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Das Kurzzeitgedächtnis ist ein wichtiger Bestandteil des Gedächtnissystems vom Mensch. Dieses ermöglicht, Informationen für eine begrenzte Zeit aktiv zu halten und zu verarbeiten. Es ist eine Art „Arbeitsgedächtnis“, das uns dabei hilft, Informationen aus der Umgebung aufzunehmen, auf sie zu reagieren und sie für eine begrenzte Zeit im Bewusstsein zu halten, um sie dann entweder zu vergessen oder ins Langzeitgedächtnis zu transferieren. Das Kurzzeitgedächtnis, ein Speicher, ist eng mit der Aufmerksamkeit verbunden. Es spielt eine wichtige Rolle in vielen kognitiven Prozessen wie Lernen, Problemlösung und Entscheidungsfindung.
Dieser Artikel bietet einen Überblick zu den wichtigsten Informationen bezüglich Definition, Arbeitsweise und Funktion des Kurzzeitgedächtnisses, inklusive einiger häufiger Krankheiten und Störungen.
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Kurzzeitgedächtnis – Definition
Das Kurzzeitgedächtnis ermöglicht es, eine begrenzte Menge an Informationen für kurze Zeit aktiv zu halten und zu verarbeiten. Wäre unser Gedächtnis ein Computer, wäre es der „Download-Ordner“, der nur kurze Zeit eine Datei speichert, bis sie an der richtigen Stelle einsortiert wird. Das Kurzzeitgedächtnis ermöglicht es uns also, Informationen aus der Umgebung im Alltag aufzunehmen und auf sie zu reagieren. Es hat eine begrenzte Kapazität und die Informationen darin werden normalerweise innerhalb von Sekunden oder Minuten vergessen, wenn sie nicht aktiv wiederholt oder in das Langzeitgedächtnis transferiert werden.
Konzeptidee
Das Konzept des Kurzzeitgedächtnisses wurde erstmals in den 1950er Jahren von dem Psychologen George Miller vorgeschlagen.
Kurzzeitgedächtnis – Arbeitsweise und Funktion
Das genaue Funktionsprinzip des Kurzzeitgedächtnisses ist noch nicht vollständig entschlüsselt, aber es wird angenommen, dass es auf neuronaler Ebene durch synaptische Verbindungen zwischen den Nervenzellen im Gehirn ermöglicht wird. Wenn wir neue Informationen aufnehmen, werden diese für kurze Zeit zwischengespeichert. Diese Informationen können dann durch Wiederholung oder sog. „Mental Rehearsal“ aktiv gehalten werden.
Es wird angenommen, dass das Kurzzeitgedächtnis nur dann Informationen speichern kann, wenn wir uns aktiv auf sie konzentrieren. Wenn wir abgelenkt oder gestresst sind, kann dies die Fähigkeit beeinträchtigen, Informationen zu speichern und zu verarbeiten. So verlegen wir beispielsweise Dinge, wenn wir nebenher etwas anderes tun.
Wenn Informationen im Kurzzeitgedächtnis nicht aktiv gehalten oder in das Langzeitgedächtnis übertragen werden, werden sie normalerweise innerhalb von Sekunden oder Minuten vergessen. Der Prozess der Übertragung von Informationen vom Kurzzeitgedächtnis ins Langzeitgedächtnis ist komplex und hängt von verschiedenen Faktoren wie Wiederholung, Bedeutung, Emotionen und Vorwissen ab.
Kurzzeitgedächtnis – Kapazität
Das Kurzzeitgedächtnis hat eine begrenzte Kapazität, was bedeutet, dass es nur eine begrenzte Anzahl von Informationen im Gehirn gleichzeitig aufnehmen und speichern kann. Die genaue Kapazität ist jedoch umstritten und wird von Studie zu Studie unterschiedlich angegeben.
Die Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses wird in der Regel mit der Zahl der sogenannten „Chunks“ (englisch: Stücke, Brocken) angegeben. Das sind Gruppen von Informationen, die als eine Einheit betrachtet werden können. Die Kurzzeitgedächtnis-Kapazität wird auf etwa 7 +/- 2 Chunks geschätzt, was bedeutet, dass die meisten Menschen etwa fünf bis neun Einheiten (Mittelmaß: 7, Abweichwert: 2) von Informationen im Kurzzeitgedächtnis behalten können. Dies wird als das „magische“ Zahl-7-Prinzip bezeichnet und besagt, dass das Kurzzeitgedächtnis in der Lage ist, sieben Einheiten von Informationen (z.B. Wörter, Namen, Zahlen oder Objekte) plus oder minus zwei aufzunehmen.
Gedächtniskünstler/innen widerlegen diese These jedoch; und vermutlich auch jede Menge Kellner/innen. Hierzu gibt es auch Untersuchungen, die darauf hindeuten, dass die Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses durch Training und Übungen verbessert werden kann. Einige Forscher/innen schlagen daher z.B. auch vor, dass die Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses je nach Art der Informationen und der Aufgabe, die ausgeführt wird, variieren kann. Dies würde dann auch die „Ausreißer/innen“ der Gedächtniskünstler/innen und Kellner/innen erklären.
Weiterhin interessant im Zusammenhang mit dem Kurzzeitgedächtnis ist die Dauer, für die Informationen im Kurzzeitgedächtnis aktiv gehalten werden können. Es wird angenommen, dass das Kurzzeitgedächtnis Informationen für etwa 20 bis 30 Sekunden speichern kann, bevor sie verloren gehen oder ins Langzeitgedächtnis übertragen werden müssen. Allerdings kann die Dauer der Speicherung von Informationen durch Wiederholung oder Verwendung von Gedächtnistechniken wie Chunking oder Mnemotechniken verlängert werden.
Kurzzeitgedächtnis – Zusammenspiel mit Langzeitgedächtnis
Das Kurzzeitgedächtnis und das Langzeitgedächtnis sind zwei wichtige Komponenten des Gedächtnissystems.
Das Kurzzeitgedächtnis ist dafür verantwortlich, eine begrenzte Menge an Informationen für eine kurze Zeit aktiv zu halten und zu verarbeiten. Im Gegensatz dazu ist das Langzeitgedächtnis dafür verantwortlich, Informationen für einen längeren Zeitraum zu speichern, manchmal für Tage, Wochen oder sogar Jahre. Das Langzeitgedächtnis hat eine unbegrenzte Kapazität und kann eine große Menge an Informationen im Erinnerungsvermögen speichern. Es kann in episodisches Gedächtnis (Erinnerungen an vergangene Ereignisse), semantisches Gedächtnis (Wissen über die Welt) und prozedurales Gedächtnis (Fähigkeiten und Gewohnheiten) unterteilt werden.
Das Kurzzeit- und das Langzeitgedächtnis sind nicht strikt voneinander getrennt, sondern arbeiten eng zusammen. Informationen müssen z.B. vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis übertragen werden, um für längere Zeit gespeichert zu werden. Sie können nicht direkt ins Langzeitgedächtnis eingespeichert werden. Dieser Prozess der Übertragung wird Konsolidierung genannt und beinhaltet die Stärkung der Verbindungen zwischen den Neuronen, die für die Speicherung der Informationen verantwortlich sind. Die Konsolidierung von Informationen ins Langzeitgedächtnis hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. der Bedeutung der Informationen, der Wiederholung, der Emotionen und dem Vorwissen.
Kurzzeitgedächtnis – Wichtige Krankheiten und Störungen
Störungen des Kurzzeitgedächtnisses können durch verschiedene Faktoren verursacht werden, z.B. neurologische Erkrankungen, Verletzungen des Gehirns, Vergiftungen, Stress und Müdigkeit. Hier sind einige Beispiele für häufige Störungen des Kurzzeitgedächtnisses:
- Amnesie: Eine Form des Gedächtnisverlusts, bei der es zu einer Störung der Fähigkeit kommt, neue Informationen ins Kurzzeitgedächtnis aufzunehmen und zu behalten.
- Korsakow-Syndrom: Eine schwere Form der Amnesie, die häufig bei Alkoholmissbrauch und Vitamin-B1-Mangel auftritt und mit einer Schädigung des Gehirns einhergeht.
- Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS): Eine psychische Störung, bei der es zu einer Störung der Aufmerksamkeit kommt, was sich auf die Fähigkeit auswirken kann, Informationen ins Kurzzeitgedächtnis aufzunehmen und zu behalten.
- Schlafentzug: Chronischer Schlafmangel oder -entzug kann sich negativ auf die Fähigkeit auswirken, Informationen ins Kurzzeitgedächtnis aufzunehmen und zu behalten.
- Akute Stressreaktion: Stress oder bestimmte Ausnahmesituationen können dazu führen, dass das Kurzzeitgedächtnis beeinträchtigt wird, indem es schwieriger wird, Informationen aufzunehmen und zu behalten.
- Hirnverletzungen: Schäden an bestimmten Gehirnregionen können sich negativ auf die Fähigkeit auswirken, Informationen ins Kurzzeitgedächtnis aufzunehmen und zu behalten.
Kurzzeitgedächtnis trainieren
Eine Studie aus dem Jahr 2013 ergab, dass das Kurzzeitgedächtnis durch Kaugummikauen verbessert werden kann: Die Studie zeigte, dass das Kaugummikauen die kognitive Leistungsfähigkeit und das Gedächtnis verbessert, vermutlich durch eine erhöhte Durchblutung des Gehirns.
Eine andere Studie aus dem Jahr 2015 ergab, dass das Kurzzeitgedächtnis durch Training mit Videospielen verbessert werden kann: Die Studie zeigte, dass Personen, die regelmäßig Videospiele spielten, eine bessere Leistung im Kurzzeitgedächtnistest zeigten als Personen, die keine Videospiele spielten.
Es gibt auch einige erstaunliche Fälle von Menschen, die ein außergewöhnlich gutes Kurzzeitgedächtnis haben: Zum Beispiel hat der amerikanische Savant Kim Peek, der als Vorlage für den Film „Rain Man“ diente, ein phänomenales Gedächtnis. Er konnte sich an fast alle Details erinnern, die er jemals gelesen oder gehört hatte, und konnte eine riesige Menge an Informationen im Kurzzeitgedächtnis speichern.
Forscher/innen haben herausgefunden, dass das Kurzzeitgedächtnis durch Multitasking negativ beeinflusst wird: Wenn wir versuchen, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun, wie z.B. gleichzeitig eine E-Mail zu schreiben und am Telefon zu sprechen, beeinträchtigt dies unsere Fähigkeit, Informationen im Kurzzeitgedächtnis zu halten und zu verarbeiten.
1. NDR, Ratgeber Gesundheit, Wie sich unser Gehirn Dinge merkt, https://www.ndr.de/... (Abrufdatum: 17.04.2023).
2. Unvergesslich, Glossar, Kurzzeitgedächtnis, https://www.unvergesslich.de/... (Abrufdatum: 17.04.2023).
3. Spektrum, Lexikon Biologie, Kurzzeitgedächtnis, https://www.spektrum.de/... (Abrufdatum: 17.04.2023).