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Granulozyten bilden eine Untergruppe der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) und machen ungefähr 45 bis 75 Prozent von ihnen aus. Ihre wichtigste Funktion ist die Bekämpfung von Bakterien, Parasiten und Pilzen im menschlichen Körper. Wie genau sie diese Aufgabe erfüllen und welche Arten von Granulozyten es gibt, wird in diesem Artikel thematisiert.
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Granulozyten – Definition
Granulozyten sind Blutzellen, die zu der Gruppe der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) gehören und somit einen Teil der zellulären Immunantwort bilden. Sie machen mit 45 bis 75 Prozent den größten Teil der Leukozyten im Blut aus.
Granulozyten – Einteilung und Funktion
Granulozyten werden im Knochenmark aus multipotenten Vorläuferzellen gebildet. Sie besitzen die Fähigkeit zur aktiven Fortbewegung im Gewebe und greifen Krankheitserreger an, um sie unschädlich zu machen. Man kann sie nach ihrem mikroskopischen Aussehen und Färbeverhalten in folgende Gruppen unterteilen:
Neutrophile Granulozyten
Bei neutrophilen Granulozyten handelt es sich um kugelförmige Zellen, die in ihrer ausgereiften Form einen charakteristischen Zellkern mit drei bis fünf Segmenten besitzen. Nach dem Aussehen des Zellkerns können sie weiter in stabkernige und segmentkernige neutrophile Granulozyten unterteilt werden. Ihr Zytoplasma enthält verschiedene Arten von sogenannten Granula, die bestimmte Enzyme (wie Hydrolasen, Myeloperoxidasen oder Lysozyme) und andere Stoffe (wie Defensine oder Plasminogenaktivatoren) enthalten. Diese bilden die Grundlage für ihre Wirksamkeit gegen zahlreiche Mikroorganismen.
Nachdem neutrophile Granulozyten im Knochenmark gebildet und anschließend ins Blut abgegeben wurden, zirkulieren sie dort in der Regel für weniger als einen Tag und bewegen sich dann durch die Blutgefäßwände ins Interstitium. Dieser Vorgang wird als Diapedese bezeichnet. Ihre Verteidigungsmechanismen basieren vor allem auf der Phagozytose von Bakterien und anderen Mikroorganismen sowie auf der Freisetzung von antibakteriziden Stoffen aus ihren Granula. Ihre Aktivierung geschieht durch bestimmte, charakteristische Bestandteile von Bakterien und durch Signalstoffe (Zytokine), die von anderen Komponenten des Immunsystems ausgeschüttet werden.
Eosinophile Granulozyten
Eosinophile Granulozyten haben einen aus zwei Segmenten bestehenden Zellkern und zeichnen sich durch zahlreiche intrazelluläre Granula aus. Außerdem enthalten sie basische Proteine, die für ihre charakteristische rötliche Farbe in der sogenannten Pappenheim-Färbung sorgt.
Sie sind mit vielen Vesikeln ausgestattet, die zellschädigende Stoffe wie das Major Basic Protein (MBP) beinhalten und von einem bestimmten Antikörper, dem Immunglobulin E (IgE), zur Ausschüttung dieser Stoffe stimuliert werden können. Auch eosinophile Granulozyten werden von bestimmten Signalstoffen angelockt und sind zur Phagozytose fähig. Zu einer ihrer Hauptaufgaben zählt die Abwehr von Parasiten. Bei allergischen Reaktionen liegt meist einer erhöhte Anzahl der eosinophilen Granulozyten vor (Eosinophilie). Dies liegt daran, dass sie eine wichtige Rolle bei der Steuerung von allergischen Reaktionen spielen.
Eosinophilie bei bestimmten Erkrankungen
Eine erhöhte Anzahl an eosinophilen Granulozyten kann bei einer Vielzahl von Erkrankungen vorkommen. Darunter zählen zum Beispiel eine bestimmte Form des Asthma bronchiale (Eosinophiles Asthma), ein Wurmbefall, bestimmte Hauterkrankungen wie Pemphigus vulgaris oder auch Autoimmunerkrankungen wie die rheumatoide Arthritis.
Basophile Granulozyten
Basophile Granulozyten machen in der Regel den kleinsten Teil der Granulozyten aus. Sie sind ebenfalls mit Vesikeln ausgestattet, die Stoffe wie Histamin, Heparin oder Serotonin enthalten. Die Ausschüttung dieser Stoffe wird mittels IgE-Rezeptoren an der Zelloberfläche koordiniert. Auch sie spielen eine wichtige Rolle bei der Steuerung von allergischen Prozessen, indem sie zum Beispiel mit Mastzellen eine funktionelle Einheit bilden und die Produktion von Immunglobulin E induzieren. Zudem produzieren sie Signalstoffe für eosinophile Granulozyten und sind somit ebenfalls an der Abwehr von Parasiten beteiligt.
Granulozyten – Erkrankungen
Die Unentbehrlichkeit von Granulozyten für das Immunsystem des menschlichen Körpers zeigt sich, wenn deren Anzahl stark reduziert ist. Dieser Zustand, bei dem sie nahezu vollständig im Blut fehlen, wird als Agranulozytose bezeichnet und stellt ein sehr schweres Krankheitsbild dar.
Agranulozytose
Bei einer Agranulozytose kommt es zu einer Verminderung der Granulozyten auf unter 500 Zellen pro Mikroliter Blut. Die häufigste Ursache ist eine Unverträglichkeitsreaktion auf bestimmte Medikamente wie Schmerzmittel (Ibuprofen, Metamizol), Antibiotika (Sulfonamide, Cephalosporine), Antipsychotika (Clozapin) oder Thyreostatika (Thiamazol, Carbimazol).
Als Symptome treten ein schweres generelles Krankheitsgefühl, eine erhöhte Anfälligkeit für bakterielle Infektionen mit Fieber und Schüttelfrost sowie Schleimhautnekrosen im Bereich des Rachens, der Mandeln und der Genitalregion auf. Als typisches klinisches Bild zeigt sich oft eine Dreierkombination aus Fieber, einer Entzündung der Mandeln (Tonsillitis) und dem Auftreten von Aphten im Mundbereich (Stomatitis aphtosa).
Die Therapie besteht im sofortigen Absetzen des auslösenden Medikaments und dem Schutz der Betroffenen vor Infektionen. Bei Bedarf können auch Immunglobuline und Antibiotika gegeben werden. Bei einer angemessen Behandlung erfolgt meist einer Erholung innerhalb von ein bis zwei Wochen.
- Lüllmann-Rauch, Renate: Taschenlehrbuch Histologie, Thieme (Stuttgart: 6. Auflage, 2019)
- Unspezifisches Immunsystem, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 01.06.2024)