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Das Kahnbein (Fuß), auch Os naviculare genannt, ist einer der Knochen des Fußskeletts. Seine Beteiligung an den Gelenken des Fußes und an der Lastübetragung macht ihn unverzichtbar, gleichzeitig aber auch sehr anfällig für Schmerzen und Verletzungen. Dieser Artikel geht detailliert auf die Anatomie des Knochens ein und beschreibt mögliche Ursachen von Schmerzen in diesem Bereich.
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Kahnbein (Fuß) – Definition
Das Kahnbein (Fuß), anatomisch korrekt als Os naviculare bezeichnet, findet sich am Fuß. Der kleine Knochen ist an der Ausbildung des Fußgewölbe beteiligt und Teil des unteren Sprunggelenks. Es darf nicht mit dem Kahnbein der Hand, dem Os scaphoideum, verwechselt werden. Auch wenn die deutsche Bezeichnung die gleiche ist, trennt die anatomische die beiden Skelettanteile deutlich.
Kahnbein (Fuß) – Lage und Anatomie
Der Fuß kann anatomisch in den Tarsus, die Fußwurzel, den Metatarsus, den Mittelfuß und die Digiti pedis, die Zehen unterteilt werden. Das Os naviculare ist Teil der Fußwurzel, gemeinsam mit dem Talus (Sprungbein) und Calcaneus (Fersenbein). Zu der Fußwurzel gehören auch noch die Keilbeine und das Würfelbein (Os cuboideum). In der Klinik unterteilt man das Fußskelett etwas anders. Talus und Calcaneus zählen zum Rückfuß, während die restlichen Knochen des Fußskeletts den Mittelfuß bilden. Demnach gehört das Kahnbein des Fußes zum Mittelfuß, aber nicht zum Metatarsus.
Die Fußwurzelknochen lassen sich leicht verwechseln und vergessen. Dafür ist ein Merkspruch sinnvoll, der die Reihenfolge der Knochen mittels der deutschen Namen veranschaulicht. Er lautet folgendermaßen: Das Sprungbein und das Fersenbein, die wollten in den Kahn hinein. Doch Keile gibt es eins, zwei, drei, stattdessen von der Würfelei.Merkspruch für das Fußskelett
Weiterhin ist eine systematisch-anatomische Gliederung des Fußes möglich. Dabei unterscheidet man zwei “Strahlen”, die vom Talus (Sprungbein) ausgehen. Das Os naviculare bildet gemeinsam mit den drei Keilbeinen (Ossa cuneiforma) und den Ossa metatarsi I bis III (Mittelfußknochen I bis III) den medialen, mittleren Strahl.
Lage und benachbarte Strukturen
Das Kahnbein (Fuß) ist der am mittigsten gelegene Knochen, das heißt, dass er sich am weitesten medial befindet. Er hat Kontakt zu vier Strukturen:
- Talus (Springbein)
- Calcaneus (Fersenbein)
- Ossa cuneiformia (Keilbeine)
- Os cuboideum (Würfelbein)
Damit liegt es zwischen der körperfernen (distalen) und der körpernahen (proximalen) Reihe der Fußwurzelknochen. Er ist nur wenige Zentimeter im Durchmesser groß. Trotzdem ist er an der medialen Fußseite von außen tastbar.
Flächen (Facies)
Durch seine Angrenzungen an viele Strukturen, können insgesamt sechs Flächen am Kahnbein unterschieden werden.
- Facies anterior: Die vordere (anteriore) Fläche weist eine rechteckige Form auf und liegt zwischen den beiden seitlichen Rändern. Sie ist leicht nach außen gewölbt und wird deshalb als konvex bezeichnet. Durch knöcherne Aufrauungen der Oberfläche wird sie in drei knorpelige Anteile unterteilt.
- Facies posterior: Gegenüber von der Facies anterior liegt die hintere (posteriore) Fläche. Sie ist im Gegensatz zur Vorderseite konkav, also eingewölbt, und eher oval geformt.
- Facies superior: Die Facies superior beschreibt die obere Fläche des Knochens. Man sieht sie, wenn man von oben auf das Kahnbein blickt. Sie ist ebenfalls nach außen gewölbt (konvex).
- Facies lateralis: Diese Fläche zeigt nach außen (lateral). Sie kann einen kleinen Knochenfortsatz aufweisen, durch den sie an einem Gelenk beteiligt ist.
- Facies inferior: Die Facies inferior beschreibt die nach unten (inferior) zeigende Fläche. Sie ist sehr unregelmäßig geformt.
- Facies medialis: Nach innen (medial) liegt die Facies medialis. Ihr Knochenvorsprung, die Tuberositas ossis naviculare, kann durch die Haut getastet werden. Sie dient als Ansatz für den Musculus tibialis posterior, einen Beuger der Unterschenkelmuskulatur.
Die Facies superior, lateralis und inferior weisen noch eine Besonderheit auf. Ihre Oberfläche ist sehr rau, da sie Bändern als Ansatz dienen. Dadurch tragen sie zur Stabilisierung der Gelenke bei.
Bänder und Gelenkbeteiligungen
Durch seine zentrale Lage und der starken Zusammenarbeit der Fußwurzelknochen ist das Kahnbein des Fußes an einigen Gelenken beteiligt. Bänder dienen der Stabilisierung und der Unterstützung dieser.
Articulatio talocalcaneonavicularis
Das erste Gelenk, bei dem das Os naviculare eine Rolle spielt, ist die Articulatio talocalcaneonavicularis. Was zunächst etwas unaussprechlich wirkt, versteckt im Namen bereits die beteiligten Strukturen. Im Deutschen heißt es “Sprungbein-Fersenbein-Kahnbein-Gelenk”. In dem Gelenk artikulieren der Talus (talo-), der Calcaneus (-calcaneo-), das Os naviculare (-navicularis) unter Einbeziehung der Knorpelflächen des Ligamentum calcaneonaviculare plantare miteinander. Dieses verbindet den Calcaneus mit dem Os naviculare und ist auch als “Pfannenband” bekannt. Das Scharniergelenk ist ein Teil des unteren Sprunggelenks, es bildet genauer gesagt die ventrale Gelenkkammer, die durch den Sinus tarsi von der hinteren getrennt ist. Der Taluskopf (Caput tali) bildet dabei den Gelenkkopf, während die restlichen Strukturen die Gelenkpfanne bilden. Der Taluskopf passt mit seiner konvexen Form perfekt in die konkave, mit hyalinem Knorpel überzogene Facies posterior.
Die Gelenkkapsel wird durch einige Bänder in diesem Bereich verstärkt, wovon das Pfannenband nur eins darstellt. Lateral (außen) verbindet das Ligamentum calcaneonaviculare ebenfalls den Calcaneus mit dem Os naviculare. Dieses Band ist ein Teil des Ligamentum bifurcatum. Es setzt bei diesem an der Facies superior an, während das Pfannenband plantar am Fußboden verläuft. Auch das Ligamentum deltoideum spielt eine Rolle, auch wenn seine Aufgabe eher in der Stabilisation des oberen Sprunggelenks liegen. Einige seiner Fasern bilden den Pars tibionavicularis, welche vom Innenknöchel (Malleolus medialis) zur Facies medialis und posterior des Kahnbeins ziehen. Dadurch kann keine Pronation im unteren Sprunggelenk stattfinden. An der hinteres Seite findet sich noch das Ligamentum talonaviculare zur Verstärkung der Kapsel.
Articulatio talonavicularis
Ein Teil des sogenannten Chopart-Gelenks (Articulation tarsi transversa) ist die Articulatio talonavicularis. Auch dieses Gelenk ist Teil des unteren Sprunggelenks. Den zweiten Teil stellt die Articulatio calcaneocuboidea dar. In dem Gelenk artikulieren das Kahnbein und Würfelbein mit dem Calcaneus und Talus um eine sagittale Achse. Vorstellen kann man sich die Bewegung etwa wie ein Auseinanderbrechen von Brot mit beiden Händen. Durch die räumliche Nähe zur Articulatio talocalcaneonavicularis ist der Bandapparat des Sprungbein-Kahnbein-Gelenks der selbe.
Articulatio cuneonavicularis
Bei dem Gelenk zwischen Keilbeinen und Kahnbein kommen die drei Knochenaufrauungen der Facies anterior des Kahnbeins ins Spiel. Sie artikulieren mit der Rückseite der Keilbeine, zu denen die Ossa cuneiformia mediale, intermedium und laterale zählen. Als typisches Tarsalgelenk handelt es sich bei diesem um eine Amphiarthrose, ein straffes Gelenk. Durch den starken Bandapparat und einer straffen Gelenkkapsel ist die Beweglichkeit enorm eingeschränkt. Hieran sind vor allem die Ligamenta cuneonavicularia dorsalia und plantaria beteiligt.
Articulatio cuboideonavicularis
Zwischen der Facies lateralis des Kahnbeins und der Facies medialis des Würfelbeins kann sich dieses Gelenk ausprägen, es ist aber nicht obligat. Die Ligamenta coboideonaviculare dorsale und plantare verbinden beide Knochen. Das Ligamentum cuboideonaviculare plantare ist ebenfalls an der Verspannung des Quergewölbes des Fußes beteiligt.
Entwicklung
Interessanterweise ist das Kahnbei bei Geburt noch nicht komplett ausgebildet, sondern besteht noch vollständig aus Knorpel. Bei Mädchen beginnt die Verknöcherung zwischen dem 18. und 24. Lebensmonat, bei Jungen erst im zweiten oder dritten Lebensjahr. Dann bildet sich der Knochenkern. Manchmal ist auch mehr als ein Knochenkern angelegt, welche dann miteinander verschmelzen. Vollzieht sich das nicht vollständig, ensteht das Bild des Os tibiale externum oder auch Os naviculare accessorium genannt. Bei dem Knochen handelt es sich dann um eine anatomische Normvariante, die bei etwa zehn Prozent der Bevölkerung vorkommt. Auch wenn es regulär keine Probleme verursacht, kann es eine Reizung der Sehne des Musculus tibialis posterior verursachen.
Kahnbein (Fuß) – Klinik und Schmerzen
Eine Ursache von Schmerzen können sogenannte aseptische Osteonekrosen sein. Das sind Erkrankungen, die zum Untergang von vitalem Knochen mit all seinen Anteilen führt. Aseptisch bedeutet, dass der Vorgang keine Infektion auslöst. Die Erkrankung tritt je nach Form entweder im Wachstumsalter oder im Alter zwischen 30 und 50 Jahren auf.
Am Kahnbein des Fußes können dabei zwei Formen auftreten, Morbus Köhler I und das Müller-Weiss-Syndrom. Morbus Köhler I tritt im Wachstumsalter (Kindesalter) auf mit einem Altersgipfel zwischen vier und zwölf Jahren. Genauer gesagt handelt es sich bei dieser Form um eine Osteochondrose des Os naviculare. Dabei ist die endchondrale Ossifikation der Epiphyse gestört, ein Vorgang der Verknöcherung. Das führt zur Fragmentation oder zur Osteonekrose von subchondralen Knochenstrukturen.
Das seltene Müller-Weiss-Syndrom tritt im Gegensatz zum Morbus Köhler I nur im Erwachsenenalter auf mit einem Altersgipfel bei etwa 40 bis 60 Jahren. Typische Symptome hierbei sind chronische, andauernde Schmerzen im Mittel- oder Rückfuß, sowie Schwellungen, Empfindlichkeit und Rötungen. Im weiteren Verlauf kommt es zu Fußdeformitäten wie Spreizfüßen. Die Ursache ist momentan noch nicht geklärt, eine Vermutung liegt aber bei Durchblutungsstörungen, mehrzähligen Traumata und bei chronischem Belastungsstress. Eine ungleichmäßige Verteilung der Belastung auf dem Fuß führt zum Eindrücken der lateralen Seite des Kahnbeins, weshalb Fußdeformitäten wie ein Klumpfuß die Entstehung des Syndrom begünstigen. Schuheinlagen und Orthesen genauso wie nichtsteroidale Antirheumatika helfen primär bei Beschwerden. Bessert sich der Zustand nicht oder entwickeln sich Fehlstellungen, die zu einer Gehbehinderung führen, ist der operative Einsatz indiziert. Dabei werden die geschädigten Anteile des Kahnbeins aufgefüllt und stabilisiert. Ist die Erkrankung weit fortgeschritten, muss das Gelenk teilweise versteift werden, was als Arthrodese bezeichnet wird.
Neben den degenerativen Erkrankungen kann in einzelnen Fällen das Kahnbein mit dem Talus verschmelzen, was unter der Bezeichnung der talonavikulären Koalition bekannt ist. Ursache liegt in einer Segmentationsstörung während der Embryogenese, wodurch die beiden Knochen nicht getrennt werden. In der frühen Kindheit zeigt sich das Bild als Weichteilverbindung, etwa eine Syndesmose oder Synchodnrose, die im Laufe der Zeit verknöchert. Das Krankheitsbild endet meist in einem Knick-Plattfuß oder Hohlfuß. Patienten und Patientinnen knicken häufig um und klagen über zunehmende Schmerzen.
- Aumüller G et. al., Duale Reihe Anatomie, 5. Auflage, Thieme
- Schünke M et. al., Prometheus LernAtlas der Anatomie (Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem), 5. Auflage, Thieme
- Osteonekrosen, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 16.08.2024)