Inhaltsverzeichnis
Mesenchym besitzt eine besondere Vielseitigkeit, die nicht nur für die Embryonalentwicklung von entscheidender Bedeutung, sondern auch ein Schlüsselthema in der regenerativen Medizin und Gewebereparatur ist. In diesem Artikel werden die Eigenschaften, Funktionen und die Bedeutung des Mesenchyms sowohl in der Entwicklung als auch in der modernen Medizin untersucht.
Inhaltsverzeichnis
Mesenchym – Definition
Mesenchym ist eine Art von embryonalem Bindegewebe, das aus undifferenzierten, mesenchymalen Stammzellen besteht. Es dient als Vorläufergewebe für die Entwicklung verschiedener Strukturen des Körpers, darunter Knochen, Knorpel, Muskeln und das Bindegewebe.
Mesenchym – Entwicklung
Nach der Befruchtung der Eizelle entwickelt sich das Embryo zur Blastozyste, die schon aus zwei verschiedenen Zelltypen entsteht: Dem Trophoblasten, der die äußere Hülle bildet und dem Embryoblasten, der das Innere ausfüllt. Aus den Embryoblasten geht eine erste zweiblättrige Keimscheibe hervor, die aus den unteren Epiblasten und den darüberliegenden Hypoblasten besteht. Die Epiblasten differenzieren sich zu den Zellen einer dreiblättrigen Keimscheibe, deren Blätter das Endoderm, Ektoderm und Mesoderm umfassen. Letztendlich befindet sich das Mesenchym als embryonales Bindegewebe in dem Mesoderm.
Weiterhin ist Mesenchym Ursprung für verschiedene Gewebe und Zelltypen, einschließlich Knochen, Knorpel, Fettgewebe, Muskelgewebe, Bindegewebe und Blutgefäße.
Mesenchym – Aufbau
Die Mesenchymzellen bilden mit ihren Zellausläufern untereinander über Gap Junctions ein dichtes Netz. Der Raum zwischen den Zellen ist die Matrix und ist mit einer gallertigen Substanz gefüllt, die vor allem viel Hyaluronsäure beinhaltet. Hyaluronsäure bildet mit Proteinen wasserbindende Aggregate und sorgt so für die gallertige Eigenschaft. In diesem embryonalen Bindegewebe befinden sich noch wenige Kollagenfasern.
Mesenchymale Stammzellen finden sich auch noch in gewisser Anzahl in verschiedenen adulten (erwachsenen) Geweben. So hat zum Beispiel der Knochen eine herausragende Fähigkeit zur Regeneration, da dort viele dieser Stammzellen vorhanden sind. Auch in Fettzellen, in der Synovialmembran des Glenkknorpels oder im Skelettmuskel sind sie zu finden. Stammzellen können sich zu den spezialisierten Zellen dieser Gewebe differenzieren und so zur Regeneration beitragen.
Mesenchymale Stammzellen (MSC)
Mesenchymale Stammzellen sind multipotent, das heißt sie sind in der Lage sich in die verschiedenen Zellen eines Gewebetyps zu differenzieren. Im Falle der Mesenchymzellen sind dies vor allem die spezialisierten Zellen des Binde- und Stützgewebes.
Mesenchym – Klinik
Das Mesenchym ist von klinischer Relevanz, da es als embryonales Bindegewebe die Grundlage für die Entwicklung von Knochen, Knorpel und Blutgefäßen bildet, was für die Heilung und Regeneration dieser Gewebe von entscheidender Bedeutung ist. Außerdem spielt das Mesenchym eine wichtige Rolle in der Stammzellforschung, da mesenchymale Stammzellen aufgrund ihrer multipotenten Eigenschaften in der regenerativen Medizin und bei der Behandlung verschiedener degenerativer Erkrankungen verwendet werden könnten.
Stammzellforschung
Mesenchymale Stammzellen (MSCs) agieren als zelluläre Modulatoren, die eine regenerative Mikroumgebung bei Verletzungen schaffen. MSCs, die perivaskulär zu finden sind, werden bei Verletzungen aktiviert, setzen bioaktive Moleküle frei und regulieren Immunantworten. Dadurch fungieren sie als lokale “Apotheken”, die die Gewebereparatur und -regeneration unterstützen.
Ein Ziel in der Stammzellforschung ist es, Gewebe die im Körper nicht so leicht regenerieren, wie beispielsweise Gelenkknorpel, zu verstehen und mögliche Behandlungen herauszuarbeiten.
Epithial-mesenchymale Transition
Manche Tumorzellen, die sich von Epithelzellen ableiten lassen, kehren zu einem mesenchymalen Charakter zurück. Diese Veränderung in ihrem Verhalten nennt man dann epithelial-mesenchymale Transition (EMT). Ein entscheidender Unterschied von Mesenchymzellen zu Epithelzellen ist, dass ihnen die Vielzahl an Zellkontakten fehlt. So können sich diese Tumorzelle leichter von ihrem Gewebe ablösen und über das Blut oder die Lymphe in andere Gewebe ablagern. Dann entstehen in diesen Organen Metastasen. Ein weiterer Faktor ist, dass sie mit ihrem stammzellähnlichen Charakter sich auch leichter im fremden Gewebe absetzten können und nicht unbedingt abgestoßen werden.
Mesenchymaler Tumor
Typischerweise sind Sarkome seltene, aber bösartige, maligne Tumore des Mesenchyms. Generell ist ihr Auftreten in allen Geweben mit Mesenchym vorstellbar. Bei Erwachsenen sind sie selten, bei Kindern machen sie dennoch 15 Prozent der bösartigen Tumore aus.
Der häufigste maligne Weichteiltumor des Kindesalters ist das Rhabdomyosarkom. Betroffen ist hierbei das Mesenchym der Skelettmuskulatur und betrifft oft den Kopf– und Halsbereich.
Zu den benignen, also gutartigen Knochentumoren, zählen auch einige mesenchymalen Ursprungs, so auch die fibröse Dysplasie. Sie wird auch Morbus Jaffé-Lichtenstein genannt und bezeichnet einen Austausch von Knochengewebe gegen fibröses, bindegewebiges Material. Dabei ist häufig nur ein Knochen betroffen, es können aber auch in selteneren Fällen mehrere verschiedene Knochen darunter leiden. Im Verlauf kann es zu Schmerzen oder sogar Frakturen der befallenen Knochen kommen. Durch die mutierten Mesenchymzellen, die eigentlich Teil der Regeneration des Gewebes sind, kann die Frakturheilung unter Umständen nicht korrekt ablaufen und die Brüche treten an der gleichen Stelle rezidivierend, also wiederholt auf.
Häufige Fragen
- Wo befindet sich Mesenchym?
- Welche Zellen entstehen aus dem Mesenchym?
- Wieso ist Mesenchym wichtig für die Medizin?
- Was ist eine epithelial-mesenchymale Transition?
Mesenchym befindet sich hauptsächlich im embryonalen Gewebe und ist während der frühen Entwicklung des Embryos weit verbreitet. Es bildet das embryonale Bindegewebe, das als Grundlage für die Entwicklung vieler Strukturen und Organe dient. Darüber hinaus finden sich mesenchymale Stammzellen auch in verschiedenen Geweben des Erwachsenen, wie im Knochenmark, im Fettgewebe oder im Knochen.
Aus dem Mesenchym entstehen verschiedene Zelltypen, die für die Bildung und Funktion zahlreicher Gewebe und Organe im Körper entscheidend sind. Dazu gehören Osteoblasten, die für die Bildung von Knochengewebe verantwortlich sind, und Chondrozyten, die Knorpelgewebe bilden. Fibroblasten produzieren Kollagen und andere Komponenten des Bindegewebes, während Adipozyten Fett speichern und Fettgewebe bilden. Myoblasten sind Vorläuferzellen, die sich zu Muskelzellen entwickeln und Endothelzellen bilden die Innenauskleidung von Blutgefäßen. Das Mesenchym ist somit essentiell für die Entwicklung und Reparatur von Knochen, Knorpel, Bindegewebe, Fettgewebe, Muskeln und Blutgefäßen.
Das Mesenchym ist für die Medizin von großer Bedeutung, weil es als embryonales Bindegewebe die Grundlage für die Entwicklung vieler Gewebe und Organe bildet, darunter Knochen, Knorpel, Fett, Muskelgewebe und Blutgefäße. Mesenchymale Stammzellen (MSCs), die aus dem Mesenchym stammen, haben die Fähigkeit, sich in diese verschiedenen Zelltypen zu differenzieren und besitzen immunmodulatorische Eigenschaften. Dadurch sind sie für die regenerative Medizin und die Behandlung von degenerativen Erkrankungen, Entzündungen und Gewebeschäden von entscheidender Bedeutung.
Die epithelial-mesenchymale Transition (EMT) ist ein biologischer Prozess, bei dem Zellen ihre epithelialen Eigenschaften verlieren und mesenchymale Eigenschaften erwerben. Während der EMT durchlaufen Zellen eine Reihe von Veränderungen, die ihre Form, ihre Adhäsionseigenschaften und ihre Beweglichkeit betreffen. Epithelzellen, die normalerweise stark miteinander verbunden sind und dichte Zellverbände mit klarer Zellpolarität bilden, verlieren während der EMT diese Verbindungen und Polarität, was zu einer verminderten Zell-Zell-Adhäsion führt.
In der Onkologie ist die EMT von großer Bedeutung bei der Metastasierung von Tumoren. Tumorzellen, die eine EMT durchlaufen, können sich von der Primärtumorstelle ablösen, in das umliegende Gewebe eindringen und über das Blut- oder Lymphsystem in entfernte Organe gelangen können.
- Lüllmann-Rauch, Renate: Taschenlehrbuch Histologie, Thieme (Stuttgart: 6. Auflage, 2019)
- Schipani E, Kronenberg HM. Adult mesenchymal stem cells. 2009 Jan 31. In: StemBook [Internet]. Cambridge (MA): Harvard Stem Cell Institute; 2008–. PMID: 20614616.
- Caplan AI, Correa D. The MSC: an injury drugstore. Cell Stem Cell. 2011 Jul 8;9(1):11-5. doi: 10.1016/j.stem.2011.06.008. PMID: 21726829; PMCID: PMC3144500.
- Weichteiltumoren, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 28.07.2024)
- Rhabdomyosarkom, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 28.07.2024)
- Benigne Knochentumoren, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 28.07.2024)