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Das Kniegelenk sorgt im Alltag häufig für Beschwerden und Probleme. Das ist kaum verwunderlich, bei der Belastung, der es tagtäglich standhalten muss. Um die Erkrankungen verstehen zu können, lohnt sich ein tiefer gehender Blick in die Anatomie, Aufbau und Funktionsweise von einem der größten Gelenke des Körpers. Genau in diese Thematik bietet dieser Artikel einen Einstieg und beleuchtet am Ende verschiedene Krankheiten und Therapiemöglichkeiten.
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Kniegelenk – Definition und Aufbau
Das Kniegelenk (Articulatio genus) verbindet definitionsgemäß Oberschenkel mit dem Unterschenkel und lässt sich in zwei Teilgelenke einteilen: das Femoropatellar- und Femorotibialgelenk. Es handelt sich um ein sogenanntes Drehschaniergelenk, da es sowohl Beugung und Streckung als auch Innen- und Außenrotation ausführen kann.
Beteiligte Knochen umfassen das Femur, das Schienbein (Tibia) und die Kniescheibe (Patella). Das Wadenbein (Fibula) ist hingegen nicht an der Bildung des Kniegelenks beteiligt. Patella und Femur bilden das erste Teilgelenk (Articulatio femoropatellaris) und Femur mit Tibia verbinden sich zum zweiten (Articulation femorotibialis).
Da die Gelenkflächen nicht perfekt zusammenpassen, sorgt verschiedenes Weichteilgewebe für eine Stoßdämpfung. Zusätzlich wird das gesamte Gelenk über verschiedene Bandstrukturen stabilisiert.
Kniegelenk – Anatomie und Funktion
Um die Funktionsweise des Kniegelenks nachvollziehen zu können, ist ein detaillierter Blick auf die Anatomie erforderlich. Der Oberschenkelknochen (Femur) besitzt am unteren Ende zwei Gelenkfortsätze (Kondylen). Diese sind kugelartig nach außen gewölbt, sodass sie über den platten Kopf des Schienbeins gleiten können.
Bei einer Streckung (Extension) des Kniegelenks ist dieser Vorgang der erste Schritt und wird als Translationsbewegung bezeichnet, also eine Kombination aus Abrollen und Gleiten. Daran schließen sich ein alleiniges Abrollen sowie eine minimale Außenrotation des Unterschenkels an.
Für diese Streckung, Beugung und Drehung ist entsprechend der Anatomie vorwiegend das Femorotibialgelenk verantwortlich, während das andere Teilgelenk die Wirkung des Quadrizeps verstärkt. Es funktioniert als sogenanntes Hypomochlion, ein Widerlager, wodurch die Hebelwirkung des Muskels verstärkt wird. Das erklärt sich dadurch, dass die Sehne des Quadrizeps über die Kniescheibe zieht und an der Tibia ansetzt.
Da wie beschrieben die Knochen nicht passend (kongruent) sind, gibt es Weichteilgewebe, welches diese Inkongruenz teilweise ausgleichen kann. Hierzu gehören unter anderem eine vergleichsweise dicke Gelenkskapsel, Polsterfett zwischen Kniescheibe und Schienbeinknochen (Hoffa-Fettkörper) sowie Schleimbeutel für die ansetzenden Muskeln in diesem Abschnitt.
Bänder
Zu den Bandstrukturen des Knies zählen sowohl die Kreuzbänder als auch die Seitenbänder. Erstere sind von hoher Bedeutung für die Stabilisierung bei jeder Art von Bewegung und sie sind durchgehend auf Spannung. Es gibt ein vorderes und ein hinteres Kreuzband (Ligamentum cruciatus anterius bzw. posterius). Das vordere Band kreuzt von hinten oben nach vorne unten, das hintere Kreuzband von vorne oben nach hinten unten. Durch diese Anordnung wickeln sie sich beispielsweise bei einer Rotation nach innen umeinander.
Die Seitenbänder umfassen die seitlich am Knie innen und außen liegenden Bänder (Ligamentum collaterale tibiale bzw. fibulare). Sie entspannen sich bei einer Beugung des Knies, wodurch eine Drehung ermöglicht wird. Deswegen kann man das Knie nur drehen, wenn es gebeugt ist. Während der Streckung sind die Bänder gespannt und stabilisieren somit das Gelenk.
Weitere kleiner Bänder bestehen aus Sehnen des Quadrizeps.
Menisken
Menisken sind grundlegend Scheibenförmige Knorpel, die die Hauptaufgabe zum Ausgleich der oben beschriebenen Inkongruenz übernehmen. Man unterscheidet zwischen dem Innenmeniskus (Meniskus medialis) und dem Außenmeniskus (Meniskus lateralis). Der innen liegende ist fest mit dem medialen Seitenband verwachsen und somit unbeweglich und anfällig für Verletzungen. Der äußere Meniskus ist hingegen freibeweglich und kann somit extremere Bewegungen besser ausgleichen und wird seltener verletzt.
Kniegelenk – Erkrankungen und Therapien
Verletzungen am Knie sind vor allem im Zusammenhang mit Sportunfällen anzutreffen. Durch Wegknicken oder Drehungen werden die meisten Traumata verursacht, beispielsweise beim Fußball. Durch die Inkongruenz der Gelenkflächen ist das Knie enorm anfällig für Arthrose, die sogenannte Gonarthrose. Hierbei wird der Gelenkknorpel stark abgenutzt, bis zum Ende hin die Knochen direkt aufeinander reiben.
Verletzungen der Gelenkstrukturen
Der Kreuzbandriss ist wohl eine der bekanntesten Verletzungen am Knie. Hierbei reißt das vordere Kreuzband etwa neunmal häufiger als das hintere. Eine Ruptur zeigt sich symptomatisch unter anderem durch Schmerzen, Schwellung und eingeschränktes Beugen und Strecken. Eine spezielle Form beschreibt die „Unhappy Triad“. Hierbei reißen nicht nur das vordere Kreuzband, sondern auch das innere Seitenband und der damit verwachsene Innenmeniskus. Diese Verletzung tritt beispielsweise beim Skifahren häufig auf, wenn der Fuß im Schuh fixiert ist und sehr stark nach außen gedreht wird.
Weitere Verletzungen sind etwa der Kniegelenkserguss oder Risse in den Menisken.
Bei fast allen Bandverletzungen ist eine konservative oder operative Versorgung möglich. Ein chirurgischer Eingriff erfolgt vorwiegend bei jungen und aktiven Patienten und Patientinnen. Für die Reparatur wird grundsätzlich ein Teil einer Sehne, beispielsweise vom Musculus semitendinosus verwendet.
Untersuchungen am Kniegelenk
Bei Verdacht auf eine Verletzung der Strukturen im Kniegelenk kann im Rahmen der körperlichen orthopädischen Untersuchung bereits eine genauere Einschränkung auf die Ursache erfolgen. Dafür werden zunächst das Gangbild und die Beinachsen beobachtet, sowie die Lage der Patella beurteilt. Daran schließt sich ein ertasten der Kniescheibe und des anliegenden Weichteilgewebes an. Außerdem gehört zur Untersuchung die Beurteilung der Beweglichkeit, Schmerzen und Stabilität.
Kniegelenkersatz
Ein kompletter Ersatz des Knies gehört genauso wie Hüftprothesen zu den häufigsten Eingriffen im Krankenhaus. Bei einer weit fortgeschrittenen Arthrose im Kniegelenk (Gonarthrose) kommt dieser chirurgische Eingriff dementsprechend zum Zug. Selbstverständlich wird zuerst eine konservative Therapie angestrebt, bestehend aus Physiotherapie, physikalischer Therapie mit Wärme und Kälte oder orthopädisch via Gehstützen und Einlagen zur Entlastung und Dämpfung.
Für einen chirurgischen Gelenkersatz müssen verschiedene Kriterien vorliegen. Die Knieschmerzen bestehen für mindestens drei bis sechs Monate, eine konservative Therapie blieb ohne Erfolg und eine degenerative Erkrankung, beispielsweise also Arthrose, muss nachgewiesen sein. Zudem muss die Lebensqualität eingeschränkt sein, sodass das Risiko-Nutzen-Verhältnis ausgeglichen ist.
Es existieren vier wichtige Verfahren zur Gelenkprothese, die Schlittenprothese, die Patellofemorale Endoprothese, die Knie-Totalendoprothese (Knie-TEP) und die Arthrodese. Letztere beschreibt die komplette operative Versteifung des Knies bei sehr stark ausgeprägten Defekten. Eine Schlittenprothese (Unikondyläre Prothese) wird bei isolierter Arthrose im medialen, inneren Bereich angestrebt. Die zweite Form wird eingesetzt bei einer Arthrose im Bereich der Kniescheibe und eine vollständige Prothese im Rahmen der Knie-TEP umfasst den kompletten Ersatz beider Femurkondylen und der Gelenkfläche der Tibia.
Generell ist Arthrose nicht heilbar und wird dementsprechend trotz Ersatz weiter fortschreiten. Ein künstliches Kniegelenk hält in der Regel etwa 10-15 Jahre, bis eine weitere Operation eventuell notwendig wird.
Zur Prävention können Patienten und Patientinnen im Alltag knieschonende Sportarten wie Radfahren oder Schwimmen ausführen und eine gesunde Lebens- und Ernährungsweise anstreben. Auch Muskelaufbau spielt eine wichtige Rolle zur Vorbeugung von Verletzungen und Arthrose.
Häufige Fragen
- Was ist ein Drehschaniergelenk?
- Wie lange dauert die Rehabilitation nach einer Knie-OP?
- Wie teuer ist ein künstliches Kniegelenk
- Wie sieht ein künstliches Kniegelenk aus?
Der Gelenktyp des Drehschaniergelenks zeichnet sich durch die Bewegung in zwei Freiheitsgraden aus. Es ist eine Beugung und Streckung (Flexion und Extension) sowie eine Innen- und Außenrotation. Letzteres ist im Kniegelenk nur in gebeugtem Zustand durch die Entspannung der Seitenbänder möglich. Neben dem Kniegelenk zählt beispielsweise auch das Ellenbogengelenk.
Um wieder ausreichend Muskulatur um Bein aufzubauen und die Beweglichkeit wieder zu erlangen, ist nach jeder Kniegelenksoperation eine stationäre Rehabilitation vorgesehen. Die Entlassung aus dem Krankenhaus erfolgt in der Regel nach wenigen Tagen und bereits hier beginnt die Physiotherapie. Anschließend erfolgt eine Reha für drei bis vier Wochen. Nach Rückkehr in das Heimumfeld beginnt die ambulante Physiotherapie.
Die Kosten für ein neues Kniegelenk betragen in Deutschland etwa 7.000 Euro, können je nach Material, Qualität und Ausmaß allerdings auch noch bedeutend steigen. In den USA muss beispielsweise mit dem dreifachen Preis gerechnet werden.
Bei einer Knie-Totalendoprothese (Knie-TEP) werden zuerst die degenerierten Gelenkflächen des Schienbein- und Oberschenkelknochen entfernt. Anschließend werden auf diese Flächen die Prothesenbestandteile befestigt und angepasst. Der Zwischenraum wird mit einer Kunststoffeinlage, die als Gleitlager funktioniert, ausgefüllt. Ein künstliches Knie hat also den gleichen Aufbau wie das richtige Kniegelenk, nur die beschädigten Areale werden mit Prothesen ersetzt.
- Aumüller G et.al., Duale Reihe Anatomie, 5. Auflage, Thieme
- Bandverletzungen des Knies, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 02.05.2024)
- Oberschenkel und Knie, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 02.05.2024)
- Koxarthrose und Gonarthrose, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 02.05.2024)
- Operative Verfahren der Orthopädie, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 06.05.2024)