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Der Hippocampus ist eine unverzichtbare Struktur im menschlichen Gehirn, die von der Form her an ein Seepferdchen oder sogar eine Biskuitrolle erinnert. Als zentraler Bestandteil des limbischen Systems ist er neben der Regulation von Emotionen und Verhalten auch für Lernprozesse verantwortlich. Momentan wird an diesem Bereich des Gehirns immer noch massiv geforscht, denn hier wurden sogar Stammzellen entdeckt, was für Gehirnzellen eigentlich eine absolute Ausnahme darstellt.
In diesem Artikel soll es um Definition, Anatomie beziehungsweise Histologie sowie Funktion und mögliche Beeinträchtigungen bei Schädigung des Hippocampus gehen.
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Hippocampus – Definition
Der Hippocampus ist eine gekrümmte Struktur im unteren Temporallappen, der sich auf beiden Seiten des Gehirns befindet. Der Name “Hippocampus” stammt dabei aus dem Griechischen und bedeutet “Seepferdchen”, da die Form des Hippocampus an ein Seepferdchen erinnert. Diese Hirnregion stellt eine zentrale Schaltstelle innerhalb des limbischen Systems dar und spielt darüber hinaus eine Schlüsselrolle bei Lern- und Gedächtnisprozessen.
Hippocampus – Aufbau und Topographie
Der Hippocampus befindet sich an der medialen Seite des unteren Temporallappens und bildet hier zudem die Wand des Unterhorns des Seitenventrikels. Nach vorne zur Nase hin trifft man im weiteren Verlauf auf die Amygdala. Er weist vor allem im Querschnitt des Gehirns eine charakteristische, eingerollte Rindenstruktur auf, die man vom Aussehen her wie eine Biskuitrolle beschreiben könnte. Würde man diese wiederum “entrollen”, lässt sich das Gebiet in diverse Unterbereiche aufgliedern.
Am distalen “Schwanzende” (um auf die Seepferdchen-Analogie zurückzugreifen) findet man makroskopisch zehenähnliche Vorwölbungen (“Digitationes hippocampi”), welche dem Hippocampus eine tatzenähnliche Form verleihen. Aufgrund der gezahnten Struktur bezeichnet man dieses distale Stück auch als “Gyrus dentatus”. Direkt daran anschließend befindet sich zudem das Ammonshorn (“Cornu ammonis”). Beide Strukturen werden im engeren Sinne dem Hippocampus zugerechnet. Zusammen mit dem sich anschließenden Subiculum spricht man auch von der “Hippocampusformation” (manche Autoren rechnen der Formation auch noch den gesamten Gyrus parahippocampalis zu, bestehend aus Area entorhinalis und Subiculum).
Adulte Neurogenese
Der Gyrus dentatus ist einer der wenigen Orte im Zentralen Nervensystem, wo man auch noch beim Erwachsenen neuronale Stammzellen nachweisen kann. Somit ist in diesem Bereich auch bei Erwachsenen noch die Neubildung von Neuronen möglich, was definitiv eine Ausnahme innerhalb des Gehirns darstellt.
Verbindungen
Die wichtigsten Zuflüsse (Afferenzen) erreichen den Hippocampus über ein Nervenbündel namens “Tractus perforans”. Der Tractus perforans kommt aus der Area entorhinalis und enthält Impulse aus diversen anderen Hirnbereichen, darunter beispielsweise Riechhirn und Thalamus. Ankunftsstation ist zunächst der Gyrus dentatus, von wo aus die Informationen weiter über Ammonshorn und Subiculum geleitet werden.
Efferenzen vom Hippocampus verlaufen ausgehend vom Subiculum hauptsächlich über den Fornix cerebri, welcher zu den Mamillarkörpern zieht. Auf diesem Weg zweigen zudem weitere Fasern zu anderen Hirnbereichen ab.
Somit bildet der Hippocampus eine wichtige Struktur innerhalb des sogenannten “Papez-Neuronenkreis”. Hierbei handelt es sich um ein theoretisches Konstrukt zur Veranschaulichung der Gedächtnisschleife im limbischen System.
Histologie
Der Hippocampus stellt innerhalb des Großhirns die einzige Struktur mit einem “Archikortex” dar, welcher im Gegensatz zum Neokortex (Großteil der Hirnrinde) aus lediglich drei bis vier Schichten besteht (Neokortex: sechs Schichten).
Der Gyrus dentatus setzt sich aus drei Schichten zusammen. Dies sind von außen nach innen:
- Stratum moleculare: Afferenzen aus Regio entorhinalis
- Stratum granulosum: Körnerzellen
- Stratum plexiforme: Axone der Körnerzellen (=Moosfasern)
Dahingegen kann man das Cornu ammonis histologisch nochmals in vier verschiedene Bereiche unterteilen, die von “CA1” bis “CA4” durchnummeriert werden. Insgesamt besteht das Ammonshorn von außen beginnend aus folgenden vier Schichten:
- Stratum moleculare: Afferenzen aus Regio entorhinalis und Dendriten aus Stratum pyramidale
- Stratum radiatum: Ende der sogenannten “Schaffer-Kollateralen” (von Pyramidenzellen in CA3 zu CA1)
- Stratum pyramidale: Zellkörper von Pyramidenzellen
- Stratum oriens: Korbzellen und Dendriten von Pyramidenzellen
Hippocampus – Aufgaben und Funktion
Eine seiner Hauptfunktionen besteht darin, episodische Erinnerungen zu verarbeiten und zu konsolidieren. Im Klartext bedeutete das, dass durch den Hippocampus Fakten und Ereignisse vom Kurzzeit– ins Langzeitgedächtnis übertragen werden. Somit können zum einen neue Erinnerungen gebildet, zum anderen kann aber auch auf alte Erfahrungen zurückgegriffen werden.
Darüber hinaus spielt der Hippocampus eine wichtige Rolle bei der räumlichen Orientierung und dem Navigationsverhalten. Er hilft dabei, mentale Landkarten der Umgebung zu erstellen und ermöglicht dadurch eine adäquate Orientierung in der Umwelt. Studien konnten zeigen, dass Schäden am Hippocampus zu Beeinträchtigungen der räumlichen Kognition führen können, wie zum Beispiel der Unfähigkeit, sich in einer vertrauten Umgebung zurechtzufinden.
Der Hippocampus ist schließlich auch an der Regulation von Emotionen beteiligt. Dies lässt sich vor allem durch seine Verknüpfung mit dem limbischen System erklären, mit welchem er Informationen und Reize austauscht und somit die emotionale Reaktion mit moduliert.
Hippocampus – Schädigung und Probleme
Führt man sich die vielfältigen und komplexen Funktionen nochmals vor Augen, so wird klar, dass Ausfälle im Bereich des Hippocampus schwere kognitive Beeinträchtigungen nach sich ziehen können. Bei Verlust von Nervenzellen in diesem Gebiet können Informationen nicht mehr vom Kurz- in das Langzeitgedächtnis übertragen werden. Deswegen nimmt man an, dass die charakteristische Störung der Merkfähigkeit bei Patienten/-innen mit der Erkrankung Morbus Alzheimer auf einen Untergang von Neuronen innerhalb des Hippocampus zurückzuführen sind.
Daneben steht der Hippocampus womöglich auch mit weiteren Erkrankungen in Zusammenhang. Beispielsweise gibt es gewisse Formen der Epilepsie, wobei Anfälle durch Spontanentladungen in hippocampalen Neuronen ausgelöst werden. Schließlich vermutet man auch, dass eine Unteraktivität der hiesigen Nervenzellen bei der Entstehung von Schizophrenie eine Rolle spielen könnte.
Häufige Fragen
- Wo liegt der Hippocampus im Gehirn?
- Was ist die Funktion des Hippocampus?
- Was ist eine Hippocampus Atrophie?
Der Hippocampus befindet sich an der medialen Seite des unteren Temporallappens und bildet hier zudem die Wand des Unterhorns des Seitenventrikels.
Der Hippocampus ist zum einen für die Konsolidierung von Gedächtnisinhalten zuständig. Das bedeutet, dass er bei der Übertragung von Informationen aus dem Kurzzeit- in das Langzeitgedächtnis beteiligt ist. Zum anderen vermittelt er auch ein inneres Kartierungs- und Navigationssystem, sorgt also für Orientierung. Schließlich ist er durch seine Verbindung mit dem Limbischen System auch bei der Ausprägung und Regulation von Emotionen involviert.
Bei einer Atrophie kommt es im Allgemeinen zur Rückbildung von Zellen. Geschieht dies mit den Neuronen (Nervenzellen) innerhalb des Hippocampus, so kann es in der Folge zu Störungen der hier angesiedelten Funktionen kommen. Dies ist beispielsweise bei der Alzheimer-Krankheit der Fall, wobei sich Betroffene zum Beispiel durch eine stark reduzierte Merkfähigkeit auszeichnen.
- Trepel M, Neuroanatomie: Struktur und Funktion, Kapitel 9.4.2 Hippocampus, Elsevier, 8. Auflage
- Limbisches System und Gedächtnis, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 03.07.2023)
- Limbisches System, https://viamedici.thieme.de/... (Abrufdatum: 03.07.2023)
- Großhirn, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 03.07.2023)