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Die Hoden sind zentrale Organe des männlichen Fortpflanzungssystems, verantwortlich für die Produktion von Spermien und Testosteron. Trotz ihrer entscheidenden Rolle sind die Hoden anfällig für verschiedene Erkrankungen, darunter Hodenkrebs. Hodenkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei jungen Menschen mit Hoden im Alter zwischen 15 und 35 Jahren und kann, wenn er früh erkannt wird, gut behandelt werden. Dieser Artikel erläutert die Anatomie und Funktion der Hoden, bespricht häufige Erkrankungen wie Hodenkrebs und betont die Bedeutung der Früherkennung und Behandlungsmöglichkeiten.
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Hoden – Definition
Die Hoden (Testikel, Testis oder Orchis) sind die männlichen Keimdrüsen und Hauptorgane des Fortpflanzungssystems. Sie befinden sich im Hodensack (Scrotum) und sind verantwortlich für die Produktion von Spermien und männlichen Geschlechtshormonen, insbesondere Testosteron. Diese Funktionen sind essenziell für die Fortpflanzung und die Entwicklung männlicher sekundärer Geschlechtsmerkmale.
Hoden – Aufbau und Anatomie
In seiner Größe und Form ähnelt der Hoden in etwa einer Pflaume (Maße 5 mal 3 mal 2 cm), die in einer Kapsel aus straffem Bindegewebe (Tunica albuginea) liegt. Ein mittlerer Hoden umfasst ein Volumen von 20 bis 25 ml und erreicht seine Maximalgröße etwa im vierten Lebensjahrzehnt. Beide Testikel liegen außerhalb der Peritonealhöhle im Hodensack (Skrotum) und können unterschiedlich hoch sein, damit sie sich nicht gegenseitig komprimieren. Umgeben von vielen Hüllen trennt sie eine Scheidewand (Septum scroti) an der medialen Seite (Facies medialis). Die Vorderseite der Keimdrüsen (Margo anterior) ist deutlich schmaler als der hintere Rand (Margo posterior). Man unterscheidet einen oberen und unteren Pol (Extremitas).
Aus der Tunica albuginea reichen Bindegewebssepten in den Testis hinein und teilen sein Parenchym in etwa 350 Läppchen (Lobuli testis). Bei näherer Betrachtung finden sich hier die sogenannten Samen- oder Hodenkanälchen (Tubuli seminiferi contori), die aufgewickelt die Lobuli ausfüllen. Im gestreckten Zustand ist so ein Kanal um die 20 cm lang, im Hoden selbst wird er auf 3 cm gestaucht. Hier findet die Spermienproduktion (Spermatogenese) statt. Zwischen den Kanälen findet sich lockeres Bindegewebe. In diesem liegen die Leydig-Zellen – auch Zwischenzellen genannt.
Decensus testis
Der Hoden entsteht im Bereich der Urniere aus der Genitalleiste. Schon in der 7. bis 8. Entwicklungswoche beginnt seine Wanderung aus der Peritonealhöhle hinaus, durch den Leistenkanal und schließlich in den Hodensack. Das ist wichtig, um die ideale Temperatur für die Reifung der Spermien zu gewährleisten. Die liegt zwischen 34 und 35 Grad Celsius, also etwa 2 Grad unter der Körpertemperatur.
Der weitere Aufbau des Hodens entspricht der Weiterleitung der Spermien, die von außen nach innen erfolgt. Die Tubuli seminiferi contori in den keilförmigen Hodenkanälchen enden in den kurzen Tubuli seminiferi recti, die anschließend in das Rete testis und darüber in etwa 12 Ductuli efferentes testis übergehen. Diese münden schließlich im Nebenhoden (Epididymis), der dem Testikel selbst dorsal aufsitzt.
Gefäßversorgung und Innervation
Die arterielle Versorgung des Hodens erfolgt durch die A. testicularis, die direkt aus der Aorta abdominalis entspringt und retroperitoneal ins Skrotum zieht. Sie bildet Anastomosen mit der A. cremasterica und der A. ductus deferentis. Der Plexus pampiniformis bildet den venösen Abfluss der Testikel und endet in der paarigen V. tesicularis. Diese mündet rechts in die Vena cava inferior und links in die V. renalis.
Klinik: Varikozele
Eine Varikozele ist eine Aufwertung der Venen des Plexus pampiniformis, die bei gestörtem venösen Abfluss auftreten kann. Am häufigsten dafür verantwortlich ist eine Abflussstörung der V. renalis sinistra, die in ihrem Verhältnis zur Aorta abdominalis und der A. mesenterica superior anfällig für Gefäßkompressionen ist (Nussknacker-Syndrom). Auch Thromben, große Harnsteine oder Tumore der Niere können den Abfluss verhindern. Daher kommt die Varikozele fast immer links vor.
Die sympathische Innervation des Testis entstammt dem Plexus coeliacus und verläuft mit den Arterien zum Hoden. Der Parasympathikus führt mit den Nn. splanchnici pelvici Nervenfasern an die Keimdrüsen heran.
Testis – Funktion und Bedeutung
Die Hoden haben zwei Hauptfunktionen, die essenziell für die männliche Fortpflanzung und Gesundheit sind. Erstens produzieren sie Spermien, die männlichen Keimzellen, die über den Samenerguss für die Fortpflanzung notwendig sind. Dieser Prozess, die Spermatogenese, findet in den Samenkanälchen der Hoden statt und wird durch das Hormon Testosteron reguliert. Er dauert mitsamt der Reifung im Nebenhoden etwa 80 Tage. Zweitens sind die Hoden die Hauptquelle für die Produktion von Testosteron, dem wichtigsten männlichen Geschlechtshormon. Testosteron spielt eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung und Aufrechterhaltung männlicher sekundärer Geschlechtsmerkmale wie Muskelmasse, Körperbehaarung und tiefer Stimme sowie bei der Regulierung von Libido und sexueller Funktion.
Hoden – Schmerzen und Schwellung
Schmerzen und Schwellungen der Hoden können auf ernsthafte Bedingungen hinweisen und erfordern eine sofortige ärztliche Untersuchung. Diese Symptome können starke Beschwerden verursachen und unbehandelt zu langfristigen Schäden oder sogar zum Verlust der Hoden führen.
Maldescensus testis
Maldescensus testis bezeichnet eine Fehlentwicklung, bei der ein oder beide Hoden nicht in den Hodensack absteigen und in der Bauchhöhle oder Leistenregion verbleiben (Hodendystopie). Dies tritt häufig bei Neugeborenen auf und kann zu Unfruchtbarkeit und einem erhöhten Risiko für Hodenkrebs führen, wenn es unbehandelt bleibt. Die Behandlung umfasst hormonelle Therapien oder chirurgische Eingriffe, um den Hoden in den Hodensack zu verlagern. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sind entscheidend, um die langfristige Gesundheit und Fortpflanzungsfähigkeit zu sichern und andere gesundheitliche Folgen, wie ein höheres Entartungsrisiko, zu vermeiden.
Hodenkrebs
Die häufigste maligne Tumorart bei jungen Menschen mit Hoden sind Hodentumoren, die aus entarteten Stammzellen entstehen. Nichtseminome kommen dabei am häufigsten im Alter von 26 Jahren vor, Seminome bei 36jährigen. Zu den Risikofaktoren zählen neben dem Hodenhochstand auch Unfruchtbarkeit, Diagnosen in der nächsten Familie und Vorerkrankungen wie das Klinefelter-Syndrom.
Hodenkrebs: Symptome
Als Leitsymptom bei Hodenkrebs zählt eine Schwellung des Testikels und schmerzlose Verhärtungen (Indurationen).Im Verlauf kann ein Schweregefühl und ziehende Schmerzen im Bereich des Samenstrangs (Funiculus spermaticus) auftreten. Einige Krebsarten verursachen eine Gynäkomastie (Brustentwicklung beim biologischen Mann). Nach lymphogener Metastasierung können weitere Symptome wie Harnstauung oder eine Varikozele bei Venenstau auftreten.
Die Tumore metastasieren häufig zunächst lymphogen und entsprechend des lymphogenen Abfluss der männlichen Keimdrüsen in die paraaortalen und paracarvalen Knoten (Nichtseminome häufiger als Seminome). Therapie erster Wahl ist die Orchiektomie (operative Entfernung des Hodens) mit Biopsie der kontralateralen Struktur, je nach Stadium in Kombination mit Radio- und Chemotherapie. Rezidive sind häufig, insgesamt ist die Prognose aber gut.
Hodenkrebs: Prognose und Prävention
Die relative Überlebensrate über 5 Jahre bei Hodentumoren liegt bei 96 Prozent, was vergleichsweise als hoch zählt. Eine Vorsorgeuntersuchung – wie beispielsweise beim Cervix-Carcinom – wird in Deutschland nicht angeboten. Deswegen ist die Selbstuntersuchung für Hodentragende ab 14 Jahren empfohlen! Dafür wird der Hoden zunächst mit der Hand umschlossen und angehoben. Im nächsten Schritt tastet man die einzelnen Testikel ab, um Knoten oder Verhärtungen auszuschließen. Am besten wiederholt man den Prozess vor dem Spiegel. Bei den oben genannten Symptomen oder anderen Auffälligkeiten, sollte man beim Urologen/bei der Urologin vorstellig werden.
Hodentorsion (verdreht)
Eine Hodentorsion ist ein medizinischer Notfall, bei dem sich ein Hoden um die Samenstrangachse dreht, wodurch die Blutversorgung abgeschnitten wird. Dies führt zu plötzlichen, starken Schmerzen und Schwellungen im betroffenen Hoden, oft begleitet von Übelkeit und Erbrechen. Hodentorsion tritt häufig bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf und erfordert sofortige ärztliche Behandlung. Eine schnelle chirurgische Intervention ist notwendig, um den Hoden zu entwirren und die Blutversorgung wiederherzustellen. Wird die Hodentorsion nicht innerhalb weniger Stunden behandelt, kann dies zu irreversiblen Schäden oder dem Verlust des Hodens führen.
- Hoden (Testis) und Hodensack (Scrotum), https://viamedici.thieme.de/... (Abrufdatum 22.05.2024)
- Schünke M, Schulte E, Schumacher U, Voll M, Wesker K. 4.12 Arterien und Venen von Nieren und Nebennieren: Gefäßvarianten. In: Schünke M, Schulte E, Schumacher U, Voll M, Wesker K, Hrsg. Prometheus LernAtlas – Innere Organe. 6., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2022
- Hodentumoren, https://viamedici.thieme.de/... (Abrufdatum 22.05.2024)
- Nutze die Chance, checke deinen Hoden – Anleitung zur Selbstuntersuchung (Broschüre), KREBSVERBAND BADEN-WÜRTTEMBERG e.V.