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Das Kinn ist ein wichtiger anatomischer Bestandteil des Gesichts mit wesentlichen Funktionen für Mimik, Stabilität und Ästhetik. Das Kinn verleiht dem Gesicht Profil und kann durch seine Form und Größe die gesamte Gesichtsstruktur maßgeblich beeinflussen. Beschwerden im Kinnbereich können auf eine Vielzahl von Ursachen zurückzuführen sein, die sowohl traumatisch, neurologisch als auch zahnmedizinisch bedingt sein können. Der folgende Artikel erklärt die Definition, Anatomie, Funktion und ästhetische Relevanz sowie Klinik des Kinns.
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Kinn – Definition
Das Kinn bildet das unterste Segment des Gesichts und ist der Teil, der am weitesten nach vorne ragt. Es wird geformt von der knöchernen Struktur des Unterkiefers, also der Mandibula und umfasst vor allem die Region um die Protuberantia mentalis. Anatomisch ist es als Regio mentalis bekannt und spielt eine Rolle in der Mimik und Artikulation.
Kinn – Anatomie
Anatomisch gehört das Kinn zur Unterkieferregion, der sogenannten Regio mentalis. Diese liegt unterhalb der Unterlippe und wird durch die knöcherne Struktur des Unterkiefers unterstützt. Die Form bestimmt hauptsächlich die Protuberantia mentalis, bei der es sich um eine nach vorn gerichtete Erhebung des Unterkiefers handelt. Die Fläche ist in mehrere Schichten gegliedert.
Der Unterkiefer beziehungsweise die Mandibula, bildet den größten Knochen im Gesicht und spielt nicht nur für die Formgebung, sondern auch für das Kauen eine wesentliche Rolle. Ein gut ausgebildetes Kinn hat nicht nur Einfluss auf die Gesichtsästhetik, sondern auch auf die Stabilität des Kiefergelenks und die Bisskraft.Unterkiefer
Die äußerste Schicht des Kinns bildet die Haut, darunter liegt eine dünne Schicht Fettgewebe. Diese Schicht gibt dem Kinn seine Form und sorgt für weiche Konturen. Als nächstes liegt eine wichtige Muskelstruktur im Kinnbereich, und zwar der Musculus mentalis.
Muskel Musculus mentalis Ursprung Mandibula auf Höhe des zweiten Schneidezahns Ansatz Haut des Kinns Innervation Ramus marginalis mandibulae nervi facialis Funktion Hochziehen der Haut des Kinns Richtung Unterlippe
Dieser kleine Muskel hebt die Haut des Kinns an und unterstützt so Mimik und Lippenschluss. Er ist außerdem bei Bewegungen wie dem Zusammenbeißen oder der Mundbewegung beteiligt. Das Kinn wird durch mehrere Nerven sensibel innerviert, vor allem durch den Nervus mentalis, einen Ast des Nervus mandibularis, welcher wiederum den dritten Ast des Nervus trigeminus darstellt. Dieser Nerv ist für die sensible Wahrnehmung der Haut in dem Bereich und der Unterlippe verantwortlich. Die arterielle Versorgung übernimmt die Arteria mentalis, die ein Ast der Arteria alveolaris inferior ist.
Kinn – Funktion und ästhetische Relevanz
Das Kinn erfüllt eine Vielzahl an Funktionen und ist mehr als nur eine äußerliche Kontur. Es ist an der Mimik beteiligt, vor allem durch den Musculus mentalis, der für bestimmte Gesichtsausdrücke wie das Zusammenziehen der Haut am Kinn und die Betonung des Ausdrucks verantwortlich ist. Die mimische Bewegung hat eine soziale Bedeutung und unterstützt nonverbale Kommunikation. Außerdem hat das Kinn eine funktionale Rolle in der Stabilisierung des Unterkiefers, was sowohl für den Lippenschluss als auch beim Kauen und Sprechen relevant ist.
Ästhetisch trägt es entscheidend zur Profilgestaltung des Gesichts bei und bestimmt oft das harmonische Gesamtbild. In der ästhetischen Chirurgie ist eine Kinnkorrektur bei zurückliegendem Kinn, wie zum Beispiel durch mandibuläre Retrognathie oder bei Hypoplasie des Unterkiefers oder bei zu starkem Hervorspringen des Kinns, relativ häufig.
Kinn – Klinik
Die Kinnkorrektur, die bei zurückliegendem Kinn oder stark hervortretendem Kinn relativ häufig durchgeführt wird kann durch klinische Bilder verursacht werden. Bei der mandibulären Retrognathie ist ein fliehendes Kinn und eine vorspringende Oberlippe erkennbar. Beim Schließen des Mundes befinden sich die Frontzähne des Oberkiefers deutlich vor denen des Unterkiefers, der dadurch oftmals in den Gaumen einreißt. Die Fehlstellung sollte rechtzeitig behandelt werden, da sonst Schäden an den Zähnen und am Zahnhalteapparat auftreten können, was zu einem vorzeitigen Zahnverlust führen kann.
Bei der sogenannten Progenie handelt es sich um eine Dysgnathie, also einen Fehlbiss, bei der ein umphysiologischer Überbiss der unteren über die oberen Schneidezähne auftritt. Es kann dadurch in Relation zum Mittelgesicht zu einem weit vorne liegenden Kinn kommen. Die Progenie wird kieferchirurgisch behandelt.
Des Weiteren können Entzündungen und Schwellungen nach zahnärztlichen Eingriffen, besonders im Bereich der unteren Weisheitszähne zu Schwellungen und einem Taubheitsgefühl im Kinn führen. Dies ist durch die Nähe der Operationsstelle zum Nervus mentalis und den umliegenden Blutgefäßen bedingt.
Da der Nervus mentalis ein Ast des Nervus trigeminus ist, können Neuralgien des Nervus trigeminus bis in die Kinnregion ausstrahlen. Es kann zu starken, stechenden Schmerzen kommen, die plötzlich auftreten und nur Sekunden andauern. Dies kann durch physikalische Therapien, Medikamente oder in schweren Fällen durch chirurgische Maßnahmen, behandelt werden.
Häufige Fragen
- Kann man das Kinn formen oder verkleinern lassen?
- Was kann man gegen ein Doppelkinn tun?
- Warum knackt das Kinn beim Öffnen des Mundes manchmal?
- Ist es normal, dass das Kinn nach einer Zahnbehandlung taub ist?
Ja, durch chirurgische Eingriffe ist es möglich, das Kinn zu formen oder zu verkleinern. Eine Kinnplastik (Mentoplastik) kann die Größe, Form und Projektion des Kinns verändern. Es kann Knochensubstanz abgetragen oder ein Kinnimplantat eingesetzt werden.
Ein Doppelkinn kann genetisch bedingt sein oder durch überschüssiges Fettgewebe und schwache Kinnmuskeln entstehen. Sport, spezielle Gesichtsübungen und eine gesunde Ernährung können helfen, das Doppelkinn zu reduzieren.
Ein Knacken im Kieferbereich beim Mundöffnen wird oft durch das Kiefergelenk verursacht und kann ein Symptom einer temporomandibulären Dysfunktion (TMD) sein. Dies kann durch Überlastung der Kaumuskuatur, Zähneknirschen oder eine Fehlstellung des Kiefers bedingt sein. Physiotherapie oder eine Aufbissschiene können oft helfen, das Knacken zu reduzieren.
Nach einer Zahnbehandlung, vor allem bei Eingriffen im Unterkiefer oder nach Weisheitszahnentfernungen, kann es durch Reizung des Nervus mentalis oder des Nervus alveolaris inferior zu Taubheitsgefühlen im Kinnbereich kommen. Diese Sensibilitätsstörungen sind meist vorübergehend und bilden sich nach wenigen Stunden oder Tagen zurück. Wenn das Taubheitsgefühl jedoch länger anhält, sollte der Zahnarzt kontaktiert werden.
- Schünke et al. (Hrsg.): Prometheus Lernatlas der Anatomie: Kopf, Hals und Neuroanatomie. 4. Auflage Thieme 2015
- Della Valle, Alexander, et al. Head and Neck Anatomy for Dental Medicine. Thieme, 2015.
- Aumüller et al.: Duale Reihe Anatomie. 1. Auflage Thieme 2006