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Kolostrum, die erste Milch, die eine Stillende nach der Geburt produziert, spielt eine entscheidende Rolle in der Ernährung und dem Immunschutz eines Neugeborenen. Diese dickflüssige, gelbliche Substanz strotzt vor Nährstoffen. Sie enthält vor allem viele Vitamine und Antikörper, die das Immunsystem des Babys stärken und es vor Infektionen schützen. In den ersten Tagen nach der Geburt nehmen Neugeborene das Kolostrum auf. Es hilft ihnen, eine gesunde Darmflora zu entwickeln und wichtige Wachstumsfaktoren zu erhalten. Kliniken und Gesundheitsfachkräfte weltweit fördern aktiv das frühe Stillen, um sicherzustellen, dass jedes Baby die Vorteile dieses „flüssigen Goldes“ erhält.
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Kolostrum – Definition
Kolostrum (oder Vormilch) ist die erste Form von Muttermilch, die die Brustdrüsen nach der Schwangerschaft produzieren, typischerweise in den ersten Tagen nach der Geburt. Diese dicke, gelbliche Flüssigkeit ist besonders reich an Proteinen, Antikörpern und wichtigen Nährstoffen, die für das Neugeborene entscheidend sind. Kolostrum enthält hohe Konzentrationen an Immunglobulinen, insbesondere IgA, die dem Neugeborenen helfen, Infektionen abzuwehren, und fördert zudem die Entwicklung des Verdauungssystems.
Kolostrum – Zusammensetzung
Der Beginn der Laktation (Milcheinschuss) setzt meist um den dritten Tag nach der Geburt (post partum) ein. Für etwa drei Tage wird nun die sogenannte Vormilch – das Kolostrum – produziert. Dieses ist mit 67 kcal pro 100 ml deutlich energieärmer als die reife Muttermilch und beinhaltet weniger Lipide. Dafür ist die Laktosekonzentration geringfügig, die Proteinkonzentration in der Vormilch deutlich erhöht. Dies betrifft Immunstimulanzien: Gerade IgA (Antikörper), Abwehrzellen und Lysozym finden sich hier vermehrt. Die gelbliche Farbe des Kolostrum kommt vor allem durch den hohen Anteil an beta-Carotiden. Es kann aber auch einen bräunlichen oder grünlichen Farbton haben. Fettlösliche Vitamine (primär Vitamin A) und Mineralstoffe, wie Zink, Magnesium und Kupfer, liegen ebenfalls in deutlich erhöhten Verhältnissen vor.
Was ist die richtige Menge Muttermilch?
Genau wie die Zusammensetzung entwickelt sich auch die Menge der Muttermilch über die Wochen post partum und passt sich der Größe des Magens des Säuglings an: Während dieser am ersten Tag noch etwa 7 ml fasst (kirschgroß), sind es am dritten Tag bereits 27 ml (Größe einer Walnuss). Nach einer Woche kann die Größe des Säuglingsmagens mit einer Apfelsine verglichen werden, nach vier Wochen bereits mit einem Hühnerei. Der Körper passt die Nährstoff und Milchmengen den Bedürfnissen an. Die Milchproduktion kann dabei gefördert werden, indem man den Säugling regelmäßig an die Brust anlegt und Saugen lässt.
Vormilch – Funktion
Das Kolostrum ist auf die Bedürfnisse des Säuglings in den ersten Tagen nach der Geburt abgestimmt. Seine Nährstoffgehalt sind deutlich geringer als in der späteren reifen Milch und besonders der Fettgehalt nimmt erst mit der Übergangsmilch deutlich zu. Seine Proteine und Oligosaccharide (Humane-Oligosaccharide, HMOs) tragen zur Entwicklung des Mikrobioms im Darm teil und haben außerdem eine abführende Wirkung: Durch den vermehrten Stuhlgang kann beispielsweise das fetale Bilirubin abgeführt werden und ein eventuell bestehender Neugeborenenikterus bildet sich schneller zurück.
Eine besonders entscheidende Rolle spielt das Kolostrum bei der Entwicklung des Immunsystems eines Neugeborenen. Es ist reich an Immunoglobulinen, insbesondere IgA, die eine schützende Schicht auf den Schleimhäuten des Darms, der Nase und des Rachens bilden und so das Eindringen von Krankheitserregern verhindern. Darüber hinaus enthält es hohe Mengen an Leukozyten, die aktiv gegen Infektionen kämpfen. Die Antikörper und andere bioaktive Moleküle helfen dem Neugeborenen, in den ersten Lebenstagen Immunität gegen zahlreiche Krankheitserreger aufzubauen. Dadurch wird das Risiko von Infektionen und Krankheiten erheblich reduziert und ein gesundes Immunsystem gefördert.
Besondere Bedeutung bei Frühchen
Bei einer Frühgeburt kann ab der 16. Schwangerschaftwoche bereits das Kolostrum gebildet werden. Dieses behält dann länger seine Zusammensetzung, bevor die Muttermilch zur Übergangs- und dann zur reifen Milch wird. Diese „Pretermmilch“ hat hier über eine längere Zeit eine bedeutendere Rolle zur Ausbildung der Immunkompetenz des Säuglings.
Kolostrum – Klinik
In klinischen Zusammenhängen wird die Bedeutung des Kolostrums häufig betont, da es essenziell für den Aufbau des Immunsystems eines Neugeborenen ist. Kliniken ermutigen Stillende, ihr Baby so früh wie möglich nach der Geburt an die Brust anzulegen, um sicherzustellen, dass das Kind die vollen Vorteile des Kolostrums erhält. Dieses Vorgehen kann das Risiko von Neugeboreneninfektionen erheblich verringern und die allgemeine Gesundheit des Säuglings verbessern.
Hypogalaktie
Hypogalaktie ist eine medizinische Bedingung, bei der die Milchproduktion der Mutter unzureichend ist, um den Bedarf des Säuglings zu decken. Diese geringe Milchproduktion kann eine Vielzahl von Faktoren verursacht werden, darunter hormonelle Ungleichgewichte, unzureichende Stimulation der Brustdrüsen, bestimmte Medikamente oder gesundheitliche Probleme der Mutter wie Polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS) oder Diabetes. Psychologische Faktoren wie Stress und Angst können ebenfalls eine Rolle spielen. Hypogalaktie kann sowohl für die Mutter als auch für das Kind belastend sein, da sie zu einer unzureichenden Nährstoffversorgung des Säuglings führen kann. In solchen Fällen werden oft Maßnahmen empfohlen, wie das häufigere Anlegen des Kindes an die Brust, das Abpumpen von Milch und die Beratung durch StillberaterInnen, um die Milchproduktion zu steigern und sicherzustellen, dass der Säugling ausreichend ernährt wird.
Häufige Fragen
- Kann man Kolostrum vor der Geburt abpumpen?
- Wie sieht das Kolostrum aus?
- Wie lange hat man das Kolostrum?
- Wie lange kann man Kolostrum aufbewahren?
Ja, es ist möglich, Kolostrum vor der Geburt abzupumpen, normalerweise ab der 37. Schwangerschaftswoche. Dies kann hilfreich sein, um eine Reserve für das Neugeborene zu haben, besonders bei erwarteten Stillproblemen oder gesundheitlichen Bedingungen. Allerdings sollte dies unter ärztlicher Aufsicht erfolgen, um vorzeitige Wehen zu vermeiden.
Kolostrum ist eine dickflüssige, gelbliche bis goldene Substanz. Es hat eine cremige Konsistenz und ist in der Regel dunkler und dichter als die reife Muttermilch, die später produziert wird. Diese charakteristische Farbe und Textur resultieren aus den hohen Konzentrationen an Proteinen, Antikörpern und anderen bioaktiven Substanzen, die im Kolostrum enthalten sind.
Kolostrum wird typischerweise in den ersten zwei bis fünf Tagen nach der Geburt produziert. Danach beginnt die Übergangsphase, in der die Muttermilch allmählich in die reifere Form übergeht. Diese Übergangsmilch hat eine höhere Menge an Fett und Kalorien, um den wachsenden Energiebedarf des Säuglings zu decken.
Kolostrum kann bei Zimmertemperatur (etwa 25°C) bis zu 24 Stunden aufbewahrt werden. Im Kühlschrank (bei etwa 4°C) bleibt es bis zu vier Tage lang haltbar. Wenn es eingefroren wird (bei -18°C oder kälter), kann Kolostrum bis zu sechs Monate lang gelagert werden.
- Weyerstahl T, Stauber M, Hrsg. Duale Reihe Gynäkologie und Geburtshilfe. 4. vollständig überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme; 2013