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Der Humerus oder Oberarmknochen ist ein zentraler Bestandteil des menschlichen Skeletts, der eine entscheidende Rolle in der Mobilität und Funktionalität des Arms spielt. Dieser Lexikontext zielt darauf ab, einen umfassenden Überblick über die Anatomie, Funktionen und klinischen Aspekte des Humerus zu bieten, einschließlich seiner Struktur, der damit verbundenen Gelenke und Bänder sowie häufiger Krankheitsbilder, wie Humerusfrakturen.
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Humerus – Definition
Der Humerus ist ein langer Röhrenknochen, der die knöcherne Grundlage des Oberarms bildet. Als längster Knochen der oberen Extremität ist er proximal mit dem Schultergelenk und distal mit dem Ellenbogengelenk verbunden, was ihn zu einem wesentlichen Element der Armbewegung macht. Dieser Knochen ist für eine Vielzahl von Bewegungen zuständig, einschließlich Flexion, Extension, Abduktion, Adduktion sowie innere und äußere Rotation.
Humerus – Anatomie und Aufbau
Der Humerus lässt sich hinsichtlich seiner Anatomie in drei verschiedene Abschnitte einteilen, eine Diaphyse sowie zwei Epiphysen. Genauer gesagt sind das:
- Proximal: Caput (Kopf) und Collum (Hals)
- Corpus (Schaft)
- Distal: Condylus
Die Gefäßversorgung des Oberarmknochens erfolgt hauptsächlich über zwei wichtige Arterien. Dies sind:
- A. circumflexa humeri anterior (aus A. axillaris)
- A. nutriciae humeri (aus A. profunda brachii)
Proximales Ende (Extremitas proximalis)
Im proximalen Teil trägt der Oberarmknochen einen halbkugeligenm Gelenkkopf (Caput humeri). Dieser ist mit Knorpelgewebe überzogen und bildet einen Teil des Schultergelenks. Anschließend folgt der Hals (Collum humeri / Collum anatomicum), an welchem zudem die Gelenkkapsel befestigt ist. Distal des Collum anatomicum finden sich des Weiteren zwei Knochenhöcker:
Knochenhöcker | Ausrichtung | Befestigte Muskeln |
Tuberculum minus | Nach ventral |
|
Tuberculum majus | Nach lateral |
|
Jeder der beiden Höcker läuft nach distal in einen Knochenkamm aus, welchen man als Crista tuberculi majoris beziehungsweise minoris bezeichnet. Dazwischen befindet sich außerdem eine Knochenrinne, der Sulcus intertubercularis. Hier liegt die Sehne des langen Bizepskopfes und darüber hinaus ein Ast der Arteria circumflexa humeri anterior. Der Suclus intertubercularis wird durch das Ligamentum transversum humeri zu einem Kanal geschlossen.
Collum chirurgicum
Unterhalb der beiden Tubercula befindet sich am Übergang zum Corpus humeri die Prädilektionsstelle für Knochenbrüche des Humerus. Dementsprechend nennt man diese Region auch "Collum chirurgicum".
Schaft (Corpus humeri)
Der Schaft des Humerus ist lang und zylindrisch, mit einer leichten Biegung. Er weist daher drei verschiedene Flächen (Facies) und somit auch drei verschiedene Ränder (Margo) auf. An den Facies und den Rändern haben viele verschiedene Muskeln ihren Ursprungs- beziehungsweise Ansatzpunkt. Dies zeigt die anschließende Tabelle.
Humerusstruktur | Ursprung von | Ansatz für |
Facies anterior lateralis | M. brachialis | M. deltoideus (an Tuberositas deltoidea) |
Facies anterior medialis | M. brachialis | M. latissimus dorsi M. coracobrachialis |
Facies posterior | M. triceps brachii (lateraler & medialer Kopf) | |
Margo anterior | M. pectoralis major | |
Margo medialis | M. teres major M. coracobrachialis | |
Margo lateralis | M. brachioradialis | M. teres minor M. triceps brachii (lateraler Kopf) |
An der Hinterseite des Humerus befindet sich außerdem eine weitere wichtige Struktur. Hier verläuft der Sulcus nervi radialis von proximal medial nach distal lateral und markiert den Verlauf des Nervus radialis und der Arteria profunda brachii.
Distales Ende (Extremitas distalis)
Margo medialis und Margo lateralis laufen nach distal jeweils als Knochenkämme aus, die man als Crista supracondylaris medialis / lateralis bezeichnet. Beide Cristae enden schließlich im Epicondylus medialis (/ulnaris) beziehungsweise Epicondylus lateralis (/radialis). Hinter dem medialen Epicondylus trifft man außerdem auf den Sulcus nervi ulnaris, da hier der Nervus ulnaris in Richtung Unterarm vorbeizieht.
Musikantenknochen
Stößt man sich die Stelle hinter dem medialen Epicondylus an, wird der Nervus ulnaris gereizt. Dies führt zur Schmerzausstrahlung in das Innervationsgebiet des Nervs, also an der ulnaren Handkante sowie im vierten und fünften Finger. In diesem Artikel gibt es mehr dazu: Musikantenknochen
Distal zwischen den Epikondylen befindet sich der Condylus humeri, welcher sich wiederum aus zwei Gelenkkörpern zusammensetzt, die mit dem Unterarm artikulieren. Dies ist zum einen medial die Trochlea humeri, ein quer liegender Zylinder. Zum anderen befindet sich lateral das Capitulum humeri, ein halbkugeliger Fortsatz.
Proximal dieser beiden Gelenkkörper liegen außerdem kleine Vertiefungen:
- Fossa coronoidea (ventral, über Trochlea)
- Fossa radialis (ventral, über Capitulum)
- Fossa olecrani (dorsal, über Trochlea)
Schließlich dienen der mediale und der laterale Epicondylus auch als wichtige Ansatzpunkte für eine Vielzahl von Unterarmmuskeln, die der Übersicht halber hier nicht aufgeführt werden.
Humerus – Gelenke und Bänder
Der Humerus ist integraler Bestandteil zweier Hauptgelenke: des Schulter- und des Ellenbogengelenks. Das Schultergelenk, auch Articulatio glenohumeralis genannt, ermöglicht durch seine Struktur (Kugelgelenk) eine umfassende Bewegungsfreiheit. In diesem Gelenk artikuliert das Caput humeri mit der Cavitas glenoidalis der Scapula. Gesichert wird das Gelenk hauptsächlich durch die Muskeln der Rotatorenmanschette. Zusätzlich verstärken die Ligamenti glenohumeralia die Gelenkkapsel nach vorne hin.
Das Ellenbogengelenk hingegen ist ein Scharniergelenk, das die Bewegung des Arms um eine Achse kontrolliert. Es besteht prinzipiell aus zwei verschiedenen Anteilen:
- Articulatio humeroulnaris (Trochlea humeri -> Incisura trochlearis der Ulna)
- Articulatio humeroradialis (Capitulum humeri -> Fovea articularis radii des Radius)
Das Ellbogengelenk wird zudem seitlich jeweils von medialen und lateralen Kollateralbändern stabilisiert.
Humerus – Entwicklung
Die Verknöcherung der Diaphyse des Humerus beginnt etwa zwischen der siebten und achten Entwicklungswoche. Die distale Epiphysenfuge schließt sich jedoch erst zwischen dem 14. und 18. Lebensjahr, die proximale sogar erst zwischen 20 und 25. Das Längenwachstum des Oberarmknochens erfolgt hauptsächlich von der proximalen Epiphysenfuge aus. Diese findet man bis zum circa fünften Lebensjahr im Bereich des Collum anatomicums.
Humerus – Aufgaben und Funktion
Der Humerus spielt eine zentrale Rolle in der Armmechanik, indem er eine Verbindung zwischen dem Rumpf und den distalen Teilen des Arms herstellt. Er ermöglicht eine Vielzahl von Bewegungen im Schulter- und Ellenbogengelenk, darunter Heben, Senken, Rotieren und Schwingen des Arms. Diese Bewegungen sind entscheidend für alltägliche Aktivitäten, Sport und verschiedene Berufe.
Klinik – Humerusfraktur
Humerusfrakturen gehören zu den häufigsten Knochenbrüchen und können durch direkte Gewalteinwirkung, Stürze oder indirekte Mechanismen verursacht werden. In der Regel unterscheidet man dabei zwei verschiedene Unfallmechanismen: Sturz auf den ausgestreckten Arm (indirekt) und Sturz auf die Schulter (direkt). Deutlich häufiger ist in dieser Hinsicht jedoch der indirekte Unfallhergang. Ein erhöhtes Risiko für solch eine Fraktur haben ältere Menschen, die an Osteoporose leiden.
Häufigkeit von Humerusfrakturen
Die Symptome einer Humerusfraktur umfassen Schmerzen, Schwellungen, eingeschränkte Beweglichkeit und in einigen Fällen sichtbare Deformitäten des Arms. Zum Teil kann auch eine zusätzliche Schulterluxation (=Auskugelung) vorliegen, wobei eine begleitende Abrissfraktur von Tuberculum majus und/oder minus möglich ist.
Die Behandlung hängt von der Art und Schwere der Fraktur (Anzahl der Knochenfragmente) sowie dem Alter des Patienten ab. Für Erwachsene mit einer eingestauchten Zwei-Fragment-Fraktur sowie bei Kindern wird normalerweise eine konservative Therapie in Form einer Ruhigstellung mit Schlinge empfohlen. Bei instabilen Frakturen ist allerdings oftmals eine Operation notwendig. Dabei wird der gebrochene Humerus mit Hilfe von Drähten, Schrauben, Platten oder Nägeln fixiert.
Häufige Fragen
- Was für ein Knochen ist der Humerus?
- Was ist der Humeruskopf?
- Wo ist der Humerusschaft?
- Welcher Nerv ist bei einer Humerusschaftfraktur gefährdet?
Der Humerus ist ein langer Röhrenknochen, der die knöcherne Grundlage des Oberarms bildet. Als längster Knochen der oberen Extremität ist er proximal mit dem Schultergelenk und distal mit dem Ellenbogengelenk verbunden, was ihn zu einem wesentlichen Element der Armbewegung macht.
Der Humeruskopf ist das proximale, abgerundete Ende des Humerus (Oberarmknochens), der in das Schultergelenk passt. Diese kugelförmige Struktur ermöglicht eine breite Palette von Bewegungen und bildet das Gelenk mit der Schulterpfanne des Schulterblatts, was für die Beweglichkeit des Arms entscheidend ist.
Der Humerusschaft bezeichnet die Diaphyse, also den mittleren Teil des Humerus (Oberarmknochens), der sich zwischen dem proximalen Ende mit dem Humeruskopf am Schultergelenk und dem distalen Ende am Ellenbogengelenk befindet. Diese zylindrische Struktur ist für die Stabilität des Knochens verantwortlich und dient als Ansatzpunkt für mehrere Muskeln.
Bei einer Fraktur des Humerusschafts ist insbesondere der Nervus radialis gefährdet. Dieser Nerv verläuft eng entlang des Humerusschafts im Sulcus nervi radialis und ist für die Bewegung und Empfindung der Hand und Teile des Unterarms verantwortlich. Eine Verletzung kann zu Schwäche, Bewegungseinschränkungen und Gefühlsstörungen in der Hand und im Arm führen.
- Schünke M, Schulte E, Schumacher U, Voll M, Wesker K. 1.4 Knochen der freien Gliedmaße: Humerus als Ganzes. In: Schünke M, Schulte E, Schumacher U, Voll M, Wesker K, Hrsg. Prometheus LernAtlas – Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem. 6., vollständig überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme; 2022
- Hengesbach S, Hinkelbein J, Genzwürker H, Neuhaus C, Kollrack Y, Knauß A. Humerusfrakturen. In: Hengesbach S, Hinkelbein J, Genzwürker H, Neuhaus C, Kollrack Y, Knauß A, Hrsg. Checkliste Medical Skills. 2., unveränderte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2019
- Wülker N, Roetman B. Proximale Humerusfraktur. In: Wülker N, Kluba T, Roetman B, Rudert M, Hrsg. Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. 4., unveränderte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2021
- Oberarm und Ellenbogen, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 10.03.2024)
- Oberarmknochen (Humerus), https://viamedici.thieme.de/... (Abrufdatum: 10.03.2024)