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Der Begriff Histamin ist vielen Menschen geläufig. Immerhin sind einige verbreitete Erkrankungen auf Histamin-Effekte zurückzuführen und Antihistaminika, die ebendiese Effekte unterbinden, sind rezeptfrei in Apotheken erhältlich.
Dieser Artikel erklärt die Wirkweise von Histamin und stellt die Histaminintoleranz (Histaminunverträglichkeit) mit ihrer Ursache und ihren Symptomen vor.
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Histamin – Definition
Histamin ist ein Hormon, das sowohl im gesamten menschlichen Körper als auch in Nahrungsmitteln vorkommt. Seine Synthese erfolgt durch körpereigene Enzyme und im Rahmen des Stoffwechsels von Mikroorganismen. In beiden Fällen entsteht Histamin dabei aus der Vorläufersubstanz Histidin.
Ein hoher Histamin-Gehalt liegt vor allem in fermentierten, gereiften oder gegorenen Lebensmitteln wie Käse, Hefe, Sauerkraut und Tomaten vor. Fleisch und insbesondere Fisch können bei unsachgemäßer Lagerung und unzureichender Kühlung bereits in kurzer Zeit deutlich erhöhte Histamin-Werte aufweisen. Während sich die natürliche Histamin-Bildung im Körper an den aktuellen Bedarf anpasst, kann ein Verzehr derartiger Nahrungsmittel von leichten klinischen Beschwerden bis hin zu einer Histamin-Vergiftung führen, da das abbauende Enzym Diaminoxidase im Körper nicht ausreicht, um das Überangebot von Histamin zu verarbeiten.
Auch Medikamente wie Opioide (Morphine), Antidepressiva und Schmerzmittel aus der Gruppe der nicht-steroiden Antirheumatika (NSAR) können durch direkte oder indirekte Effekte dazu beitragen, den Histamin-Spiegel im Körper zu erhöhen.
Histamin – Wirkung und Funktion
Histamin fördert entzündliche Prozesse und die Immunreaktion. Seine Ausschüttung erfolgt daher vor allem bei Kontakt mit Krankheitserregern. Gewebe mit einem hohen Histamin-Vorkommen sind unter anderem die Haut und Schleimhäute und dort insbesondere die Mastzellen. Diese spezialisierten Zellen des Immunsystems speichern große Mengen an Histamin in ihrem Inneren, um es im Rahmen der gezielten Abwehrreaktion akut ausschütten zu können. Die Bindung des Hormons an seine Zielrezeptoren auf den Organen und Geweben löst dann eine lokale Reaktion aus.
In manchen Situationen, insbesondere bei der Allergischen Reaktion vom Soforttyp (Typ-1-Allergie), kommt es zu einer regelrechten Überflutung des Körpers mit Histamin und weiteren Entzündungsvermittlern. Die hieraus resultierenden Effekte können so schwerwiegend sein, dass sie einen allergischen Schock bedingen, der ohne sofortige medizinische Intervention tödlich verlaufen kann. Medikamente zur Akutbehandlung sind dabei unter anderem Antihistaminika, die eine weitere Histaminfreisetzung unterbinden.
Herz-Kreislauf-System
Der wichtigste Effekt von Histamin im Herz-Kreislauf-System ist eine Blutdrucksenkung durch Weitung der arteriellen Blutgefäße. Dies dient einer verbesserten Durchblutung am Ort der Histaminfreisetzung. So können die Zellen des Immunsystems und Gerinnungsfaktoren besser in das geschädigte Gewebe eindringen und die benötigte Reaktion einleiten. Dieser Effekt wird dadurch unterstützt, dass Histamin zudem die Durchlässigkeit der Blutgefäßwände in den entsprechenden Regionen des Körpers erhöht. Bei einer schweren allergischen Reaktion gelangt durch die durchlässigen Gefäßwände viel Flüssigkeit in die Umgebung, wodurch es zu starken Schwellungen beispielsweise im Gesicht kommen kann.
Sinkt der Blutdruck deutlich ab, so ist eine kompensatorische Steigerung des Herzschlags erforderlich, um die Durchblutung im Rest des Körpers sicherzustellen. Daher gehört auch eine Erhöhung des Herzschlags zu den Histamin-Effekten.
Zentrales Nervensystem
Als einer der wichtigsten Vermittler im Zentralen Nervensystem beeinflusst Histamin als Neurotransmitter die Effekte der übrigen zentralen Botenstoffe wie Dopamin, Acetylcholin, Serotonin und Noradrenalin. Jedoch sind nicht alle Auswirkungen des Hormons in diesem komplexen System bereits vollständig verstanden.
Bekannt ist, dass Histamin einen wesentlichen Einfluss auf die Entstehung der Reisekrankheit hat. Diese sogenannte Kinetose lässt sich daher gut durch den Einsatz von Antihistaminika abmildern.
Viele aktuelle Forschungsprojekte untersuchen die Wirkung von Histamin auf die Wahrnehmung und Verarbeitung von Schmerz.
Glatte Muskulatur
Neben den beschriebenen Effekten auf die Gefäßwände kann Histamin auch die Blutgefäße der Hirnhäute erweitern und so zur Entstehung von Migräne beitragen. Da der zugehörige Nerv in diesem Fall auch das Gesicht versorgt, breitet sich der Schmerz oft bis in den Gesichtsschädel aus. Nahrungsmittel mit einem hohen Histamin-Gehalt sowie Stress, der die Histamin-Ausschüttung fördert, können entsprechend Trigger für Migräneanfälle sein.
Die Wände der Bronchien ziehen sich unter Einfluss von Histamin zusammen. Diese Bronchokonstriktion ist unter anderem relevant für die Entstehung des allergischen Asthma bronchiale.
Die Ausschüttung von Magensäure unterliegt ebenfalls dem Einfluss von Histamin. Eine Reizmagen-Symptomatik und Sodbrennen können daher durch die Gabe mancher Antihistaminika günstig beeinflusst werden.
Die Histaminintoleranz ist eine nicht-allergische Reaktion auf Histamin, die klinische Symptome wie Bauchschmerzen, Schwellungen und eine gerötete Haut infolge der vermehrten Durchblutung verursacht. Ursachen hierfür sind entweder eine verringerte Aktivität der Histamin-abbauenden Enzyme Diaminooxidase (DAO) sowie Histamin-N-Methyltransferase (HNMT), eine gesteigerte Histamin-Zufuhr über die Ernährung oder eine Förderung der Histamin-Ausschüttung, die durch den Verzehr von Erdbeeren, Schokolade, Zitrusfrüchten oder Nüssen gefördert wird. Histaminintoleranz
Diskutiert wird darüber hinaus eine vermehrte Histamin-Bildung durch Darmbakterien. Die Therapie der Histaminintoleranz erfolgt durch eine Meidung auslösender Lebensmittel und von Stress, durch Einnahme eines synthetischen Enzyms zur Histamin-Spaltung und bei Bedarf die Gabe von Antihistaminika.
Mobilisierung von Energiereserven
Auf die Mobilisierung von Eigenreserven nimmt Histamin nicht direkt Einfluss. Jedoch erfordert die Entzündungsreaktion in der Regel Energie, die aus den Reserven bezogen werden kann. Somit kann Histamin indirekt Einfluss auf den Stoffwechsel nehmen.
Sonstige Effekte
Das Entstehen der Nesselsucht, die sich mit kleinen und stark juckenden Erhabenheiten auf der Haut, den sogenannten Quaddeln, zeigt, ist ebenfalls auf Histamin zurückzuführen. Auslöser für diese häufige Erkrankung sind neben Nahrungsmitteln unter anderem Kälte- oder Wärmereize sowie Kratzen auf der Haut. Die Therapie besteht entsprechend in einer Vermeidung auslösender Situationen und der Einnahme von Antihistaminika, auch in prophylaktischer Anwendung.
Histamin – Abbau
Die Enzyme zum Abbau von Histamin finden sich in vielen Geweben, allen voran in der Leber und der Niere. Die Histamin-Bestandteile scheidet der Körper nach enzymatischer Spaltung mit dem Urin aus.
Häufige Fragen
- Was ist die Wirkung von Histamin?
- Was erhöht den Histamin-Spiegel?
- Was passiert, wenn der Körper zu viel Histamin hat?
- Wann wird Histamin ausgeschüttet?
Histamin regt Entzündungsprozesse an und schafft durch eine Steigerung der Durchblutung und der Gefäßwanddurchlässigkeit die idealen Bedingungen für eine optimale lokale Abwehrreaktion gegen Krankheitserreger.
Der Histaminspiegel erhöht sich durch eine vermehrte Aufnahme von Histamin aus Lebensmitteln, durch einen eingeschränkten Histaminabbau bei einer Störung der abbauenden Enzyme und durch eine Steigerung der Histaminfreisetzung aus den Speicherzellen.
Ein Überschuss an Histamin kann Symptome in vielen Organsystemen verursachen. Neben einem Blutdruckabfall und einem schnellen Puls kann es zu Durchfällen, Atemnot, Schwellungen und Migräneanfällen kommen.
Der wichtigste Trigger für die akute Ausschüttung von Histamin ist eine akute Aktivierung der Histamin-speichernden Mastzellen bei einer Abwehrreaktion oder einer akuten allergischen Reaktion. Das Hormon wird in diesen Fällen akut innerhalb von Sekunden bis Minuten in das umliegende Gewebe und die Blutbahn freigesetzt.
- Claßen, M., Nahrungsmittelunverträglichkeiten bei Kindern und Jugendlichen, In: Gastro-News (Springer Medizin, Ausgabe 05/2024)
- Meißner, T., Rezept gegen Reisekrankheit, In: CME (Springer Medizin, Ausgabe 03/2024)
- Pflock S., Mücke, H. C., Somasundaram, R. et al., Wenn es doch das Zebra ist: Fünf seltene Erkrankungen, die ein Notaufnahmeteam kennen sollte, In: Notfall + Rettungsmedizin (Springer Medizin, Ausgabe 08/2024)
- Storr, M., Neue medikamentöse Option bei Reizdarm, In: MMW Fortschritte der Medizin (Springer Medizin, Ausgabe 02/2024)
- Wörnle, M., Eine Histaminvergiftung nach Thunfischkonsum, In: Notfall + Rettungsmedizin (Springer Medizin, Ausgabe 04/2024)