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Kortisol gehört zu den bekanntesten Hormonen und trägt oft den Titel „Stresshormon“. Dabei löst es eine Fülle von Effekten aus, die sich nicht nur auf die sofortige Abwehr von Gefahren, sondern auch langfristig auf Stoffwechselprozesse im Körper auswirken.
Dieser Artikel erläutert die wichtigsten Wirkweisen des Hormons und zeigt in diesem Zusammenhang verschiedene Einsatzmöglichkeiten des synthetischen Äquivalents von Kortisol, des Cortisons, in der medizinischen Therapie auf.
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Kortisol – Definition
Kortisol gehört zu den wichtigsten Botenstoffen im Rahmen der Stress- und Fluchtreaktion des Körpers. Es spielt eine essenzielle Rolle für die körperliche Leistungsfähigkeit bei Anstrengung und potenziellen Gefahrensituationen. Seine Synthese erfolgt in der Rinde der Nebenniere, dem Cortex glandulae suprarenalis, weswegen auch die Schreibweise Cortisol verbreitet ist. Einer der Ausgangsstoffe für die Kortisolproduktion ist Cholesterin.
Die Gruppe der körpereigenen sowie der synthetisch hergestellten Stresshormone (meist Kortison, das der Körper zu aktivem Kortisol umbaut) fasst die Medizin unter dem Begriff „Glukokortikosteroide“ zusammen und deutet dabei deren Wirkung auf den Blutzuckerstoffwechsel, den Glukosehaushalt, an.
Die Ausschüttung von Kortisol erfolgt nach entsprechendem Signal aus der Hirnanhangsdrüse. Diese setzt das adrenocorticotrope Hormon (ACTH) frei und regt somit die Glukokortikoidbildung in der Nebennierenrinde an.
Kortisol – Wirkung und Funktion
Kortisol beeinflusst den Energiehaushalt und ergänzt dabei als langwirksamer Botenstoff die Effekte von Adrenalin und Noradrenalin, die als Katecholamine für die sofortige Kreislaufstabilisierung in Stresssituationen eintreten. Die Haupteffekte von Kortisol betreffen die Stabilisierung des Blutzucker-Spiegels, es bestehen jedoch viele weitere komplexe Zusammenhänge in der hormonellen Regulation.
Herz-Kreislauf-System
Kortisol regt einerseits eine Steigerung der Rückaufnahme von Natriumionen und Wasser in der Niere und zeitgleich ein verstärktes Ansprechen der Blutgefäßwände auf die Katecholamine an. Dies bewirkt eine Erhöhung des Blutvolumens und eine Verengung der Gefäße, was den arteriellen Blutdruck steigert. In der Folge verbessert sich die Durchblutung des Körpers, die Muskulatur wird leistungsfähiger. Im Falle des Eindringens von Krankheitserregern, was ebenfalls eine Form des Stresses darstellt, können die Abwehrzellen schneller zum Angriffsort gelangen und das Immunsystem kann die Angreifer besser eliminieren. Während diese Effekte in akuten Situationen förderlich sind, führt ein dauerhafter Überschuss von Kortisol zu einer zunehmenden Verkalkung der Blutgefäßwände und die Herzstruktur wird aufgrund des Bluthochdrucks umgebaut. Damit steigt das Risiko für die Entwicklung einer koronaren Herzkrankheit (KHK), von Herzinfarkten und Schlaganfällen.
Wenngleich die KHK selbst den Kortisol-Spiegel wiederum leicht zu senken scheint, kann dieser Effekt die negativen Folgen des vorherigen Hormonüberschusses nicht kompensieren. Denn unter geringerem Kortisoleinfluss nehmen Entzündungsprozesse im Körper wieder zu, die ihrerseits die Blutgefäße weiter schädigen.
Zentrales Nervensystem
Im Zentralen Nervensystem bewirkt Kortisol über eine Rückkopplung eine Hemmung der ACTH-Bildung. Somit regulieren sich die Kortisol-Spiegel im gesunden Organismus selbst und verhindern einen Hormonüberschuss. Zeitgleich unterdrückt Kortisol den Eintritt des Sättigungsgefühls und sorgt dafür, dass der Körper bei entsprechender Verfügbarkeit beständig weitere Energie aufnimmt.
Darüber hinaus scheint ein wechselseitiger Effekt von Kortisol und Depressionen zu bestehen. So weisen depressive Menschen chronisch erhöhte Kortisol-Spiegel auf, während chronischer Stress das Auftreten von depressiven Symptomen begünstigt. Ob letzteres direkt auf den Einfluss von Kortisol zurückzuführen ist, oder ob hier nur ein indirekter Zusammenhang besteht, ist wissenschaftlich noch nicht eindeutig bewiesen.
Glatte Muskulatur
Kortisol erhöht das Ansprechen der glatten Muskulatur in den Blutgefäßwänden auf Adrenalin und Noradrenalin und steigert somit den Blutdruck. Auch in den Bronchien wirkt es auf die Muskulatur. Hier löst es eine Erweiterung der Atemwege aus, was ein gewünschter Effekt in der Behandlung akuter bronchialer Verengungen ist.
Mobilisierung von Energiereserven
Die Bereitstellung von Glukose als Energieträger durch Kortisol gehört zu den grundlegenden Effekten des Hormons im Rahmen der Stressreaktion. Mit steigendem Blutkortisol-Spiegel erhöht sich die Rate der Glukoneogenese, gleichzeitig kommt es zu einer Insulinresistenz in Muskelzellen, Leber und Fettgewebe, sodass der Blutzucker-Spiegel ansteigt, weil die aufgenommenen Zuckermoleküle nicht mehr in die Zellen und Gewebe abwandern können. Darüber hinaus verstärkt es die fettabbauenden Effekte der Katecholamine und begünstigt somit den Zugriff auf die Reserven.
Sonstige Effekte
Kortisol ist im gesunden Organismus in den Knochenstoffwechsel involviert und sorgt für ein Gleichgewicht zwischen Knochenaufbau und Knochenabbau. Kommt es zu einer erhöhten Kortisolausschüttung im Körper oder werden Glukokortikoide über längere Zeit dem Körper zugeführt, so kann der Knochenabbau im Verlauf dem Aufbau überwiegen. Dies ist unter anderem durch eine Steigerung der Sekretion von Calcium über die Niere bedingt, was durch Kortisol gefördert wird. Damit birgt ein dauerhafter Überschuss des Hormons das Risiko der Entwicklung einer Osteoporose, im Rahmen derer die Knochen bereits bei leichten Traumata brechen.
Kortisol unterstützt das Immunsystem bei der Reaktion auf eine akute Bedrohung durch Bakterien, Viren und andere Krankheitserreger. Es fördert die Ausschüttung von weißen Blutkörperchen, den Leukozyten, sowie roten Blutkörperchen und Gerinnungszellen aus dem Knochenmark. Insbesondere die Leukozytenausschüttung lässt sich kurz nach der Verabreichung von Kortisonpräparaten im Blutbild nachweisen. Kortison hemmt damit nicht nur extern ausgelöste Erkrankungen, sondern unterdrückt auch Entzündungsprozesse und Autoimmunkrankheiten, weswegen es zur Therapie derartiger Krankheitsbilder eingesetzt wird. Langfristig resultiert aus erhöhten Kortisol-Spiegeln allerdings eine Unterdrückung des Immunsystems, insbesondere im Bereich der spezifischen Abwehr auf Krankheitserreger, sodass der Körper anfälliger für Krankheiten wird.
Das Cushing-Syndrom ist eine Erkrankung, bei der es zu einer vermehrten Synthese von Kortisol kommt. Dies äußert sich unter anderem in dauerhaft erhöhten Blutzuckerwerten und Übergewicht, aber auch durch Knochenstoffwechselstörungen und eine erhöhte Infektneigung. Ursächlich für das Cushing-Syndrom ist meist eine übermäßige ACTH-Bildung durch einen (oft gutartigen) Tumor der Hirnanhangsdrüse. Es kann jedoch auch im Rahmen eines Lungentumors zur massiven ACTH-Produktion kommen oder eine lokale Enthemmung der Nebennierenrinde löst den Kortisolüberschuss aus.Cushing-Syndrom
Kortisol – Abbau
Kortisol wird in der Leber durch enzymatische Spaltung abgebaut. Hiernach erfolgt die Ausscheidung der resultierenden Bestandteile mit dem Urin.
Häufige Fragen
- Was ist die Wirkung von Kortisol?
- Was erhöht den Kortisol-Spiegel?
- Was passiert, wenn der Körper zu viel Kortisol hat?
- Wann wird Kortisol ausgeschüttet?
Kortisol unterstützt die Stress- und Fluchtreaktion durch eine erhöhte Bereitstellung von Energie und eine Steigerung des Blutdrucks. Es begünstigt die akute Infektreaktion und hemmt autoimmune Prozesse im Körper.
Stress auf körperlicher oder mentaler Ebene und der Kontakt mit Krankheitserregern führen zu einem Anstieg des Kortisol-Spiegels. Dies könnte auch eine Erklärung für das häufig gemeinsame Auftreten von Depressionen und erhöhten Blutkortisolwerten sein.
Akut erhöhte Kortisol-Spiegel bewirken eine Entzündungshemmung und Blutdrucksteigerung und können durchaus gewünscht sein, etwa im Rahmen der Behandlung einer Autoimmunerkrankung. Kommt es jedoch zu einer dauerhaften Anhäufung von Kortisol über das gesunde Maß hinaus, so kann dies über eine Störung des Blutzuckerstoffwechsels bis hin zur Zuckerkrankheit führen, Bluthochdruck verursachen und die Verkalkung der Blutgefäße beschleunigen, was Herzinfarkte und Schlaganfälle verursachen kann. Auch das Immunsystem leidet unter einer dauerhaften Kortisolerhöhung, es kommt zur Abwehrschwäche und Infektanfälligkeit.
Kortisol wird vor allem in den Morgenstunden ausgeschüttet, um den Körper für den Start in den Tag vorzubereiten, und darüber hinaus in allen möglichen Stress- und Bedrohungssituationen.
Cortisol, https://flexikon.doccheck.com/... (Abrufdatum: 10.12.2024)
Cortisol und Knochen – Freunde oder Feinde, https://www.endokrinologie.net/... (Abrufdatum: 10.12.2024)
Depressionen erhöhen das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen: Cortisol spielt dabei eine Rolle, https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/66081/Depressionen-erhoehen-das-Risiko-fuer-kardiovaskulaere-Erkrankungen-Cortisol-spielt-dabei-eine-Rolle#:~:text=aerzteblatt.de&text=%E2%80%9ECortisol%20erf%C3%BCllt%20bei%20Stress%20eine,lagen%20die%20Cortisolwert (Abrufdatum: 10.12.2024)
Müssig, Prof. Dr. med. K., Seltene Diabetesursachen und die Kunst, daran zu denken! In: Info Diabetologie, Springer, Ausgabe 4/2021.
Pongratz, Georg. Das gestresste Immunsystem und Autoimmunität. In: Aktuelle Rheumatologie, Thieme Verlag, Ausgabe 3/2021, S. 258-266.