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Die Kollagene stellen eine Gruppe von Proteinen dar, die einen nicht unerheblichen Anteil an der Gesamtproteinmenge im menschlichen Körper ausmachen. Sie gehören zu den wichtigsten Faserbestandteilen und kommen in zahlreichen Geweben vor. Der Aufbau, die verschiedenen Typen sowie deren Vorkommen im Körper und damit assoziierte Erkrankungen, werden in diesem Artikel thematisiert.
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Kollagen – Definition
Kollagen gilt als der wichtigste Faserbestandteil von Gewebe wie Haut, Knochen, Knorpel, Sehnen, Blutgefäßen und Zähnen. Es macht etwa ein Viertel der Gesamtproteinmenge im menschlichen Körper aus und kommt in verschiedenen Typen vor.
Kollagen – Aufbau
Die dreidimensionale Struktur von Kollagen setzt sich aus drei linksgängigen, helikalen Aminosäureketten (Prokollagen) zusammen. Von diesen Aminosäureketten winden sich jeweils drei in Form einer rechtsgängigen Tripelhelix und bilden dadurch Fasern aus, die als Tropokollagen bezeichnet werden. Dabei sorgen Wasserstoffbrückenverbindungen zwischen den einzelnen Strängen für die Stabilität der Tripelhelix.
Des Weiteren bestehen die Kollagenketten aus einem hohen Anteil an Glycin und Prolin. Durch den hohen Anteil dieser Aminosäuren sind die Helices der Kollagenmoleküle länger gestreckt, was dazu führt, dass die Tripelhelix des Kollagens sehr eng und kompakt ist. Außerdem kommen auch hydroxylierte Aminosäuren wie Hydroxyprolin und Hydroxylysin, welche eine Quervernetzung der Proteine und somit die Ausbildung einer stabilen Kollagenmatrix ermöglichen, vor.
Kollagenfibrillen
Durch die Anlagerung von mehreren Kollagenmolekülen entstehen Kollagenfibrillen. Bei der Bildung der Kollagenfibrillen werden die einzelnen Moleküle gegeneinander versetzt, sodass eine (unter dem Elektronenmikroskop sichtbare) charakteristische Querstreifung entsteht. Die Bildung der Kollagenfibrillen findet im Extrazellulärraum statt, wo bestimmte Zellen (sogenannte Fibroblasten) für die sinnvolle Ausrichtung der Fasern verantwortlich sind. Je nach dem, in welchem Gewebe die Kollagenfibrillen vorkommen, haben sie unterschiedliche Durchmesser.
Eigenschaften von Kollagen
Die verschiedenen Kollagentypen weisen unterschiedliche Beschaffenheit aus, da sie sich den Eigenschaften des Gewebes, in dem sie vorkommen, anpassen müssen. So ist bei Bändern und Sehnen beispielsweise die Reißfestigkeit besonders wichtig, während es in Knochen mehr auf eine gewisse Flexibilität und im Knorpel auf Druckresistenz ankommt.
Relevanz von Kollagen in Medizinprodukten
Kollagen spielt nicht nur in den Geweben des menschlichen Körpers, sondern auch in der Produktion von bestimmten medizinischen Produkten eine wichtige Rolle. So werden aus Kollagenfasern beispielsweise resorbierbare Nahtmaterialien und Hauttransplantate hergestellt. In der plastischen Chirurgie kann Kollagen zudem als Injektionsmaterial zur Formung von äußeren Körperteilen (zum Beispiel Lippen) sowie zur Unterspritzung von Falten verwendet werden.
Kollagen – Typen
Mittlerweile kennt man 28 verschiedene Typen, die sich im menschlichen Körper befinden. Allerdings ist ihre Funktion teilweise noch nicht genau bekannt. Im Folgenden sind die einzelnen Kollagentypen und ihr Vorkommen aufgelistet:
- Kollagen I (faserbildend in Kollagenfasern): Haut, Knochen, Sehnen, Dentin, Faserknorpel, Kornea.
- Kollagen II (faserbildend): hyaliner Knorpel, elastischer Knorpel, Faserknorpel, Glaskörper.
- Kollagen III (faserbildend in Retikulinfasern): Haut, Skelettmuskulatur, Blutgefäße.
- Kollagen IV (netzförmig): Basallamina.
- Kollagen V (faserbildend): fetales Gewebe, Plazenta, Kornea.
- Kollagen VI (faserassoziiert, kugelförmig): Bindegewebe.
- Kollagen VII (Ankerfibrillen): Verankerung von Epithelien auf Basalmembran und Stroma.
- Kollagen VIII (netzförmig): Descemet-Membran.
- Kollagen IX (faserassoziiert): Knorpel, Corpus vitreum.
- Kollagen X (netzförmig): Wachstumszone des Knorpels.
- Kollagen XI (faserbildend): Knorpel.
- Kollagen XII (faserassoziiert): embryonale Haut und Sehnen.
- Kollagen XIII: Knochen, Knorpel, Haut, quergestreifte Muskulatur.
- Kollagen XIV: im intraneuralen Bindegewebe der Nerven, im Epi- und Perimysium.
- Kollagen XV: Basalmembran der Muskeln.
- Kollagen XVI: in inneren Organen, in den Augen und etwas im Muskelgewebe.
- Kollagen XVII (transmembranär): Assoziation mit Hemidesmosomen von Plattenepithelzellen der Epidermis.
- Kollagen XVIII: Die Funktion ist unbekannt.
- Kollagen XIX: (faserassoziiert): fetale Haut und fetale Sehnen.
Kollagen – Erkrankungen
Die Wichtigkeit des Kollagens für das Gewebe des menschlichen Körpers zeigt sich vor allem bei Erkrankungen, die durch einen Defekt des Kollagens zu teils sehr schwerwiegenden Symptomen führen. Zu diesen Krankheitsbildern zählen unter anderem das Ehlers-Danlos-Syndrom, die Glasknochenkrankheit (Osteogenesis imperfecta) und das Alport-Syndrom.
Ehlers- Danlos-Syndrom
Beim Ehlers-Danlos-Syndrom handelt es sich um eine Gruppe von Bindegewebsstörungen, die auf den Defekt von verschiedenen Genen zurückzuführen sind. Diese Defekte wirken sich unter anderem auch auf die Kollagensynthese aus, was zu den charakteristischen Symptomen führt.
Da Kollagenmoleküle eine wichtige Rolle für die Beschaffenheit des Bindegewebes von Haut, Gelenken und Blutgefäßen spielen, macht sich die Erkrankung vor allem hier bemerkbar. Es kommt zu einer Überdehnbarkeit des Bindegewebes, einer fehlenden Festigkeit sowie zu einem leichten Einreißen der betroffenen Strukturen.
Die Haut kann bei Patienten mit Ehlers-Danlos-Syndrom an Körperstellen wie am Hals, im Gesicht oder an den Gelenken um mehrere Zentimeter angehoben werden. Beim Loslassen schnellt die Haut dann sofort in die Ausgangsposition zurück. Des Weiteren kommt es auch zu einer verzögerten Wundheilung, sodass unzureichende Narben entstehen können.
Auch an den Gelenken zeigt sich eine Überbeweglichkeit, die eine Überstreckung und andere unphysiologische Bewegungen ermöglicht. Dies führt häufig zu Luxationen und Fehlstellungen. An den Blutgefäßen äußerst sich die Erkrankung wiederum vor allem durch eine erleichterte Zerreißbarkeit, die je nach Gefäß sowohl kleinere als auch zu größere Blutungen bedingen kann.
Bisher gibt es noch keine heilende Therapie, sodass das Ehlers-Danlos-Syndrom lediglich symptomatisch behandelt werden kann. Außerdem hat die Prävention von Komplikationen durch beispielsweise den Verzicht von stärkeren Belastungen für die Gelenke oder das Vermeiden von Traumata oder Operationen mit hoher Blutungsgefahr einen hohen Stellenwert.
Glasknochenkrankheit
Die Glasknochenkrankheit, welche man auch Osteogenesis imperfecta nennt, ist eine erbliche Erkrankung des Bindegewebes, die zu einer unvollständigen Knochenbildung und erhöhten Gefahr von Knochenbrüchen führt. Auch hier liegt ein Defekt in der Herstellung von Kollagen, welches sich auch in den Knochen befindet, vor. Die Erkrankung zeigt, je nach betroffenen Genen, entweder einen leichten oder einen schweren Verlauf. Bei letzterem kommt es zu multiplen Knochenbrüchen, einer Deformierung der Schädelkalotte, einer Verformung der Wirbelsäule und zu Kleinwuchs.
Darüber hinaus können auch Symptome auftreten, die andere Organsysteme betreffen. Hierunter zählen zum Beispiel blaue Skleren, Schwerhörigkeit, eine Störung der Zahnbildung oder eine Aorteninsuffizienz. Auch diese Erkrankung kann bislang nur symptomatisch behandelt werden. Dabei wird versucht, den Krankheitsverlauf mit Stoffen wie Calcitonin, Calciferol, Fluor und Bisphosphonaten zu verlangsamen. Die Knochenbrüche, die immer wieder entstehen, werden chirurgisch und orthopädisch versorgt.
Alport-Syndrom
Das Alport-Syndrom ist eine Erbkrankheit, welche die Nieren, das Innenohr und die Augen betrifft. Sie wird durch eine fehlerhafte Bildung eines bestimmten Kollagentyps versursacht, da dies zu einer Funktionsstörung der Basalmembranen führt. Aufgrund dieser Funktionsstörung kommt es zu einer Glomerulonephritis, Innenohrschwerhörigkeit und zu der Veränderung von Strukturen des Auges (zum Beispiel Hornhaut oder Linse). Die Erkrankung kann zur Zeit nicht geheilt werden, sodass die Therapie aus der Reduzierung der Symptome besteht. Weil es sich um eine Erbkrankheit handelt, sollten Betroffene zudem eine humangenetische Beratung in Anspruch nehmen
- Lüllmann-Rauch, Renate: Taschenlehrbuch Histologie, Thieme (Stuttgart: 6. Auflage, 2019)