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Das Ohr (Auris) gehört zu den Sinnesorganen und erfüllt gleich mehrere wichtige Funktionen im menschlichen Körper: Es dient der Weiterleitung von Schallwellen und ermöglicht mithilfe biologischer, physikalischer und chemischer Prozesse das unterschiedliche Hören von Höhen, Tiefen, lauten und leisen Tönen sowie das Richtungshören. Darüber hinaus erfüllt es eine grundlegende Bedeutung für den Gleichgewichtssinn. Wie das Ohr aufgebaut ist, um seine Funktion zu erfüllen, welche Besonderheiten es hat und wie wir hören beschreibt diese Übersicht. Auch mögliche Beschwerden und Krankheiten werden von diesem Artikel behandelt.
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Ohr – Definition
Das Ohr (Latein: Auris) erfüllt als Gehörgang und Gleichgewichtsorgan gleich zwei bedeutende Funktionen im Körper. Es gliedert sich in ein Außenohr (Auris externa), ein Mittelohr (Auris media) und ein Innenohr (Auris interna). Während alle Abschnitte durch Weiterleitung oder Schallverarbeitung am Hörvorgang beteiligt sind, ist lediglich das Innenohr für den Gleichgewichtssinn zuständig.
Ohr – Aufbau und Anatomie
Das paarig angelegte Ohr liegt lateral am Kopf im Bereich des Os temporale (Schläfenbein). Von außen sichtbar ist lediglich das Außenohr, das aus der Ohrmuschel (Auricula) und dem äußeren Gehörgang (Meatus acousticus externus) besteht.
Besonders die Auricula ist dabei (je nach Genetik mehr oder weniger) prominent. Sie bildet die Form eines nach vorne geöffneten Trichters und erfüllt auch eine Funktion als solcher. Die Blutversorgung erfolgt über Äste der Arteria carotis externa, die eine A. auricularis posterior hinter dem Ohr abgibt. Zudem versorgt ihr Endast, die A. temporalis superficialis das Ohr von vorne mit mehreren Aa. auriculares anteriores. Die Muskulatur der Ohrmuschel gehört zu den mimischen Muskeln und wird vom N. facialis innerviert, ist beim Menschen jedoch meist verkümmert. Sensibel wird die Region um das Ohr herum vorne durch den N. auriculotemporalis des N. trigeminus versorgt, hinten durch den Plexus cervicalis. Die Vertiefung der Ohhrmuschel (Concha auriculae) innervieren N. vagus und N. glossopharyngeus.
Klinik: Vagusreizung am Außenohr
Bei einigen Menschen kann es durch die Innervierung durch den N. vagus (Ramus auricularis) beim Spülen des Gehörgangs oder mechanischer Reizung zu Husten, Übelkeit oder sogar Brechreiz kommen. Bei Kindern mit Übelkeit ohne sichtbare Ursache, kann es sich daher auch lohnen, im Gehörgang nach einem Fremdkörper zu suchen.
Der äußere Gehörgang bildet ein Rohr, das von außen nach innen zunächst aus einem knorpeligen, behaarten Anteil besteht, dann aus einem knöchernen. Die Abgrenzung zum Mittelohr erfolgt durch das Trommelfell (Membrana tympanica).
Mittelohr (Auris media)
Die wohl bedeutensten Strukturen des Mittelohrs sind die drei Gehörknöchelchen, die den Schall von der Membrana tympanica auf das ovale Fenster – und damit ins Innenohr – übertragen. Sie bestehen von außen nach innen aus Hammer (Malleus), Amboss (Incus) und Steigbügel (Stapes) und liegen in der Paukenhöhle (Cavitas tympani), die auch alle weiteren Strukturen des Mittelohrs enthält. An den Knochen inserieren zwei Muskeln: Der M. tensor tympani am Malleus, der M. stapedius am Stapes. Sie wird von folgenden Strukturen begrenzt:
Name | Begrenzung nach | enthält | angrenzende Strukturen |
Paries membranaceus | lateral | Membrana tympanica | Meatus acousticus externus |
Paries labyrinthicus | medial | Fenestra ovale und vestibuli, Promontorium, Prominentia canalis facialis | Innenohr (Cochlea), N. facialis |
Paries mastoideus | dorsal | Zugang zum Antrum mastoideum und Mastoidzellen | Processus mastoideus |
Paries caroticus | ventral | Tuba auditiva | Canalis caroticus mit A. carotis interna |
Paries jugularis | kaudal (Boden) | – | Bulbus venae jugularis internae |
Paries tegmentalis | kranial (Dach) | Tegmen tympani des Felsenbeins des Os temporale | mittlere Schädelgrube |
Man teilt die Paukenhöhle in drei Etagen:
- Epitympanon (oberes Stockwerk)
- Mesotympanon (mittleres Stockwerk)
- Hypotympanon (unteres Stockwerk)
Zusätzlich zu Muskeln und Knochen verlaufen in der Paukenhöhle Nerven: Die Chorda tympani des N. facialis und der Plexus tympanicus des N. tympanicus aus dem N. glossopharyngeus und der Nn. caroticotympanici des Plexus caroticus internus. Darüber hinaus ist eine wichtige Struktur des Mittelohrs die Tuba auditiva, die die Paukenhöhle mit dem Pharynx verbindet, was einen Druckausgleich ermöglicht.
Innenohr
Das Innenohr schließt sich medial ans Mittelohr an und besteht aus einem komplexen System aus Knochengängen, weswegen es häufig auch als knöchernes Labyrinth (Labyrinthus osseus) bezeichnet wird. In ihm liegt das gleich geformte häutige Labyrinth (Labyrinthus membranaceus). Die Hauptstrukturen des Innenohrs sind das eigentliche Hörorgan (die Schnecke oder Cochlea) und das Gleichgewichtsorgan (Bogengangsystem).
Letzteres besteht aus drei Bogengängen (Ductus semicirculares), die die Raumebenen abbilden und um etwa 30 Grad gekippt sind. Zudem gibt es Detektionsorgane: Zu jedem Gang eine Crista ampullaris, den Utriculus und den Sacculus. Das System ist mit Endolymphe gefüllt und wird afferent durch den N. vestibularis innerviert.
Die Cochlea ist eine Röhre, die zu einer Schnecke aufgewunden wurde. Sie wird durch zwei Membranen in drei Gänge unterteilt: Die Scala vestibuli schließt sich dem ovalen Fenster an und geht in der Mitte der Schnecke (dem Helicotrema) in die Scala tympani über, die am runden Fenster endet. Beide enthalten Perilymphe. Der Ductus cochlearis liegt zwischen den beiden Gängen und enthält Endolymphe. Auf der Basilarmembran, die ihn von der Scala tympani trennt, sitzt das Corti-Organ, dessen Funktion die Umwandlung mechanischer Schallwellen in elektrische Signale ist. Diese werden dann über den N. cochlearis ans Gehirn weitergeleitet.
Ohr – Funktion und Aufgaben
Das Ohr erfüllt in seiner Sinnesfunktion die Aufgaben als Vestibular-(Gleichgewichts-) und Hörorgan. Die Detektionsorgane im Innenohr wandeln dabei durch Ionenströme die mechanischen Signale (Schallwellen beim Hören, Bewegungsenergie beim Gleichgewicht) in elektrische Nervensignale um. Diese werden über den N. vestibulocochlearis (8. Hirnnerv) an das Zentrale Nervensystem weitergeleitet.
Hören
Schallwellen, die das Ohr erreichen, gelangen durch den äußeren Gehörgang zum Trommelfell und versetzen dieses in Schwingung. Die Schwingung wird über die Gehörknöchelchen weitergeleitet. Über den Steigbügel wird am ovalen Fenster die Perilymphe bewegt. Durch die Bewegung beginnt die Basilarmembran mit den Hörsinneszellen zu Schwingen. Je nachdem an welcher Stelle die Membran schwingt – ob nah am Helicotrema oder weit entfernt – nimmt man einen hohen oder tiefen Ton wahr.
Impendanzanpassung im Mittelohr
Im Normalfall würden Schallwellen beim Übergang von der Luft zur Flüssigkeit im Innenohr zu 98 Prozent reflektiert werden. Damit die Signale nicht zu weit abgeschwächt werdne, gibt es mehrere Mechanismen im Mittelohr. Einerseits wirkt die Gehörknöchelchenkette als Hebel und verstärkt die Schwingung. Außerdem ist die Fläche des Trommelfells um einiges größer als die Basis der Steigbügelplatte, was den Druck am ovalen Fenster erhöht.
Ohr – Schmerzen und Krankheiten
Die unterschiedlichsten Krankheiten können Beschwerden am Ohr auslösen. Diese äußern sich meist in Schwindel, Gehörstörungen oder Schmerzen. Um eine häufige Beschwerde handelt es sich beispielsweise beim Ceremun obturans – einem Ohrenschmalzpropf, der meist keine pathologische Bedeutung hat, aber die Weiterleitung von Schall im Bereich des Außenohrs behindert. Ähnliche Effekte können Fremdkörper haben.
Ohrenschmerzen
Besonders Kinder leiden häufig unter Ohrenschmerzen. Diese können beispielsweise durch bakterielle oder virale Entzündungen des Mittelohrs (sogenannte Otitis media) ausgelöst werden. Hierbei gelangen Bakterien häufig aus dem Rachen über die Tuba auditiva ins Ohr und lösen dort eine Entzündungsreaktion aus. Auch ein Trommelfelldefekt oder systemische Erkrankungen wie Masern oder Scharlach können Grund für die Mittelohrentzündung sein. Je nach Ursache erfolgt eine symptomatische Behandlung und/oder eine Antibiose. Da viele wichtige Strukturen in der Nähe des Mittelohrs liegen, auf die sich eine Otitis ausbreiten kann, sollte ein/e Arzt/Ärztin auf Zeichen für mögliche Frühsymptome vom Komplikationen achten.
Häufige Fragen
- Wie funktioniert das menschliche Ohr?
- Wie funktioniert das Gleichgewichtsorgan im Ohr?
- Was tun wenn das Ohr plötzlich zu ist?
- Was bedeutet Knacken im Ohr beim Schlucken?
Damit wir hören können, wird Schall, der am Ohr ankommt wie durch einen Trichter ins Mittelohr geleitet und das Trommelfell in Schwingung versetzt. Über die Gehörknöchelchen im Mittelohr wird die Bewegung weitergeleitet. Sie versetzen die Flüssigkeit (Perilymphe) im Innenohr in Schwingung, die dann von Sinneszellen detektiert und als elektrisches Signal weitergeleitet wird.
Das Gleichgewichtsorgan besteht aus mehreren Detektionsorganen (Cristae) im Innenohr: Rotation detektieren drei an die Bogengänge angegliederten Cristae, vertikale und horizontale Bewegungen die Organe in Sacculus und Utriculus. Die Sinneszelle messen dabei die Bewegung ihrer Zellfortsätze im Verhältnis zur sich im Vestibularorgan befindenden Flüssigkeit (Endolymphe).
Das Gefühl eines verschlossenen Ohrs kann unangenehm sein, Schmerzen hervorrufen oder sogar das Hören beeinträchtigen. Grund kann Wasser im Ohr, ein Ceremun obturans (also ein Pfropf aus Ohrenschmalz), ein Fremdkörper oder auch eine Raumforderung sein. Je nach Schweregrad sollte man umgehend eine/n Arzt/Ärztin aufsuchen, um die Ursache klären zu lassen. Der selbstständige Versuch, beispielsweise einen Ohrenschmalzpfropf zu entfernen, kann die Situation verschlechtern oder Verletzungen im Gehörgang verursachen.
Über die Tube ist das Mittelohr mit de Rachen verbunden. Verändern sich die Druckverhältnisse, beispielsweise im Flugzeug, wird der Druck des Innenohrs über die Tube an den Druck von außen angepasst. Beim Schlucken kann das Öffnen der Tube als unangenehm oder knackendes Geräusch wahrgenommen werden.
- Schünke et al., Prometheus LernAtlas – Kopf, Hals und Neuroanatomie, Thieme (Verlag), 6. Auflage, 2022
- Aumüller et al., Duale Reihe Anatomie, Thieme (Verlag), 5. Auflage, 2020
- Kirsch et al., Taschenlehrbuch Anatomie, Thieme (Verlag), 2. Auflage, 2017
- Schmeißer et al., Kurzlehrbuch Neuroanatomie, Thieme (Verlag), 2. Auflage, 2020
- Silbernagl et al., Physiologie, Thieme (Verlag), 9. Auflage, 2019
- Nehrnohm et al., Kurzlehrbuch Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Thieme (Verlag), 2. Auflage, 2012
- Impendanzanpassung, https://www.physik.uni-jena.de/... (Abrufdatum 15.06.2023)