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Im Intercostalraum zwischen den einzelnen Rippenbögen liegen einige wichtige anatomische Strukturen. Von Muskulatur bis Arterien und Venen findet man vieles. Der nachfolgende Artikel betrachtet ausführlich die Anatomie des Bereichs und geht auf die klinische Relevanz ein.
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Intercostalraum – Definition
Der Intercostalraum, kurz mit ICR bezeichnet, beschreibt den Bereich zwischen zwei nebeneinander liegenden Rippen. Insgesamt liegen je Seite am Thorax (Brustkorb) zwölf Rippen. Deshalb existieren elf ICRs. Strukturen unter der zwölften Rippe werden als subcostal bezeichnet.
Intercostalraum – Anatomie
Der Intercostalraum ist mit verschiedenen anatomischen Strukturen ausgefüllt. Grundlage bildet die Intercostalmuskulatur. In dieser verlaufen weiterhin die Intercostalvenen und -arterien, sowie die Intercostalnerven. Außerdem finden sich Lymphbahnen, welche die Lymphe des Gebiets in die Nodi lymphatici intercostales drainieren und von dort aus in den Ductus thoracicus, den Ductus lymphaticus dexter oder kaudal in die Cisterna chyli weiterleiten. Die Lymphknoten liegen dorsal in den ICRs und befinden sich in der Nähe des Rippenköpfchens. Das Rippenköpfchen stellt die gelenkige Verbindung der Rippen mit der Wirbelsäule her.
Muskulatur
Die Intercostalmuskulatur übernimmt zwei wichtige Aufgaben. Zum einen dichtet sie die Räume ab, zum anderen ist sie essentiell für die Atemmechanik. Man kann fünf Muskeln unterscheiden.
- Musculi intercostales externi: Die äußere Schicht der Muskulatur entspringt am Unterrand der Rippe, etwa vom Tuberculum costae bis zur Knorpel-Knochen-Grenze. Von dort ziehen sie an den Oberrand der nächsttieferen Rippe, etwas ventral oder distal von ihrem Ursprung gelegen. Funktionell dienen sie vor allem der Inspiration. Sie können durch Kontraktion die sternalen Enden der Rippen anheben und somit die Intercostalräume erweitern.
- Musculi intercostales interni: Sie bilden die mittlere Muskelschicht und entspringen am Oberrand der Rippe, genauer gesagt vom Angulus costae bis zum Sternum (Brustbein). Anschließend verlaufen sie nach oben an den Unterrand der nächsthöheren Rippe und kommen ventral des Sulcus costae zum Liegen. Man unterscheidet bei dieser Muskelgruppe noch zusätzlich die Musculi intercartilaginei, welche sich zwischen der Knorpel-Knochen-Grenze und dem Sternum befinden. Sie helfen bei der Inspiration, während der restliche Anteil für die Exspiration zuständig ist. Die Muskulatur senkt die Rippen ab und verengt damit die ICRs.
- Musculi intercostales intimi: Sie stellen die innerste Schicht der Zwischenrippenmuskulatur dar. Auch sie entspringen am Rippenoberrand und enden am Unterrand der nächsthöheren Rippe. Im Gegensatz zu den Musculi intercostales interni enden sie allerdings dorsal des Sulcus costae. Ihre Funktion liegt in der Unterstützung der Exspiration.
- Musculi subcostales: Sie beginnen am dorsalen Bereich des Rippenoberrandes und enden am Unterrand von den zwei bis drei Etagen höherliegenden Rippen. Sie helfen bei der Exspiration.
- Musculus transversus thoracis: Er hat seinen Ursprung an der Rückseite des Brustbeins und zieht von dort zur Rückseite der Rippenknorpel. Auch er dient der Exspiration.
Innervation und Faszien
Die Nervi intercostales übernehmen die Innervation der Muskulatur. Die Nervi intercostales eins bis elf innervieren die Musculi intercostales externi und interni, während die vierten bis elften Interkostalnerven die Musculi intercostales intimi und den Musculus subcostales versorgen. Die zweiten bis sechsten Nerven innervieren den Musculus transversus thoracis.
Durch die Anordnung der einzelnen Muskeln zueinander ergibt sich ein fischgrätenartiges Muster, was die Bewegung des Thorax erlaubt.
Zusätzlich zur Muskulatur finden sich zwei Faszien im Brustkorb. Die Fascia thoracica externa bedeckt die Brustwand von außen und überzieht sowohl das Periost der Rippenbögen als auch die Musculi intercostales externi. Die Facies endothoracica liegt im Inneren und grenzt die interkostale Muskulatur von den Organen vor Ort ab.
Gefäße und Nerven
In jedem Intercostalraum gibt es je eine Vene, Arterie und einen Nerven. Sie verlaufen am Unterrand der Rippe in einer Gleitrinne, dem Sulcus costae. Eingebettet in Bindegewebe verlaufen sie als Gefäß-Nerven-Strang zwischen den Musculi intercostales interni und intimi, also zwischen der mittleren und inneren Muskelschicht.
Des Weiteren findet man drei Arterienverläufe: die Arteriae intercostales anteriores, posteriores und suprema. Es gibt insgesamt neun Arteriae intercostales anteriores. Die ersten sechs Arterien stammen aus der Arteria thoracica interna, die letzten drei aus der Arteria musculophrenica, dem Endast der Arteria thoracica interna. Sie bilden Anastomosen mit den hinten liegenden Arteriae intercostales posteriores. Davon gibt es elf Arterien. Die erste und zweite Arteria intercostalis posterior entspringt aus der Arteria intercostalis suprema. Die restlichen finden ihren Ursprung aus der Aorta thoracica. Neben der Interkostalmuskulatur versorgen diese Blutgefäße auch die Rückenmuskulatur, die Haut des Rückens, die Wirbelkörper, Spinalnerven und die Brustdrüse.
Die Arteria intercostalis suprema ist die oberste der Interkostalarterien. Sie entspringt dem Truncus costocervicalis aus der Arteria subclavia und teilt sich dann in die erste und zweite Arteria intercostalis posterior auf.
Analog dazu kann man nach ihrem Verlauf die Venae intercostales anteriores von den Venae intercostales posteriores abgrenzen. Erste verlaufen im vorderen Brustkorbbereich und führen das Blut der Thoraxwand zur Vena thoracica interna. Die hinteren Venen münden entweder in die rechte Vena azygos oder die linke Vena hemiazygos. Es existiert zudem eine Vena intercostalis suprema im ersten ICR.
Die ventralen Äste (Rami anteriores) der zwölf Thorakalnerven bezeichnet man als Interkostalnerven, von denen es elf gibt. Der letzte Nerv verläuft auch unter der zwölften Rippe, wird aber aufgrund des Fehlens eines Interkostalraums als Nervus subcostalis bezeichnet. Der erste Interkostalnerv teilt sich in zwei Äste auf. Ein größerer Ast bildet einen Teil des Plexus brachialis, während der kleinere Ast im ersten ICR läuft. Er endet als erster Ramus cutaneus anterior, einem sensiblen Hautast. Diese Äste geben auch die anderen Interkostalnerven ab.
Beim Lernen der Strukturen kann man die Reihenfolge leicht verwechseln. In diesem Fall hilft der Merksatz "Unter der Brücke steht ein Van." Die Brücke meint symbolisch die Rippe und VAN steht abgekürzt für Vene - Arterie - Nerv. In dieser Reihenfolge liegen die Leitungsbahnen unter jeder Rippe.Merkhilfe
Intercostalraum – Klinik
Ein klinischen Bild, was durch Irritation der sensiblen Hautnerven entstehen kann, ist die Interkostalneuralgie. Darunter versteht man radikuläre Beschwerden im Bereich des Thorax, die durch Läsionen von thorakalen Spinalnerven verursacht wurden. Das Symptom kann auch nach einer Herpes-Zoster-Infektion auftreten oder von anderen entzündlichen Prozessen verursacht werden. Es handelt sich meist um stechenden Schmerz, der durch Palpation reproduzierbar ist und sich in Kombination mit lokalisierten Muskelverspannungen zeigt.
Die Therapie setzt an der Grunderkrankung an. Wenn dadurch keine Besserung gelingt, versucht man eine symptomatische Linderung der Schmerzen durch Schmerzmittel, Muskelrelaxantien, Opioide oder Physiotherapie.
Diagnostik
Die Intercostalräume spielen besonders in der Diagnostik rund um das Herz eine Rolle. Sie bieten ein Fenster zum Bereich um das Herz, sodass Töne und elektrische Signale an diesen Stellen nicht von den Rippen abgefangen werden. Das macht man sich zum Beispiel beim Abhören (Auskultieren) der Herztöne zu Nutze. Man kann die einzelnen Herzklappen abhören und auch physiologische Töne oder pathologische Herzgeräusche untersuchen:
- Aortenklappe: zweiter ICR parasternal rechts
- Pulmonalklappe: zweiter ICR parasternal links
- Trikuspidalklappe: vierter ICR parasternal rechts
- Mitralklappe: fünfter ICR medioclaviculär links
Am Erb-Punkt kann man eine grobe Einschätzung aller Klappen vornehmen. Diesen hört man am dritten ICR parasternal links ab. Auch beim Anlegen der Elektroden für eine Elektrokardiografie (EKG) achtet man auf die Intercostalräume. Die Ableitungen V1 und V2 nach Wilson werden links und rechts vom Sternum im vierten ICR platziert.
Minithorakotomie
Bei einer Minithorakotomie eröffnet der behandelnde Arzt den Thorax mit einer minimalen Inzision, die etwa drei bis acht Zentimeter lang ist. In der Notfallmedizin findet diese Technik vor allem bei den Krankheitsbildern von Spannungspneumothorax und Hämatothorax Anwendung, da dadurch eine Entlastung veranlasst wird. Hierfür setzt man die Minithorakotomie im vierten bis fünften ICR in der mittleren Axillarlinie an und setzt einen Schnitt von etwa drei bis fünf Zentimeter Länge.
Die Technik dient in der Thoraxchirurgie auch einer Biopsie von Lungengewebe, Operationen an der Mitral- oder Trikuspidalklappe oder am Vorhofseptum sowie beim aortokoronaren Bypass.
Müssen die Räume für chirurgische Eingriffe vergrößert werden, kommt ein Rippenspreizer zum Einsatz.
- Aumüller G et. al., Duale Reihe Anatomie, 6. Auflage, Thieme. 2024
- Thoraxschmerz, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 19.11.2024)
- Pneumothorax, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 19.11.2024)