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Lymphozyten bilden eine Untergruppe der weißen Blutzellen und übernehmen mit der gezielten Abwehr von Infektionserregern oder andere Fremdstoffen eine lebenswichtige Aufgabe im menschlichen Körper. Wie sie aussehen, welche Arten von Lymphozyten es gibt und von welchen Erkrankungen sie betroffen sein können, behandelt dieser Artikel.
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Lymphozyten – Definition
Lymphozyten sind ein zellulärer Bestandteil des Blutes und zählen zu den weißen Blutkörperchen (Leukozyten). Sie umfassen die B-Zellen, die T-Zellen und die natürlichen Killerzellen. Im peripheren Blut (also außerhalb der blutbildenden Organe) sind ungefähr 25 bis 40 Prozent der weißen Blutkörperchen Lymphozyten.
Lymphozyten – Übersicht und Funktion
Lymphozyten entstehen aus Vorläuferzellen von pluripotenten Stammzellen im Knochenmark. Manche reifen dort zu differenzierten B-Lymphozyten, während andere im Thymus zu T-Lymphozyten reifen. Anschließend wandern die beide Formen in Lymphknoten, die Milz und andere lymphatische Organe, wo sie ihre weitere Entwicklung durchlaufen. Ihre Differenzierung wird durch die Produktion von Zytokinen durch T-Helferzellen unterstützt. Sie lassen sich in B-Lymphozyten, T-Lymphozyten und natürliche Killerzellen unterteilen.
B-Lymphozyten
B-Lymphozyten reifen in den lymphatischen Geweben von verschiedenen Schleimhäuten und in Lymphknoten heran. Ihre Hauptaufgabe besteht in der Produktion von Antikörpern gegen fremde Antigene. Man kann sie weiter untergliedern in sogenannte naive B-Zellen, die noch keinen Kontakt zu einem Antigen hatten, Plasmazellen und B-Gedächtniszellen. Bei Plasmazellen handelt es sich um das reifste Differenzierungsstadium der B-Lymphozyten, sodass sie nicht mehr teilungsfähig sind.
B-Gedächtniszellen haben im Rahmen einer durchgemachten Infektion Antikörper zu einem spezifischen Antigen gebildet und können sich bei einer erneuten Infektion viel schneller als andere Lymphozyten zu Plasmazellen umwandeln, die Antikörper gegen das spezifische Antigen produzieren. Sie gelten daher als Informationsspeicher zur Bildung von Antikörpern gegen eine Krankheit, die man bereits durchgemacht hat.
T-Lymphozyten
T-Lymphozyten reifen im Thymus heran und erkennen direkt fremde Zellen. Die wichtigsten Unterformen stellen die zytotoxischen T-Zellen und die T-Helferzellen dar. Zytotoxische T-Zellen binden, sobald sie einen Krankheitserreger wie zum Beispiel ein Virus in einer Zelle erkannt haben, an spezifische Rezeptoren der Zelle und lösen dadurch zahlreiche Reaktionen aus. Dies bedingt die Ausschüttung von zytotoxischen Proteinen (unter anderem Perforin) und anschließend den programmierten Zelltod (Apoptose) der Zielzelle. Dabei tragen die zytotoxischen T-Zellen stets vorgefertigte Granula mit zytotoxischen Proteinen in sich und können befallene Zielzellen daher in einer hohen Geschwindigkeit abtöten.
T-Helferzellen sind für die Erkennung von Antigenen verantwortlich, die ihnen von antigenpräsentierenden Zellen präsentiert werden. Im Gegensatz zu den zytotoxischen T-Zellen besitzen sie keine zytotoxische Aktivität und sind auch nicht in der Lage, Krankheitserreger oder andere schädliche Stoffe aufzunehmen (Phagozytose). Nach der Erkennung eines Antigens leiten sie allerdings eine Immunantwort ein und aktivieren durch die Ausschüttung von Zytokinen andere Komponenten des Immunsystems. Dazu zählen unter anderem B-Zellen, natürliche Killerzellen, Makrophagen sowie neutrophile und eosinophile Granulozyten.
T-Helferzellen bei einer HIV-Infektion
Im Rahmen einer HIV-Infektion kommt es vor allem in der späteren Phase der Erkrankung zu einer drastischen Reduktion der T-Helferzellen-Anzahl. Dies führt zum Übergang in das sogenannte "acquired immune deficiency syndrome" (AIDS), welches sich unter anderem durch die Infektion mit opportunistischen Erregern (zum Beispiel bestimmte Pilze wie Pneumocystis jirovecii oder Cryptococcus neoformans) auszeichnet. Da diese Infektionen bei gesunden Menschen normalerweise nicht auftreten, zeigt sich hierdurch die lebenswichtige Rolle von T-Helferzellen im menschlichen Immunsystem.
Neben den genannten T-Zellen unterscheidet man noch zwischen naiven T-Zellen, regulatorischen T-Zellen und T-Gedächtniszellen.
Natürliche Killerzellen
Natürliche Killerzellen sind größer als B- und T-Lymphozyten, jedoch besitzen sie keine spezifischen Antigenrezeptoren auf ihrer Oberfläche. In ihrem Zytoplasma befinden sie, wie bei den zytotoxischen T-Zellen, ebenfalls zahlreiche Granula, die Proteine (wie zum Beispiel Perforin) enthalten und dadurch einen Zelltod auslösen können. Zudem sind natürliche Killerzellen in der Lage, infizierte Zellen, die den T-Lymphozyten entgangen sind, zu erkennen. Dies liegt daran, dass manche Viren die Expression von bestimmten Molekülen auf Zellen, die T-Lymphozyten erkennen würden, unterdrücken und diesen somit entkommen.
Aussehen von Lymphozyten
Im Blutausstrich sieht man vor allem naive Lymphozyten, die noch keinen Kontakt zu einem Antigen hatten. In der sogenannten Pappenheim-Färbung zeigen sie sich mit einem großen Zellkern und einem schmalen Zytoplasmasaum. Die zytotoxischen T-Zellen und die natürlichen Killerzellen sind etwas größer als die anderen Arten und zeichnen sich durch ihre punktförmigen Granula aus.
Anzahl von Lymphozyten im Blut
Eine krankhafte Erhöhung der Lymphozyten im Blut wird als Lymphozytose bezeichnet, während eine Erniedrigung Lymphozytopenie genannt wird. Da sich bei einem erwachsenen Menschen normalerweise zwischen 1.200 und 3.500 Lymphozyten in einem Mikroliter Blut befinden, spricht man ab 4.000 Lymphozyten von einer Lymphozytose und bei weniger als 1.000 von einer Lymphozytopenie.
Lymphozyten – Erkrankungen
Lymphozyten könne sowohl von gutartigen als auch von bösartigen Erkrankungen betroffen sein. Im Folgenden werden die wichtigsten Krankheitsbilder beschrieben.
Lymphom
Bei einem Lymphom handelt es sich um eine Vergrößerung von Lymphknoten unterschiedlicher Ursache. Als bösartige Ursachen kommen maligne Lymphome wie das Hodgkin-Lymphom und das Non-Hodgkin-Lymphom in Frage. Gutartige Lymphome können zum Beispiel im Rahmen einer Borreliose-Infektion oder auch bei der infektiösen Mononukleose (Pfeiffer’sches Drüsenfieber) vorkommen.
Akute lymphatische Leukämie
Die akute lymphatische Leukämie, die auch mit ALL abgekürzt wird, bezeichnet eine akut auftretende Form der Leukämie, bei der Vorläuferzellen von Lymphozyten zu bösartigen Zellen entarten. Obwohl die ALL insgesamt eine eher seltene Erkrankung ist, stellt sie mit ungefähr 30 Prozent die häufigste bösartige Erkrankung im Kindesalter dar.
Sie kann sich durch vielfältige Symptome bemerkbar machen. Darunter zählen aufgrund einer zunehmenden Funktionsstörung des Knochenmarks eine Blutarmut (Anämie), Blutgerinnungsstörungen und eine Blutungsneigung sowie eine Immunschwäche. Durch ein Befall des Zentralen Nervensystems mit Leukämiezellen können auch neurologische Symptome auftreten. Zudem kommt es häufig zu einer Vergrößerung der Milz und der Leber (Hepatosplenomegalie).
Die Diagnose einer ALL wird unter anderem mithilfe eines Differentialblutbildes, einer Knochenmarkspunktion, eines Nachweises von typischen genetischen Veränderungen, einer sogenannten Immunphänotypisierung und bildgebenden Verfahren gestellt. Die Behandlung der Erkrankung erfolgt in der Regel mit Zytostatika im Rahmen einer Chemotherapie. Bei einem schlechten Ansprechen der Zytostatika können auch Immuntherapeutika (zum Beispiel der Tyrosinkinaseinhibitor Imatinib) oder monoklonale Antikörper (wie Rituximab) eingesetzt werden. Auch eine allogene Stammzelltransplantation stellt eine Therapiemöglichkeit dar.
Häufige Fragen
- Was sind Lymphozyten im Blutbild?
- Wann sind Lymphozyten im Blut erhöht?
- Was bedeutet eine erhöhte Lymphozytenanzahl?
- Wie lange leben Lymphozyten?
Bei Lymphozyten handelt es sich um eine Untergruppe der weißen Blutkörperchen. Zu ihnen zählen die B-Lymphozyten, die T-Lymphozyten und die natürlichen Killerzellen. Lymphozyten spielen eine wichtige Rolle in der gezielten Abwehr von Krankheitserregern oder anderen Fremdstoffen.
Bei einem erwachsenen Menschen befinden sich normalerweise zwischen 1.200 und 3.500 Lymphozyten in einem Mikroliter Blut. Ab 4.000 Lymphozyten spricht man von einer erhöhten Lymphozytenanzahl, die auch als Lymphozytose bezeichnet wird.
Eine erhöhte Lymphozytenanzahl (Lymphozytose) kann zum Beispiel bei Virusinfektionen wie dem Pfeiffer’schen Drüsenfieber, einer Virushepatitis oder einer Herpesinfektion vorkommen. Deutlich seltener kann sie auch Ausdruck einer bösartigen Erkrankung sein.
Die Dauer der Überlebenszeit von Lymphozyten variiert sehr stark je nach Art und Funktion der Lymphozyten. Sie kann von einer Woche (zum Beispiel bei natürlichen Killerzellen) bis zu mehreren Jahrzehnten (zum Beispiel bei Gedächtniszellen) reichen.
- Lüllmann-Rauch, Renate: Taschenlehrbuch Histologie, Thieme (Stuttgart: 6. Auflage, 2019)
- Spezifisches Immunsystem, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 30.05.2024)