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Die Nebenniere, eine kleine, aber entscheidende Drüse im Körper, spielt eine zentrale Rolle in der Hormonregulation und dem Stressmanagement. Trotz ihrer geringen Größe beeinflusst sie eine Vielzahl physiologischer Prozesse und kann bei Funktionsstörungen schwerwiegende gesundheitliche Probleme verursachen. Dieser Artikel untersucht die Anatomie, Funktionen, Störungen und Behandlungsmöglichkeiten der Nebenniere genauer, um ein besseres Verständnis für ihre Bedeutung im menschlichen Körper zu vermitteln.
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Nebenniere – Definition
Die Nebenniere (Latein: Glandula suprarenalis) ist eine kleine, paarige endokrine Drüse, die sich oberhalb der Nieren (Ren) befindet. Jede Nebenniere besteht aus zwei Hauptteilen: der äußeren Rinde (Cortex), die Hormone wie Cortisol und Aldosteron produziert, und dem inneren Mark (Medulla), das Adrenalin und Noradrenalin ausschüttet. Diese Hormone spielen eine zentrale Rolle bei der Regulation von Stoffwechsel, Blutdruck und Stressreaktionen.
Nebenniere – Lage und Anatomie
Als retroperitoneale Organe liegen die Nebennieren gemeinsam mit den Nieren, denen sie aufsitzen, in nächster Nähe zu Zwerchfell, rechtem Leberlappen und Vena cava inferior (rechts) und zu Bursa omentalis sowie dem Magen (links). Die kleinen Drüsen haben Maße von etwa 5 cm Länge, 1 bis 2 cm Breite und 4 Dicke. Während die rechte Niere pyramidenförmig unter der Leber zu finden ist, zieht sich die linke Niere häufig bis zum Zwerchfell. Damit ist letztere bei vielen Menschen etwas größer. Darüber hinaus liegt die linke Glandula suprarenalis auch höher als ihr rechtes Gegenstück – etwa einen halben Wirbelkörper. Beide lassen sich aber um BWK 12 finden.
Gemeinsam mit der Niere ist die Glandula suprarenalis im Fettlager (Capsula adiposa) gelegen, das wiederum von der Nierenfaszie (Fascia renalis) umgeben ist. Ihre Blutversorgung erfolgt entsprechend der Lagebezeihungen:
- A. suprarenalis inferior aus der A. renalis
- A. suprarenalis media direkt aus der Aorta abdominalis
- A. suprarenalis superior aus der A. phrenica inferior
Alle drei bilden ein Gefäßnetz unter der Organkapsel, das das Organ von der Rinde aus zum Mark hin versorgt. Der Abfluss erfolgt zunächst über Drosselvenen, aus denen eine V. suprarenalis entsteht, die rechts direkt in die Vena cava inferior, links in die V. renalis sinistra mündet. Der Lymphabfluss erfolgt über die Nll. lumbales.
Feinbau und Histologie
Die typische Dreiecksform der Nebenniere wird auch als „Napoleon-Hut“ bezeichnet. Es lassen sich drei Flächen identifizieren: Facies renalis (wo sie der Niere aufliegt), anterior (zur Rückwand der Bursa omentalis) und posterior (zum Zwerchfell). Schneidet man das Organ auf, lassen sich schon makroskopisch zwei Schichten unterscheiden: Das kleinere, innen liegende Nebennierenmark (Medulla) und die prominente Nebennierenrinde (Cortex) außen.
Bei näherer Betrachtung ist das Mark vor allem durch eine gute Durchblutung gekennzeichnet. Außerdem finden sich hier haufenweise granulahaltige Zellen. Bei diesen handelt es sich um sympathische Neurone, die ihre Botenstoffe (Adrenalin und Noradrenalin) direkt ins Blut sezernieren. Sie werden durch Nn. splanchnici majores versorgt.
Besonderheiten des Nebennierenmarks
Das Nebennierenmark wird von präganglionären sympathischen Fasern versorgt, die entsprechend Acetylcholin als Botenstoff verwenden. Die Botenstoffe der postganglionären Fasern werden von hier direkt ins Blut ausgeschüttet. Damit kann man das Nebennierenmark als modifiziertes sympathisches Ganglion betrachten.
Die Nebennierenrinde ist in drei Schichten aufgeteilt, die unscharf abgrenzbar sind:
- Zona glomerulosa
- Zona fasciculata
- Zona reticularis
Hier werden ebenfalls unterschiedliche Hormone produziert, allerdings innerviert vom Parasympathikus.
Merkhilfe: Schichten der Nebennierenrinde
Die Reihenfolge der Schichten der Rinde von außen nach innen lassen sich mithilfe eines bekannten Nierenwerts merken: GFR (glomerulosa-fasciculata-reticularis).
Herkunft und Entwicklung
Die beiden Teile der Nebenniere haben völlig unterschiedliche Herkünfte in ihrer Entwicklung:
- Beim Nebennierenmark handelt es sich um eingewanderte Zellen aus der Neuralleiste (ektodermal). Ihre Funktion wird vorgeburtlich auch von retroperitonealen Paraganglien entlang der Aorta übernommen
- Die Zellen der Nebennierenrinde entstammen mesodermal aus der steroidogenen Zone
Nebenniere – Funktion und Hormone
Die Nebenniere spielt eine zentrale Rolle in der Hormonregulation und beeinflusst zahlreiche Körperfunktionen. Dabei ist das Prinzip „two glands one organ“: In einem Organ produzieren zwei unterschiedliche Drüsen mit unterschiedlichen Funktionen Hormone. Adrenalin und Noradrenalin aus der Medulla vermitteln typische Sympathikus-Funktionen und werden vom menschlichen Körper genutzt, um metabolisch und kardiovaskulär auf Stress (körperlich und psychisch) zu reagieren. Sie beschleunigen beispielsweise den Puls, heben den Blutdruck oder hemmen die Verdauung. Sie gehören zur Gruppe der Katecholamine.
Die Nebennierenrinde hingegen produziert Steroidhormone, die ebenfalls endokrin (ins Blut) freigesetzt werden. Dabei unterscheiden sich die Hormonprodukte der einzelnen Schichten.
Cortex-Schicht | Hormone | Beispiel | Wirkung |
Zona glomerulosa | Minalcorticoide | Aldosteron | Blutdruckregulation und Elektrolythaushalt |
Zona fasciculata | Glucocorticoide | Cortisol, Cortison | Insulinantagonist, Immunsuppression, Blutdruckregulation, Knochenabbau, Erregbarkeit des ZNS, Stimulus für das Nebennierenmark |
Zona reticularis | Geschlechtshormone | Androgene, (wenig Östrogene) | v.a. beim biologischen Mann: Differenzierung der Geschlechtsmerkmale, Wachstum, Erythropoese, Libido, Stimulus von Ovar/Hoden |
Quelle: Nebenniere (Viamedici, 21.05.2024)
Merkhilfe: Hormone der Nebennierenrinde
Die Reihenfolge der Hormone im Cortex der Gl. suprarenalis lässt sich mit folgendem Merkspruch gut merken: Salt - Sugar - Sex, the derer you go, the better it gets.
Nebenniere – Schmerzen und Symptome
Schmerzen der Nebenniere können durch entzündliche Erkrankungen, Tumore oder hormonelle Dysbalancen verursacht werden und äußern sich oft als diffuse, schwer lokalisierbare Bauch- oder Rückenschmerzen. Diese Schmerzen können mit weiteren Symptomen wie Müdigkeit, ungewollter Gewichtsveränderung und Blutdruckschwankungen einhergehen.
Überfunktion & Cushing-Syndrom
Eine Überfunktion der Nebenniere, auch als Hyperadrenalismus bekannt, führt zu einer übermäßigen Produktion von Hormonen wie Cortisol, Aldosteron oder Adrenalin. Dies kann verschiedene Erkrankungen verursachen, darunter das Cushing-Syndrom, das durch Gewichtszunahme, Bluthochdruck und Hautveränderungen gekennzeichnet ist. Eine übermäßige Produktion von Aldosteron kann zudem zu Bluthochdruck und Störungen des Elektrolythaushalts führen, während ein Überschuss an Adrenalin Herzrasen und Nervosität verursacht.
Tumor (Adenom)
Tumoren der Nebenniere können gutartig (Adenome) oder bösartig (Nebennierenkarzinome) sein und beeinflussen oft die Hormonproduktion. Gutartige Tumoren verursachen manchmal keine Symptome, können aber hormonell aktiv sein und zu Über- oder Unterproduktion von Hormonen führen. Häufig ist beispielsweise das Phäochromozytom. Bösartige Tumoren sind seltener, aber aggressiver und können Symptome wie Bauchschmerzen, Gewichtsverlust und hormonelle Dysbalancen hervorrufen.
Unterfunktion & Morbus Addison
Eine Unterfunktion der Nebenniere, auch als Nebenniereninsuffizienz oder Addison-Krankheit bekannt, führt zu einer unzureichenden Produktion von Hormonen wie Cortisol und Aldosteron. Dies kann zu Symptomen wie chronischer Müdigkeit, Gewichtsverlust, niedrigem Blutdruck und einer erhöhten Anfälligkeit für Stress und Infektionen führen.
Waterhouse-Friedrichsen-Syndrom (Ausfall)
Das Waterhouse-Friderichsen-Syndrom ist eine seltene, aber potenziell lebensbedrohliche Komplikation einer schweren bakteriellen Infektion, insbesondere einer Meningokokken-Sepsis. Es ist durch eine plötzliche Zerstörung der Nebennierenrinde aufgrund einer massiven Blutung in die Nebennieren gekennzeichnet, was zu einem akuten Nebennierenversagen führt und oft von einem raschen Verlauf mit schwerem Schock und Multiorganversagen begleitet wird.
Häufige Fragen
- Welche Hormone werden in der Nebenniere produziert?
- Was bewirken die Hormone der Nebenniere?
- Was macht die Nebenniere bei Stress?
- Was passiert wenn die Nebenniere nicht richtig arbeitet?
Die Nebenniere produziert eine Vielzahl von Hormonen, darunter Cortisol, Aldosteron und Androgene in der Nebennierenrinde sowie Adrenalin und Noradrenalin im Nebennierenmark. Diese Hormone spielen entscheidende Rollen bei der Regulation von Stoffwechselprozessen, dem Wasser- und Elektrolythaushalt, der Stressreaktion und der Anpassung des Körpers an verschiedene Situationen. Eine Dysfunktion der Nebenniere kann zu einer Über- oder Unterproduktion dieser Hormone führen und eine Vielzahl von gesundheitlichen Problemen verursachen.
Die Hormone der Nebenniere haben vielfältige und wichtige Funktionen im Körper. Cortisol reguliert den Stoffwechsel, die Immunantwort und hilft bei der Stressbewältigung. Aldosteron steuert den Wasser- und Salzhaushalt, was entscheidend für die Blutdruckregulation ist. Adrenalin und Noradrenalin, die im Nebennierenmark produziert werden, erhöhen die Herzfrequenz, erweitern die Atemwege und bereiten den Körper auf eine “Kampf-oder-Flucht”-Reaktion vor.
Bei Stress spielt die Nebenniere eine zentrale Rolle, indem sie Adrenalin und Noradrenalin freisetzt. Diese Hormone mobilisieren den Körper für eine “Kampf-oder-Flucht”-Reaktion, indem sie die Herzfrequenz erhöhen, die Atemwege erweitern, die Muskelkraft steigern und die Energieproduktion ankurbeln. Gleichzeitig erhöht die Nebenniere die Produktion von Cortisol, das den Stoffwechsel anregt und die Reaktion des Körpers auf den Stress koordiniert, indem es Entzündungen reduziert und den Blutzuckerspiegel erhöht.
Wenn die Nebenniere nicht richtig arbeitet, kann es zu verschiedenen gesundheitlichen Problemen kommen. Eine Unterfunktion (Nebenniereninsuffizienz) führt zu Symptomen wie chronischer Müdigkeit, niedrigem Blutdruck und Gewichtsverlust, während eine Überfunktion (Hyperadrenalismus) zu Bluthochdruck, Gewichtszunahme und hormonellen Ungleichgewichten führen kann. Beide Zustände erfordern medizinische Behandlung, um die Hormonproduktion zu regulieren und die Gesundheit zu stabilisieren.
- Schünke M, Schulte E, Schumacher U, Voll M, Wesker K. 4.12 Arterien und Venen von Nieren und Nebennieren: Gefäßvarianten. In: Schünke M, Schulte E, Schumacher U, Voll M, Wesker K, Hrsg. Prometheus LernAtlas – Innere Organe. 6., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2022
- Füeßl H. Phäochromozytom. In: Füeßl H, Middeke M, Hrsg. Duale Reihe Anamnese und klinische Untersuchung. 7., überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme; 2022
- Nebenniere (Glandula suprarenalis), https://viamedici.thieme.de/... (Abrufdatum 21.05.2024)