Inhaltsverzeichnis
Luft zum Atmen, Nahrung und Flüssigkeit zum Essen und Überleben – all das nimmt der Mensch über die Mundhöhle auf. Die erste Station des Verdauungstrakts erfüllt zahlreiche und vielfältige Aufgaben, kann aber auch von einigen Erkrankungen betroffen sein. Dazu gehören besonders mikrobiologische Krankheiten, die in der Mundhöhle leichtes Spiel haben. In diesem Artikel erfolgt der Überblick darüber, was zur Mundhöhle zählt, welche Funktionen sie übernimmt und welche Erkrankungen in diesem Bereich auffällig sein können.
Inhaltsverzeichnis
Mundhöhle – Definition
Die Mundhöhle (Cavitas oris) ist ein Teil des Mundes. In ihr befinden sich neben der Zunge (Lingua) auch der größte Teil des Kauapparats und die Zähne, sowie die Mündungen der Speicheldrüsen. Sie geht an der Rachenenge (Isthmus faucium) in den Rachen über und leitet so Luft an die Trachea (Luftröhre) und Nahrung an den Ösophagus (Speiseröhre) weiter.
Mundhöhle – Funktion
Durch die verschiedenen Bestandteile in der Region der Mundhöhle ergeben sich facettenreiche Aufgaben. Die Zähne dienen der Zerkleinerung und der Zermahlung von fester Nahrung, während die Zunge gleichzeitig den Speisebrei vermischt und so ebenfalls verkleinert. Die Mundspeicheldrüsen sezernieren Speichel, der Enzyme wie die alpha-Amylase enthält, wodurch bereits im Mund die biochemische Verdauung der Nahrungsbestandteile beginnt.
Lippen, Zunge und Zähne sind weiterhin essentiell für die Sprachbildung und teils für die Mimik. Somit ermöglichen sie dem Menschen direkte und indirekte Kommunikation. Auch der Gaumen ist an der Sprache beteiligt, neben seiner Aufgabe als Ventil im Rachen. Hier hilft er, Luft und Nahrung oder Flüssigkeit korrekt in jeweils die Luft- oder Speiseröhre weiterzuleiten.
Mundhöhle – Embryologie und Anatomie
Die Entwicklung der Mundhöhle beginnt beim Embryo etwa in der vierten Embryonalwoche. Das Ektoderm, das äußere Keimblatt der Keimscheibe, stülpt sich zur primitiven Mundbucht (Stomatodeum) ein. Das ist der Hohlraum, aus dem sich anschließend die Mundhöhle entwickelt. Außen herum bildet sich ein von Ektoderm überzogenes Polster aus Mesenchym, woraus sich die Gesichtswülste (Unter- und Oberkieferwulst) bilden. Das Epithelgewebe proliferiert und wächst im Verlauf der Embryonalentwicklung.
Ab der sechsten Woche entwickelt sich der Gaumen aus den Oberkieferwülsten und trennt dadurch die Mundhöhle von der Nasenhöhle. Die vorderen zwei Drittel verknöchern (=harter Gaumen), während das hintere Drittel zum Gaumensegel (=weicher Gaumen, Velum palatinum) wird.
Im Gegensatz zu Gaumen und Mundhöhle entwickeln sich die Zunge und die Zähne jeweils aus allen drei Keimblättern.
Allgemeiner Aufbau und Topografie
Die Mundhöhle lässt sich detailliert in einen Mundvorhof, eine Haupthöhle und die Schlundenge unterteilen.
- Mundvorhof (Vestibulum oris): Dieser Bereich umfasst alles zwischen den Wangen, Lippen und Zähnen. Einige Speicheldrüsen, wie die Ohrspeicheldrüse oder die Drüsen der Wangen (Glandulae buccales) oder Lippen (Glandulae labiales) münden in diesen Raum. Charakteristisch für die Mundschleimhaut ist die tiefe Umschlagfalte.
- Haupthöhle (Cavitas oris propria): Der Bereich zwischen Zähnen und Schlundenge bildet die eigentliche Mundhöhle. Der harte und weiche Gaumen bildet ihr Dach, während kaudal (unten) der Mundboden den Raum abschließt.
- Schlund- /Rachenenge (Isthmus faucium): Die Schlundenge beschreibt eine Engstelle, an der die Mundhöhle zum Pars oralis pharyngis des Rachens (Pharynx) übergeht. Bestandteile davon sind der Zungengrund, das Gaumensegel mit Uvula, die Gaumenbögen, die Fossa tonsillaris und der Passavant-Wulst eines Rachenmuskels (M. constrictor pharyngis superior).
Topographisch interessant ist, dass selbst bei geschlossenen Zähnen die Mundhöhle mit dem Mundvorhof in Verbindung steht. So ist auch in dieser Haltung eine Atmung möglich.
Lippen (Labia oris)
Äußerlich lässt sich die glatte Unterlippe (Labium inferius) von der Oberlippe (Labium superius), welche eine Einsenkung (Philtrum) aufweist, unterscheiden. Jeweils an dem Übergang von Ober- beziehungsweise Unterlippe auf das Zahnfleisch (Gingiva) in Höhe der mittleren Schneidezähne ist eine kleine Schleimhautfalte sicht- und tastbar. Diese wird oberes beziehungsweise unteres Lippenbändchen (Frenulum) genannt.
Das Lippenrot kennzeichnet den Übergang von Lippenschleimhaut auf die Gesichtshaut. Histologisch ist dieses in Präparaten gut ersichtlich.
Der Musculus orbicularis oris verläuft kreisförmig um den Mundeingang und bildet somit die muskuläre Grundlage der Lippen. Er ist Teil der mimischen Muskulatur und wird vom Nervus facialis innerviert.
Wangen (Buccae)
Ein weiterer Teil der mimischen Muskulatur ist der Musculus buccinator, der die muskuläre Basis der Wangen bildet. Die zur Mundhöhle zeigende Schleimhaut enthält viele kleine exokrine Speicheldrüsen, die Glandulae buccales, die seröses Sekret produzieren.
Beißt man die Zähne zusammen, erhält man die Okklusionsebene. Auf dieser Höhe kann sich ein weißer Streifen in der Wangeninnenseite befinden, die Linea alba.
Gaumen (Palatum)
Der Gaumen besteht aus einem harten (Palatum durum) und einem weichen (Palatum molle) Anteil. Der harte Gaumen wird aus verschiedenen Knochen des Gebisses gebildet, dem Os incisivum, der Maxilla und dem Os palatinum. Er trennt Mundhöhle von Nasenhöhle.
Der weiche Gaumen hingegen besteht aus einer beweglichen Muskelplatte, die fünf Muskeln beinhaltet:
- M. tensor veli palatini
- M. levator veli palatini
- M. palatoglossus
- M. palatopharyngeus
- M. uvulae
Die Muskeln übernehmen Aufgaben beim Schluckakt, heben oder senken beispielsweise das Gaumensegel und öffnen beziehungsweise schließen damit die Schlundenge. Auch an der Bewegung des Kehlkopfes sind sie beteiligt.
In der Schleimhaut des weichen Gaumens finden sich zusätzlich Speicheldrüsen (Glandulae palatinae), die durch den M. uvulae ausgepresst werden.
Mundboden und Gaumenbögen
Der Mundboden (Diaphragma oris) schließt die Mundhöhle nach unten ab. Er besteht aus dem Musculus mylohyoideus und den ihm angelagerten Muskeln, die sogenannte suprahyoidale Muskulatur:
- M. mylohyoideus
- M. geniohyoideus
- M. digastricus
- M. stylohyoideus
Er nimmt somit den Raum zwischen den Knochen des Unterkiefers und dem Zungenbein (Os hyoideum) ein. In diesen Abschnitt münden die Unterzungendrüse (Glandula sublingualis) und die Unterkieferdrüse (Glandula submandibularis).
Den Übergang von Mundhöhle in den Rachen bilden die Gaumenbögen. Der vordere Gaumenbogen verläuft als M. palatoglossus vom Gaumensegel zum Zungengrund, während der hintere Gaumenbogen vom Gaumensegel zum Rachen zieht.
Mundhöhle – Histologie der Mundschleimhaut
Mehrschichtiges Plattenepithel bildet die Schleimhaut der Mundhöhle, die stellenweise auch verhornt ist. Zwischen den Epithelzellen befinden sich zusätzlich nicht-epitheliale Zellen wie Melanozyten, dendritische Zellen und Merkelzellen.
Die Schleimhaut besitzt außerdem eine Lamina propria, die Bindegewebe und Abwehrzellen enthält, sowie eine Tela submucosa, in der sich die Speicheldrüsen befinden.
Allgemein können zwei Haupttypen der Schleimhaut unterschieden werden:
- Mastiktatorische Schleimhaut: Diese unverschiebliche Schleimhaut besteht aus verhorntem mehrschichtigem Plattenepithel und findet sich am Zahnfleisch und dem harten Gaumen. Das Kauen beansprucht diesen Typ, weshalb sie verhornt ist.
- Auskleidende Schleimhaut: Die Lippen, Wangen, der Mundboden und der weiche Gaumen weisen alle verschiebliche Schleimhaut aus unverhorntem mehrschichtigen Plattenepithel auf.
Außerdem wird teilweise eine spezialisierte Mundschleimhaut auf dem Zungenrücken unterschieden. Sie weist neben mehrschichtig verhorntem Plattenepithel noch Papillen auf, die für die Wahrnehmung des Geschmacks verantwortlich sind.
Auf der Mundschleimhaut und im gesamten Mundraum herrscht eine spezielle Mundflora, das Mikrobiom des Mundes. Sie enthält vorwiegend Erreger, die unter physiologischen Umständen keine Erkrankung verursachen. Diese und andere können jedoch beispielsweise bei Immunschwäche fakultativ pathogen wirken.
Mundhöhle – Klinik und Erkrankungen
Während der Embryogenese kann es zu Störungen kommen, die die Bildung der Mundhöhle betrifft. Ist dies der Fall, entstehen Lippen-Kiefer-Gaumenspalten. Darunter versteht man eine Fehlbildung der Mundhöhle, die durch eine nicht ausreichende Verschmelzung des Nasen-, Oberkiefer- und Gaumenwulst zustande kommt. An den eigentlichen Vereinigungsstellen bilden sich deshalb Spalten, die sich in unterschiedlicher Art und Weise ausprägen können.
Eine fehlende oder übermäßige Reinigung der Mundhöhle kann dazu beitragen, dass sich Erreger ansiedeln und verschiedene Krankheiten auslösen. Deshalb ist die Pflege des Mundes für eine gute Mundgesundheit schon ab Beginn des Lebens sehr wichtig. Sie muss ein fester Bestandteil der Pflege von Personen sein, die diese Aufgabe nicht mehr selbst übernehmen können. Regulär sollte jede Person zweimal am Tag die Zahn- oder Gebisspflege durchführen und dabei auch nicht die Zahnzwischenräume vergessen.Die richtige Mundhygiene
Mundspülungen, entweder Tees oder spezielle Mittel, helfen dabei, Bakterien zu eliminieren und eine Zungenbürste sorgt für die ausreichende Reinigung der Zunge. Regelmäßige Besuche beim Zahnarzt und eventuell eine professionelle Zahnreinigung sind angebracht.
Pflegepersonal sollte neben diesen Punkten auch auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr achten, um Mundtrockenheit vorzubeugen und die Speichelproduktion aufrecht zu halten.
Verhornungsanomalien
Manchmal fallen an einigen Stellen der normalerweise unverhornten Schleimhaut Verhornungen auf, die somit stets unter Krankheitsverdacht stehen. Es können mit dem Auge Leukoplakien zu sehen sein, welche fakultative Präkanzeroren darstellen. Sie zeigen lediglich an, dass die Zellen der Schleimhaut vergrößert oder verändert sind (Hyper- oder Dysplasie), können aber in ein Plattenepithelkarzinom, eine maligne (bösartige) Entartung, übergehen.
Sie bilden weiße und nicht abwischbare Flächen an der Schleimhaut. Verschiedene Risikofaktoren wie schlechte Mundhygiene, Alkohol oder Tabak können die Entstehung begünstigen.
Gingivitis und Parodontitis
In der Mundhöhle kann sich das Zahnfleisch entzünden, eine sogenannte Gingivitis. Die Ursache hierfür liegt zumeist in einer schlechten Mundhygiene und in den dadurch entstehenden bakteriellen Plaques. Sie zeigt sich durch eine schmerzhafte Rötung und Schwellung des Zahnfleischs und ist häufig begleitet von Mundgeruch (Foetor ex ore). Die Therapie setzt an der Ursache an, wobei eine verbesserte Mundhygiene den wichtigsten Punkt darstellt, in Verbindung mit desinfizierenden Mundspülungen.
Die Parodontitis ist eine bakterielle Entzündung des Zahnhalteapparats, also des Gewebes um die Zähne herum und den Kieferknochen. Auch sie ist eine häufige Erkrankung der Mundhöhle.
- Aumüller G et. al., Duale Reihe Anatomie, 5. Auflage, Thieme
- Ulfig N, Kurzlehrbuch Histologie, 5. Auflage, Thieme
- Mundhöhle, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 16.07.2024)
- Übersicht des Verdauungssystems, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 16.07.2024)
- Lippen-Kiefer-Gaumenspalte, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 16.07.2024)
- Plattenepithelkarzinom der Haut, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 16.07.2024)