verfügt auch das Kleinhirn über eine Hirnrinde. Außerdem ist auch das Cerebellum in eine rechte und eine linke Hälfte geteilt. Durch die Mitte verläuft der Arbor vitae (“Baum des Lebens”), bei dem es sich um die an einen Baum erinnernden Verzweigungen der weißen Substanz handelt.
Die Hauptaufgabe des Kleinhirns besteht darin, Bewegungsabläufe zu steuern und zu koordinieren. So haben wir es beispielsweise dem Kleinhirn zu verdanken, wenn unser Gleichgewicht hergestellt und die Körperhaltung aufrechterhalten wird. Jede Bewegung unseres Körpers wird vom Kleinhirn blitzschnell analysiert. Dann sendet es Signale an das Großhirn, die erklären, mithilfe welcher Muskelkontraktionen das Gleichgewicht wiederhergestellt werden muss.
Zwischenhirn
Das Zwischenhirn (Diencephalon) enthält den Thalamus, den Hypothalamus und die Zirbeldrüse. Es filtert eingehende Informationen, bevor es sie an das Großhirn weiterleitet. Dadurch wird eine Überlastung des Großhirns vermieden.
Der Thalamus beinhaltet graue Substanz und ist für die Sammlung von Sinneswahrnehmungen zuständig, die er an den Parietallappen des Großhirns weiterleitet. Darüber hinaus sortiert der Thalamus die Eindrücke, die wir von unserer Umwelt wahrnehmen.
Der Hypothalamus steuert den Hormonhaushalt und agiert sozusagen als Brücke zwischen Hormon- und Nervensystem. Er übernimmt die Steuerung von Funktionen wie Schlaf-Wach-Rhythmus, Körpertemperatur und Sexualverhalten. Der Hypothalamus ist mit der Hypophyse verbunden, die die Ausschüttung von Hormonen im Körper reguliert. Die Zirbeldrüse stellt das Hormon Melatonin her, das für die Schlaffunktion zuständig ist.
Hirnstamm
Der Hirnstamm (Truncus cerebri) dient als Verbindung zwischen Rückenmark und Großhirn. Er besteht aus dem Mittelhirn (Mesencephalon), der Brücke (Pons) und dem verlängerten Mark (Medulla oblongata). Der Hirnstamm ist für eine Vielzahl überlebenswichtiger Funktionen zuständig. Er koordiniert automatische Abläufe wie die Atmung und den Herzschlag, außerdem kontrolliert er auch Reflexe wie Husten, Harndrang, Erbrechen und Schlucken. Eine Schädigung des Truncus cerebri kann schwerwiegende Folgen haben.
Teil des Gehirns | Aufgabe |
Großhirn | Motorik, Frontallappen: Bewegung, Persönlichkeit, Sozialverhalten; Parietallappen: Somatosensorik; Temporallappen: Sprache, Hippocampus: Gedächtnis, Amygdala:Gefühle; Okzipitallappen: Impulsverarbeitung |
Kleinhirn | Vestibulocerebellum: Gang, Stützmotorik, Augenbewegung, Spinocerebellum: Informationsverarbeitung zur Stellung von Gelenken, Pontocerebellum: Koordination und Feinmotorik |
Zwischenhirn | Informationsfilter; Thalamus: Sinneswahrnehmungen; Hypothalamus: Hormone, Schlaf-Wach-Rhythmus, Körpertemperatur, Sexualverhalten, Hormone; Zirbeldrüse: Melatonin (Schlaffunktion) |
Hirnstamm | Kontrolle automatischer Abläufe (Atmung, Herzschlag, Reflexe) |
Wie funktioniert das Gehirn?
Über die Synapsen tauschen die Gehirnzellen im Kopf untereinander Informationen aus. Als Synapsen werden die Kontaktstellen zwischen den Neuronen bezeichnet. Neurotransmitter (chemische Botenstoffe) übertragen die Informationen. Man geht von rund 100 Milliarden Synapsen im menschlichen Gehirn aus. Statistisch wäre somit jedes Neuron mit 1.000 anderen verbunden und von jedem anderen Neuron aus in nur vier Schritten zu erreichen. In der Realität kommt es jedoch zu deutlichen Abweichungen von dieser statistischen Annahme, da das Muster und nicht die Dichte der neuronalen Verknüpfungen für bestimmte Funktionen ausschlaggebend ist.
Nicht nur die Neuronen sind an der Weitergabe von Informationen beteiligt: Auch die sie umgebenden Gliazellen spielen hierbei eine wichtige Rolle. Sie stellen Nährstoffe bereit und absorbieren verschüttete Neurotransmitter. Rund die Hälfte der gesamten Hirnmasse besteht aus Gliazallen. Die meisten Hirntumoren entstehen an den Gliazellen (man spricht von Gliomen, Oligodendrogliomen oder Glioblastomen).
Bei der Gehirnfunktion spielt die Lateralisation eine wichtige Rolle. Dies bedeutet, dass bestimmte Prozesse bevorzugt in einer der beiden Gehirnhälften des Organismus stattfinden. So ist beispielsweise die linke Gehirnhälfte bei der Sprachproduktion sowie beim Lösen mathematischer Aufgaben ausschlaggebend. Die rechte Gehirnhälfte hingegen dominiert bei der räumlichen Wahrnehmung und der Gesichtserkennung. Das Gehirn erfasst Sinneseindrücke und kombiniert sie auf eine Art und Weise miteinander, die für die jeweilige Aufgabe im Leben sinnvoll ist.
Erkrankungen des Gehirns
Das Gehirn, der Supercomputer, ist zwar durch die Schädelknochen geschützt, aufgrund seiner Empfindlichkeit jedoch auch sehr anfällig für Erkrankungen. Es kann von innen ebenso wie von außen geschädigt werden.
Schlaganfall
Der Schlaganfall ist die am häufigsten auftretende Erkrankung des Gehirns. Schlaganfälle entstehen dadurch, dass eine Region des Gehirns durch den Verschluss eines Hirngefäßes nicht mit ausreichend Sauerstoff versorgt werden kann. Es kommt zu einem Blutgerinnsel oder zu einer Blutung aufgrund eines geplatzten Gefäßes. In den meisten Fällen werden Schlaganfälle durch Herzerkrankungen wie Bluthochdruck oder Arteriosklerose hervorgerufen.
Gehirnerschütterung
Die leichteste Form der Gehirnerkrankung ist die Gehirnerschütterung. Zu den Symptomen zählen Bewusstlosigkeit und Erinnerungslücken.
Parkinson
Parkinson entsteht dadurch, dass bestimmte Hirnzellen im Organ absterben. Es kommt zu einer verminderten Ausschüttung des Botenstoffes Dopamin, was zu einer Störung der Motorik führt. Typisch ist eine unwillkürliche Anspannung der Muskulatur, die sich in den für die Erkrankung typischen Zitterbewegungen offenbart. Die Regulierung der dafür notwendigen Körperfunktionen ist dafür zu beeinträchtigt.
Demenz
Auch die Demenz, die eine Verminderung der kognitiven Leistungen zur Folge hat, entsteht durch Veränderungen im Gehirn. Am weitesten verbreitet ist im Schnitt der Morbus Alzheimer. Es kommt zu Persönlichkeitsveränderungen, die Lernfähigkeit und das abstrakte Denken sind beeinträchtigt.
Gehirntumor
Gehirntumore können in jedem Alter auftreten. Ihre Vielfalt ist sehr groß, sie können gut- ebenso wie bösartig sein. Psychische Veränderungen, Sehstörungen und Kopfschmerzen zählen zu den häufigsten Symptomen.
Hat das Gewicht des Gehirns mit Intelligenz zu tun?
Durchschnittlich wiegt das Gehirn eines Erwachsenen 1,5 Kilo. Man geht davon aus, dass das Gehirn rund 10 Prozent des Körpergewichts ausmachen. Ein Zusammenhang zwischen dem Hirngewicht und der Intelligenz konnte bisher wissenschaftlich nicht eindeutig belegt werden.
Gehirn und Gedächtnis
Die synaptische Plastizität gilt als Grundlage von Gedächtnis und Lernen. Als synaptische Plastizität bezeichnet man die Fähigkeit, Signale zur Übertragung von Informationen zwischen zwei Nervenzellen variieren zu können. Bei der Übertragung von Informationen kann die Synapse mehr oder weniger Botenstoffe ausschütten, um die Stärke der Signale zu regulieren. Im erwachsenen Gehirn werden fortlaufend neue Synapsen gebildet. Dank der synaptischen Plastizität nisten sich Informationen, die oft wiederholt werden, langfristig in der entsprechenden Gehirnregion ein.
Bekanntlich verfügt der Mensch über verschiedene Gedächtnismodelle mit unterschiedlichen Speicherkapazitäten: das Ultrakurzzeitgedächtnis, das Kurzzeitgedächtnis und das Langzeitgedächtnis:
Teil des Gehirns | Aufgabe | Speicherdauer |
Ultrakurzzeitgedächtnis | Sinneseindrücke filtern und speichern (z.B. Weg und Umgebung kennen, obwohl man kurz Augen schließt) | 0,5 bis 2 Sekunden |
Kurzzeitgedächtnis | filtern, was ins Langzeitgedächtnis kommt; geringe Speicherkapazität; Wahl a) Vergessen b) Langzeitgedächtnis | 20 Sekunden bis 1 Stunde |
Langzeitgedächtnis | kurze Abrufdauer, unbegrenzte Speicherkapazität | über 1 Stunde (unbegrenzt) |
Häufige Fragen
- Wie viele Gehirnzellen hat ein Mensch?
- Ist das Gehirn ein Muskel oder ein Organ?
- Was bedeuten Durchblutungsstörungen im Gehirn?
- Wo sitzt im Gehirn das Sprachzentrum?
Ein durchschnittlicher menschlicher Gehirn enthält etwa 86 Milliarden Nervenzellen (Neuronen). Diese Neuronen sind die grundlegenden Bausteine des Nervensystems und verantwortlich für die Übertragung und Verarbeitung von Informationen im Gehirn. Zusätzlich zu den Neuronen gibt es schätzungsweise etwa gleich viele Gliazellen, die als Unterstützungszellen dienen. Sie übernehmen Aufgaben wie die Versorgung der Neuronen mit Nährstoffen, die Aufrechterhaltung der Homöostase und die Isolierung der Nervenzellen durch Myelinscheiden.
Das Gehirn ist kein Muskel, sondern ein Organ. Es gehört zum zentralen Nervensystem und ist eines der komplexesten und wichtigsten Organe des menschlichen Körpers. Es besteht hauptsächlich aus Nervenzellen (Neuronen), Gliazellen und anderen unterstützenden Strukturen. Die weiche, schwammartige Struktur des Gehirns wird durch die graue Substanz (bestehend aus Neuronen) und die weiße Substanz (bestehend aus Axonen, die mit Myelin umhüllt sind) charakterisiert. Obwohl das Gehirn selbst kein Muskel ist, steuert es alle Muskelbewegungen im Körper, indem es Signale über das Rückenmark und die Nervenbahnen sendet.
Durchblutungsstörungen im Gehirn bedeuten, dass das Gehirn nicht ausreichend mit sauerstoff- und nährstoffreichem Blut versorgt wird. Dies kann dazu führen, dass Nervenzellen nicht mehr optimal funktionieren oder bei längerem Sauerstoffmangel sogar absterben. Solche Störungen können verschiedene Ursachen haben, wie verengte oder blockierte Blutgefäße (z. B. durch Arteriosklerose oder Blutgerinnsel), Blutdruckprobleme, Gefäßentzündungen oder Herzrhythmusstörungen. Die Auswirkungen von Durchblutungsstörungen hängen von der Dauer und Schwere der Unterversorgung ab. Akute Durchblutungsstörungen können zu einem Schlaganfall führen, der entweder ischämisch (durch Gefäßverschluss) oder hämorrhagisch (durch eine Blutung) sein kann.
Das Sprachzentrum des Gehirns liegt überwiegend in der linken Gehirnhälfte, vor allem bei Rechtshändern. Es umfasst zwei Hauptbereiche: das Broca-Areal im Frontallappen, zuständig für Sprachproduktion und Grammatik, und das Wernicke-Areal im Temporallappen, verantwortlich für Sprachverständnis. Beide Areale sind durch den Fasciculus arcuatus verbunden, der die Kommunikation zwischen ihnen ermöglicht. Schäden in diesen Bereichen können zu Sprachstörungen wie Broca- oder Wernicke-Aphasie führen.
1. Universität Bielefeld, Wie das Gehirn Sinnesreize kombiniert, https://blogs.uni-bielefeld.de/... (Abrufdatum: 03.02.2023).
2. Braineffect, Die Gedächtnismodelle, https://www.brain-effect.com/... (Abrufdatum: 03.02.2023).
3. Tagesspiegel, Parkinson, https://www.tagesspiegel.de/... (Abrufdatum: 03.02.2023).