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Die Muskelfaser bildet die zelluläre Grundlage der Skelettmuskulatur unseres Körpers. Sie zeichnet sich durch einen spindelförmigen sowie langgestreckten Aufbau aus und bildet mit vielen anderen Muskelfasern sogenannte Muskelfaserbündel. Wie genau Muskelfasern anatomisch aufgebaut sind, welche verschiedenen Typen es gibt, wie sie funktionieren und welche Erkrankungen mit ihnen assoziiert sind, wird in diesem Artikel behandelt.
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Muskelfaser – Definition
Bei Muskelfasern handelt es sich um spindelförmige, langgestreckte Fasern, welche die zelluläre Grundeinheit der Skelettmuskulatur bilden. Als wichtigste Bau- und Funktionseinheiten enthalten sie sogenannte kontraktile Myofibrillen, die das aktive Zusammenziehen der Muskelfasern (Kontraktion) ermöglichen. Muskelfasern lagern sich gruppenartig in Muskelfaserbündel zusammen und können je nach Art und Länge des Muskels wenige Millimeter bis einige Zentimeter lang sein. Sie kommen lediglich in der Skelettmuskulatur vor, während in der glatten Muskulatur keine Muskelfasern zu finden sind. Die Muskelzellen des Herzes werden gelegentlich auch als Herzmuskelfasern bezeichnet, jedoch unterscheiden sie sich in ihrem Aufbau von der Skelettmuskulatur.
Muskelfaser- Aufbau
Muskelfasern können bis zu mehrere Tausend Zellkerne enthalten und bestehen aus zahlreichen, dichtgepackten Myofibrillen. Diese sind wiederum aus Sarkomeren aufgebaut, die 2000 dünne Aktin–Myofilamente und 1000 dickere Myosin–Motorproteine umfassen. Dabei sind die Myofibrillen parallel gegeneinander ausgerichtet und durchziehen die Muskelfaser in ihrer gesamten Länge. Neben ihnen spielen folgende Strukturen ebenfalls eine wichtige Rolle für den Aufbau und die Funktion der Muskelfasern:
- Sarkolemm: Es bezeichnet die Zellmembran der Muskelfasern und umgibt die Myofibrillen. Im Bereich des Übergangs zwischen Muskelfaser und Sehne bildet es Einstülpungen, die die Aufnahme der Sehnenfasern erleichtern.
- Transversaltubuli (T-Tubuli): Transversaltubuli sind Einstülpungen des Sarkolemms, die eine schnelle Ausbreitung der Depolarisation und somit eine gezielte Kontraktion des Muskels ermöglichen.
- Sarkoplasmatisches Retikulum: Dabei handelt es sich um ein spezialisiertes endoplasmatisches Retikulum, das die Myofibrillen eng umhüllt. Es ist aus dünnen, longitudinal orientierten Schläuchen (auch L-System genannt) sowie aus zirkulär um die Myofibrillen herumlaufenden Zisternen (Terminalzisternen) zusammengesetzt. Das sarkoplasmatische Retikulum steht im engen Kontakt mit den Transversaltubuli, wodurch ein Austausch von Calciumionen ermöglicht wird.
- Mitochondrien: Sie befinden sich überall zwischen den Myofibrillen und sind für die Versorgung der Muskelfaser mit Energie zuständig.
- Costamere: Costamere sind Proteinkomplexe, welche die bei der Kontraktion erforderliche Kraft von den Myofibrillen auf die Extrazellulärmatrix übertragen.
- Bindegewebige Umhüllungen: Das Bindegewebe, das sich zwischen den Muskelfasern befindet, heißt Endomysium. Es verbindet sie mit den einstrahlenden Sehnenfasern. Das bindegewebige Perimysium internum umgreift mehrere Muskelfasern und bildet gemeinsam mit ihnen das sogenannte Primärbündel. Die Primärbündel werden zu Sekundärbündeln, indem sie von einem gemeinsamen Perimysium externum umschlossen werden. Schließlich spannt sich das Epimysium, welches den Muskel als ganzen umgibt, um die Sekundärbündel und geht in die Muskelfaszie über. Während das Endomysium zum größten Teil aus retikulären Fasern besteht, enthält das Perimysium parallele Kollagenfasern.
Muskelfaser – Einteilung
Muskelfasern lassen sich anhand ihrer Ausstattung mit Mitochondrien, dem sauerstoffspeichernden Muskelfarbstoff Myoglobin sowie Enzymen des aeroben Stoffwechsels und der dadurch bedingten Geschwindigkeit der Muskelkontraktion in zwei Haupttypen unterteilen. Dabei handelt es sich zum einen um die langsam zuckenden Typ-Ⅰ-Muskelfasern und zum anderen um die schnell zuckenden Typ-Ⅱ-Muskelfasern.
Typ-Ⅰ-Muskelfasern
Typ-Ⅰ-Muskelfasern kontrahieren zwar am langsamsten, jedoch dauert es somit auch sehr lange, bis sie ermüden. Daher sind sie für die Erbringung von Dauerleistungen geeignet. Diese Eigenschaft ergibt sich aus der Tatsache, dass Typ-Ⅰ-Muskelfasern zahlreiche Mitochondrien und viel Myoglobin enthalten. Sie arbeiten rein oxidativ und verwerten bei dauerhafter Beanspruchung auch Fettsäuren. Zudem gewährleisten viele feine Kapillaren die ausreichende Versorgung mit Sauerstoff aus dem Blut. Man findet Typ-Ⅰ-Muskelfasern zum Beispiel im Zwerchfell, in den äußeren Augenmuskeln oder auch in Muskelspindeln.
Typ-Ⅱ-Muskelfasern
Hierbei handelt es sich um schnellzuckende Muskelfasern, die dadurch allerdings mehr Energie verbrauchen und deshalb rascher ermüden. Sie zeichnen sich durch ein stark ausgeprägtes sarkoplasmatisches Retikulum aus, welches eine schnelle Freisetzung sowie Wiederaufnahme von Calciumionen ermöglicht und somit die schnelle Kontraktionsfähigkeit gewährleistet. Ein Beispiel für einen Muskel mit einem hohen Anteil an Typ-Ⅱ-Muskelfasern ist der Musculus orbicularis oculi im Auge. Typ-Ⅱ-Muskelfasern lassen sich noch weiter unterteilen in Typ-IIa-Fasern und Typ-IIx-Fasern:
- Typ-IIa-Fasern: Sie sind genau wie die Typ-Ⅰ-Muskelfasern reich an Mitochondrien und Myoglobin. Dabei nutzen sie sowohl die oxidative als auch die glykolytische Energiegewinnung und haben einen hohen Anteil an Glykogen und alkalischen ATPasen.
- Typ-IIx-Fasern: Diese Fasern kontrahieren zwar am schnellsten und kraftvollsten, können die Kontraktion aber nur für eine kurze Zeit aufrechterhalten und ermüden sehr schnell. Sie enthalten nur wenige Mitochondrien und Myoglobin.
Verteilung der verschiedenen Muskelfasertypen
Im Allgemeinen ist die Verteilung der verschiedenen Muskelfasertypen genetisch bedingt und hängt von der Funktion des jeweiligen Muskels ab. Bestimmte Trainingseinflüsse können allerdings bis zu einem gewissen Grad eine Veränderung der Verteilung bewirken. Krafttraining führt beispielsweise zum Wachstum von Typ-IIa-Fasern und Typ-IIx-Fasern. Zudem lässt sich eine Umwandlung von Typ-IIx- zu Typ-IIa-Fasern feststellen. Ausdauertraining führt in allen Muskelfasern dieselbe Veränderung herbei, indem es zu einer vermehrten Ausbildung von Mitochondrien, Myoglobin und Kapillaren kommt.
Muskelfaser – Funktion
Muskelfasern bilden die funktionelle Einheit des Muskels, deren wichtigste Funktion die Kontraktion darstellt. Dies wird durch deren Hauptbestandteil, die Myofibrillen, ermöglicht, welche aus mit Aktin und Myosin ausgestatteten Sarkomeren bestehen. Durch die Interaktion der beiden Proteine Aktin und Myosin innerhalb der Myofibrillen kann die Muskelzelle ihre Länge verringern (konzentrische Kontraktion), gegen Widerstand beibehalten (isometrische Kontraktion) oder ihrer Verlängerung Widerstand entgegensetzen (exzentrische Kontraktion).
Als Grundvoraussetzung für eine Kontraktion gilt die Ausschüttung von Calciumionen aus dem sarkoplasmatischen Retikulum ins Zytosol, was eine Änderung des Membranpotenzials herbeiführt. Diese Änderung des Potenzials wird rasch in die Tiefe der Muskelfaser weitergeleitet und sorgt für die Ausschüttung von Calciumionen längs der Myofibrillen. Dadurch kommt es zur Interaktion von Aktin mit Myosin und somit zur Muskelkontraktion.
Maligne Hyperthermie
Bei der malignen Hyperthermie handelt es sich um eine seltene, aber lebensbedrohliche Funktionsstörung der Skelettmuskulatur, die durch eine Fehlregulation des Calciumstoffwechsels ausgelöst wird. Sie kann durch bestimmte Inhalationsnarkotika während einer Narkose getriggert werden und geht unter anderem mit einer erhöhten Muskelkontraktion sowie einer unkontrolliert ansteigenden Körpertemperatur einher. Bei Verdacht auf eine maligne Hyperthermie müssen sofortige Notfallmaßnahmen eingeleitet werden.
Muskelfaser – Erkrankungen
Wenn ein Muskel zu stark beansprucht wird, kann es zu einem Muskelfaserriss kommen. Eine vermehrte Inaktivität des Muskels führt wiederum zu einer Abnahme der Muskelfaserdichte (auch Muskelatrophie genannt).
Muskelfaserriss
Bei einem Muskelfaserriss handelt es sich um den Riss einer oder mehrerer gruppierter Muskelfasern eines Skelettmuskels. Die Verletzung tritt meist aufgrund von sportlicher Betätigung auf und ist als Steigerung einer Muskelzerrung beziehungsweise als Vorstufe eines Muskelrisses zu betrachten. Als Risikofaktoren gelten eine nicht ausreichende Aufwärmung vorm Sport sowie die sportliche Betätigung in der Kälte. Ein Muskelfaserriss macht sich durch einen im Laufe der Anstrengung auftretenden stechenden Schmerz und ein Hämatom über der betroffenen Stelle bemerkbar.
Als Akutmaßnahme kann das sogenannte PECH-Schema angewendet werden, das aus einer Schonung des Muskels (Pause), einer Kühlung (Eis), einer Kompression mittels eines elastischen Druckverbands (Compression) und dem Hochlagern des betroffenen Muskels besteht. Eine volle sportliche Belastung sollte erst circa 4-6 Wochen nach einem Muskelfaserriss wieder aufgenommen werden.
Muskelatrophie
Unter einer Muskelatrophie versteht man die Abnahme der Muskelmasse der Skelettmuskulatur. Ihr können viele Ursachen wie mangelnde Aktivität bei Immobilisierung, eine Beeinträchtigung der Stoffwechselleistungen wie bei einer Unterernährung oder eine gestörte Innervation des Muskels (zum Beispiel nach einem Schlaganfall) zugrunde liegen. Die Symptome können je nach Ursache und Befallsmuster sehr unterschiedlich ausfallen. Bei Beteiligung der Beinmuskulatur kommt es beispielsweise zu Gangstörungen, während eine Atrophie der Muskulatur am Kopf Schluck- oder Sprechstörungen hervorrufen kann. Die Therapie der Muskelatrophie hängt von der auslösenden Ursache ab.
- Lüllmann-Rauch, Renate: Taschenlehrbuch Histologie, Thieme (Stuttgart: 6. Auflage, 2019)
- Skelettmuskulatur, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 16.05.2024)