Inhaltsverzeichnis
Das Membranpotential ist ein essenzieller Spannungszustand erregbarer Zellen und ein physiologisches Merkmal, welches für die Funktion von Zellen von zentraler Bedeutung ist. Es spielt eine wichtige Rolle für die Signal- und Erregungsweiterleitung, Muskelkontraktion, Sinneswahrnehmung und vielen weiteren physiologischen Prozessen. Durch Störungen des Membranpotentials und der Regulation, kann es zu schwerwiegenden klinischen Konsequenzen kommen. Der folgende Artikel stellt das Membranpotential und die Physiologie mit chemischen und physikalischen Grundlagen sowie die klinische Relevanz dar.
Inhaltsverzeichnis
Membranpotential – Definition
Das Membranpotential bezeichnet die elektrische Spannung (Potentialdifferenz), die zwischen der Innen- und Außenseite einer Zellmembran besteht. Es ist ein grundlegendes physiologisches Merkmal erregbarer Zellen wie Neuronen und Muskelzellen sowie weiterer Zelltypen und entsteht durch unterschiedliche Ionenkonzentrationen und die selektive Permeabilität der Zellmembran.
Membranpotential – Physiologie und Entstehung
Das Membranpotential wird durch das Zusammenspiel mehrerer Mechanismen gebildet. Dazu gehören Ionenkonzentrationsunterschiede, die selektiv permeable Zellmembran, die Natrium-Kalium-ATPase, sowie das vorliegen eines elektrochemischen Gleichgewichts. Liegen verschieden konzentrierte Elektrolytlösungen durch eine Membran getrennt voneinander vor und besitzt die Membran eine Leitfähigkeit für die Ionen der Lösung, so tritt ein Membranpotential auf. Es entsteht ein elektrochemischer Gradient. Die folgende Tabelle zeigt die Konzentrationsangaben der wichtigsten extra- und intrazellulären Ladungsträger, welche zur Ladungsverteilung und einem Potenzial beitragen.
Ion | Konzentration extrazellulär | Konzentration intrazellulär |
Natrium |
|
|
Kalium |
|
|
Calcium |
|
|
Wasserstoff-Ionen (H+) |
|
|
Chlorid |
|
|
Protein-Anionen |
|
|
Das Membranpotential ist ein lebenswichtiges physiologisches Merkmal, um Prozesse wie Muskelkontraktionen und die Erregungsweiterleitung zu ermöglichen. Die chemischen und physikalischen Prinzipien sind für das Verständnis der Entstehung und Physiologie wesentlich.
Chemische Grundlagen des Membranpotentials
Durch eine Ionenlösung wird Strom geleitet. Dafür ist die Geschwindigkeit des Transports der Ionen die elektrische Feldstärke, welche die Ionenstärke und auch die Konzentration der Ionen einbezieht. Zu den chemischen Grundlagen der Erregungsleitung zählen die Potentialberechnungen an der Biomembran, sowie der Ionenfluss. Liegt an einer Membran ein Konzentrationsgefälle von Ionen vor, so kommt es durch die Ladungsdifferenz auf beiden Seiten zu einem Spannungsaufbau – dem Membranpotential. Dies kann durch die Goldman- sowie die Nernst-Gleichung berechnet werden. Die Goldman-Gleichung nutzt man bei einem Konzentrationsgefälle mehrerer Ionensorten, die Nernst-Gleichung bei einem Konzentrationsgefälle nur einer Ionensorte.
Nernst-Gleichung
Zur Potentialberechnung an Biomembranen, kann eine Gleichung zur Berechnung eines Redoxpaares in Abhängigkeit von der Temperatur sowie der Konzentration und Ladung der Ionen im Elektrolyten angewandt werden, die Nernst-Gleichung. Sie wird wie folgt ausgedrückt: UG = (60 mV / z) × lg(cextern / cintern). Wobei "
Der Ionenfluss beschreibt die Flussrate der Ionen, abhängig davon wie gut Ionen durch eine Membran gelangen können und von einer Spannungsdifferenz auf beiden Seiten der Membran als Triebkraft für die Ionenbewegung. Am sogenannten Umkehrpotential (Gleichgewichtspotenzial einer Ionensorte) findet kein Ionenfluss statt. Die Formel des Ionenflusses lautet: Ionenfluss = Membranleitfähigkeit x antreibende Spannungsdifferenz.
Physikalische Grundlagen und Gesetze der Reizleitung entlang einer Zellmembran
Zur Beschreibung des Stromflusses entlang einer Zellmembran können elektophysikalische Gesetze angewandt werden, die hier nur zusammengefasst dargestellt werden sollen. Das Prinzip ist die Depolarisation der Membran, also die Tatsache, dass die Spannung an einem Membranabschnitt positiver auf der Innenseite wird, durch einen Einstrom von Kationen. Die Depolarisation eines Abschnitts führt automatisch zu einer Depolarisation benachbarter Areale. Dies kann man sich wie folgt vorstellen: Eine Erregung führt lokal zu einer Depolarisation. Diese breitet sich konzentrisch aus und führt auch in nicht-depolarisierten Abschnitten der Membran zu einer Depolarisation. Die Erregung wird schwächer je weiter sie vom Reiz entfernt ist. Somit erfolgt also eine passive Erregung benachbarter Areale.
Die Gesetze leiten sich von der Kabeltheorie ab und beziehen den Längswiderstand, den Membranwiderstand, die Membranlängskonstante und die Membrankapazität sowie die Membranzeitkonstante mit ein. Insgesamt bedeutet dies für die Internodien (Bereich des myelinisierten Axons von Nervenzellen zwischen zwei Ranvier-Schnürringen), dass an diesen ein hoher Membranwiderstand, eine niedrige Membrankapazität und ein niedriger Längswiderstand die Fortleitungsgeschwindigkeit eines elektrischen Potentials steigern. Die Leitungsgeschwindigkeit einer kontinuierlichen Reizleitung ist proportional zum Radius der Nervenfaser. Das bedeutet: Je dicker ein Nerv, desto schneller ist die kontinuierliche Reizleitung.
Entstehung und beteiligte Mechanismen
Die Ionenkonzentrationsunterschiede von Kalium, Natrium, Chlorid und organischen Anionen tragen zur Ladungsverteilung bei. Während intrazellulär eine hohe Kaliumkonzentrazion vorliegt, liegen extrazellulär Natrium und Chlorid in höheren Konzentrationen vor. Durch den hohen extrazellulären Gehalt an Natriumionen in erregbaren Zellen wie Muskelfasern oder Neuronen, besteht auf das Zellinnere bezogen ein negatives Membranpotential, welches durch die membranständige Natrium-Kalium-Pumpe aufrechterhalten wird. Diese ATP-abhängige Pumpe transportiert kontinuierlich drei Natriumionen aus der Zelle und zwei Kaliumionen in die Zelle. Dadurch wird ein elektrochemischer Gradient aufrechterhalten.
Die selektive Permeabilität der Zellmembran reguliert durch verschiedene Ionenkanäle den Fluss der Ionen durch die Membran. Dass die Membran nur für bestimmte Ionen durchlässig ist, ist ein wichtiger Einfluss für das Membranpotential. Des weiteren stellt das elektrochemische Gleichgewicht, wie zuvor schon beschrieben nach der Nernst-Gleichung einen wichtigen Einfluss für das Gesamtmembranpotential dar.
Das Ruhemembranpotential wird zwischen negativ geladenem Zytosol und extrazellulärem Umfeld über die Membran gemessen. Es unterscheidet sich je nach Zelltyp und liegt etwa zwischen -100 und -50 mV, bei den meisten Nervenzellen bei etwa -70 mV.
Typen des Membranpotentials
Es gibt verschiedene “Typen” des Membranpotentials:
- Ruhepotential: Beschreibt den stabilen Spannungszustand einer nicht erregten Zelle, meist zwischen -60 mV und -90mV.
- Aktionspotential: Hierbei handelt es sich um eine kurzfristige Depolarisation und Repolarisation der Membran, die zur Signalweiterleitung in Neuronen und Muskelzellen dient.
- Rezeptorpotential: Veränderte Membranpotentiale durch einen adäquaten oder inadäquaten Reiz in Sinneszellen.
- Exzitatorisches postsynaptisches Potenzial: Kurz EPSP; entsteht bei der Depolarisation der postsynaptischen Membran.
Das Membranpotential variiert je nach Zelltyp, also mit spezifischen Funktionen in Nervenzellen, Muskelzellen und sensorischen Zellen.
Membranpotential – Klinische Relevanz
Störungen des Membranpotentials können schwerwiegende Auswirkungen auf die Zellfunktionen haben, da es essenziell für lebenswichtige Prozesse wie der Erregungsleitung, Signalübertragung und Muskelkontraktion ist. Dadurch können Dysfunktionen schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben.
Bei einer Hyperkaliämie handelt es sich um eine erhöhte Kalium-Konzentration im Blut. Tritt diese auf, so kann es zu Herzrhythmusstörungen kommen. Die Hypokaliämie beschreibt den gegenteiligen Effekt, es liegt eine niedrige Kaliumkonzentration im Blut vor. Dies würde eine verstärkte Hyperpolarisation bewirken und kann zu Muskelschwäche oder Arrhythmien führen.
Veränderungen der Ionenkanalfunktionen spielen eine Rolle bei neurologischen Erkrankungen, wie beispielsweise der Epilepsie oder auch Multipler Sklerose.
Ein weiterer Einfluss auf das Membranpotential, kann beispielsweise im Bereich der Anästhesie und Pharmakologie durch Lokalanästhetika wie Lidocain auftreten. Die Lokalanästhetika wie beispielswiese Lidocain blockieren spannungsabhängige Natrium-Kanäle und beeinflussen dadurch die Erregbarkeit von Neuronen.
In der Intensiv- und Notfallmedizin können Elektrolytstörungen schnell ausgeglichen werden, um lebensgefährliche Membranpotentialveränderungen zu verhindern.
Häufige Fragen
- Was ist das Membranpotential?
- Warum ist das Membranpotential wichtig wichtig?
- Was ist der Unterschied zwischen Ruhepotential und Aktionspotential?
- Welche Ionen sind am Membranpotential beteiligt?
Das Membranpotential ist die elektrische Potentialdifferenz, also Spannung, die zwischen der Innen- und Außenseite einer Zellmembran besteht. Es entsteht durch unterschiedliche Ionenkonzentrationen und die selektive Permeabilität der Zellmembran.
Das Membranpotential ist entscheidend für die Erregbarkeit von Nervenzellen und Muskelzelen und ermöglicht die Signalweiterleitung, Muskelkontraktionen und viele weitere physiologische Prozesse.
Das Ruhepotential ist eine Spannungsdifferenz in einer nicht erregten Zelle, die durch ungleiche Verteilung von Natrium- und Kaliumionen zwischen Intra- und Extrazellulärraum entsteht. Es liegt beim Menschen in den meisten Zelltypen zwischen -80 und -70 mV.
Das Aktionspotential ist eine meist kurzfristige Veränderung des Membranpotentials, die für die Signalweiterleitung in Nerven- und Muskelzellen sorgt.
Die wichtigsten Ionen sind Kalium (vor allem intrazellulär), Natrium als Hauption im Extrazellulärraum, Chlorid, welches extrazellulär wichtig ist für die Hyperpolarisation und Calcium, als wichtiges Ion für Signalübertragungen und Muskelkontraktionen.
- Schmidt et al. (Hrsg.): Physiologie des Menschen: mit Pathophysiologie. 31. Auflage Springer2010
- Ruhe- und Aktionspotenzial, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum 23.02.2025)